Religiöse Beschneidungen - was haltet ihr davon?
Das neue Gesetz ist gerade durch das Kabinett gekommen, es bleibt weiter erlaubt religiöse Beschneidungen durchzuführen. Generell sind Beschneidungen manchmal hilfreich, sie beugen Vorhautverengungen vor und stehen für mehr Sauberkeit im Intimbereich. Wenn sich erwachsene Menschen sich dazu entschließen sich beschneiden zu lassen, dann ist das eine Entscheidung die respektiert werden sollte. Aber wie verhält es sich, wenn Kinder beschnitten werden? Sie haben keine Möglichkeit sich gegen die Beschneidung zu wehren.
Haltet ihr es für sinnvoll aus religiösen Gründen zu beschneiden? Was haltet ihr von dem neuen Gesetz, ist es ein sinnvolles und gerechtes Gesetz?
Es ist ein ganz heikles Thema und ich hab dazu noch gar keine richtige Meinung, bin irgendwie etwas zwiegespalten. Mit Deiner Frage, ob es sinnvoll ist, aus religiösen Gründen zu beschneiden, habe ich noch mehr Probleme, denn man kann meiner Meinung nach nicht die Sinnhaftigkeit einer religiösen Handlung beurteilen. Oder ist es sinnvoll, einem Baby bei der Taufe Wasser über den Kopf zu gießen?
Zum einen respektiere ich die religiöse Praxis der Beschneidung als eben etwas zu dieser Religion gehöriges. Damit stelle ich eben nicht die Frage nach dem Sinn etc. Andererseits habe ich nun, nachdem ja etwas öffentlicher geworden ist, wie die Beschneidung durchgeführt wird (z.B. ohne Betäubung), doch meine Probleme damit. Und dazu kommt eben wie Du schon sagst, dass die Kinder eigentlich selbst bestimmen können sollten, ob sie beschnitten werden wollen oder nicht, denn es hat eben nicht nur Auswirkungen in religiöser Hinsicht.
Ich hätte es am liebsten, wenn die Beschneidung erst in einem späteren Alter durchgeführt werden würde und dass der Junge (oder dann auch Mann) selbst darüber entscheiden könnte. Dagegen stehen jedoch die Religionen, die zumindest zum Teil vorschreiben, wann die Beschneidung zu erfolgen habe. Wie man beides unter einen Hut bekommen könnte, weiß ich nicht. Da ein Kompromiss kaum möglich wäre, müssten die religiösen Vorschriften zurück stecken - aber ich respektiere es, eben, dass viele Menschen diese Vorschriften peinlich genau befolgen und danach leben wollen.
Ich bin gegen Beschneidung in so jungem Alter. Es ist einfach ein nicht notwendiger Eingriff in den Körper und der sollte nicht ohne Zustimmung der Kinder geschehen. Mir ist bewusst, dass das Traditionen sind, aber auch die ändern sich mit der Zeit. Für mich persönlich hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit einen höheren Stellenwert als Religionsfreiheit. Wenn die Jungen alt genug sind, dann sollen sie es selber entscheiden können. Sowas sollten einfach nicht die Eltern bestimmen.
Schlimm finde ich es nur, wenn die Kinder dabei nicht betäubt werden, ansonsten würde ich auch zur Erlaubnis tendieren, obwohl ich da auch zwiegespalten bin. Viele Kinder, so auch meine, werden ja aus medizinischen Gründen beschnitten und haben auch keine Traumata dadurch. So weit ich informiert sind, sind die meisten Amerikaner beschnitten. Kindern werden ja auch für Ohrringe oft schon als sehr kleine Kinder die Ohren durchstochen. Das ist auch ein unnötiger Eingriff in den Körper.
Die Kernfrage ist, ob sich das Gesetz und die "modernen, westlichen Werte" über Traditionen stellen kann, die schon seit Jahrhunderten bestehen. Ich verstehe die Problematik durchaus, teile aber die Meinung unserer Kanzlerin, dass wir uns mit dieser Diskussion nicht zur "Komikernation" machen sollten. Das ging jetzt lange gut und niemand hat sich wirklich beschwert; dann kam ein Aufruhr, der zu einer Änderung geführt hat und selbst wenn es diese nicht gegeben hätte, wären die Aufschreie früher oder später wieder verstummt.
Im Endeffekt ist es nur ein kleiner Eingriff. Durch ihn entstehen im späteren Leben keinerlei wirklich bewiesene Nachteile, im Gegenteil, es gibt schließlich den so oft genannten hygienischen Vorteil. Das alles gilt, solange der Eingriff ordentlich und fachgerecht durchgeführt wurde. Das ist nicht bei allen religiösen Beschneidungen so, und das ist für mich das Hauptproblem.
Zum Thema Selbstbestimmung: Ich selbst wurde aus medizinischen (nicht etwa religiösen) Gründe im Jugendalter beschnitten. Es gab schon damals als Kind die Möglichkeit, die Beschneidung durchzuführen, welche meine Eltern allerdings genau aus diesem Grund ablehnten: Ich solle das selbst entscheiden, später. Im Endeffekt wäre ich froh gewesen, wenn ich das schon als kleines Kind hinter mir gehabt hätte, dann hätte ich mich vielleicht ungleich weniger daran erinnert, denn das Ganze war wirklich mehr als unangenehm und ziemlich schmerzhaft (vor allem die Zeit danach).
Ich verstehe zwar, dass jeder selbst über seinen Körper entscheiden sollte - manches sollte man aber vielleicht rechtzeitig durchführen, um sich einige Unannehmlichkeiten zu ersparen.
Medizinische und hygienische Gründe sind doch nur vorgeschoben. Wenn es darum gehen würde, wäre doch wohl vorrangig eine Ganzkörper-Enthaarung zu empfehlen. Man enfernt ja auch nicht, um Schmutz, Geruch und Fußpilz vorzubeugen, die für Menschen eigentlich völlig überflüssigen Zehen. Ohrläppchen durchstechen und Taufbabys mit Wasser begießen kann doch nicht ernsthaft mit einem solchen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit wie einer Beschneidung gleichgesetzt werden.
Meine persönliche Meinung ist, dass der menschliche Körper so viele schöne Stellen hat, wo man irgendetwas abschneiden kann. Wenn gläubige jüdische oder muslimische Männer unbedingt irgendwo etwas abschneiden müssen, sollten sie das doch bei sich selber tun, statt (kleine) Kinder zu verstümmeln. Ehrenvoll ohne Betäubung und vor allem dort, wo diese religiöse Bezeugung hinterher auch jeder sehen kann. Davor hätte ich ehrlich Achtung und Respekt. Vielleicht auch mal an die Mütter denken, die unter diesem Ritual oft mehr leiden, als ihre von der Beschneidung betroffenen Kinder.
higgs hat geschrieben:Medizinische und hygienische Gründe sind doch nur vorgeschoben.
Darauf kommt es ja im Fall der religiösen Beschneidung auch gar nicht an (aber übrigens ein nettes Wortspiel). Schließlich ist diese ein fester Bestandteil der Religion mit all ihren Traditionen und Werten. Ein Jude wird nicht zwecks Hygiene oder aufgrund möglichen Schwierigkeiten, die später auftreten können, beschnitten, sondern weil es in der Bibel steht und unter anderem die Verbindung zu Gott symbolisiert (meines Wissens zumindest).
Die medizinischen Gründe spielen im Gegensatz dazu sehr wohl eine Rolle bei der "normalen" Beschneidung, also jene, die nicht aufgrund der eigenen Religionsangehörigkeit beziehungsweise die der Eltern durchgeführt wird und zählt daher durchaus als legitimes Argument, zum Beispiel, wenn schon im frühen Kindesalter eine Phimose (Vorhautverengung) festgestellt wird. Und zur Hygiene: Das werden dir viele Beschnittene sicher bestätigen können
Aus medizinischen Gründen sollte man die Vorhaut nun auch nicht vorsorglich entfernen, damit eine Verengung gar nicht erst enstehen kann, sondern man sollte erst eine OP vornehmen, wenn tatsächlich eine schwere Vorhautverengung vorhanden ist. Eine leichtere kann man ja eventuell durch andere Behandlungsmethoden beheben.
Es ist schon schwierig, diese Frage zu beantworten. Schließlich ist die Beschneidung nun mal Bestandteil der muslimischen und auch der jüdischen Religion. Würde man das verbieten, wäre es fast so, als würde man Christen, die in Ländern leben, die von anderen Religionen geprägt sind, verbieten, das Vater Unser zu beten. Das ist nun vielleicht nicht das beste Beispiel, aber in der christlichen Religion gibt es nun mal kein Gebot irgendwelcher körperlicher Eingriffe.
In einer Fernsehsendung, ich glaube Stern TV, war vor einiger Zeit ein Muslim zu Gast, der gesagt hat, dass der Tag an dem er beschnitten wurde, der schlimmste seines ganzen Lebens war. Sowas macht natürlich schon nachdenklich. Wobei das, was in so traumatisiert hat, wohl einfach die Tatsache war, dass das ganze einfach so von einem Familienangehörigen (nicht von einem Arzt) ohne Betäubung durchgeführt wurde. Vielleicht sollte man also nicht die Beschneidung verbieten, aber klare gesetzliche Bestimmungen darüber erlassen, wie und wo so ein Eingriff stattzufinden hat, also in einem Krankenhaus oder auch in einer Arztpraxis und mit Betäubung.
In Afrika, wo mein Lebensgefährte herkommt, werden auch christliche Kinder beschnitten, aus hygienischen Gründen und vielleicht auch aus Tradition, aber eben nicht religiöser Tradition. Viele in Deutschland lebende Afrikaner lassen ihre Söhne auch beschneiden. Unser Sohn ist nicht beschnitten, weil ich medizinisch nicht notwendige Eingriffe einfach nicht befürworte. Ich verurteile andere deswegen aber auch nicht. Jeder ist selbst für sich und seine Kinder verantwortlich.
Ich finde, man muss dieses Problem aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten, um zu einer Lösung zu gelangen, die sicherlich nicht für alle befriedigend, aber wohl mehrheitsfähig vertreten werden kann.
Ausgangspunkt muss dabei die Religion sein. Als Land mit Religionsfreiheit tolerieren wir religiöse Bräuche auch im medizinischen Bereich (man denke zum Beispiel an die Zeugen Jehovas, die Bluttransfusionen ablehnen und lieber sterben). Einziger Kritikpunkt an der generellen Erlaubnis von Beschneidungen ist dabei, dass es sich vorliegend um Kinder handelt, an denen nicht aufgrund ihres freien Willens, sondern aufgrund von elterlicher Sorge die Beschneidung vorgenommen werden soll. Dies darf aber nur beachtlich sein, wenn die Beschneidung wirklich medizinische Risiken birgt.
Klar birgt jede medizinische Behandlung Risiken für Leib und Leben des Patienten, bei der Beschneidung können diese jedoch durch eine fachgerechte und hygienische Durchführung, sodass das Argument des Kindeswohls aus medizinischer Sicht auch nicht gegen die Erlaubnis von Beschneidungen im Kindesalter sprechen kann.
Zusammenfassend bin ich der Überzeugung, dass von geschulten Fachpersonal vorgenommene Beschneidungen an Kindern auch in Zukunft straffrei sein (m. E. nach tatbestandslos im Sinne der §§ 223ff. StGB) werden.
Dieses ist eine reine Wertefrage und man sollte sich fragen, welcher Wert der wichtigere ist:
a) das Recht auf körperlichen Unversehrtheit
b) das Recht auf freien Religionsausübung
Die Bescheidung ist eine religiöse Tradition, die damals durchaus Sinn machte. Die Beschneidung hatte hygienische Gründe, die damals einfach praktisch war um vielen Krankheiten vorzubeugen. Diese Gründe sind heutzutage obsolent, da wir in gänzlich anderen hygienischen Verhältnissen als damals leben. Die eigentliche Grund für die Beschneidung liegt heute also nicht mehr vor. Stattdessen argumentiert man mit der religiösen Tradition.
Hier stellt sich jedoch die Frage: Macht diese Tradition wirklich noch einen Sinn oder ist sie nicht gänzlich überholt? Wenn es damals aufgrund diverser Umstände "richtig" gewesen wäre seine zweit- und drittgeborenen Kinder zu töten, ist es dann heute immer noch sinnvoll, nur weil man es seit Jahrtausenden so macht? (Ich weiß, blödes Beispiel, aber es verdeutlicht den Gedanken ganz gut )
Meiner Meinung nach sollte das Recht auf körperliche Unversehrtheit der wichtigere Wert sein. Sollte man dennoch Wert auf eine Beschneidung legen, dann sollte es der Mensch selbst entscheiden können. Leider argumentiert man hier wieder mit der religiösen Tradition, dass es drei Tage nach der Geburt erfolgen müsste. Aber hier stellt sich wirklich die Frage, ob diese Tradition nicht völlig ihren Sinn verloren hat und man stattdessen die körperliche Unversehrtheit des Kindes höher gewichten sollte.
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