Berufsbezeichnungen als Schimpfworte gebrauchen?
Vor einer Weile habe ich im vorbeigehen eine Konversation zwischen Jugendlichen mitbekommen. Wie ernst es die beiden gemeint haben, weiß ich nicht, aber den Inhalt fand ich schon bedenklich.
Aufmerksam geworden bin ich, als das Mädchen den Jungen als ''Müllmann'' bezeichnet hat, möglicherweise weil sie um die Mülltonnen herum gespielt haben. Daraufhin war der Junge wohl gekränkt - was ich schon bedenklich fand, denn schließlich sollte eine ehrliche Arbeit, wenn sie auch vielleicht nicht jedem wie ein Traumjob vorkommt, nicht als Beleidigung aufgefasst werden. Das Gegenbeleidigung hatte dann thematisch gepasst und lautete ''Klofrau''. Sicherlich ein weiteres Beispiel für die Kategorie nicht so erstrebenswerter, aber dennoch ehrlicher und notwendiger Berufe.
Nun frage ich mich, was dahinter steckt. Schließlich ist da das Thema der Beschäftigung mit ekligen Dingen (Toiletten putzen oder Abfall entsorgen) ja schon nachvollziehbar, aber dennoch ist es unabdingbar, dass jemand die Toiletten reinigt und unseren Abfall mit nimmt, nachdem wir erst Essen verschwendeten, Wegwerfprodukte benutzt haben und möglicherweise aus Faulheit nicht richtig getrennt haben.
Was meint ihr? Findet ihr es schlimm, derart auf manche Berufsgruppen herab zu blicken? Würdet ihr euer Kind dafür ermahnen und darauf hinweisen, dass die Müllabfuhr wichtig ist und anständig?
Ich glaube nicht, dass man sich als Kind da Gedanken darüber macht, ob man jemanden abwertet oder nicht. Mensch, was sollen die Kinder denn sagen? Sie dürfen ja streng genommen kaum ein Schimpfwort benutzen und so kleine Streitereien gehören aber zur Entwicklung.
Andererseits hat es vielleicht auch damit zu tun, dass die Eltern den Beruf nicht wertschätzen. Ich habe schon oft den Satz gehört: "Lerne lieber, bevor du als Klofrau endest." Es ist nun mal in unserer Gesellschaft so, dass manche Menschen nichts wertschätzen könne. Aber wer stellt sich mit dem Kind auch vor die Klofrau und erklärt dem Kind, dass das ein wertvoller Beitrag für die Gesellschaft ist? Ich würde es nicht tun.
Eine andere Frage ist es ja, ob man seinem Kind suggerieren soll, dass solche Berufe erstrebenswert sind. Man bekommt wenig Geld und erhält die Verachtung der Menschen. Den wer schätzt schon wirklich Menschen in solchen Berufsgruppen wert? Klar muss es gemacht werden und man ist froh, dass man es selber nicht ist, aber wer ist dafür schon so dankbar, dass er das auch zeigt?
Ich denke nicht, dass man das Verhalten von Kindern immer so auf die Goldwaage legen muss. Es sind eben Kinder und es gibt nun wirklich schlimmere Beschimpfungen als Berufe. Es gibt immer Berufsgruppen, die in einem gewissen Alter out sind. In der Pubertät können manche keine Banker leiden, wenn dann jemand einen anderen als Banker bezeichnen würde, würde aber keiner einen Aufstand machen.
@Ramones: Ich schätze die Arbeit solcher Menschen. Praktisch heißt das, dass meine Kinder bei mir noch nie erleben konnte, dass ich mich über das Müllauto vor mir aufrege. Auch wenn ich deswegen Zeit vergeude. Oder dass ich eben meinen Kindern beibringe, dass es hygienischer ist, wenn ich 50 Cent auf einer frisch gesäuberten Toilette bezahle und daher nicht auf ein verdrecktes Häuschen ausweichen muss.
Es kommt doch dabei immer darauf an, wie man sich als Eltern benimmt. Wenn ich der Toilettenfrau das Geld freundlich auf den Teller lege dann sehen meine Kinder auch, dass ich deren Arbeit schätze. Wobei es in dem beschrieben Fall bei spielenden Kindern nicht unbedingt eine Abwertung sein muss, wenn solche Berufe genannt werden. Dazu wurde vermutlich auch nicht das beobachtet, was vorher passiert ist. Vielleicht hing es mit dem Spiel an sich zusammen.
Wobei mir selbst nur der Bauer einfallen würde, welchen manche als Schimpfwort benutzen. Das vor allem gegenüber Menschen, welche man für dumm hält oder sich nicht zu benehmen wissen. Denn fehlender Verstand und schlechtes Benehmen wird leider den Landwirten auch heute noch oft genug unterstellt.
Oh ja, ich kenne das sogar aus meiner Kindheit, dass man einige Berufe als Schimpfwörter gebraucht hat. Wenn ein Kind in der Öffentlichkeit gerülpst hat, wurde von der Mutter oft gesagt "Du Bauer". Daher kommt wohl auch der Begriff "Bäuerchen", weil bei Babys es eben noch kein "großer Bauer" ist. Wenn Kinder sich beschimpft haben, haben sich Erwachsene oft eingemischt und gemeint, dass sie sich benehmen wie die Bauarbeiter.
Auch meine Mutter hat solche Wörter gerne benutzt, bis sie mich mal als ich noch sehr klein war, als "Bauer" betitelte, als ein Landwirt neben ihr stand und es ihr dann doch sichtlich peinlich war.
Ich kenne das auch noch ähnlich aus meiner Kindheit. Wenn ich dann mal keine Lust zum lernen hatte, sagte meine Mutter, dass ich doch später nur Putzfrau werden könnte, wenn ich mich nicht anstrenge und gute Noten bekomme. Und ich muss dazu sagen, dass ich durchaus keinen schlechten Abschluss habe und selbst schon stundenweise als Putzfrau gearbeitet habe. Das ist für mich auch nichts verwerfliches und man darf auch nicht vergessen, dass so ein Mitarbeiter der Müllabfuhr gutes Geld verdient.
Ich denke, dass man den Kindern erklären sollte, dass es sich beim Müllmann und der Putzfrau um durchaus wichtige Berufe handelt und diese Menschen keineswegs minderwertig sind.
Besonders gut gefällt mir der Beitrag von Punktedieb: wenn sich Kinder beschimpfen und als ''Klofrau'' oder ''Müllmann'' bezeichnen, dann greifen die Eltern ''schlichtend'' ein, indem sie beide Kinder mit einem anderen Beruf beschimpfen.
Außerdem ist es in meinen Augen übrigens ein Unterschied, ob man einem Kind sagt ''wenn du nicht lernst, dann musst du einen Beruf annehmen, der dir nicht gefallen wird!'' oder jemanden erniedrigt, indem man in als ''Müllman'' oder so bezeichnet. Da schwingt in meinen Augen mit, dass derjenige ekelig ist, da er sich mit Müll umgibt oder so etwas.
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