Nicht mit den Kollegen über Gehalt reden dürfen?

vom 05.09.2012, 16:50 Uhr

Ich war mal für ein paar Wochen in einem sehr großen Unternehmen tätig. Dieses heuerte für diesselben Stellen mit verschiedenen Zeitarbeiten neue Mitarbeiter an. Das Gehalt bekam man dann natürlich von der Zeitarbeit ausgehändigt. Im Vertrag stand (den genauen Wortlaut weiß ich leider nicht mehr), dass das Gehalt vertraulich ist und nicht mit den Kollegen besprochen werden sollte. Nun, was soll ich sagen, schon in der ersten Mittagspause gab es Fragen wie "Und, wie viel bekommst du?". Grund für diese Vertragsklausel war wohl, dass eine der Zeitarbeiten sich 300 Euro mehr vom eigentlichen Gehalt der Mitarbeiter genommen hat, dass das große Unternehmen bezahlt. Natürlich würde das früher oder später zu großem Unmut und Neid führen und die Mitarbeiter würden versuchen, die Zeitarbeit zu wechseln.

Allerdings lässt es sich doch wohl schwer nachweisen, ob die Mitarbeiter untereinander über das Gehalt reden - und sei es außerhalb der Firma. Mit welchen Konsequenzen muss man rechnen, wenn man darüber redet, obgleich man es laut Vertrag nicht soll? Ist das schon ein Kündigungsgrund?

» Schneeblume » Beiträge: 3095 » Talkpoints: -0,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich weiß nicht, wie es rechtlich aussieht, aber eigentlich ist doch Sache des Angestellten, ob er seinen Verdienst an die große Glocke hängt oder nicht. Natürlich verdient eine Person, die über eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt wird, oft deutlich weniger als der Kollege, der direkt beim Unternehmen arbeitet. Die Firma zahlt der Zeitarbeitsfirma ein Gehalt X, das dem Arbeitnehmer anteilig ausgezahlt wird. Den Rest behält die vermittelnde Firma, sie will ja auch existieren.

Es wäre gut möglich, dass es deshalb nicht gern gesehen ist, dass die Angestellten untereinander Gehaltsinfos austauschen, weil eben solche Unterschiede bestehen. Zwei Menschen, die die gleiche Arbeit tun, verdienen noch lange nicht dasselbe Geld. Vielleicht befürchtet die Firma, es könnte zu Beschwerden seitens der Angestellten mit Verweis auf das Gehalt des Schreibtischnachbarn oder des Arbeiters an der Maschine nebenan führen. ich weiß auch nicht, ob diese Zeitarbeitsfirmen untereinander verschiedene Sätze haben, vielleicht fürchten sie auch die Konkurrenz eines anderen Unternehmens, das seinen Angestellten eventuell mehr zahlt.

Ob die Klausel über das Stillschweigen das Gehalt betreffend rechtens ist bzw. ob man sich daran wirklich halten muss, weiß ich nicht. Aber wie will man die Einhaltung dieser Klausel kontrollieren? Wenn die Angestellten sich darüber austauschen wollen, tun sie das bestimmt auch und bewahren einfach Stillschweigen darüber und handeln entsprechend oder eben nicht.

» Thaddäus » Beiträge: 1011 » Talkpoints: 22,78 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Sicherlich kann man das schwer nachweisen. Aber in vielen Vertägen steht das eben und wenn das jemand mitbekommt und dich auffliegen lässt, dann kann das ein Grund für eine Abmahnung sein. Ich verstehe den Grund aber ehrlich gesagt auch nicht, muss ich sagen. Ich meine, theoretisch bekommen eh alle Mitarbeiter ein anderes Gehalt, wenn es sich danach richtet, wie viele Kinder man hat und wie lange man schon im Unternehmen ist. Wenn man dann auch noch Schichtzuschlag bekommt, dann kann man das doch eh nicht miteinander vergleichen.

Also lohnt es sich in meinen Augen auch gar nicht. Vielleicht will man vermeiden, dass zwischen den Mitarbeitern Neid entsteht. Wenn der eine für die gleiche Arbeit viel mehr bekommt, dann befürchtet man so etwas vielleicht. Aber ich denke, dass es dafür dann eben einen Grund gibt, wie zum Beispiel, dass der andere dann schon länger da ist oder mehr Kinder hat oder etwas in der Richtung.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Ich habe vor 25 Jahren in einem sehr großen Betrieb gearbeitet und auch dort durfte man nicht über seinen Lohn oder über das Gehalt sprechen. Im Einstellungsvertrag stand klar und deutlich, dass man sich dazu verpflichtet. Ansonsten ist es ein fristloser Kündigungsgrund. Ich habe damals mit einem Anwalt gesprochen und der sagte mir, dass es auch rechtens ist, wenn so eine Klausel in einem Arbeitsvertrag drin steht. Diese Klausel galt aber nicht nur für Kollegen im eigenen Betrieb, sondern auch für Kollegen aus der gleichen Branche in anderen Betrieben.

Die Gewerkschaft, in der ich eingetreten bin damals meinte auch, dass es normal ist, dass man da nicht drüber spricht, weil es eben auch Unterschiede gibt in den einzelnen Lohngruppen. Und auch die fristlose Kündigung beim Zuwiderhandeln wäre richtig.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Es dürfte aber eigentlich nicht rechtens sein, da man auf diese weise überhaupt nicht vergleichen kann, ob das eigene Entgelt gerecht ist. Wenn der Mensch im selben Büro mit demselben Job viel mehr verdient als ich, dann muss ich doch die Möglichkeit haben, mit den entsprechenden Personen über diese Ungleichheit zu sprechen und dies gegebenenfalls angleichen zu lassen.

In Unternehmen, die gewerkschaftlich organisiert sind, ist diese Klausel aber eigentlich sowieso unnötig, da der (Mindest)Lohn einer Tarifgruppe festgesetzt ist. Natürlich gibt es auch da im Rahmen der ERA - Einführung Boni und Prämien, aber trotzdem bleibt es irgendwo vergleichbar.

» Thaddäus » Beiträge: 1011 » Talkpoints: 22,78 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


@Schneeblume: was meinst Du denn mit Zeitarbeiten? Etwa die Firmen, die Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum quasi verleihen, also Zeitarbeitsfirmen? Dass unterschiedliche Zeitarbeitsfirmen für die gleiche Arbeit unterschiedliches Gehalt an die Mitarbeiter zahlen ist eigentlich nicht verwunderlich. In einem solchen Fall sollte man am besten auch einmal den Vertrag mit der Zeitarbeitsfirma vergleichen. Manch eine Firma zahlt weniger aus, damit die Angestellten, wenn sie nicht tätig sind, auch noch ein annehmbares Gehalt bekommen.

Das ist eben auch ein Grund, dass Gehälter einfach schwer zu vergleichen sind. Auch wenn die Mitarbeiter beim gleichen Unternehmen angestellt sind und die gleiche Arbeit verrichten ist es nicht selten Verhandlungssache, wie viel Geld man dafür bekommt. Das hat dann aber weniger mit dem Arbeitgeber zu tun, wird diesem aber trotzdem gern einmal angelastet. Daher will man so auch Unfrieden vermeiden.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


@JotJot: Die Zeitarbeitsfirmen bekommen das Gehalt vom Unternehmen ausgehändigt. Jeder der Mitarbeiter führt diesselbe Arbeit aus und bekommt durch das Unternehmen genau dasselbe Gehalt. Zwei der Zeitarbeitsfirmen hat dieses auch korrekt an seine Angestellten weitergegeben. Die dritte Zeitarbeit nahm sich jedoch heraus, 300 Euro von den Gehältern für sich zu behalten. Es hat nichts mit der Leistung zu tun oder dass die Zeitarbeit ein bestimmtes Gehalt vorschreibt. Daher sollte auch niemand die Gehälter vergleichen, da sonst aufgefallen wäre, dass einige Mitarbeiter einen reduzierten Lohn für die gleiche Leistung bekommen, ohne vernünftigen Grund.

» Schneeblume » Beiträge: 3095 » Talkpoints: -0,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Was ist, wenn das Unternehmen die Zeitarbeiter nicht mehr benötigt und die Zeitarbeitsfirmen keine andere Tätigkeit stellen können, die Zeitarbeiter also daheim bleiben. Bekommen die dann den gleichen Lohn? So etwas wird in der Regel mit dem zuvor einbehaltenen Geld ausgeglichen und hat einzig und allein etwas mit dem Vertrag zwischen Zeitarbeiter und Zeitarbeitsfirma zu tun. Das nichts mit dem Unternehmen zu tun, für den Zeitarbeiter arbeiten. So etwas wird aber gern einmal vergessen und da wird dann gleich Ungerechtigkeit attestiert, die bei genauerer Betrachtung nicht existiert.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Die Situation gab es damals tatsächlich, dass das Unternehmen die Zeitarbeits-Angestellten für ein paar Monate nicht mehr benötigte. Ergebnis: Während die anderen beiden, die den gleichen Lohn zahlten, tatsächlich Geld dafür verwendeten, um die Arbeiter zumindest bei sich zu behalten, hat die Zeitarbeit, welche die zusätzlichen 300€ eingesteckt hat, alle Mitarbeiter prompt entlassen. Man kann also nicht gerade behaupten, dass es sich in irgendeiner Form gelohnt hätte, weniger Gehalt bei dieser Firma zu bekommen.

» Schneeblume » Beiträge: 3095 » Talkpoints: -0,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich denke Mal, dass es sich hierbei explizit um die Unterschiede von den Verträgen und Handhabungen der jeweiligen Zeitarbeitsfirmen handelt. Schließlich wird hier nicht Gehalt von Mitarbeitern, welche direkt beim Unternehmen arbeiten besprochen, sondern einzig und allein innerhalb der eingestellten Zeitarbeiter diskutiert.

Auch wenn es unfair klingt, aber bei Zeitarbeit ist man von seiner Zeitarbeitsfirma abhängig und nicht von dem eigentlichen Betrieb, in dem man seine Arbeit verrichtet. Von daher müssten die Verträge auch von den Zeitarbeitsfirmen stammen und im Endeffekt müsste sich der Zeitarbeiter im Voraus mit seiner potenziellen Zeitarbeitsfirma befassen und erforschen und erfragen, inwiefern diese gut für ihn sei oder ob er sich nach einer anderen umschauen sollte.

Schließlich wäre es mit dem gleich zu setzen, wenn ich mich bei meinem Vorgesetzten beschweren würde, dass in einer Firma Z ein höheres Gehalt für meine ausgeführte Tätigkeit geben würde. Dann würde man mir vermutlich auch raten, den Betrieb zu wechseln, da eine Beschwerde unangebracht sei, schließlich hatte ich damals den Vertrag zu den Bedingungen unterzeichnet, als ich die Arbeit aufnahm.

Wenn man das Thema des Beitrags allerdings allgemein betrachten möchte, so habe auch ich bereits Erfahrungen damit gemacht, dass man mir bei meiner Einstellung nahe legte, über mein Gehalt in meinem neuen Betrieb nicht reden zu dürfen. Das wurde allerdings nirgends schriftlich festgehalten, aber mir wurde angedeutet, dass dies eben für alle tabu sei. Später fand ich über Zufall die Gehaltsabrechnungen einer Kollegin, die kürzlich gekündigt hatte und stellte, fest, dass sie viel weniger als ich verdient hatte, obwohl sie bereits einige längere Zeit im Betrieb gewesen war und sich sogar eine höhere Position und Verantwortungsbereich erkämpft hatte. Scheinbar stand diese "Beförderung" allerdings in keinem Verhältnis zu ihrem Gehalt, welches unverändert blieb.

Hätte ich am ersten Tag über mein Gehalt gesprochen, wäre vermutlich noch einigen anderen die Lust am Arbeiten vergangen, da sie deutlich weniger als ich verdienten, obwohl sie vor mir im Betrieb waren. Da meine Vorgesetzten, diesen "Zickenkrieg" vermeiden wollten, schüchterten sie mich also von Anfang an ein, wobei ich sagen muss, dass ich diese Art schon recht unfair fand und teilweise ein schlechtes Gewissen manchen Kolleginnen gegenüber hatte.

Ich hatte damals in meinem Vorstellungsgespräch zwar bereits auf meine Schmerzgrenze beharrt und diese auch deutlich gemacht, aber finde im Nachhinein nicht einmal dieses Gehalt als verhältnismäßig für meine Arbeitszeiten und - Leistungen. Mir wurde allerdings auch damals schon bewusst, dass mein Gehaltswunsch die Vorgesetzten nicht sonderlich begeisterte und von daher macht alles im Nachhinein Sinn, zumal mir von den Vorgesetzen immer häufiger unter die Nase gerieben, dass ich angeblich bereits zu viel verdienen würde.

Nun ist es aber auch kein Geheimnis, dass das Gehalt, mit Ausnahme von tariflichen Verträgen, immer auch eine Verhandlungssache ist, und die Höhe, abgesehen von den unterschiedlichen Steuerklassen und Kinderfreibeträgen, somit immer unterschiedlich ausfallen kann. Wenn für jemand der Steuerklasse III mit zwei Kindern, zum Beispiel ein gewisses Gehalt als Überlebensgrundlage ausreichend ist und dieses einem gewährt wird, so kann dennoch ein Fräulein Z, welches mit Steuerklasse I abgerechnet wird, und kinderlos ist - und somit auch höhere Abgaben bei gleichem Bruttolohn zu leisten hat - ein wesentlich höheres Gehalt aushandeln, welches sowohl im Netto-, als auch im Bruttolohn, dass von der ersten Person übertrifft.

Bei gleicher Tätigkeit könnte das die erste Person selbstverständlich auch als ungerecht empfinden, wenn sie für wesentlich weniger Geld dieselbe Leistung zu erbringen hat und zusätzlich noch eine Familie zu ernähren hat - selbst dann,
wenn sie anfänglich mit ihrem Gehalt einverstanden gewesen war. Solche und ähnliche Vorfälle werden deswegen liebend gerne von den Vorgesetzen unausdiskutiert bleiben, weswegen ich durchaus nachvollziehen kann, dass man ein Verbot aushängt, über sein Gehalt zu reden, um derartige Unzufriedenheit am Arbeitsplatz zu vermeiden.

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» LongHairGirl » Beiträge: 845 » Talkpoints: 47,97 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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