Menschen die ständig ein persönliches Feindbild brauchen

Kennt ihr Menschen, die sich ständig ein persönliches Feindbild erstellen und dieses brauchen, weil sie niemals Schuld an irgendwas sind und immer einem anderen die Schuld geben und auch noch meinen, dass derjenige ihm was will und ihm nicht wohl gesonnen ist? Kennt ihr Menschen, die immer denken, dass jemand ihnen was Böses will? Wie geht man mit solchen Menschen um? In unserem Bekanntenkreis ist jemand, der sich so benimmt und wenn man etwas sagt, muss man unheimlich aufpassen, weil er es bestimmt in den falschen Hals bekommt und einen wieder als Feind und nicht als Freund sieht.

Eigentlich ist dieser Mensch sehr nett. Aber es ist wirklich anstrengend mit ihm umzugehen. Er sieht auch nicht ein, wenn man ihm dann erklärt, dass man ihm nichts böses will, sondern es eher gut mit ihm meint. Aber das kommt oft gar nicht bei ihm an. Wie kann man ihm helfen und wie kann man mit so einem Menschen auf die Dauer umgehen? Wir kennen ihn noch nicht sehr lange und meinem Freund ist er zu anstrengend. Er vermeidet den Kontakt zu ihm. Aber das ist auch keine Lösung finde ich.

Ich denke eher, dass es sich bei dieser Person um eine mit Minderwertigkeitskomplexen handelt. Anscheinend ist sie mit sich nicht zufrieden, vergleicht sich stets mit anderen, hat keinen stabilen Kern entwickelt, ist womöglich alleine, ohne Partner,etc.?

Wenn ich so darüber nachdenke, dann würde mir auf Anhieb niemand einfallen, der wirklich immer der Meinung ist, dass er an nichts Schuld hat oder ist. Es gibt zwar Personen, die das hin und wieder machen, aber die meisten können ab und zu auch einsehen, dass sie im Unrecht waren. Also gleicht sich das am Ende wieder aus, da sie hin und wieder ja auch wirklich mal keine Schuld an etwas haben.

Ich denke aber auch, dass es dafür einen Grund geben muss, wenn jemand wirklich so ein derartiges Feindbild aufbaut. Und ein hohes Selbstbewusstsein kann man dann sicherlich nicht haben, denn sonst müsste man sich auch nicht ständig rechtfertigen. Einige Dinge muss man auch einfach mal überhören können.

Ich verstehe unter einem "Feindbild" eigentlich die Sammlung aller feindlichen und bedrohlichen Vorurteile, die gerade die geistig unterbewaffneten Zeitgenossen auf ihre Umwelt projizieren, meistens, weil sie selbst kaum Selbstwertgefühl haben und ein erbärmliches, von Neid und Angst beherrschtes Dasein fristen. Aber hier geht es wohl eher um Leute, die ständig das Gefühl haben, ihre Umwelt sei nur darauf aus, ihnen zu schaden, und die daher schon prophylaktisch um sich schlagen. Diese Mischung aus Verfolgungswahn, Arroganz und Misstrauen ist wahrhaftig nur sehr schwer zu ertragen.

Deshalb bin ich durchaus der Meinung, dass es hilfreich ist, solchen Zeitgenossen nach Kräften aus dem Weg zu gehen, gerade wenn es sich "nur" um Bekannte handelt und nicht etwa um die eigene Großmutter oder so. Meiner Erfahrung nach sind diese Charaktere oft auch gar nicht zur Selbstkritik oder -reflektion fähig, sodass man sich den Mund fusselig reden kann. Sie werden trotzdem nicht glauben, dass man ihnen nichts Böses will, weil sie ja schließlich immer recht haben, und es oft schon als Übelwollen auslegen, wenn man nicht aufs Wort gehorcht.

So funktionieren Freundschaften oder Bekanntschaften nun einmal nicht. Und was hat man denn schon davon, wenn man mit Gewalt versucht, eine Beziehung zu einer Person aufrecht zu halten, die einem offensichtlich nicht traut und bei jedem tatsächlichen oder vermeintlichen "Fehltritt" sofort aggressiv wird, weil man auf einmal der Feind ist, den es niederzumachen gilt. Dass die Person "eigentlich sehr nett" ist, ist in meinen Augen kein Argument. Es gibt viele, viele Leute auf der Welt, die nicht nur "eigentlich" nett sind und die es nicht nötig haben, wegen jeder Kleinigkeit das Zicken anzufangen. Warum sollte man dann ausgerechnet einen unbelehrbaren Narzissten zu verbessern versuchen?

In meinem Umfeld befinden sich auch Menschen, die diese Neigung haben. Nun zwar nicht so ausgeprägt, wie es im oben genannten Beispiel geschildert wurde, aber schon so, dass es alle paar Jahre oder auch manchmal einmal im Jahr vorkommt, dass man etwas angeblich ganz Böses oder Falsches gesagt oder getan hat, was einen dann bei dieser Person für Monate in Misskredit bringt.

Ich finde das mittlerweile einfach nur noch enttäuschend und anstrengend. Bei einer Freundin überlege ich sogar, die Freundschaft ein für allemal zu beenden, weil ich auf diesen Ringelreigen so gar keine Lust mehr habe. Ich möchte mich auch nicht für Dinge entschuldigen, die von mir im besten Wissen und Gewissen gesagt oder getan wurden, und bei aller Objektivität keinen Fehler beinhalten.

Mit einer derart gearteten Überempfindlichkeit könnte ich sogar noch locker umgehen, aber nicht mit der Tatsache, dass das Gegenüber sich auch Jahre später noch im Recht sieht und nicht nachgibt. Meistens sind das aber ohnehin Menschen, die ständig mit irgendjemandem im Krieg liegen und eigentlich wöchentlich Drama haben, weil irgendjemand gerade wieder ganz besonders böse war. Für mich ist das selbstherrlich, arrogant und vollkommen unreflektiert.

Wenn eben besagte Fähigkeit zur Reflexion fehlt, dann kann man da eigentlich fast nichts machen, denn im Endeffekt besteht der Kontakt immer wieder in einer Schieflage, wo der eine immer meint, besondere Ansprüche zu haben, auf die andere Rücksicht nehmen müssen. Meiner Meinung nach kann man auf Dauer nur eine Bekanntschaft aufrechterhalten, wenn man bereit ist, sich ständig zurückzunehmen, über den eigenen Schatten zu springen und der ewige Sündenbock zu sein. Wer kann das schon ernsthaft wollen?

Ich glaube nicht, dass bei einer so starken Ausprägung, wie es oben beschrieben wurde, eine dauerhafte Freundschaft möglich ist. Aber das wird nicht nur die Threaderstellerin und ihren Freund, sondern alle weiteren Leute im Umfeld der Person betreffen. Würde ich auf so einen Menschen treffen, würde ich heute sehr schnell Abstand davon gewinnen, weil die meisten sich ohnehin nicht ändern und vermutlich eine handfeste Persönlichkeitsstörung oder zumindest Kontaktstörung vorliegt.