Welchen Stellenwert hat die heutige Probezeit?

vom 28.07.2012, 09:26 Uhr

Im Thread Bedeutet ein vorhergehendes Praktikum Ausnutzung? geht es um die Vorbereitung auf eine Stelle, die man eventuell und vielleicht mal bekommen kann. Dabei ist ja auch der Begriff der Probezeit während einer Arbeitsaufnahme gefallen. Diese Probearbeitszeit ist heute nach wie vor Bestandteil von Arbeitsverträgen und gehört in den Berufsalltag dazu, ob es nun vier Wochen oder sechs Monate sind.

Welchen Stellenwert hat aber diese Probezeit, wenn man ein vorheriges, längeres Praktikum für lau dort absolviert hat? Welchen Stellenwert hat generell die Probezeit während eines Arbeitsverhältnisses? Wie hat sich so etwas in den letzten Jahren entwickelt und wie verhält es sich, wenn man bereits mit dem Betrieb gearbeitet hat?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Leider wird man oftmals von Arbeitgebern stark ausgenutzt, wenn man vor Arbeitsaufnahme ein längeres unbezahltes Praktikum machen muss. Ich selbst habe nichts gegen ein Praktikum von einer Zeitspanne zwischen einen und fünf Tagen, aber länger sollte das Praktikum auf keinen Fall sein. Eigentlich reicht auch ein Tag aus, um sich mit der neuen Arbeit vertraut zu machen. Der Freizeitpark, wo ich arbeite, handhabt das auch so. Bei uns haben die Neulinge auch nur einen Probearbeitstag. Danach erfahren sie, ob sie eingestellt werden.

Die meisten bekommen allerdings einen Arbeitsvertrag, schließlich kann man auch in der Probezeit noch unbefristet kündigen, wenn die Arbeit doch nicht das Richtige sein sollte. Unbezahlte Praktikums von über einer Woche ist für mich blanke Ausbeute und würde ich nie machen. Als ich noch als Floristin gearbeitet habe, wollte mir einmal eine Ladeninhaberin ein vierwöchiges Praktikum aufdrücken, was ich allerdings abgelehnt habe. Zudem hatte ich erfahren, dass sie vor mir bereits eine Probearbeiterin einen Monat beschäftigt hatte. Natürlich hatte sie meine Vorgängerin auch nicht eingestellt, aber schön durcharbeiten lassen. Solch eine Masche ist echt das Letzte.

» Sternchen* » Beiträge: 2804 » Talkpoints: 2,78 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich finde, dass die Probezeit häufig viel zu lang ist. Denn meistens werden ja die vollen sechs Monate als Probezeit veranschlagt und in dieser Zeit kann man einfach so, ohne Grund gekündigt werden, von heute auf morgen, ohne dass es da eine wirklich schützende Kündigungsfrist gibt. In der Probezeit darf ja auch üblicherweise kein Urlaub genommen werden und krank werden sollte man in der Zeit auch nicht, um nicht negativ aufzufallen – und das volle sechs Monate lang.

Natürlich sehen das nicht alle Arbeitgeber so eng, manche sind auch eher kulant und erlauben, dass in der Probezeit mal Urlaub genommen wird usw. - es kann schließlich durchaus mal etwas Wichtiges für den Mitarbeiter anstehen. Aber letztlich ist es eben ein Risiko, gerade wenn man sich beruflich neu orientiert und eine neue Vollzeitstelle antritt. Eine gewisse Zeit lang kann man die Situation noch nicht so gut einschätzen und kann nur hoffen, übernommen zu werden, weiß dies aber nicht. Also erlebt man Monate voller Unsicherheit.

Dass auch Arbeitgeber sich absichern möchten und im Falle des Nichtpassens einen neuen Mitarbeiter auch schnell wieder loswerden wollen, kann ich schon verstehen. Aber um jemanden kennen zu lernen braucht man eben keine sechs Monate. Da würde es auch die Hälfte oder ein Viertel der Zeit tun.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich selbst bin inzwischen schon lange aus meiner eigenen Probezeit heraus, habe aber im Vorfeld bei meinem jetzigen Betrieb auch kein Praktikum oder etwas dergleichen absolviert. Ich selbst fand die Probezeit am Anfang soweit ich mich noch zurück erinnern kann, als Arbeitnehmer doch recht lästig, da ein Arbeitgeber einen ja in dieser Zeit, jeder Zeit ohne einen Grund nennen zu müssen, von heute auf morgen vor die Tür setzen kann. Hier ist man dann doch sehr genau darauf bedacht, alles richtig zu machen und sich nicht zu blöde an zu stellen und man will sich in der Zeit eben auch beweisen.

Wenn man im Vorfeld schon ein längeres Praktikum absolviert hat, dann kann ich mir eigentlich nicht wirklich vorstellen, dass eine Probezeit überhaupt sinnvoll ist. Sinnvoll vielleicht, aber eigentlich braucht man sie ja nicht mehr, da das Praktikum ja eigentlich schon so etwas wie eine Probezeit war, oder nicht? Man würde doch vermutlich gar nicht erst eine feste Stelle bekommen, wenn man sich im Praktikum zuvor noch nicht hätte beweisen können. Hier glaube ich einfach, dass es sich bei vielen Firmen um Standard-Arbeitsverträge handelt, die einfach nicht überarbeitet werden und vom Arbeitnehmer so hingenommen werden.

Aus der Sicht eines Arbeitgebers kann ich es wiederum schon verstehen, dass man auf die Probezeit besteht. Ich würde dann vielleicht auch froh darüber sein, wenn jemand noch eine Probezeit ableisten müsste, auch wenn man zuvor bei mir schon ein Praktikum absolviert hat. Hier kann ich mir dann noch mal sicher sein, dass sich die Person auch weiterhin bemüht und alles gibt und nicht denkt, dass sie jetzt eine ruhige Kugel schieben kann, nur weil sie fest übernommen wurde.

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Während meiner Ausbildung hatte ich, geprägt durch Insolvenzen und Umstrukturierungsmaßnahmen, drei Ausbildungsverträge, welche jedes Mal eine Probezeit von vier Monaten auswiesen. Hierbei erhielt ich meinen zweiten nachdem ich bereits 6 Monate meiner Ausbildung absolviert hatte. Auf mein Nachfragen hieß es, dass dies nur aufgrund der Handelskammer im Vertrag so ausgewiesen sein sollte, also "pro Forma" sei, aber für mich weiterhin keinerlei Bedeutung hätte. Dabei stellte sich mir schon die Frage, warum man nicht einfach das Minimum von einem Monat genommen hatte, sondern stattdessen den Höchstsatz. Immerhin hatte ich nach, wie vor dieselben Vorgesetzten und hatte mich bereits vor der Ausbildung in einem 9-monatigem Praktikum bewährt.

Obwohl es bei mir tatsächlich zu keinen Konsequenzen kam, so erlebte ich dennoch, dass andere Kollegen, welche ebenfalls neue Verträge erhalten hatten, obwohl sie schon vorher im Betrieb eingestellt waren, aufgrund der Probezeitfloskel fristlos entlassen wurden. Da es vertraglich so vereinbart wurde, konnte man auch niemandem einen Strick daraus drehen, außer eben dem Arbeitnehmer. So etwas fand ich gänzlich unfair, da somit der eigentliche Kündigungsschutz, den man in der Ausbildung außerhalb der Probezeit erhält teilweise für mehr als die Hälfte der Ausbildungszeit entfiel.

In meinem letzten Betrieb habe ich im Nachhinein gemerkt, dass die Probezeit im Großen und Ganzen außer Acht gelassen wurde, wenn ich bedenke, wie viele Fehler mir passiert sind und ich zeitweise auch die Motivation bereits verloren hatte. Normalerweise hätte mich vermutlich jeder andere Vorgesetzte längst entlassen, da es eine Zumutung für seinen Betrieb sein müsste, jemanden, der dermaßen unkonzentriert seine Aufgaben erledigt zu behalten. Aber außer ständiger Zurechtweisungen usw. wurde mir auch nur im Entferntesten angedroht, dass ich meine Arbeitsstelle verlieren könnte.

Als ich schließlich von mir aus kurz nach Ablauf der Probezeit kündigen wollte, wurde ich angefleht, es mir noch einmal anders zu überlegen, da sie scheinbar auf mich angewiesen waren. Schließloch herrschte dort schon länger Personalmangel, was mitunter durch Kündigungen anderer Kolleginnen begründet war. Von daher war meine Probezeit in dem Sinne nur "pro Forma", weil mir zu dem Zeit keinerlei Gefahr drohte, meine Stelle zu verlieren, zudem sie für eine neue Mitarbeitereinarbeitung einen enormen Zeitaufwand benötigten.

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» LongHairGirl » Beiträge: 845 » Talkpoints: 47,97 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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