Warum verbindet man "behindert" oft mit Rollstuhl?
Hier Als Gesunder Behindertensport machen? schrieb ich darüber, wie man in einer Behindertensportgruppe aktiv werden kann. Warum sollen "gesunde" Menschen nicht mit " behinderten" Menschen zusammen Sport machen?, war an sich mein Grundgedanke. Allerdings wurde im besagten Thread, behindert gleich in Verbindung gesetzt mit einem Rollstuhl.
Ist es automatisch so, dass man beim Wort behindert an einen Rollstuhlfahrer denkt? Es gibt so viele Arten von Behinderungen, aber warum denken viele spontan an Rollstuhlfahrer? Weil es eine offensichtlich sichtbare Behinderung ist?
Wenn man von Behindertensport schreibt, darf man sich nicht wundern, wenn die Leute es mit einer Sportart für Behinderte, wie eben Rollstuhlbasketball, in Verbindung bringen.
Warum ich gleich Rollstuhl geschrieben habe, kann ich dir auch erklären. Von physischen Behinderungen ist es wahrscheinlich für mich die auffälligste und einschränkendste. Das denke ich mir zumindest. Menschen mit Prothesen fallen einfach nicht mehr so auf und mir wäre jetzt auf Anhieb keine Sportart eingefallen, die sich so sehr von denen der Gesunden unterscheidet. Ansonsten muss ich sagen, dass ich bei dem Wort Behinderung nicht automatisch an Rollstuhlfahrer denke.
Also ich denke nicht automatisch dann an einen Rollstuhl, sondern an einer allgemeinen Behinderung. Vielleicht denken das viele, nachvollziehen kann ich das aber nicht. Blindheit ist ja auch schon eine Behinderung, wo zur Zeit viele beim Schwimmen zu sehen sind, wenn sie in Olympia ins Wasser springen. Behinderung hat so viele Facetten, dass man doch nicht automatisch nur an einen Rollstuhl denkt.
Es ist ja schon öfters so, dass Leute mit einer Behinderung in einem Rollstuhl sitzen. Zum Beispiel wenn die Beine nicht mehr richtig wollen, man im Kopf eine Behinderung hat oder vielleicht gar keine Beine mehr hat. Und dann ist es meistens so, dass die Menschen einen Rollstuhl haben.
Es ist doch aber auch so, dass ein gebrochenes Bein eine Behinderung ist. Oder sehe ich das falsch? Weil dann hat man eine Behinderung und kann, durch diese Verletzung, sich nicht mehr ohne Krücken oder einen Rollstuhl bewegen. Also ist es im Grunde genommen auch eine Behinderung. Ich denke aber, dass man direkt an einen Rollstuhl denkt, da es ein Gegenstand ist, denn man nicht übersehen kann oder so. Also es ist wie ein "Markenzeichen". (Bitte nicht falsch verstehen.) Bei den Blinden zum Beispiel ist es ja so, dass man sie an dem Stock erkennt. Wenn man dann also jemanden mit einem Rollstuhl sieht, dann denkt man direkt daran, dass er behindert ist und deswegen diesen Rollstuhl hat. Und dies natürlich auch umgekehrt.) Ich hoffe ihr habt verstanden was ich meine.
Ehrlich gesagt verdinde ich Beides nicht wirklich miteinander. Es spielt ja eine Rolle, welche Erkrankung derjenige hat und ob er noch mobil ist, oder nicht. Es gibt eben wirklich so viele verschiedene Formen von Behinderungen, oder Einschränkungen, dass man einfach nicht automatisch an den Rollstuhl denken sollte. Die Frage, ob derjenige Gehen kann oder nicht, spielt aber trozdem eine Rolle.
Für körperlich eingeschränkte Menschen ist es natürlich oft einfach eine Erleichterung. Entweder klappt das Laufen gar nicht mehr, oder nur noch bedingt. Und da kann man sich ja denken, dass das Sitzen einfach angenehmer ist, als wenn man die ganze Zeit an Hilfsmitteln gehen muss. Und für einige geistig retardierte Menschen besteht meistens einfach eine erhöhte Sturzgefahr. Wenn man längere Wege zurück legen muss, dann ist ein Rollstuhl einfach auch eine Erleichterung, auch wenn derjenige vielleicht sogar gehen könnte. Natürlich gibt es auch geistige Behinderungen, wo Gehen gar nicht möglich ist.
Nicht jeder der im Rollstuhl sitzt muss aber eine dauerhafte Einschränkung haben. Aber da ich grundsätzlich dafür bin, niemanden anders zu behandeln, der im Rollstuhl sitzt, ist das Verhalten im Grunde eh das Gleiche.
Wenn ich Behinderung höre, denke ich nicht automatisch zuerst an Rollstuhl. Ich denke zuerst an geistige Behinderung. Wahrscheinlich kommt das daher, dass wir früher, als ich ein Kind war, neben dem sogenannten Behindertenheim gewohnt haben. Dort waren geistig Behinderte untergebracht, denen wir immer beim Spazierengehen begegnet sind. Ich fand diese Leute als Kind faszinierend, weil sie immer so gut gelaunt waren und freundlich gegrüßt haben. Später habe ich dann erfahren, dass dies nur die leichteren Fälle waren, die schlimmen Fälle lagen den ganzen Tag im Bett und konnten gar nicht aufstehen.
Ich verbinde das Wort "behindert" auch nicht mit der Assoziation Rollstuhl. Und ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass Rollstuhlfahren eine offensichtliche Behinderung ist. Denn das sind viele andere auch.
Wenn ihr einen Menschen mit weißem Stock auf der Straße seht, der diesen Stock zum Tasten benutzt, dann ist ja eigentlich auch für jeden ersichtlich, dass er blind ist, somit also eine Behinderung hat. Es stimmt aber natürlich, dass es im Vergleich schon eine eher sichtbare Behinderung ist, denn Lern- oder Hörbehinderungen kann man nicht ersehen. Die werden erst dann deutlich, wenn man sich mit dem Menschen beschäftigt, etwa mit ihm spricht oder schreibt.
Ich selbst bin blind und habe deshalb schon viele Erfahrungen mit Reaktionen auf Behinderung gemacht. Und ich kann sagen, dass sich die Menschen da total unterschiedlich verhalten. Ich hatte auch mal die Situation, dass ich mich mit einer Frau im Zug unterhielt und die mir sagte: "Sie sind ja nicht wirklich behindert, Sie können ja laufen." Also scheint es schon so zu sein, dass für Viele "behindert" mit gelähmt oder Laufunfähig gleichgesetzt wird, wie oben im Titel des Themas ja erwähnt.
Da ich natürlich ein anderes Verhältnis dazu habe, da ich selbst von einem Handicap betroffen bin, fällt es mir schwer, eine Erklärung dafür zu finden, warum das so ist. Klar ist Blindheit in vieler Hinsicht eine Behinderung. Sie behindert mich zum Beispiel beim Lesen und Schreiben der Schwarzschrift (der normalen Schrift der Sehenden also) und sie hindert mich daran, ohne Blindenstock oder Blindenführhund durch Gegenden zu laufen, in denen ich mich nicht auskenne.
Der Rollstuhlfahrer wird durch sein Handicap daran gehindert, problemlos in Straßenbahnen oder Busse einzusteigen oder eine Treppe zu erklimmen. Und den Tauben hindert sein nichtvorhandenes Hörvermögen am Teilhaben an Gesprächen und daran, auf der Straße mal eben nach dem Weg zu fragen.
Ich habe auch beruflich viel mit Menschen mit Behinderung zu tun. Nicht nur mit Blinden und Sehbehinderten, sondern auch mit hörbehinderten oder tauben Menschen und auch oft mit Geistig behinderten. Und all diese Menschen haben gleichermaßen eine Behinderung. Egal, ob sie nun im Rollstuhl sitzen oder laufen können.
Ich könnte mir vorstellen, dass es ein Umkehrschluss aus dem internationalen Icon für Behinderung ist. Du weißt schon, das weiße Strichmännchen im Rollstuhl auf blauem Grund. Bei dem Bild weiß jeder, dass es um Behinderte geht, das ist im Kopf eng verknüpft, und kommt einem als erstes in den Sinn, ergo hat man jemandem im Rollstuhl im Kopf!
Lässt sich mit einem schönen Partyspiel untermauern: Frag die Leute mit der Bitte um eine möglichst schnelle Antwort nach: Einer Farbe - Einem Werkzeug - Einem Instrument. Die statistisch häufigsten Antworten sind Rot, Hammer und Geige, weil sie einem als Icon als erstes in den Sinn kommen. Diese Verknüpfung im Hirn ist meist die kürzeste.
Ich denke nicht automatisch an einen Rollstuhl, wenn ich an behinderte Menschen denke. In deinem anderen Thread habe ich allerdings auch an behinderte Menschen in Rollstühlen gedacht, da ich an Basketball gedacht habe. Ich verbinde also Behindertensport schon mit Rollstühlen, aber ich weiß natürlich, dass es auch andere Sportarten gibt und nicht nur Rollstuhlfahrer Sport betreiben.
Generell habe ich in meinem Leben schon viele behinderte Menschen kennengelernt und weiß daher auch, dass man verschiedene Sachen haben kann, um als behindert zu zählen. Ich denke aber auch, dass Menschen erst an Menschen in Rollstühlen denken, wenn sie das Wort behindert hören, weil es ja auch auf den Zeichen im Straßenverkehr so zu sehen ist.
Das Wort "behindert" löst bei mir auch in keinster Weise eine direkte Assoziation mit Rollstühlen aus, aber wenn ich dann wieder das Wort "Behindertensport" höre, dann muss ich unwillkürlich an Rollstuhlsport denken. Das kommt einfach daher, weil ich ansonsten keinen Behindertensport kenne. Ich kenne genügend viele Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen, die ganz einfach an den ganz normalen Sportangeboten teilnehmen, so lange es ihnen möglich ist. In den meisten Fällen ist das auch gut möglich.
Nur bei einigen körperlichen Behinderungen ist es der behinderten Person eben nicht möglich, den regulären Sport auszuüben und deswegen wird eben in den Rollstuhlsport der entsprechenden Sparte gewechselt. Deswegen kommt mir beim Behindertensport immer gleich ein Rollstuhl mit in den Sinn.
Wenn ich das Wort "behindert" höre, muss ich meistens direkt an eine geistige Behinderung denken, nicht an eine körperliche Behinderung. Das ist bei mir so, weil ich die geistige Beeinträchtigung in vielen Fällen als schwerwiegender empfinde als eine körperliche Beeinträchtigung. Mit einer Offensichtlichkeit der Behinderung hat das bei mir nichts zu tun.
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