Haustiere - andere Mentalität in den USA?

vom 02.08.2012, 10:21 Uhr

Ich weiß nicht, ob Menschen aus Amerika bezüglich Tieren, insbesondere Haustieren ein anderes Verständnis haben, als wir Deutschen, auf jeden Fall aber habe ich bisher schon einige Male das Gefühl gehabt, dass man hier in Sachen Tierhaltung nicht ganz so ''pingelig'' ist, wenn ich das so ausdrücken kann. Mein Freund und ich halten ja schon seit einer Weile neukaledonische Kronengeckos, mein Freund schon länger als ich, ich bin dann erst über ihn auf diese Tiere gekommen. Auf jeden Fall gibt es hierbei dann auch eine Vielzahl an Züchtern, besonders in Deutschland, Österreich der Schweiz und den USA. In den USA wird immer sehr verstärkt nach Farbe gezüchtet, beispielsweise versucht man da gepunktete Geckos zu betonen und so weiter.

Auf jeden Fall war ich beispielsweise dieses Jahr auch auf der Terraristika und da ist mir aufgefallen, dass es natürlich auch Züchter gibt, die aus den USA gekommen sind. Für ihre lange Anfahrt und für die ''Desginer-Geckos'' wurden da auch die Tiere für sehr stolze Preise angeboten. Aufgefallen ist einem aber besonders eines: schaut man es sich bei den deutschen Züchtern um, haben in der Regel alle angebotenen Geckos noch ihren Schwanz, ab und an findet man einen ausgewachsenen Gecko ohne, aber in der Regel werden keine ohne Schwanz angeboten. Dass bedeutet nicht, dass diese minderwertiger wären oder so, es wird hier nur einfach darauf geachtet, dass die Tiere ihren Schwanz behalten, indem man sie als junge sofort in getrennten Aufzuchtbehältern hält und auch keine größeren Gruppen auf engem Raum hält, so dass sie die Geckos beispielsweise attackieren und so weiter.

In den USA scheint das keine große Rolle zu spielen, man merkt einfach schon, dass die Tiere größeren Stressfaktoren ausgesetzt werden, weil auch die jungen Nachzuchten häufig schon ohne Schwanz angeboten werden. Deswegen verkaufen sie sich meist nicht weniger gut, aber man sieht eben, dass sie nicht so gehalten werden, wie sie es eigentlich bräuchten. Ich habe mir dann auch im Internet, besonders auf Youtube mal einige Videos von Züchtern und Haltern von Kronengeckos aus den USA angeschaut und muss schon sagen, dass ich ein bisschen überrascht bin. Was hier bei uns als ein Aufzucht- oder Quarantänebecken herhält, ist dort scheinbar die normale Behausung ganzer Gruppen dieser Kronengeckos. Die Halter präsentieren sie stolz auf den Videos und es stehen sogar lobreiche Kommentare darunter. Habt ihr selbst schon mal schlechte Erfahrungen mit amerikanischen Züchtern oder Tierhaltern gemacht und könnt eine Beobachtungen teilen? Wieso haben Amerikaner scheinbar ein andere Verhältnis zur Tierhaltung, als wir deutschen und achten weniger auf artgerechte Haltung?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Andere Länder, andere Sitten. Es gibt eben Länder, da werden Tiere z. B. eher als nützlich oder weniger nützlich, oder zur Unterhaltung dienend angesehen. Ich stehe inzwischen all dem äußerst kritisch gegenüber, auch dem, was viele für eine "artgerechte Haltung" erachten. Schau dir die Situation in vielen Zoos oder Zirkussen an, auch in Deutschland. Ich mache mir da nichts vor, so halte ich z. B. eine artgerechte Haltung von Wildtieren in unseren Breiten überhaupt nicht für möglich und es ist umso schlimmer, je größer sie sind. Man mag ihnen das Leiden etwas leichter machen und nicht mehr so ansehen und Tiere sind ja auch in gewissen Grenzen, wie der Mensch, anpassungsfähig, aber es ist und bleibt eine Illusion.

Und letztlich gilt das auch für ein Tier, wie einen Gecko. Dessen natürlicher Lebensraum besteht gewiss nicht aus einem vergleichsweise kleinen Terrarium, in dem man mehr recht als schlecht versucht, die Natur zu imitieren und im Grunde Gott zu spielen. Aber heißt die Natur imitieren auch artgerecht sein? Und macht es der Amerikaner nun schlechter? Was den Schwanz betrifft, hält es der Deutsche wohl mit der Perfektion. So sind wir halt. Nur dass in der freien Wildbahn kaum einer dieser Geckos noch einen kompletten Schwanz hat. Insofern ist das, was die Amerikaner dort anbieten, irgendwie "natürlicher". Wieso schließt du aber daraus, dass sie dort nicht so gehalten werden, wie sie es bräuchten? Offensichtlich brauchen sie ihren Schwanz auch in der Natur nicht zwingend, sonst würde man sie nicht meist ohne vorfinden. Ist das, was der Deutsche treibt nun natürlich oder artgerecht?

Andererseits, auch ich war in den USA schon in Zoohandlungen. Da findet man wirklich junge Hunde und Katzen im Schaufenster ausgestellt. Wir sind so konditioniert, dass wir das einerseits süß finden, auf der anderen Seite aber auch sofort zurück zucken und direkt ein schlechtes Gewissen haben. Muss es sein, so relativ hoch entwickelte Wesen in Schaufenstern auszustellen, als wären es Unterhosen? Muss es sein, dass jedes Kind diese Tiere dort anpatschen darf und die Mütter vollkommen entzückt tun? Wir haben da bestimmt kulturell völlig unterschiedliche Ansätze und vieles kommt mir bei uns angenehmer vor. Aber trotz strenger Zuchtverbände, auch das ist eine Illusion. Denn z. B. auch in der Hundezucht spielen sich bei uns Dramen ab, aber eben nicht im Schaufenster. Da schämen wir uns. Bei uns läuft das im Verborgenen in Privatzuchten oder wir malen bunte Farbe drüber und schaffen angenehmere Verkaufsatmosphären in den Zoohandlungen.

Ich finde das ganze Thema problematisch und im Grunde muss ich die ganze Haltung dieser Tiere nicht haben. Ich brauche keine Spinnen, keine Reptilien und noch weniger Papageien o. ä. Und ich brauche in Zoos keine Löwen, Elefanten, Bären o. ä. Das ist alles nur grausam. Den richtigen Weg kenne aber auch ich natürlich nicht. Das ist eher so ein Thema, wo ich hilflos mit den Schultern zucke.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Richtlinie2 hat geschrieben:Nur dass in der freien Wildbahn kaum einer dieser Geckos noch einen kompletten Schwanz hat. Insofern ist das, was die Amerikaner dort anbieten, irgendwie "natürlicher". Wieso schließt du aber daraus, dass sie dort nicht so gehalten werden, wie sie es bräuchten?

Es ist richtig, dass in der Wildnis keine Kronengeckos mit erhaltenem Schwanz gefunden wurden (sie sind nicht in der Lage Schwanzregenerate zu bilden), allerdings liegt das natürlich auch an den harten Bedingungen in der Natur, einer der Gründe weswegen die Tiere in der Natur auch wesentlich früher sterben, als wenn sie in Terrarien gehalten werden. Notwendig ist der Schwanz nicht, sie verwenden ihn hauptsächlich zum Klettern und um sich darauf ''aufzuhängen'', dennoch ist es eben so, dass diese Tiere den Schwanz nur in äußersten Stresssituationen abwerfen, also wenn beispielsweise viele Geckos auf zu kleinem Raum gehalten werden und so weiter.

Hält man die Tiere alleine oder bei Gruppen zumindest auf angemessenem Raum, dann kommt es eigentlich kaum dazu, dass sie ihren Schwanz abwerfen und schon allein dass ist meiner Meinung nach ein Indiz dafür, dass die Tiere nicht gut gehalten werden. Weiterhin aber habe ich es ja auf den Videos sehen können, wie die Tiere präsentiert wurden und Terrarien waren da in der Regel eigentlich Ausnahmefälle, die meisten Geckos wurden in milchigen bis durchsichtigen Kisten gehalten. Sowas verwendet man in Deutschland mitunter auch, aber das dient der Quarantäne oder eben, wenn Nachzuchten aufgezogen werden, aber nicht, um Geckos langfristig darin zu halten und schon gar nicht mehrere.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich sage nur: Goldfischglas. Manche halte das ja auch irgendwie für originell.

Also ich habe auf jeden Fall meine Schwierigkeiten mit dem Begriff "artgerecht". Das ist ein Alibi dafür, dass man letztlich ja nur eine Entschuldigung zur Befriedigung seiner eigenen Interessen sucht. Ich will es aber auch nicht überdramatisieren. Ein Gecko ist schließlich kein Menschenaffe. Wenn ich persönlich mir vorstelle, ich würde gefangen gehalten werden, dann wäre mir persönlich auch eine Hotelsuite mit täglicher Füllung der Minibar lieber, als es eine Gefängniszelle wäre. Mir wäre auch derjenige sympathischer, der andere in Hotelsuiten hält, als der, der eine Gefängniszelle zum Überleben bietet.

Wenn ich mal an die Zoohaltung vor 30-40 Jahren denke, die es z. T. ja auch heute noch zu Bewundern gibt. Die hielt man damals auch für adäquat. Ob man da schon "artgerecht" gesagt hat, das weiß ich nicht mehr. Jedenfalls hatte da auch kaum einer Schmerzen bei. Vielleicht sieht es der Amerikaner heute ähnlich bei den Geckos. Heute kriegt man das heulende Elend, wenn man diese Zustände noch sieht - Flusspferd in 3 gefliesten Badewannen. Heute baut man Zoowelten, wo das Elend sich besser verstecken kann. Aber für ein Steppentier oder einen Eisbären ist es immer noch die Hölle auf den paar Quadratmetern. Wie werden wir in weiteren 30 Jahren darüber denken? So wie du heute über die Haltung der Amerikaner? Möglich oder?

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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