Homosexualität in der Familie erkennen?

vom 12.08.2012, 10:51 Uhr

Eine Arbeitskollegin erzählte mir letzte Woche, dass ihr ihr 23jähriger, zweitältester Sohn am Wochenende erzählt hat, dass er schwul sei und seit einem Monat seinen ersten Freund habe. Meine Kollegin ist sehr tolerant und war eigentlich sogar ein bisschen erleichtert, dass ihr Sohn jetzt endlich eine Beziehung hat. Vorher war nie etwas, er war privat und beruflich nur mit seinem Computer beschäftigt und sie hatte sich schon überlegt, ob er vielleicht asexuell sei. Sie hatte sich eh schon überlegt, wie ein Zusammenleben von ihrem Sohn mit einer Frau funktionieren solle, da er so oft am Computer sitzt und die Frauen ja doch ab und zu gerne mit ihrem Partner etwas unternehmen wollen. Im Prinzip war sie eigentlich erleichtert, das er nun eine engere, soziale und sexuelle Bindung hat und einen Menschen, mit dem er vielleicht auch irgendwann zusammenzieht. Meine Freundin hatte nämlich schon befürchtet, dass er noch mit Vierzig bei ihr zu Hause sitzt.

Was meine Freundin allerdings extrem irritiert, ist, dass sie das Bild von ihrem Sohn und das Bild, was sie von einem Schwulen hat, so gar nicht zusammenbringen kann. Auch ihre anderen Kinder hätten das nie erwartet, weil sich ihr Bruder sich so gar nicht schwul bewegt oder redet, wie man es im Fernsehen oder auch bei anderen schwulen Menschen sieht. Ich kenne ihn auch und meine, dass man es vielleicht doch an Kleinigkeiten hätte vermuten können.

Würdet ihr innerhalb der eigenen Familie erkennen, ob euer Sohn/Bruder/Cousin schwul ist? Habt ihr einen Homosexuellen oder eine Homosexuelle in eurer Verwandtschaft, der/die sich geoutet hat und von dem/der ihr es nie vermutet hättet und musstet euer Weltbild und eure Vorurteile danach neu ordnen?

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Zwar gibt es bestimmte Verhaltensweisen, die darauf hinweisen könnten, dass ein Familienmitglied homosexuell ist, aber eine hundertprozentige Garantie, dass diese Verhaltensweisen dann auch auf die Homosexualität zutreffen, gibt es niemals. Vielleicht hat man als Mutter nochmal andere Antennen, da kann ich aber nicht mitreden, um eine solche Vermutung zu haben und vielleicht ist es auch eine Frage, wie man selbst zu Homosexualität steht. Denn bei manchen schwulen Männern/ Jungen ist es offensichtlich und das möchte eine Mutter oder auch ein Elternteil nicht unbedingt wahrhaben.

Mir persönlich wäre es jetzt egal, ob jemand aus meiner Familie homo- oder heterosexuell wäre. Denn das ändert ja nun nicht den Menschen und was sie im Bett oder auch außerhalb des Betts sexuell treiben, geht mich nichts an, sofern es eben legal und erlaubt ist. Ich habe aber niemanden in meiner Familie, der homosexuell wäre und von dem ich es nicht gedacht hätte, ich denke jedoch, ich wäre da auch überrascht, aber nicht mehr, nicht weniger.

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Ich hatte selber noch niemanden in der Familie, bei dem ich gedacht hätte er wäre schwul und es hat sich auch noch keiner bei uns geoutet. Allerdings denke ich, dass es schwierig ist, einen Schwulen zu erkennen. Denn das, was der Fernseher uns zeigt, stimmt eben nicht immer. Es gibt auch ganz normale Männer, die sich nicht anders benehmen und trotzdem schwul sind. Man kann einem Menschen immer nur vor den Kopf gucken und ich denke nicht, dass man bei jedem Menschen merken kann, ob er schwul ist oder nicht. Mir wäre es egal, ob sich ein Verwandter oder Bekannter outen würde. Ich habe dann kein anderes Bild von diesem Menschen. Nur weil er mit gleichgeschlechtlichen Partnern schläft, heißt es ja nicht, dass er ein schlechter Mensch ist.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Das ist genau das was passiert, wenn man sich auf die schöne, heile Fernsehwelt verlässt. Tut mir leid, aber es gibt doch schlichtweg nicht den typischen homosexuellen Menschen? Wieso sollte sich jemand nur aufgrund seiner sexuellen Orientierung in ein bestimmtes Verhaltensmuster pressen lassen?

Er ist doch immernoch der selbe Mensch, ganz gleich wen er liebt oder mit wem er seine Sexualität teilt. Alle homosexuellen Menschen die ich kenne sind einfach in meinen Augen ganz "normal", die geben sich aufgrund ihrer sexuellen Vorlieben kein Stück anders als ich dies beispielsweise tue und entsprechen eigentlich durch die Bank weg alle nicht dem in den Köpfen herrschenden Klischee der "Supertunte". Und wenn doch, wäre es mir auch egal.

» milknhoney » Beiträge: 370 » Talkpoints: 2,98 » Auszeichnung für 100 Beiträge



In meinem Weltbild gibt es keine klaren Schubladen für Hetero- oder Homosexuelle. Natürlich gibt es diese ganzen Vorstellung, wie ein "richtiger" Schwuler auszusehen hat, aber letztendlich ist das auch nur ein Klischee. Natürlich gibt es Leute, die weitgehend diesem Klischee entsprechen und die werden dann auch direkt als Homosexuelle wahrgenommen. Dennoch kann man nicht davon ausgehen, dass sich die Mehrheit der schwulen Männer in dieser Weise verhält. Ich kenne einige Schwule und die wenigsten verhalten sich entsprechend dieser Vorstellung. Ich mag dieses übertrieben tuckige Verhalten manchmal ganz gerne, aber nur bei sehr feminin wirkenden Männern und auch nicht immer. 

Ob ich Homosexualität in der Familie oder im Bekanntenkreis erkennen würde, weiß ich nicht. Vermutlich achte ich aber unbewusst mehr auf so etwas. Mein "Gaydar" ist da eigentlich ganz gut ausgeprägt. Natürlich ist es dann irgendwie das Gesamtbild, das mich denken lässt, dass die Person vielleicht schwul sein könnte. Wenn man sich selbst in homosexuellen Kreisen bewegt, achtet man sicher verstärkt darauf, wenn auch nicht bewusst. Dennoch gibt es hin und wieder Überraschungen und ich stelle dann zum Beispiel fest, dass eine Person, die für mich überhaupt nichts schwules an sich hat, letztendlich doch homosexuell ist. Es gibt also immer wieder Überraschungen und das finde ich auch gar nicht schlimm. 

Ich kann mich noch sehr gut an einen Bekannten erinnern, bei dem ich das zum Beispiel niemals angenommen hätte. Als ich ihn kennen lernte, hatte er wechselnde Freundinnen. Irgendwann hatten wir dann keinen Kontakt mehr, weil dieser nur über meinen Ex-Freund zustandegekommen war und die beiden nicht mehr viel miteinander zu tun hatten. Irgendwann sprach ich mit meinem damaligen Freund über Leute, bei denen wir uns überhaupt nicht vorstellen könnten, dass sie homosexuell sind. Ich sagte ihm, dass ich mir das bei diesem Bekannten von ihm niemals vorstellen könnte, woraufhin er mir schließlich eröffnete, dass dieser Bekannte mittlerweile mit einem Mann verheiratet sei. Das war so ein Fall, in dem ich wirklich überrascht war. 

Benutzeravatar

» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich hatte früher durch einen Arbeitskollegen meiner Eltern viel mit homosexuellen Männern zu tun. Und niemand entsprach diesen klischeehaften Vorstellungen. Im Gegenteil, ihr Verhalten ließ nie darauf schließen, dass sie eben nur auf Männer stehen. Dagegen kenne ich aber auch heterosexuelle Männer, welche man durchaus als schwul einschätzen könnte, weil ihre Bewegungen in diese Medien geprägten Verhaltensweisen passen.

Man kann es niemanden an der Nasenspitze ansehen und daher bedarf es doch eines Outings um zu wissen, was wirklich Sache ist. Oder woran will man denn wirklich ein Erkennen fest machen? Ich kenne einen Mann, der immer Beziehungen mit Frauen hatte. War dabei nicht glücklich und erst als der passende Mann in sein Leben trat, wurde ihm bewusst, warum er mit Frauen nicht glücklich sein konnte.

Sollte ich da jetzt meinen Cousin als schwul ansehen, weil bei ihm auch die Beziehungen immer scheitern? Damit würde ich ja nach Vorurteilen und Erfahrungen von anderen urteilen. Wenn es allerdings so wäre, dass er plötzlich mit einem Freund daher kommt, würde ich auch nicht nach Auffälligkeiten in der Vergangenheit suchen. Eben weil man es niemanden ansehen kann.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


So wie "Homosexualität erkennen" klingt, denke ich an ein Maximum an Klischeedenken. Irgendwie verstehe ich nicht, wie Menschen auf die Idee kommen können, dass man Dritten ihre sexuellen Präferenzen "ansehen" können kann. Das ist im Grunde so wie die Vorstellung, an Hand der Gesten die Religion erkennen zu wollen. Leider hat hier dann wohl tatsächlich das Erscheinungsbild in den Medien dazu geführt, dass hier die Realität massiv verzerrt wird. Leider werden immer nur die wahr genommen, die sich schrill geben. Und dann prägen die das Bild, die eben "schrill" aus dem Rahmen fallen. Dass hier schon eine Überziehung vorliegt, wird dann gerne vergessen.

Ich kenne nun auch ein paar Menschen, die in homosexuellen Partnerschaften leben. Und da ist tatsächlich einer da, der im Job das Klischee wieder gibt. Er ist Kellner in einer schwulen Kneipe. Aber ansonsten "sieht" man es ihm im Privatleben nicht an. Ebenso einem weiteren Mann, der eher als waschechter Macho wahr genommen wird. Und die Frau die ich kenne, ist auch keine männerhassende Kampflesbe, der bloß der richtige Mann gefehlt hat. Sie ist als Frau (aus der Sicht eines Mannes) schlicht eine Traumfrau und geht als Journalistin einem "normalen Job" nach. Macht keine Dinge, die "männlich". Bei ihr wüsste ich kein Klischee, welches ich irgendwie passend biegen könnte.

Es ist also definitiv nicht zu erkennen, ob jemand homosexuell ist oder nicht. Außer die Person will sich "erkennbar" geben und verhält sich letztlich so, wie man es in der Gesellschaft von homosexuellen Männern erwartet. Ich denke, für Frauen ist es sogar noch schwieriger, einem Klischee zu entsprechen. Denn hier gibt es nicht diese typischen Überzeichnungen ("Hella von Sinnen" ist in etwa wie "Mandy aus Marzahn" und die Überzeichnung ist nicht sexuell motiviert, bei Jodie Foster wusste es lange Zeit auch niemand und sie hat sogar zwei eigene Kinder).

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



anlupa hat geschrieben:... und musstet euer Weltbild und eure Vorurteile danach neu ordnen?


Vorurteile sollte man nicht neu ordnen, sondern direkt in die Tonne schmeißen. Homosexuelle Menschen sind wie du und ich und diese tragen keinen roten Hut auf dem Kopf, an dem deren sexuelle Gesinnung erkennbar ist; natürlich gibt es Ausnahmen, aber sich an diesem Bild, was einem von Schwulen eingebläut wird festzuhalten finde ich nicht gut und ich finde es auch komisch, dass deine Freundin nun irritiert ist. Man kann sicherlich bei manchen Menschen erahnen, dass diese auf Gleichgeschlechtliche stehen, aber das eine Erkennungsmerkmal gibt es nicht.

Ich kenne spontan niemanden der schwul oder lesbisch ist und habe auch noch bei niemandem gedacht, dass er es ist. Wenn mir nun jemand sagen würde, dass er homosexuell ist, wäre mein Weltbild mit Sicherheit nicht erschüttert, nur weil diese sich nicht dem ähneln, was einem Dank des Fernsehens als "normal" eingetrichtert wird.

Benutzeravatar

» Nana_2011 » Beiträge: 2250 » Talkpoints: 0,21 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Also wir haben keinen homosexuellen in der Familie und eigentlich sind wir alle auch froh darüber. Wir sind keine Familie, die etwas gegen Schule haben, aber wir finden es auch nicht gerade gut was diese Menschen machen. Und zu dieser Meinung stehen wir auch.

Ich kann eigentlich auch nicht sagen, ob ich einen Schwulen in der Familie erkennen würde. Ich meine, manchmal merkt man schon, dass jemand schwul ist, da er sich auch ein bisschen femininer benimmt und das auch zum Ausdruck gibt. Aber es gibt ja auch solche, die sich ganz normal benehmen und nicht in die Welt hinausschreien, dass sie schwul sind. Aber ich bin mir sicher, dass man so etwas in einer Familie, vorallem in unsere, sofort sagen würde, da es ja etwas wichtiges ist.

Benutzeravatar

» petertreter » Beiträge: 1437 » Talkpoints: -2,03 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich glaube nicht, dass man Homosexualität in der Familie sofort erkennen kann. Bei manchen ja, bei anderen nein. Längere Zeit habe ich mit sehr netten Kollegen zusammengearbeitet und erst später erfahren, dass sie schwul sind. Das hat mich zwar überrascht, weil man normalerweise ein anderes Bild von Schwulen vorgegaukelt bekommt, aber gestört hat es mich nicht. Auch als ich es wusste, hat sich im Umgang mit ihnen nichts geändert, warum auch. Vorurteile hatte ich nicht und musste somit auch nichts ändern.

@petertreter, du schreibst, dass sowohl du und auch deine Familie es nicht gut finden, was diese Menschen machen. Sie haben es sich nicht ausgesucht, dass sie so sind. Wie Homosexualität entsteht, ist noch nicht ganz geklärt. Aber wahrscheinlich haben diese Menschen ein anderes Gen in sich, gegen das sie machtlos sind, denn sie haben sich ihre andere Orientierung nicht ausgesucht. Es hätte auch dich treffen können. Richtig ist allerdings, dass sie sehr viel mitmachen, bevor sie sich selbst über ihre Orientierung klar sind. Ob dieser Mensch es nun sofort der ganzen Familie sagen würde, um dann von allem ausgeschlossen zu werden, ist fraglich. Denn nicht jeder Kulturkreis ist so tolerant, das zu akzeptieren. In manchen Ländern werden Homosexuelle auch verfolgt.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^