Wie können und sollen Kinder das Streiten lernen?

In meinem Umfeld gibt es eine Familie mit drei Kleinkindern. Die Kinder vertragen sich meistens, aber es gibt nun auch mal Streitereien und Reibungspunkte. Die Eltern sind sehr Harmonie bedürftig und können, wollen es nicht zulassen, wenn die Kinder sich streiten und sich miteinander auseinandersetzen. Ich persönlich bin der Meinung, dass sich die Eltern da beobachtend zurückhalten sollten und die Kinder es unter Aufsicht mit sich selbst klären müssen, ohne, dass Partei ergriffen wird.

Eine andere Familie ist hingegen schon sehr streitsüchtig und da streitet jeder mit jedem. Leider ist da eine sachliche Auseinandersetzung nicht mehr möglich und wenn für ein Kind Partei ergriffen wird, ist das andere Kind schnell beleidigt, auch, weil es sich ungerecht behandelt fühlt.

Beide Konstellationen sind nicht sonderlich angenehm, und da die Eltern jeweils mit uns befreundet sind, habe ich da auch schon mal etwas dazu gesagt, zumal ich um Rat gefragt wurde. Allerdings war der Rat ihnen nicht so Recht gewesen, sodass sie so weiter wie bisher machen, ohne, dass sich die Situation wirklich verbessert. Da ich hin und wieder auch mit den Kindern etwas zu tun habe und sie kurzzeitig betreue, frage ich mich, wie ich nun den Kindern meine Streitkultur vermitteln soll, ohne den Eltern in den Rücken zu fallen. Sollte ich sie unter meiner Aufsicht doch eher so streiten lassen, wie sie es von zu Hause gewöhnt sind? Aber das geht mir doch ein wenig gegen den Strich, um ehrlich zu sein.

Streit gehört bei Kindern dazu, sonst lernen sie nicht sich durchzusetzen und miteinander umzugehen. Ein Streit zwischen Kindern muss mal ein, damit sie Luft heraus lassen können. Angestauter Ärger macht ein Kind vom Kopf her krank und es fühlt sich nicht wohl.

Die Eltern sollten nicht immer dazwischen gehen, nur wenn es zu schlimm wird. Die Kinder lernen nicht und später können sie sich mit Konflikten nicht so gut auseinander setzen, wie Kinder, die gelernt haben, auch einmal zu streiten. Wenn die Kinder bei Dir sind, sind es Deine Regeln. Das kannst Du den Kindern auch vermitteln und sagen. Wenn Sie bei Dir sind, reagierst Du anders wie die Eltern. Aber das ist normal, denn jeder denkt darüber anders. Kinder verstehen das auch, wenn man es ihnen so mitteilt. Du kannst nicht einfach die Angewohnheiten der Eltern übernehmen, wenn es nicht Deine Überzeugung ist.

Wenn wir Kinder zu Besuch haben, dann sage ich auch immer, wenn die Kinder das zu Hause nicht dürfen oder dürfen, heißt es nicht, das es bei uns auch so ist. Die Kinder leben hauptsächlich bei den Eltern, sodass sie nicht meine Gewohnheiten annehmen werden. Aber ich werde sicher nicht klein bei geben, nur weil die Eltern das so wollen. Entweder sie akzeptieren es, dass ich anders denke oder die Kinder können nicht zu mir kommen.

Das ist an sich schon eine recht schwierige Situation, denn eigentlich bin ich schon der Meinung, dass man sich in die Erziehung anderer Leute nicht unbedingt einmischen sollte. Das ist aber nicht immer so ohne weiteres möglich, denn Beispiele wie diese zeigen teilweise eben auch, dass nicht alle Eltern in der Lage sind, alleine zurecht zu kommen und das nicht immer einwandfrei geregelt bekommen. Ich selbst stelle es mir schon ein bisschen schwierig vor, wie man damit umgeht, wenn Kinder eben etwas schlecht erzogen worden sind und man sie dann betreut oder so und das dann ausbaden darf, weil die Kinder sich daneben benehmen.

Ich denke, dass die Kinder von einer Umerziehung bei dir, nicht so viel mitnehmen werden, wobei das aber auch auf das Alter ankommt. Bei Kindern ist das aber auch häufig so, dass sie eben wissen, wie sie sich wo benehmen und was sie sich erlauben können. So kann es beispielsweise sein, dass sie dann zu Hause weiterhin so streiten, wie sie es gewohnt sind und bei dir streiten sie dann eben so, wie du es ihnen beibringst.

An sich sehe ich es daher nicht zwingend als falsch an, wenn du versuchst den Kindern andere Werte zu vermitteln und du dich dann eben darum kümmerst, dass sie sich auch anders verhalten und nicht dauernd streiten, beispielsweise die Streitigkeiten dann auch anders lösen. Soweit ich weiß, gibt es beim Anti-Aggressions Training, welches viele Schulen anbieten, auch immer so ein Training, wo einem gezeigt wird, wie man effektiv ''streiten'' kann und eben auch Argumente vorbringt und ruhig bleibt, ohne sich gleich in den Haaren zu liegen.