Wie wichtig ist ein Grabstein?

vom 07.09.2012, 22:08 Uhr

Neulich bin ich mit einem Freund auf seine verstorbene Mutter zu sprechen gekommen. Ich wollte wissen, wo sie beerdigt liegt und bekam natürlich auch Antwort. Dabei erfuhr ich, dass sie in einem kleinen Urnengrab liegt ohne Grabstein und ohne jeden Hinweis auf ihre Person. Ich war heute dort: es ist winzig, sehr schlicht, ein bisschen Efeu, keine Blumen und beinahe das einzige namenlose Grab unter hundertden mit Namen.

Ich weiß nicht, wie findet ihr so etwas? Ich finde es doch sehr befremdlich, weil es in meiner Familie eigentlich ganz normal ist, dass wenigstens eine kleine Steinplatte mit dem Namen auf das Grab kommt. Es ist niemals viel bei uns, aber der Name bleibt eben, um einfach eine Spur zu belassen - für uns, für den Verstorbenen und natürlich auch für die "Öffentlichkeit". Es ist irgendwie nicht unsere Art jemanden einfach so von der Bildfläche verschwinden zu lassen, ein kleines Denkmal muss schon sein.

Ich finde das auch darum seltsam, weil mein Bekannter und sein Vater eigentlich so reich sind, dass sie sich sicher jeder hätten 10 Grabsteine für die Mutter kaufen können, am Geld fehlt es ganz gewiss nicht. Er meinte, dass sie keinen "Totenkult" mögen und wenn es vorbei ist, ist es eben vorbei, was dann noch zählt, ist nur das Gewesene und kein Name auf einem Stein.

Was sagt ihr dazu? Sehr nüchtern ist das gesagt, oder? Ich weiß, jeder hat das Recht zu trauern wie er will und seine Trauer auszudrücken wie er will, aber jetzt mal so im Allgemeinen, könnt ihr das verstehen, dass Angehörige die eigene Mutter völlig Namenlos und Denkmallos in ein winziges Grab befördern, so gut wie nie auf den Friedhof gehen zur Grabpflege und sich einfach sagen: jetzt ist alles vorbei, wozu der ganze Aufriss?

Findet ihr, dass ein Grabstein gleichzusetzen ist mit "Totenkult"? (Also streng genommen ja) Wie wird das bei euch gehandhabt, wenn jemand stirbt, gehört ein Grabstein einfach dazu oder ist euch das zu viel, zu viel Kult um den Tod und den Toten? Könnt ihr auch darauf verzichten, weil ihr euch sagt: was zählt, sind die Erinnerungen?

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Mal ganz ehrlich, wer schert sich denn wirklich um so ein Grab? Wenn da ein Verwandter, Bekannter oder Freund liegt weiß man es doch und nur für andere Menschen braucht man keinen Aufriss machen. Ich würde es wirklich egal finden, ob nun ein Name auf einem Grab ist oder nicht.

Man hat die Person doch im Leben geliebt und das weiß man auch, man trägt sie nun im Herzen und da ist ein Grab doch nun wirklich egal. Man braucht ja eigentlich auch keine Pilgerstätte um an jemanden zu denken, oder sehe ich das falsch?

Vielleicht wollte die Mutter das ganze Tamtam um ihr Grab auch nicht und wollte einfach schlicht und in Ruhe beerdigt sein. Das gibt es. Meine Oma zum Beispiel liegt auf einen grünen Rasen. Sie war der Meinung, dass ein Grab immer nur eine Verpflichtung darstellt und man dann eben nur an die Arbeit und nicht an den Menschen denkt und wenn man es dann doch tut, dann heult man und es ist eigentlich kein schöner Ort, weil alle nur betrübt sind. Ich bin derselben Meinung.

Man trägt einen Menschen im Herzen und muss für Niemanden eine Show machen, man muss kein super gepflegtes Grab mit einem riesen Grabstein haben. Das ist alles übertrieben und nur eine lästige Verpflichtung. Ich kenne niemanden, der gerne auf einen Friedhof geht, wenn er dort einen Verwandten besuchen geht.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich finde es immer sehr wichtig, zu wissen, was die Verstorbenen gewollt hätten. Erst dann kann man sagen, ob das Grab die Würde des Verstorbenen verletzt oder nicht. Wenn jemand namenlos beerdigt werden möchte, ist es in Ordnung. Wenn jemand einen Grabstein gewollt hätte und man ihm keinen kauft, weil es einem das Geld nicht wert ist, dann verletzt das die Würde des Toten. Also kann man in dem Fall deines Freundes gar nichts dazu sagen.

Wenn ich sterbe, möchte ich zum Beispiel in einem Freiwald anonym beerdigt werden und meine Kinder wissen das auch. Ich möchte nicht auf einem Friedhof liegen, weil ich den Friedhof bei uns in der Nähe, der infrage käme, sehr hässlich finde. Eigentlich denke ich da aber gar nicht so sehr an mich, weil ich ja tot bin, da kann es mir egal sein, wo ich verrotte. Ich denke an meine Kinder. Ich finde die Idee furchtbar, dass sie vor meinem Grab stehen und die Grabpflanzen gießen und meinen in Stein gehauenen Namen vor sich sehen, der eigentlich nichts mit mir zu tun hat.

Für meine Eltern wäre es schlimm gewesen, wenn sie nicht in einem Grab mit Grabstein beerdigt worden wären, weil es in dem Ort, wo sie gewohnt haben, Tradition war und sie nur so auch nach dem Tod mit dem Ort verbunden waren. Wir sind aber nicht oft an dem Grab gewesen, weil wir zu weit weg wohnen und sonst keine Beziehungen zu dem Ort haben. Ein Gärtner übernimmt die Pflege.

Ich finde es ganz wichtig, dass man zu Lebzeiten sagt, wie man es haben möchte, dann kann den Hinterbliebenen kein Vorwurf wegen einer eventuell unwürdigen Beerdigung oder der Grabstätte gemacht werden.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Mir persönlich wäre ein Grabstein auf meinem eigenen Grab schon sehr wichtig, sogar so wichtig, dass ich bereits einen Grabstein ausgesucht habe, den ich später gerne einmal auf meinem Grab stehen haben würde. Da er aber noch nicht gekauft ist und diese Anschaffung in den nächsten Jahren auch nicht ansteht, wird aus diesem Wunsch wohl leider nichts.

Ein Grab in unserer Familie hat keinen Grabstein, weil derjenige, der dieses Familiengrab damals erstmalig "bezogen" hat, immer der Meinung gewesen ist, dass ein solcher Grabstein pure Geldverschwendung ist und ja eh jeder wisse, welches Grab zu welcher Familie gehört. Auf den kleinen Friedhöfen hier in den Dörfern ist es ja auch tatsächlich so. Da der Verstorbene eben diese Ansicht hatte, hat das Grab bis heute noch keinen Grabstein, obwohl bis auf eine Person alle Familienmitglieder der Meinung sind, dass da mal ein schöner Grabstein hinauf gehört. Da es sich dabei um unsere Urgroßmutter handelt und sie die letzte Person ist, welche in diesem Grab beerdigt werden wird, werden wir aber ihren Wunsch respektieren.

Ich finde trotzdem immer, wenn ich zu diesem Grab gehe, dass es im Gegensatz zu den umliegenden Gräbern, welche allesamt über einen Grabstein verfügen, recht sparsam aussieht. Einfach so, als hätte sich die Familie den teuren Stein sparen wollen. Meiner Meinung nach fehlt auf diesem Grab ganz einfach etwas und ich denke, dass das Grab mit einem schlichten Grabstein bedeutend besser aussehen würde. Und vor allem auch mehr nach einer Ruhestätte als nach einem Blumenbeet. Denn diesen Eindruck macht es auf mich immer wieder.

Ich würde nicht auf einen Grabstein verzichten, weil ich der Meinung bin, dass nur die Erinnerungen zählen. Die habe ich ja auch, wenn ich einen Grabstein aufstellen lasse. Aber mit so einem Stein möchte ich jeden, der an dem Grab vorbeigeht, wissen lassen, wer dort beerdigt liegt und für wen dieses Grab hergerichtet worden ist. Es ist für mich kein Kult, sondern eine Erinnerung an einen Menschen, den viele Leute auf diesem Friedhof kannten und an den sie sich nicht erinnern könnten, wenn es keinen Stein gäbe, weil sie einfach nicht unbedingt wissen, dass er dort begraben liegt.

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» olisykes91 » Beiträge: 5370 » Talkpoints: 24,75 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Für mich ist ein Grabstein kein Totenkult. Wenn der Verstorbene zu Lebzeiten einen Grabstein abgelehnt hat, sollte man das akzeptieren. Ob die verstorbene Mutter deines Freundes kein Namensschild und keinen Grabstein wollte, weiß man nicht. Aber wenn es so sein sollte, muss man ihren Wunsch respektieren.

Als meine Mutter starb, haben wir über einen Grabstein beraten. Ihre Enkelin fand einen Obelisken sehr schön. Also haben wir das respektiert und nun hat meine Mutter einen schwarzen Marmor-Obelisken mit Schrift. Ich glaube, es ist der einzige auf dem ganzen Friedhof. Allgemein fand er große Anerkennung. Ja, er sieht gut aus, aber das ist eigentlich Nebensache.

Meine Schwester hatte für sich entschieden, nach ihrem Tod namenlos auf der Wiese beerdigt zu werden. Sie wollte nicht, dass die Hinterbliebenen sich Arbeit mit ihrem Grab machen sollten. Ich weiß zwar, unter welchem Baum sie liegt, aber es gibt keinerlei Hinweis, dass sie und andere auf der Wiese beerdigt wurden. Außer einer Urne mit Asche ist ja nichts mehr vorhanden. Auch von mir wird es später nichts geben, was auf mich hinweist, denn ich habe für mich entschieden, meinen Körper nach meinem Tode der Universität zur Verfügung zu stellen für die Studenten. Egal, wer an mir rumschnibbelt, ich werde es nicht merken.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


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