Haben Henker ein Gewissen?

vom 23.08.2012, 13:28 Uhr

International ist die Todesstrafe umstritten. Sie ist nicht mit den Menschenrechten vereinbar. Viele Organisationen, auch die Vereinten Nationen, bemühen sich weltweit um Abschaffung der Todesstrafe. Doch in den Staaten, in denen sie immer noch vollstreckt wird, muss es ja auch Menschen geben, die sie vollstrecken.

Man nennt sie Henker. Sie vollstrecken die Todesstrafe. Es ist eine grausame Arbeit, für die sie angeheuert wurden. Wie verkraften diese Menschen ihr todbringendes Handwerk? Sie sorgen für den Tod der ihnen überlassenen Verurteilten durch ein Schwert, durch Gewehrkugeln, durch die Giftspritze, auf dem elektrischen Stuhl oder am Galgen.In manchen Ländern sind auch Steinigungen vorgesehen.

Was machen diese Menschen mit ihrem Gewissen? Oder haben sie keines, kennen es vielleicht nicht einmal? Sicherlich gibt es Unterschiede in der Art der Hinrichtung. So wird es für denjenigen Henker besonders schlimm sein, der einen Delinquenten enthaupten muss mit dem Schwert. Während es ein anderer am elektrischen Stuhl, wo er Hebel oder Schalter bedienen muss, vielleicht leichter hat. Aber das mag auch nur so aussehen.

Wenn diese Männer nach getaner Arbeit sich zurückziehen, müssen sie doch die schlimmsten Gedanken verfolgen. Wie können sie es schaffen, diese Taten einfach auszublenden und als fröhlicher Familienvater weiterzuleben? Werden sie psychisch betreut? Haben sie Angst vor dem nächsten Todesurteil? Oder wurden sie extra für diesen Job ausgesucht, weil sie kein Gewissen haben?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich kann mir nicht im Geringsten vorstellen, wie sich diese Menschen nach getaner Arbeit fühlen müssen. Oder auch währenddessen. Natürlich kann man in einigen Fällen meinen, das Hinrichtungsopfer habe es verdient, wenn eine abscheuliche Tat wie Mord sicher nachgewiesen ist. Dennoch, ich glaube, viele Leute können behaupten, sie wünschen sich für manche Täter den Tod und würden es doch nie im Leben fertig bringen, den Tod dieser Person auszuführen. Ich könnte das auch nie. Es wäre schon interessant zu wissen, wie solche Leute damit umgehen. Gibt es vielleicht irgendwelche Interviews oder Bücher solcher Personen?

» Schneeblume » Beiträge: 3095 » Talkpoints: -0,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Vielleicht wird hier gänzlich ausgeblendet, dass die Henker eher nicht zu den Gegnern der Todesstrafe gehören. Sie halten die Todesstrafe für eine legitime Strafe bei schweren Verbrechen. Und sie unterstellen, dass die jeweils höchste Instanz die Verurteilten zu einer gerechten Strafe verurteilt haben. Wenn dies dann die Todesstrafe ist, dann walten die Henker nur im Namen der Gerechtigkeit und sehen in ihrer Arbeit nicht den Mord an einem Menschen sondern die Durchführung von Gerechtigkeit. Wieso sollten hier die Henker ein schlechtes Gewissen haben, wo sie doch zum einen die Todesstrafe als Strafe nicht ablehnen und im guten Glauben sind, vor sich einen Menschen zu haben, der ein Verbrechen begangen hat, welches die Todesstrafe rechtfertigt?

Sie können nicht nur nach getaner Arbeit so tun, als wären sie zufriedene Familienväter, sondern dürften sogar das Gefühl haben, mit ihrer Arbeit etwas für die Gemeinschaft getan zu haben, damit diese in Sicherheit existieren kann. Vielleicht fühlt sich so ein Mensch sogar als Beschützer seiner Familie und seiner Landsleute, weil er an Verbrechern die Strafen durchführt, die dafür sorgen, dass eben dieser Verbrecher nie mehr Unheil anrichtet.

Selbst bei Fehlurteilen kann sich der Henker zurücklehnen. Denn den Fehler haben andere begangen und nicht er, der ja letztlich nur auf Befehl handelt. Er muss sich noch nicht mal schuldig fühlen, wenn sich mal herausstellt, dass ein Hingerichteter unschuldig gestorben ist.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Da müsste man die Henker wohl selber fragen. Ich kann mir vorstellen, dass man psychisch stabile Menschen aussucht, die halt das exekutieren, was die Richter und damit das Volk beschlossen haben. Das Urteil wird ja im Namen des Volkes gesprochen. Einer muss es ja tun. Die Henker werden es wohl als (fast) normalen Job ansehen. Ich habe mal gehört, dass es Gefängniswächter sind, sie dazu auserkoren werden. Wenn man der Meinung ist, dass die Todesstrafe richtig ist, dann wird man wohl keine Gewissensbisse oder Alpträume haben.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich denke mal, dass nur die Menschen Henker werden, die die Todesstrafe für richtig halten und daher kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie jemanden umbringen. Wenn man in einem Staat aufwächst, in dem die Todesstrafe als etwas Normales angesehen wird, schätze ich, dass ein Henker eine Hinrichtung als gerechtfertigte Strafe empfinden und daher keine Gewissensbisse haben wird. Außerdem gibt es auch genug Mörder und Kinderschänder, die auch kein schlechtes Gewissen zu haben scheinen bei ihren Taten. Da werden sich wohl auch genug Menschen finden, die keine Skrupel haben, jemanden hinzurichten, wenn der Staat es ihnen sogar erlaubt. Menschen sind zu so grausamen Dingen fähig, dass man einen verhältnismäßig humanen Tod wie die Giftspritze doch Gewissenstechnisch locker wegstecken kann.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 23.08.2012, 15:37, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

@Schneeblume, leider kann ich dir deine Frage nicht beantworten. Ich habe noch in der Richtung nichts gelesen. Die Frage drängte sich mir auf beim Lesen dieses Threads.

@derpunkt, für die Arbeit als Henker ist es wohl Voraussetzung, die Todesstrafe zu befürworten. Ansonsten könnte man diese Arbeit nicht ausführen. Mag sein, dass ein Vollstrecker mit sich und seinem Werk vollkommen zufrieden ist und sich erleichtert fühlt, weil er einen schlimmen Verbrecher ins Jenseits befördert hat. Ich allerdings bin nicht in der Lage, solche Gefühle nachzuempfinden, weil sie mir einfach fremd sind.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Ich glaube nicht, dass sich Henker so viele Gedanken um ihre Arbeit machen wie du sie dir machst. Ich muss zugeben, dass mir diese Arbeit wohl auch keine schlaflosen Nächte bereiten würde. Diejenigen, die als Henker arbeiten, werden sich diesen Job ausgesucht haben und daher grundsätzlich kein Problem mit der Tötung von Menschen haben, zumindest nicht mit denjenigen, die aus ihrer Sicht heraus den Tod verdient haben.

Ein Henker soll im Grunde genommen keine unschuldigen Menschen töten, sondern solche, die anderen Menschen massiv geschadet haben. Ich denke, dass dieser Gedanke vielen hilft bei ihrer Arbeit. Problematisch ist natürlich, dass unter den Ländern, die die Todesstrafe nach wie vor praktizieren, einige dabei sind, bei denen ich die Gründe für die Todesstrafe und deren Umsetzung sehr grenzwertig finde. Da geht es dann nicht nur um gefährliche Mörder, sondern auch um Leute, die einfach aufbegehrt und mehr Freiheit gefordert haben. Das sehe ich sehr kritisch. Die Henker in den jeweiligen Ländern vertreten aber das dort herrschende System und werden daher auch kein Problem mit dieser Form der Bestrafung haben, selbst wenn für viele von uns die Vergehen der Bestraften zu gering erscheinen, um sie mit einer so schweren Strafe zu ahnden.

Ein bisschen naiv finde ich deine Frage ehrlich gesagt schon. Man kann auch fragen, ob Schlachter ein Gewissen haben oder ob Tier-Experimentatoren ein Gewissen haben. In diesen beiden Fällen kommt noch dazu, dass unschuldige Lebewesen ermordet werden. Bei der Todesstrafe könnte ich, sofern sie eine angemessene Bestrafung für die Taten der Person darstellt, mir immer noch damit helfen, dass es keinen Unschuldigen trifft. Das geht in dem anderen Fall eben nicht. Man kann immer fragen, wie manche Leute es schaffen, bestimmte Jobs auszuüben. Letztendlich kommt unter dem Strich immer das gleiche heraus – sie machen den Job, weil sie kein Problem damit haben, auch wenn andere ihn vielleicht verwerflich finden und selbst ein Problem damit hätten.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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