Haben alte Sachbücher ausgedient?
Ich habe in vor einiger Zeit angefangen mir ein Geschichtsbuch auszusuchen, was ich als nächstes lesen möchte. Doch in einem solchen Gewirr von unzähligen Geschichtsbüchern, die teilweise sehr ähnliche Themen aufarbeiten, wusste ich mir nicht anders zu helfen, als ein ranking der ''besten Geschichtsbücher'' zu suchen. Auf dieser Liste fanden sich immer wieder Titel wie H.G. Wells' ''A Short History Of The World'', was die Geschichte vom Anbeginn der Erde bis zum Ende des ersten Weltkriegs durchleuchtet.
Nun frage ich mich, wenn ein Buch wie dieses in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts geschrieben wurde, sollten dann nicht weitaus bessere Bücher seither erschienen sein? Schließlich sind die Geschichtsforschung oder die Naturwissenschaften in ständiger Bewegung und in dauerndem Fortschritt. Meint ihr, so ein Buch lohnt sich noch zu lesen oder dann doch lieber ein Werk aus den 2000er Jahren?
Ich würde Geschichte jetzt nicht unbedingt mit anderen Wissenschaftsbereichen vergleichen. Wenn ich ein Physikbuch lese, das fast hundert Jahre alt ist, kann ich davon ausgehen, dass fast nichts mehr mit dem übereinstimmen wird, was wir heute als gesicherte Erkenntnisse betrachten, aber bei einem Geschichtsbuch werden die meisten Fakten, ich denke da an Jahreszahlen und solche Sachen, immer noch stimmen. Sicher wird es das ein oder andere neue Forschungsergebnis geben, aber was sich vor allem geändert haben wird ist einfach die Bewertung der Geschichte und die Schwerpunkte, die die Autoren früher und heute setzten bzw. setzen.
Du schreibst nun nicht, warum du dich mit Geschichte befassen möchtest, aber es klingt für mich so, als würde es sich um Freizeitlektüre handeln und nicht um irgendwelche Studien. Von daher sehe ich nicht, was gegen ein Buch aus den 20ern sprechen sollte. Ich kenne H.G. Wells nur als Autor von Fiktion, aber gerade deshalb kann ich mir vorstellen, dass sein Geschichtsbuch unterhaltsamer ist als viele Bücher, die von Historikern veröffentlicht worden sind. Du solltest dir beim Lesen eben bewusst sein, dass es sich um ein fast hundert Jahre altes Buch handelt und wenn dir etwas komisch vorkommt kannst du ja auch schnell bei Wikipedia nachschauen. Heute ist man ja nicht mehr auf ein Buch als einzige Informationsquelle beschränkt.
Gerade wenn es um Geschichtsbücher geht, dann gibt es kein "Richtig" oder "Falsch". Entscheidend ist immer die Deutung. Diese kann sich über die Jahre ändern. Es kann aber auch darauf ankommen, woher der Autor stammt. So mag es Fortschritte darüber geben, was die Frühzeit der Menschheit angeht. Geht es aber um die Moderne, so unterscheiden sich die Bücher nicht im "Fachwissen", sondern innerhalb der Deutung.
Aktuell leben wir in einer spannenden Phase, weil die neueren und kommenden Geschichtsbücher vermutlich viele Geschehnisse der beiden Weltkriege neu deuten werden. Die "Sieger" haben hier immer den Interpretationsfreiraum und nachdem die Karten von z.B. Europa neu gezeichnet wurden, werden die geschichtlichen Geschehnisse neu "geschrieben". So kann davon ausgegangen werden, dass die Zeit des "Hitler-Faschismus" in Deutschland an Schrecken verliert und die Geschichte der Sowjetunion gleichwertig als furchtbar dargestellt wird. Hier wird daran gearbeitet, dass die "extremen" politischen Gegenpositionen (mindestens) gleich gesetzt werden.
Erkennen kann man dies z.B. heute schon. Schließlich gewinnt der Hitler-Stalin-Pakt massiv an Bedeutung und es geht sogar so weit, dass hier Stalin eine Mitschuld am Ausbruch des Weltkriegs gegeben wird. Wohingegen alle Versuche Stalins ein Bündnis der Sowjetunion und der "Westmächte" gegen Hitler zu schmieden vom Westen abgeschmettert wurden und sogar mit dem "Münchner Abkommen" Nazideutschland praktisch motiviert wurde, weitere territoriale Forderungen zu stellen. Um eine kleine Episode der Umdeutung zu nennen. Ebenso natürlich die Entwicklungen in den baltischen Staaten, wo die Kollaborateure als Helden im Kampf gegen die sowjetische Besetzung gefeiert werden. In solchen Gegenden wäre ein "älteres Geschichtsbuch" eher ungut.
Um hier aber "Sicher zu gehen", würde ich dir definitiv dazu raten, sowohl das genannte Werk als auch ein neueres zu lesen. Ein "absolutes Buch" wirst du jedenfalls kaum finden und die Wahrheit muss sich ein jeder erarbeiten.
Gerade bei Geschichtsbüchern ist es immer interessant, sie im Kontext ihrer Entstehungszeit zu lesen, sie sind dann ja selbst ein historisches Dokument. Wenn man es kritisch lesen kann, finde ich es immer gut noch sehr nützlich und sinnvoll. Ist einfach interessant, die damalige Weltsicht zu sehen. Und es ist ja auch nicht zwangsläufig alles überholt, manche sehr alte Werke werden immer noch gerne zu Rate gezogen.
Meine Mutter hat aber z. B. schon einige Bücher über die ägyptische Geschichte entsorgt, die aus den letzten Jahrzehnten stammen und deren Kenntnisse heute deutlich überholt sind und wo sich einige Sachen als falsch herausstellten.
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