Unverschuldeter Arbeitsplatzverlust und Abfindung

vom 07.08.2012, 18:11 Uhr

A ist in seiner Firma gekündigt worden. Er hat keine Schuld. Die Firma hat einfach zu wenig Aufträge, als dass die Firma dann eben so viele Mitarbeiter halten kann. A ist 6 Jahre in der Firma.

Wie sieht es eigentlich mit einer Abfindung aus? Kann A darauf bestehen oder ist es eine "Kann-Entscheidung" vom Arbeitgeber? Kann A so eine Abfindung einklagen? Da die Kündigung doch recht plötzlich kam und auch Mitarbeiter nicht gekündigt wurden, die später eingestellt wurden und auch keine Kinder haben, hat A nun vor eine Kündigungsschutzklage einzureichen. A hat aber schon eine neue Arbeit in Aussicht, wo er wohl sehr viel weniger verdienen wird als in der alten Firma.

Kann A eine Abfindung einklagen, damit er die erste Zeit mit dem wenigeren Geld klar kommen kann?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



War dein Bekannter mit den Tipps die man dir hier: Regelt ein Kündigungsschutzverfahren auch eine Abfindung? gegeben hat, noch nicht bei seinem Anwalt? Der könnte nämlich auch erklären, wie hoch die Abfindung ist. Und du fragst ja in dem verlinkten Beitrag ja schon nach der Höhe der Abfindung!

Weitere Informationen wurden auch bereits hier Abfindung nach Kündigung? ausführlich gepostet!

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


In diesem Fall ist es für A möglich seinen alten Arbeitsplatz über eine Klage beim Arbeitsgericht zurück zu bekommen. Der Schlüssel hierzu lautet "Sozialauswahl", und genau die ist fest in unserem Arbeitsrecht verankert. Denn laut den zugehörigen Paragraphen muss der Arbeitgeber von A den Kreis der Gekündigten so wählen, dass Menschen, die ohne Arbeitsplatz größere Probleme haben, als letzte gekündigt werden. Dass passiert in den Bereichen Lebensalter, Unterhaltspflicht und Schwerbehinderung. Zusätzlich muss bei der Sozialauswahl, die zwischen Gegenseitig austauschbaren Arbeitskräften stattfindet, die Betriebszugehörigkeit berücksichtigt werden. Die Sozialauswahl ist bei allen betriebsbedingten Kündigungen nötig und A sollte somit schnellstmöglich gegen seine Kündigung vorgehen!

Ein kleines Beispiel noch zum Verständnis. Es gibt Sekretärin A und Sekretärin B. A ist die Sekretärin eines Abteilungsleiters, ist 50 Jahre alt und hat zwei Kinder, für deren Unterhalt sie sorgen muss und arbeitet seit 7 Jahren in der Firma. Sekretärin B ist 23 Jahre alt und gehört seit 5 Jahren zum Betrieb. Da beide Sekretärinnen sind, können sie gegenseitig ausgetauscht werden und auf Grund der Sozialauswahl muss Sekretärin B gekündigt werden. Wurde nun Sekretärin A gekündigt, kann sie klagen und somit ihren Arbeitsplatz zurückerhalten.

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» yani2593 » Beiträge: 355 » Talkpoints: 1,13 » Auszeichnung für 100 Beiträge



@yani2593: Dein Beispiel mit den Sekretärinnen mag lustig bis plausibel sein. Aber in der Realität sieht die Sache etwas anders aus. Denn weil die 23-jährige Sekretärin ungebunden, attraktiv und gewillt ist, auch "Extras" anzubieten, wird deren "Job-Description" geändert, das Aufgabengebiet getauscht oder erweitert und anschließend die alte Sekretärin doch gekündigt, weil eben ausschließlich die Stelle der Sekretärin betriebsbedingt abgebaut wird. Eine adäquate andere Stelle ist im Betrieb nicht zu finden. Oder aber das Ganze spielt sich in einem kleinen Familienbetrieb ab mit weniger als zehn fest angestellten Kräften, so dass sowieso andere Regeln gelten.

Diamante hat geschrieben:Kann A darauf bestehen oder ist es eine "Kann-Entscheidung" vom Arbeitgeber?

Eine "Abfindung" ist keine gesetzlich geregelte Zwangszahlung. Es wäre auch absurd anzunehmen, dass ein in wirtschaftlicher Not befindlicher Betrieb bei betriebsbedingten Kündigungen dazu verpflichtet werden würde, Geld aufbringen zu müssen, um Geld zu sparen. Abfindungen sind Teil von Sozialplänen, welche Unternehmen aufstellen, um Mitarbeiter zu motivieren, die Stelle aufzugeben, obgleich sie nicht (sofort) gezwungen werden können, zu gehen. Eine Abfindung folgt dann in aller Regel auch nicht der Kündigung, sondern einem Aufhebungsvertrag.

Diamante hat geschrieben:Da die Kündigung doch recht plötzlich kam

Es ist aber hoffentlich darauf geachtet worden, dass die Fristen stimmen. Denn sonst wäre die Kündigung sowieso nichtig. Außerdem muss sie ja begründet sein. Wenn sie wirklich betriebsbedingt war, kann sie letztlich nicht überraschend gewesen sein. Schließlich bekommt man als Angestellter durchaus mit, wenn die Geschäfte nicht laufen.

Diamante hat geschrieben:und auch Mitarbeiter nicht gekündigt wurden, die später eingestellt wurden und auch keine Kinder haben, hat A nun vor eine Kündigungsschutzklage einzureichen.

Das ist zu empfehlen, wenn man das Gefühl hat, gekündigt worden zu sein, damit der Arbeitgeber einen nur los wird. Zwar kann man sich nicht immer allein auf die sog. Sozialauswahl verlassen, weil letztlich doch die Betriebsinteressen höher zu bewerten sind und vor dem Arbeitsgericht auch höher bewertet werden. Sind die später eingestellten Angestellten nämlich für andere Aufgaben da, dann spielt es keine Rolle, dass diese weder Kinder haben noch das sie erst kurz im Betrieb sind. Wird z.B. ein alter Mitarbeiter der als Lackierer arbeitet entlassen, kann der sich nicht darauf berufen, dass der kürzlich eingestellte junge Mechatroniker zuerst gehen muss. Bevor wirklich vor Gericht gezogen wird, sollte man mit seinem Anwalt den Fall sehr genau und offen besprechen!

Diamante hat geschrieben:A hat aber schon eine neue Arbeit in Aussicht, wo er wohl sehr viel weniger verdienen wird als in der alten Firma.

Dann geht es letztlich tatsächlich nur noch um die Abfindung, so dass die Kündigung nicht zur kostenfreien Aktion des alten Arbeitgebers wird. Das ist insofern gut, als das hier oft auch die Ankündigung klagen zu wollen den Arbeitgeber dazu bewegen kann, "freiwillig" die Kündigung mit eben einer Abschlagszahlung zu "verschönern". Denn auch der Arbeitgeber geht vor Gericht ein (Kosten)Risiko ein.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich kenne es so, dass etwa 50% des monatlichen Gehalts pro Jahr als Abfindung gezahlt werden. Wenn also pro Monat beispielsweise 2000 EUR verdient wurden, dann erwirbt der Arbeitnehmer einen Anspruch von 1000 EUR pro Jahr und nach 10 Jahren Betriebszugehörigkeit würde er etwa 10.000 Abfindung bekommen. Nun zahlen Betriebe das ja manchmal nicht ganz freiwillig. In einem mir bekannten Fall hat dann ein gekündigter Angestellter wegen mangelnder Sozialauswahl auf Wiedereinstellung geklagt, um den Betrieb zur Zahlung der Abfindung zu zwingen. Das hat auch funktioniert, denn nachdem die Abfindung gezahlt wurde, hat er die Klage zurückgezogen.

Vielleicht ist es auch öfters so, denn eigentlich will man doch in einem Unternehmen, das einen gekündigt hat, nicht wieder anfangen. Auch wenn eine mangelnde Auftragslage der Grund ist, so wäre es zumindest mir lieber, wenn ich eine Firma fände, die eben wirtschaftlich besser aufgestellt ist und wo man sich nicht sorgen muss, in einem Jahr wegen dem gleichen Problem erneut gekündigt zu werden. Da würde ich die Abfindung nehmen und gehen, anstatt wirklich darauf zu bestehen, dass ich wieder eingestellt werde.

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