Mathestudium selbst beibringen, möglich?
Ich habe mir eine interessante Frage überlegt und zwar, ob es möglich ist ein Mathestudium ohne Vorlesungsbesuche zu schaffen. Die Übungen würde man den Profs geben, jedoch nicht hingehen. Ich habe schon öfters mit Mathematikern gesprochen und sie sagten mir, für ihr Studium reiche es völlig aus "nicht dämlich zu sein". Interessanterweise aber meinen viele Nichtmathematiker, dass man schon mindestens eine gewöhnliche "Hoch"begabung haben muss (IQ>130) um davon profitieren zu können. Jeder sagt also etwas anderes.
Ist es also möglich, dass man ein Mathestudium rein aus Skripten und Büchern erlernen kann, wenn man nicht mehr als zwei Jahre länger als Mindeststudiendauer brauchen will?
Prinzipiell kann man sich das Wissen aus wahrscheinlich den meisten Studiengängen selbst aneignen. Mit einem Mathestudium kenne ich mich nicht aus, ich habe damals etwas anderes studiert, das meiste habe ich aber allein aus Büchern gelernt. Dennoch empfand ich den Besuch der Vorlesungen als sehr wichtig für mich. Zum einen durch den Austausch mit den Kommilitonen, aber auch, weil man das Wissen kommentiert durch den Prof bekommt, die Information aus den Büchern ist quasi schon gefiltert.
Durch den Austausch mit den Dozenten und den anderen Studenten entwickelt man seine Ideen weiter und kommt auf Dinge, an die man zuvor nicht gedacht hat. Auch das ist für mich ein wichtiger Teil des Studiums, zu lernen mit anderen über die eigenen Ideen zu kommunizieren, seine Ideen zu präsentieren und mit eventueller Kritik von Seiten der anderen umzugehen. Wenn es also um das pure Wissen geht, dann kann man das bestimmt aus Büchern lernen, doch das sollte meiner Meinung nach nicht das einzige Ziel eines Studiums sein.
Ich habe jetzt zum Wintersemester mit meinem Chemiestudium angefangen, meine Mitbewohnerin studiert Mathematik. In beiden Fächern ist die Abbrecherquote im ersten Semester an die 50% und auch während des Studiums fallen häufiger noch welche weg. Immer wieder wird von unseren Professoren betont, dass wir das Studium alleine nicht schaffen können, wobei es allerdings in erster Linie nicht darum geht, dass man die Vorlesungen besucht, sondern darum, dass man engen Kontakt zu seinen Kommilitonen halten muss, weil diese die ersten sind, an die man sich bei Schwierigkeiten melden sollte. Es sei enorm wichtig zu den Übungen zu kommen und Arbeitsgruppen zu bilden.
Ich selbst bin absolut kein Fan von Teamarbeit und erarbeite mir die meisten Dinge an sich auch lieber selbst, allerdings ist es ja dann doch nun mal so, dass man viel verpassen würde, wenn man nicht zu den Vorlesungen und Übungen geht. Zunächst einmal lernt man seine Kommilitonen nicht kennen. Ich habe ab dem ersten Semester Praktika, in denen ich dann mit einer anderen Person zusammen arbeiten muss, die ich mir auch aussuchen darf. Bei uns haben die Mathematiker ab dem zweiten Semester Praktika, hier musst du dann wohl oder übel erscheinen und wenn es auch hier um Partnerarbeit geht, dann hast du mitunter ein Problem, weil du niemanden kennst und die Einteilung während deiner Abwesenheit vorgenommen wird.
Wenn du im Studium Probleme hast und nicht weiter kommst, dann ist es an sich das gleiche, weil du keine Ansprechpartner hast und keinen Arbeitskreis. Man muss bedenken, dass im Mathestudium ja auch keine Schulmathematik durchgenommen wird, dass ganze unterscheidet sich dann doch etwas und wenn man meint, mit dem Leistungskurs gut vorbereitet zu sein, dann liegt man falsch. Man muss sich auch hier einarbeiten und sich daran gewöhnen.
Davon mal abgesehen sind die Lehrpläne in der Modulbeschreibung nicht mal wirklich zuverlässig. Teilweise sagen die Professoren dann auch, dass dieses oder jenes in der Klausur nicht dran kommt und sie sagen auch, wenn etwas wichtig ist und wir uns das unbedingt noch mal anschauen sollten. All das wirst du ebenfalls verpassen. Besuchst du keine Vorlesungen, brauchst du außerdem natürlich entsprechende Literatur für jedes Modul, was auch ganz schön teuer werden kann. Die meisten Erstsemester sparen sich erstmal das eine oder andere Werk und arbeiten zunächst nur mit den Skripten, aber das gestaltet sich schwierig, wenn man die Vorlesungen nicht besucht.
Daneben sind die Skripte an sich meistens ja schon sehr oberflächlich gestaltet. Ich hatte letztens in der Allgemeinen Chemie die Beschreibung eines Massenspektrometers in meinem Skript. Laut Skript müsste ich quasi nur wissen, wie das Teil aussieht, aber in der Vorlesung wurde noch die ganze Vorgeschichte und Entwicklung dieses Gerätes durchgenommen und anschließend natürlich auch die Funktion an sich erläutert.
So im Ganzen denke ich daher, dass einem schon viel entgehen würde, wenn man die Vorlesungen nicht besucht. Ich selbst und mein Freund besuchen auch nicht alle Vorlesungen, besonders die Inhalte der freien Wahlpflichtmodule beispielsweise, lassen sich leicht selbst erarbeiten, aber wenn es um die ''Hauptfächer'' geht, dann habe ich schon ein ungutes Gefühl, nicht dabei zu sein, weil man sich das niemals so selbst erarbeiten wird, wie es in der Vorlesungen herüber gebracht wird.
Heute ist es viel einfacher sich etwas zu erlernen. Im Internet gibt es unzählige Internetseiten auf denen man etwas nachschlagen kann, was man früher eventuell nur in der Schule oder einer Universität erlernen würde. Das gilt besonders für den praktischen Teil der Programmierung von Software. Allerdings ist es so, dass dir dieses Können in den meisten Fällen nicht besonders angerechnet wird.
In Deutschland ist es eigentlich so, dass du mit einem Zettel dein Können beweisen musst. Natürlich könntest du bei einer Bewerbung dann sagen, dass du das alles kannst und eventuell in einem Bewerbungsgespräch dies auch beweisen. Jedoch wird es in den meisten Fällen überhaupt nicht so weit kommen, da eben eine Mathematikstudium vorausgesetzt wird.
Ich selber studiere Mathematik und Biologie. Während man in Biologie ohne Probleme Vorlesungen weglassen und selbstständig für Klausuren lernen kann, ist das in Mathematik meiner Erfahrung nach nahezu unmöglich. Am wichtigsten im Mathematikstudium sind die Übungen und die Tutorien, in denen man lernt, wie man mit den Sätzen aus der Vorlesung umgehen und wofür man sie verwenden kann. Zudem bespricht man hier die Übungszettel, die "Hausaufgaben", die man wöchentlich abzugeben hat. Im Internet kann man zwar manche guten Hilfen finden, aber des öfteren sind diese fehlerhaft. Lernt man also mit diesen, kann es gut möglich sein, dass man die Klausuren anschließend nicht schafft. Auch stellen nicht alle Professoren ihre Skripte ins Internet, sondern man darf diese von der Tafel abschreiben. In diesem Fall wäre es unmöglich alles alleine zu erarbeiten.
Natürlich könnte es sein, dass manche Universitäten geringere Ansprüche haben. Aber in Osnabrück ist der Anspruch so hoch, dass ich vom selbständigen Erarbeiten der Vorlesung nur abraten kann.
Grundsätzlich ist es in nahezu allen Studienrichtungen und –fächern möglich sich die Inhalte autodidaktisch beizubringen. Voraussetzung ist die persönliche Begabung sowie die Bereitschaft Zeit und Kraft in das jeweilige Fach zu investieren. Auf dieser Grundlage kann man sich mithilfe der entsprechenden Literatur in die wissenschaftliche Disziplin einarbeiten.
Fraglich ist hierbei der Nutzen, den man daraus zu ziehen gedenkt. Für Hochbegabte mag sich ein solches autodidaktisches Studium mit sehr kurzer Studiendauer lohnen. Ansonsten bleibt bei dieser Art des Studiums sehr viel auf der Strecke. Nämlich all das was das Studieren über den reinen Inhalt hinaus ausmacht. Ob man wirklich darauf verzichten möchte muss jeder für sich selbst entscheiden, unabhängig davon, ob es sich dabei um Mathematik oder eine andere Fachrichtung handelt.
Zu der Aussage deiner Bekannten kann ich nur folgendes sagen: Aus Sicht eines Mathematikstudenten, der locker durch die Prüfungen kommt, ist ein Studium natürlich leicht, auch wenn vielleicht 90% der Bevölkerung es niemals schaffen würden. Das ist einfach eine Frage des Standpunktes. Ein Mathematikstudium ist jedenfalls kein Kinderspiel.
Für einen intelligenten Menschen ist es aber schon möglich, das Studium ohne Vorlesungsbesuch durchzuziehen. Viele Vorlesungen haben nämlich eine eher zweifelhafte Qualität. Teilweise liest der Professor nur aus seinem Buch vor. Da kann man sich dann schon überlegen, ob man das Buch nicht lieber zuhause selbst liest.
Dagegen würde ich niemals auf die Teamarbeit unter Studenten verzichten wollen. Man lernt durch die verschiedenen Sichtweisen sehr viel und auch wenn man selbst etwas erklärt, merkt man meistens erst, ob und inwieweit man ein bestimmtes Thema überhaupt begriffen hat. Im Prinzip ist man auch nicht unbedingt auf die Skripte der Professoren angewiesen. Es gibt sehr gute Mathematik-Lehrbücher und wenn man die Übungen der Professoren hat, kann man sich ganz gut auf die Klausuren vorbereiten.
Von daher wäre es schon denkbar, dass man in einer kleinen Lerngruppe nur mit Hilfe von Büchern und den Übungen ein komplettes Mathematikstudium durchzuziehen.
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