Rezeptpflicht für Paracetamol soll eingeführt werden

vom 09.04.2008, 12:45 Uhr

Subbotnik hat geschrieben:

Aber was nutzt eine Rezeptpflicht für eine 30 er Packung, wenn man auch in die Apotheke gehen kann und sich 10, 20er Packungen kaufen kann ohne dass man darauf hingewiesen wird, wie gefährlich das Medikament sein kann. So ist es nun mal bei Paracetamol. Ab der 30er Packung muss man ein Rezept zeigen und alles was weniger als 30 Tabletten sind bekommt man ohne zu murren und davon auch noch mehrere Packungen.

Genau das finde ich so unlogisch an dieser neuen Regelung. Es bringt meines Erachtens absolut nichts und ich frage mich, was diese Regelung bringen soll.

Also ich bin Pharmakologe und nehme hier mal Stellung. Vorab muss ich dazu sagen, dass die ganzen Beilagen in Zeitungen, verbunden mit der Meinung des reinen "Schubladenziehers" dazu führen, dass sich Unwissende Gedanken über Gesetze machen die irgendwo einen Sinn machen und dies auch der Grund ist, warum man Tabletten nicht wie Wrigleys bei Schlecker mitnehmen kann. Und gerade Schmerzmittel können da zu einer Abhängigkeit führen, Diclofenac zu schweren Magenschäden.

Nun zum Paracetamol: Dieses wird über die Leber metabolisiert. Es wird mit Cystein konjugiert und aus dem Körper ausgeschieden, daneben bilden sich noch eine ganze Reihe anderer Abbauprodukte. Was passiert nun wenn der Körper kein Cystein mehr in den Speicherzellen hat? Das Paracetamol bildet lebertoxische Produkte die - bei einem gesunden Erwachsenen ab 12-14 Gramm (24-28 Tabletten a 500gramm) zu einem multiorganversagen führen. Sobald das Paracetamol resorbiert wurde und man nicht mehr den Magen auspumpen kann gibt es nur wenig Chancen einer Rettung. Verbunden mit anderen Medikamenten und Alkohol sind diese Probleme übrigens seit langem bekannt.


Nun, eine 30er Packung von einem suizidgefährdeten ingenommen ist also quasi die letzte Dosis. Klar kann man schlau sein und zwei 20er kaufen, aber in der Regel hat man in der Hausapotheke eine Packung.

Zu den Beratungen in den Apotheken. Man muss hier auch mal die Situation betrachen, da ca. 90% der Kunden im Einkaufsstress etc. sind und überhaupt keine Lust auf lange Beratungen haben. Auch wir haben ein Beratungszimmer wo man sich in Ruhe mit Patienten über Interaktionen unterhalten kann, angenommen wird es immer nur wenig. Mein Tipp: Der Kunde muss auch verstärkt nachfragen nach einem Produkt. Genau diese Eigenverantwortung wird ja bei der Selbstmedikamentation auch erwartet.

Noch ein Beispiel zu Interaktionen: eine alte Dame bekommt Digoxin zur Steigerung der Herzkraft. Da sich alte Leute wenig bewegen hat sie oft Verstopfung-ihr Sohn gibt ihr ein Infoschreiben einer Versandapotheke(oder auch ein anderen apotheke vor Ort). Se holt es sich un bekommt ein paar Tage später schwere Herzprobleme. Problem: Digoxin wird im unteren Teil des darms resorbiert, mit Abführmitteln wird also eine vollständige Resorbtion verhindert. In einer Stammapotheke wäre das aufgefallen, es hätte eine Dosisanpassung(seitens des Arzt) oder alternative Medikamente gegeben.

Oder ein Fall aus Amerika: Grapefruitsaft plus Antiallergikum (Cetridizin) führte aufgrund der Inhibition von Lebeenzymen und daraus resultierendem toxischen Wirkstoffspiegel zum Tod.

Arzneimittel sind "drugs", also sollte man damit auch dementsprechend umgehen. Nur billig und schnell kann keine Lösung sein. Ein bisschen Sensibilisierung sollte es mittlerweile geben wenn ich höre nach was für Büchern manche Leute Mittelchen einnehmen.

» grizu24 » Beiträge: 1 » Talkpoints: 1,71 »



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