Personen, deren Disziplin man bewundert

Ich möchte aufgrund gegebenen Anlasses mal von einer guten Freundin von mir erzählen, die ich ehrlich gesagt sehr bewundere. Ich selbst gehöre eher zu den Menschen, die viel Freizeit brauchen, ich vertrage es nicht gut, viel unter Menschen zu sein und brauche viel Zeit für mich alleine. Wenn ich ein Ziel verfolge, dann bin ich auch sehr ehrgeizig und bisher habe ich auch immer erreicht, was ich erreichen wollte. Ich fand mich ehrlich gesagt bei vielen Angelegenheiten auch sehr diszipliniert und ausdauernd, ich übe beispielsweise auch schon mal mehrere Stunden am Tag auf meinen Instrumenten, wodurch ich auch eine leitende Position im Orchester habe, ich habe in der Schule Spitzennoten und mein Abiturschnitt ist auch sehr traumhaft, wenn ich das mal so sagen darf, dennoch aber, fühle ich mich neben einer guten Freundin von mir fast schon ein bisschen blass.

Ich habe einmal in meinem Leben einen Ferienjob gemacht, dass war aber nicht, weil ich das Geld gebraucht habe, ich habe den Job mehr oder weniger deswegen gemacht, weil viele meiner Freunde in den Ferien Jobs gemacht haben und da dachte ich mir, wenn du mit dem Urlaub fertig ist, kannst du ja auch mal ein bisschen arbeiten gehen, ist ja auch nicht schlecht. Auf jeden Fall habe ich dann zwei Wochen in einer Firma in meiner Nähe gearbeitet und fand es furchtbar, ich hatte diese ganzen zwei Wochen schrecklich schlechte Laune und als ich fertig war, habe ich meinen Eltern gesagt, dass ich weiß, wieso ich Abitur machen möchte. Jetzt arbeite ich als Aushilfe an einer Tankstelle, auch hier eher deswegen, weil ich die Chefin kenne und Arbeitskräfte fehlen. Ich gebe liebend gerne meine Schichten ab und wenn ich 4 Stunden arbeiten muss, bin ich danach ein Pfannkuchen und man sollte mich nicht ansprechen.

Letztendlich würde ich vielleicht eher sagen, ich bin mehr der Kopfmensch und arbeite nicht gerne körperlich, aber ein gute Freundin von mir haut mich diesbezüglich immer wieder um. Die mündlichen Prüfungen des Abiturs waren noch nicht um, da arbeitete sie schon 8 Stunden am Tag in der Firma, in der sie sonst putze und machte das nicht als Ferienjob, nein, sondern bis zum Studium durch. Das ist aber noch nicht alles. Da sie in der Firma auch putzt, kommt es zweimal die Woche vor, dass sie 8 Stunden arbeitet und dann noch 4 Stunden putzt, sie ist dann 12 Stunden in der Firma. Anschließend schafft sie es sogar noch ihren Musikunterricht an der Orgel in der Kirche zu besuchen, geht schwimmen und beteiligt sich an der DLRG.

Ich muss sagen, dass ich das schon sehr heftig finde und ich komme mir daneben sehr blass vor. Dabei braucht sie das Geld an sich auch nicht dringend, denn ihre Eltern sind nicht unbedingt arm und werden sie über das Studium unterstützen, sie macht das einfach, weil sie es will. Kennt ihr auch Personen, deren Disziplin und Durchhaltevermögen ihr bewundert und neben denen ihr euch irgendwie klein vorkommt? Würdet ihr den Alltag meiner Freundin bewältigen können?

Es mag wirklich erstaunlich sein, was deine Freundin vollbringt. Ich würde auch von mir behaupten ehrgeizig zu sein. Allerdings mache ich nur Sachen, die für Karriere von Nöten sind oder an denen ich Spaß habe (Ein Ferienjob, der mir keinen Spaß macht würde ich also auch kaum aushalten, jedoch aus Anstand durchhalten). So habe ich mir selbst eine Fremdsprache beigebracht, ohne großen Kontakt zu den Muttersprachlern. Schließlich aber kann ich sagen, dass ich nach meinem Japanisch-Selbststudium (wenn man das so nennen darf), auf in das Land der aufgehenden Sonne gemacht habe.

Das Leben der Japaner scheint manchmal vollkommen geplant. Schüler gehen Morgens zur Schule, danach gibt es für den größten Teil noch Nachhilfeunterricht und zu guter Letzt auch noch Clubaktivitäten, die an manchen Schulen sogar Pflicht sind. Menschen, die bereits die Schule hinter sich haben, und damit meist auch die Universität, arbeiten von Morgens bis Abends mit nur vierzehn Urlaubstagen, die nicht mal alle genutzt werden - denn die Firma geht vor. Und es scheint manchmal sogar so, als wüssten das gute Volk nicht einmal was es tun sollte, wenn Freizeit ansteht, da ja der Terminkalender sonst immer so voll ist.

Abgesehen von dem japanischen Fleiß, kann man sehr viel Ausdauer und Ehrgeiz vor allem auch in Kulturen aus noch Entwicklungsländern oder Schwellenländern sehen. Wirft man einen Blick auf China, so scheint es, als würden die Menschen den lieben langen Tag nichts anderes tun, als arbeiten. Und das bei einem Lohn, den wir uns nicht vorstellen wollen. Und auch die Schule geht dort bis 17 Uhr. Obwohl es traurig ist, sind Menschen und vor allem auch Kinder aus afrikanischen Ländern sehr ehrgeizig. Klar, bei ihnen geht es im schlimmsten Fall um Leben und Tod.

Im Fazit würde ich sagen, dass es also auch die Art und Weise wie man aufwächst etwas damit zu tun hat, ob man es schafft viele Aufgaben zu überwältigen, oder ob man sich doch etwas Bequemlichkeit schenkt.

Ich bewundere auch Leute mit Disziplin, weil mir diese völlig fehlt. Ich nehme mir so oft etwas vor und kann es dann nicht einhalten. Wenn man ein Ziel im Auge hat, sollte man auch alles daran setzen, es zu erreichen. Ich glaube, ich wäre auch schon weiter mit meinem Studium, wenn ich disziplinierter lernen würde.

Die Disziplin muss aber aus einem selber heraus kommen und eigene Ziele im Vordergrund haben, sonst macht sie keinen Sinn. Ich bewundere die Disziplin meines Schwiegervater, der in Rente ist und noch ein Psychologie-Studium zu absolvieren. Um sein Ziel, den Abschluss, zu erreichen, setzt er sich jeden Tag sechs Stunden zur gleichen Zeit an seinen Schreibtisch und liest Bücher und Vorlesungsskripten.

Die Disziplin, die mein Vater hatte, habe ich eher nicht bewundert. Er war selbstständiger Ingenieur und hat täglich mindesten 10 Stunden an seinem Zeichenbrett gestanden. Das hat er aber nicht freiwillig gemacht, sondern weil meine Mutter ihn immer angetrieben hat. Er hätte mal lieber sein Veto einlegen sollen.