Angst vor dem Sterben größer als die Angst vor dem Tod?

vom 04.09.2012, 21:27 Uhr

Nachdem ich diesen Thread hier Mit zunehmendem Alter mehr oder weniger Angst vor dem Tod? gelesen habe, habe ich mal die Leute in unserer Verwandtschaft gefragt, die schon älter sind, ob sie Angst vor dem Tod haben. Mein Opa meinte direkt zu mir "Ach Kind, ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich habe eher Angst vor dem Sterben".

Ich wollte nicht groß nachfragen, weil ich doch merkte, dass meinem Opa das sehr Nahe ging. Denkt ihr, dass die Angst vor dem Sterben auch oft verwechselt wird mit der Angst vor dem Tod? Wenn ich darüber nachdenke, dass hätte ich auch mehr Angst vor der Stunde in der ich sterben werde als vor dem Tod selber. Wenn der Tod da ist, merke ich nichts mehr. Aber was passiert in der Minute oder besser in der Sekunde des Sterbens? Habt ihr da auch eher Angst davor?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich fürchte mich nicht so sehr vor dem Sterben an sich. Ich denke das geht in den meisten Fällen sehr schnell und man bekommt auch nicht so viel mit. Der Tod an sich macht mir da schon mehr Sorgen, denn dass ist sehr endgültig und ich stelle mir das eben nicht so schön vor. Meine Tante ist beispielsweise eingeschlafen und gestorben, ich denke es gibt viele die einfach so sterben und deswegen mache ich mir darüber eigentlich keine Gedanken, ich hoffe nur das ich noch viel Zeit habe und ich noch viel von der Welt sehen kann.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Meine Oma hat immer gesagt, dass sie sich vor dem Sterben mehr fürchtet als vor dem Tod selber. Denn sie war immer der festen Überzeugung, dass man mit Schmerzen auf die Welt gekommen ist und auch mit Schmerzen von der Welt geht. Sie meinte, dass jeder der stirbt auch irgendwie was spürt und vor dem "was" hatte sie Angst. Obwohl sie eingeschlafen ist und auch friedlich aussah, als sie tot war, habe ich an die Worte immer gedacht und mich gefragt, ob sie Schmerzen gehabt hat, als sie gegangen ist.

Ich weiß nicht, wovor ich mehr Angst habe. Ich hoffe, dass ich noch ein paar Jahre leben darf und möchte da eigentlich auch gar nicht drüber nachdenken.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Eigentlich habe ich mich noch nie mit diesem Thema befasst, doch wenn ich darüber so nachdenke, habe ich sehr große Angst vor dem Sterben. Mit Sicherheit ist das Sterben eine Qual, schließlich setzen dabei die Organe aus und als Mensch versucht man natürlich, irgendwie zu kämpfen. Mein Opa ist vor meinem Augen an einen Asthmaanfall erstickt und er hat sich fast eine halbe Stunde lang gequält. Wir haben den Notarzt angerufen, doch die Zeit, bevor er eintreffen konnte, waren schrecklich. Als er dann endlich kam, war es leider zu spät.

Besonders vor solch einem Sterben fürchte ich mich. Ich habe ja miterlebt, wie mein Opa gelitten hat und versucht hat, irgendwie Luft zu bekommen. Sicher gibt es auch Menschen, die friedlich einschlafen. Trotzdem wird sich auch bei denen das Sterben irgendwie bemerkbar machen. An dem Zitat: Man kommt und geht mit Schmerzen, wird schon etwas dran sein.

» Sternchen* » Beiträge: 2804 » Talkpoints: 2,78 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Meine Freundin hat zeitweise als Sterbebegleiterin in einem Hospiz gearbeitet. Und da ist das Sterben ein Prozess. Die wenigsten Schlafen friedlich ein und sterben im Schlaf.

Viele entwickeln beim Sterben Kräfte. Der Körper bäumt sich ein letztes Mal auf. Meine Freundin hat mir berichtet, dass sehr viele große Hitze empfinden, sich die Kleider vom Leibe reisen. Und ich denke, auch Menschen die "schnell" sterben, fühlen etwas dabei. Und davor habe ich persönlich schon Angst. Weil man so etwas eben allein durchstehen muss. Den letzten Kampf.

» Sophia3562 » Beiträge: 12 » Talkpoints: 4,42 »


MissMarple hat geschrieben:Wenn ich darüber nachdenke, dass hätte ich auch mehr Angst vor der Stunde in der ich sterben werde als vor dem Tod selber.

Wenn es um das Thema ''Sterben'' geht, dann dachte dein Großvater sicherlich nicht an die letzten Stunden oder Minuten seines Lebens. Sterben ist an sich ja ein Vorgang, der sich ein ganzes Leben lang zieht und mit dem Altern beginnt. Das bedeutet aber nicht, dass man jetzt sein ganzes Leben lang am Sterben ist und Angst zu haben braucht, die letzten Jahre und Monate empfindet man meistens am intensivsten. Wenn der Körper alt und brüchig wird, dann merken alte Menschen, dass sie dabei sind zu sterben und dass der Tod nicht mehr lange auf sich warten lassen wird, wenn sie immer älter und älter werden und ihre Kraft schwindet, die Krankheiten sie langsam dahin raffen.

Ich denke, dass ist der Prozess, der einem Angst machen kann. Erst läuft man noch fit durch die Gegend und irgendwann dann kann man sich nicht mehr bücken, dann kann man ohne Krücken nicht mehr laufen, dann braucht man einen Rollstuhl, man kommt ohne seine Medikamente nicht aus, man kann ohne Pflegeperson oder Familie alleine nicht mehr zurecht kommen und so weiter und so fort. Man merkt, wie man immer unselbstständiger wird und das ist an sich dann der Prozess des Sterbens - das Altern.

Ich selbst muss sagen, dass ich durchaus keine sonderlich positiven Gedanken mit dem Sterben verbinde, denn ich würde auch keine Freude mehr am Leben empfinden können, wenn ich krank wäre und immer mehr meiner Körperfunktionen ausfallen würden. Ich hätte Angst davor, dass ich eben nicht mehr so leben kann wie jetzt, wenn meine Sinne immer mehr nachlassen und ich alleine nicht mehr zurecht komme und einfach weiß, dass es bald so weit sein wird und nicht mehr lange dauern kann, bis ich sterben werde.

An sich aber wird den meisten Menschen das Sterben heute auch recht ''schön'' bereitet, Schmerzen haben die wenigstens mehr, dennoch aber, kann es im Alter zur Frustration kommen und je nachdem ob man an Altersschwäche stirbt oder an einer Krankheit, ist das ganze sicherlich kein Spaß. Ich selbst habe aber dennoch weder vor dem Tod, noch vor dem Sterben sonderlich große Angst.

Ich stelle mir das Sterben nicht mehr sonderlich schlimm vor, denn wenn man einen Unfall hat oder an einer Krankheit stirbt, bekommt man letzten Endes sowieso nicht mehr großartig viel mit und bei der Krankheit bekommt man schließlich Schmerzmittel. Und an sich ist das ja auch nur ein Übergang in den Tod und da ich denke, dass einen im Tod nichts erwartet, wird auch das Sterben an sich nicht weiter schlimm sein.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


@Crispin: doch, er meinte die Stunde des Sterbens, wenn der Tod einen holt, wie er sich ausgedrückt hat. Er meinte nicht den Gedanken an das Älter werden und dass jeder Mensch sterben muss. Er meinte eben, dass genau die Zeit, in der man stirbt schlimmer sein muss wie der Tod selber. Er meint, dass, wenn man das bewusst mitbekommt diese Sekunde des Todes sich wie Stunden hinziehen können. So stellt er sich das zumindest vor. Er stellt sich auch das Sterben so vor, dass Menschen, die nicht mehr bei Bewusstsein sind diese Sekunde des Todes doch spüren.

Mein Opa ist sehr fit für sein Alter und er hat bestimmt nicht das Gefühl, dass er bald sterben wird. Er wird halt ein wenig melancholisch, wenn ich ihn darauf anspreche. Er hat wohl auch schon einige Menschen sterben sehen und war bei ihnen dabei, als sie starben. Sei es im Krieg oder auch privat. Er meinte, dass alle in der Sekunde des Todes ein schmerzverzerrtes Gesicht hatten, welches sich dann wieder zu einem friedlichen Gesicht gelegt hat.

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Die Angst vor dem Sterben muss größer sein, als die Angst vor dem Tod. Denn wenn du krank bist, kann das Sterben eine schreckliche Qual bedeuten, während der nachfolgende Tod nur Erlösung bedeutet, keine Schmerzen mehr haben. Es gibt Krankheiten, die lange dauern, Tage, Monate und Jahre. In all' dieser Zeit stirbst du Stück für Stück. Du sehnst dich nach dem Tod, weil das Dahinsiechen grausam ist und der Tod für dich bedeutet, keine Schmerzen mehr zu haben.

Aber auch wenn man nicht so krank ist und das Sterben plötzlich kommt, schnappt man vielleicht nach Luft oder spürt das Herzschlagen nicht mehr, weil das Herz aufgehört hat zu schlagen. Vielleicht ist man dann noch in der Lage zu denken, dass nun alles vorbei ist. Wer weiß das schon?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Sterben ist leider immer noch grausam, auch mit Schmerzmitteln. Mein Bruder ist Arzt und hat mich einmal schockiert, als er erzählte, dass er noch nie erlebt habe, dass jemand friedlich eingeschlafen sei. Sicher gebe es solche Ausnahmefälle, aber er hätte nur Kämpfe erlebt. Natürlich erzähle man den trauernden Angehörigen dann zum Trost, dass der Mensch friedlich eingeschlafen sei. Seitdem habe ich wieder Angst vor dem Sterben und vor dem Tod sowieso. Davor dachte ich auch immer, dass man das mit Medikamenten ja gut im Griff habe.

Man ist ja beim Sterben auch oft nicht in ärztlicher Betreuung. Viele sterben qualvoll an einem Herzschlag und einem Schlaganfall zu Hause oder unterwegs. Als junger Mensch ist man dem Tod genauso nah wie als alter. Ich würde einen alten Menschen, nicht wie Crispin, als einen Menschen sehen, der am sterben ist. Das ist völlig absurd. Dann ist ein Baby auch schon am sterben.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Vor dem Sterben habe ich durchaus Angst. Der Tod an sich bereitet mir keine Sorgen. Ich glaube nicht an irgendwelche religiösen Vorstellungen von einer wie auch immer gearteten Ewigkeit. Mit dem Tod ist das Leben vorbei, der Körper verwest im Laufe der Zeit oder er wird direkt verbrannt. Die einzelnen Moleküle, aus denen der Mensch mal zusammengesetzt war, werden sich irgendwann in anderen Verbindungen zusammensetzen. Ich bin auch nicht der Auffassung, dass es so etwas wie eine Seele gibt, die nach dem Tod irgendwohin aufsteigt. Der Mensch ist einfach ein kompliziert aufgebautes Lebewesen, das nach seinem Lebensende wieder im Kreislauf der Natur aufgeht. Ein großes Mysterium sehe ich nicht dahinter, daher gehe ich natürlich davon aus, dass nach dem Tod einfach alles vorbei ist. Der Tod verbreitet für mich somit keinen Schrecken. 

Das Sterben an sich ist natürlich etwas, das mir eher Gedanken oder sogar Sorgen bereitet. Natürlich träumt jeder davon, dass er abends friedlich einschläft und nicht mehr aufwacht. Das ist aber nicht jedem vergönnt. Ich persönlich habe Angst davor, vor dem erlösenden Tod noch eine ganze Weile vor mich hinvegetieren zu müssen. Am schlimmsten wäre das natürlich, wenn ich bei vollem Bewusstsein, körperlich aber zu nichts mehr im Stande wäre. Grundsätzlich habe ich Angst vor langen Leidenszeiten und einem schleichenden Tod auf Raten. Im Grunde genommen ist man ab der Geburt in diesem Programm drin, aber es ist sicher noch etwas ganz besonders schlimmes, wenn man schwer krank ans Bett gefesselt ist und nur noch wartet, dass der Tag verrinnt. 

Wenn ich wüsste, dass ich vom Sterbeprozess praktisch nichts mitbekomme, wäre das ideal. Aussuchen kann man es sich nicht und vorhersagen erst recht nicht. Daher habe ich weiterhin eine gewisse Angst vor dem Sterben, aber eben nicht vor dem Tod. Die meisten Menschen, mit denen ich über dieses Thema gesprochen habe, empfinden ebenso. Ich kenne eigentlich niemanden, der das Sterben nicht fürchtet, vor dem Tod selbst aber große Angst hat. Die meisten machen sich um den Sterbeprozess Sorgen, fürchten den Tod aber nicht. Einige haben auch gar keine Angst, weder vor dem einen noch vor dem anderen. 

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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