Sumangali - dennoch günstige Kleidung kaufen?

Nicht jeder kennt das Prinzip Sumangali. Hier handelt es sich um eine Form von moderner Sklaverei in der Fertigung von Textilien, die vor allem in Indien praktiziert wird: Weibliche Teenager sowie Frauen über 14 Jahren werden in Textilfirmen mit mehrjährigen Verträgen angestellt und als Lehrlinge deklariert, da man so Gesetzeslücken umgehen kann. Sie erhalten aber kein richtiges Gehalt, sondern nur eine Art Abfindung, wenn sie die Beschäftigungsdauer von meist 3 Jahren abgeschlossen haben, was aber viele gar nicht schaffen, da die Arbeitsbedingungen so hart sind, dass diese oft Selbstmord begehen. Sie sind in einer Art Baracken untergebracht mit Verpflegung und dürfen nur ab und an ihre Familien anrufen und einmal im Monat Besuch bekommen.

Viele Waren aus günstigen Discountern stammen leider aus Betrieben, die Sumangali praktizieren. Besonders aufsehenerregend war der Skandal um Ernstings Family, deren Partner dies praktiziert hat.

Nun meine Frage: Schreckt euch das total ab, günstige Kleidung zu kaufen? Ich muss zugeben, ich bin zwar vorsichtiger geworden und renne nicht mehr jedem Schnäppchen hinterher, aber insbesondere da ich 2 Kinder habe, kaufe ich dennoch beispielsweise bei H&M. Die Kleidung ist halt bei den Kids sehr beliebt und meine Kinder ausschließlich mit Bio- oder Edelklamotten einzukleiden, wäre mir zu teuer. Aber ich leiste mir nun immer wieder auch solche Kleidung, da ich dann einfach ein besseres Gewissen habe. Wobei bei nicht alternativen / Bio-Marken auch die Frage ist, ob das immer solche Praktiken ausschließt, denn in solchen Fabriken wird wohl teilweise auch Markenkleidung gefertigt.

Nicht jeder kann sich leider die Kleidung leisten, die wirklich fair hergestellt und verkauft wird. Natürlich ließe es sich so leicht sagen, dass man dann eben auf jenes und dieses verzichtet oder man spart sich das Geld an und so weiter, aber im Alltag vor allem mit Kindern kann man mit dem Kauf von Kleidung nicht lang warten. Auch als Erwachsener kann man ja wohl schlecht nackt herumlaufen, sodass es eben vorkommt, auch mal Kleidung zu tragen, die leider nach dem von Dir genanntem Prinzip Sumangali hergestellt werden.

Moralisch vertretbar hin oder her, die Welt kann durchaus auch in der Erstellung von Kleidung ungerecht sein und als Einzelner kann man auch die Herkunft achten. Aber wer bitte kann sich von jeglicher Schuld freisprechen, nicht doch auch mit der Herstellung von Kleidung irgendwie Dreck am Stecken zu haben? Gibt es Marken oder Kleidungshersteller, außer die aus dem fairen Handel, die überhaupt keinen Dreck am Stecken haben? Kann garantiert werden, dass nicht auch teure Markenmode oder Designermode mit unfairen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden?

Man kann sicher darauf achten, aber eine vollständige Garantie gibt es leider nirgends, auch nicht mit Zertifikaten. Damit möchte ich jetzt nicht sagen, dass man blind und ohne die Augen zu öffnen, alles kaufen sollte, aber eben doch etwas bewusster an den Kleidungskauf herangehen sollte und nicht nur nach dem günstigsten Preis gehen sollte. Nur lässt es sich eben nicht von teurer Kleidung sagen, dass dort keine Sklaverei stattfindet.

Ich habe im Zusammenhang mit diesen Praktiken, sowie Kinderarbeit und allgemein schlechter Bezahlung und schlechten Arbeitsbedingungen in der Textilbranche schon öfters Beiträge gelesen und gesehen und das Fazit scheint wirklich zu sein, dass man sich nie ganz sicher sein kann, wie die Sachen hergestellt wurden, die man da kauft. Ich erinnere mich zum Beispiel an einen Fall, da hat sich ein Unternehmer die Firma extra angeschaut bevor er seine Kleidungsstücke in Auftrag gegeben hat. Nur hat diese Firma dann mit einem Teil der Produktion einen Subunternehmer beauftragt und bei dem waren die Arbeitsbedingungen eben längst nicht so gut.

Das Problem ist hier wirklich, dass es keine richtige Positivliste gibt. Es gibt eine Negativliste auf der dann solche Unternehmen wie KIK stehen, aber die Tatsache, dass ein Unternehmen nicht auf der Negativliste steht, sagt leider überhaupt nichts aus. Vielleicht sind die einfach nur besser darin Dinge zu verschleiern oder vielleicht hat sich einfach noch kein Reporter für sie interessiert.

Das Argument, dass man sich faire Kleidung nicht leisten kann, halte ich teilweise schon für vorgeschoben und daran sind nicht mal unbedingt die Kunden Schuld, die für ein T-Shirt keine zehn Euro ausgeben wollen, aber selbstverständlich das Geld für ein iPhone und den entsprechenden Vertrag haben. Ich erinnere mich an einen Bericht, in dem ausgerechnet wurde, dass ein T-Shirt ganze 50 Cent teurer werden müsste um den Arbeiterinnen einen Lohn zu bezahlen, von dem sie ein ordentliches Leben führen könnten. Die Kunden, die zu dem Thema befragt wurden, meinten ausnahmslos alle, dass sie gerne die 50 Cent mehr bezahlen würden, wenn die denn auch wirklich bei den Arbeiterinnen ankommen. Das Unternehmen hat allerdings darauf beharrt, dass es die Kunden sind, die nach so niedrigen Preisen verlangen.

Ich selber mag Vintage Sachen, die dann natürlich second hand sind, und ich nähe auch gerne selber. Wobei man sich beim Stoff ja aber auch wieder nicht sicher sein kann, unter welchen Bedingungen dieser gewebt worden ist. Die billigen Anbieter meide ich eh, weil die Sachen null Qualität haben. Damit meine ich nicht, dass sie zwangsläufig schneller kaputt gehen, aber es wird halt viel mit Kunstfaser gearbeitet,die Nähte sind schief, Muster sind nicht ganz bündig angesetzt und so weiter. Mir fällt so etwas auf und es stört mich. Und natürlich meide ich auch Anbieter, die wegen ihrer Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen geraten sind. Aber ich würde deshalb nicht behaupten, dass ich kein Kleidungsstück im Schrank hängen habe, das unter ganz miesen Bedingungen entstanden ist.