Unterhalt von Vater, der im Ausland ist, bekommen?

vom 12.09.2012, 18:24 Uhr

Frau A hat ein siebenjähriges Mädchen. Der Vater des Mädchens ist nach der Trennung wieder in seine Heimat ausgewandert und lebt nun in der Türkei. Bisher hat Frau A immer Unterhaltsvorschuss bekommen. Doch mit dem 7. Lebensjahr der Tochter fällt dieser weg. Ob das Jugendamt selber was von dem Vater bekommen hat, weiß Frau A nicht.

Das Jugendamt meinte, dass sie wohl eine Unterhaltsklage führen muss. Aber wie wahrscheinlich ist es, wenn ein Gericht ihn zu Unterhalt verpflichtet, dass er auch zahlen muss und Frau A an das Geld kommt? Kann man von Deutschland aus das Konto in der Türkei pfänden?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Sobald es sich um ein Land handelt, welches nicht der Europäischen Union angehört, erschwert dieser Umstand das erfolgreiche Einklagen von Unterhaltszahlungen teilweise erheblich. In Deutschland ist das Nichtbegleichen von Unterhaltszahlungen eine Straftat und sogar mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe zu bestrafen.

Anders sieht es in der Türkei aus, denn hier handelt es sich dabei lediglich um eine Ordnungswidrigkeit. Wenn es sich bei dem Vater des Kindes also um einen türkischen Staatsbürger handelt, der auf türkischem Grund lebt, hat er sich dort keiner Straftat schuldig gemacht, sondern lediglich in Deutschland.

Nun würde es eines internationalen Haftbefehls erfordern, der den Kindesvater festsetzt und gegebenenfalls so dafür sorgt, dass die Unterhaltszahlungen für das Kind nachgezahlt werden. Ein internationaler Haftbefehl wird für das Nichtbegleichen von Unterhaltszahlungen jedoch nicht ausgesprochen.

Eine andere Sache ist die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung eines deutschen Gerichts. Diese hat relativ gute Aussichten, wird jedoch auch nur einen deutschen Vollstreckungstitel nach sich ziehen. Dieser kann zwar unter bestimmten Voraussetzungen zu einem europäischen Vollstreckungstitel umfunktioniert werden und wäre dadurch innerhalb der gesamten EU rechtlich bindend.

Jedoch ist die Türkei bekanntermaßen kein EU-Mitgliedsstaat, weswegen dort ein deutscher Vollstreckungstitel auch nicht anerkannt wird. Infolgedessen kann auch keine Kontopfändung in der Türkei stattfinden.

Stattdessen müsste Frau A in die Türkei reisen und dort über einen Anwalt ein Verfahren vor Gericht eröffnen lassen. Bei diesem Verfahren könnte der Vollstreckungstitel, beziehungsweise die Unterhaltspflicht, aus Deutschland als Beweis dienen.

In der Praxis wird das aufgrund der praktisch nicht vorhandenen Erfolgsaussichten aber äußerst selten durchgeführt. Zum einen, weil es mit erheblichen Kosten für Anwälte und dergleichen verbunden ist. Und zum anderen, weil die türkischen Gerichte zu einem sehr hohen Prozentsatz die entsprechenden deutschen Urteile nicht anerkennen und zu Gunsten des Vaters urteilen.

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» TamiBami » Beiträge: 2166 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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