Hoher Bedarf an Erziehern, hohe Ansprüche an diese?

vom 28.07.2012, 07:58 Uhr

Im Rahmen der fehlenden Erzieher in Deutschland habe ich letztens einen Artikel aus dem süddeutschen Raum gelesen. Dort ging es darum, dass sie eine Stelle ausgeschrieben hatten, worauf sich circa 20 Bewerber/innen gemeldet hatten. Eine Sprecherin des Trägers hat jedoch gemeint, dass ein Teil der Bewerbungen nicht in Frage kämen, gerade in Bezug auf den Bildungsauftrag den man habe.

Jetzt frage ich mich, weil es nicht näher erläutert wurde, wie genau so etwas zu verstehen ist. Macht es nicht Sinn, wenn man Hände ringend nach Erziehern und Erzieherinnen sucht, den Bewerbern eine Möglichkeit zu geben, sofern sie eine entsprechende Ausbildung haben und die mangelnden Qualifikationen eben berufsbegleitend zu erlangen? Wie soll sonst der Bedarf gedeckt werden, abgesehen von dem Vorschlag, Langzeitarbeitslose eben in dem Bereich ausbilden zu wollen? Was meint Ihr? Sind die Ansprüche der Träger doch recht hoch und vielleicht zu hoch?

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



20 Bewerber für eine Stelle sagen aus, dass man Abstriche machen muss und eben nur 1 Bewerber nimmt. Meiner Meinung nach ist es da völlig in Ordnung, wenn man dann Bewerber, bei denen man kein gutes Gefühl hat, einfach ausschließt. Bei dem Stichwort Bildungsauftrag fällt mir nur ein, dass man sich vielleicht im Gespräch nicht besonders intelligent gegeben hat, da man den Kindern auch etwas erklären muss, ist das sicher schwierig. Außerdem sollte man eine Art Konzept bei der Erziehung haben, wenn dies dann einfach zu veraltet ist, ist das auch schwierig.

Ich verstehe nicht, warum man auf Leute setzten sollte, die nicht so gut sind und noch weitergebildet werden müssen. Du kannst auch keinen Erzieher auf Kinder loslassen, der dort einfach mal nichts erklären kann oder eine veraltete Meinung über Kindererziehung hat. Kinder müssen gefördert werden, da kann man nicht warten, bis die Erzieher mal genug ausgebildet wurden.

In Thüringen muss man 5 Jahre die Schule besuchen und nebenbei Praktikum machen, bis man sich Erzieher nennen kann. Wie viel soll man denn noch an Ausbildung in diesen Beruf stecken? Die Erzieher haben im letzten Jahr ein sehr langes Praktikum, in dem man auch die anderen Kompetenzen erlernt und den Alltag erfährt. Wenn man dann noch gesagt bekommt, man kann den Bildungsauftrag nicht erfüllen, hat man da eigentlich nichts mehr zu suchen, meiner Meinung nach.

Ich denke die Ansprüche des Trägers sind keinesfalls zu hoch. Man kann nicht jeden in der Kindererziehung arbeiten lassen, weil eben nicht jeder gut genug dafür ist. Man muss ja mal ganz klar sehen, dass im Kindergarten oder in den Heimen einfach sehr viel Arbeit geleistet wird und das Kind dadurch sehr geprägt wird, da kann man nicht jeden dort arbeiten lassen, auch wenn es an Stellen fehlt.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ramones, mir ging es doch gar nicht um die nicht ausgebildeten Personen, sondern um die bereits gelernten Erzieher. Darunter sind auch viele, die keine veralteten Ansichten über die Erziehungsmethoden haben, und so, wie ich den Artikel gelesen und verstanden habe, wurden auch Bewerber ausgesiebt, die man erst gar nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen hat. Es ist das eine, nur Bewerbungsunterlagen vor sich liegen zu haben, aber das andere, ein persönliches Gespräch zu führen. Denn daran ist es meiner Meinung nach eher zu erkennen, ob und inwiefern die Erziehung hier erbracht wird.

Eine pädagogische Grundausbildung ist die Basis, und auf die sollte man doch in der Lage sein, aufzubauen. Immerhin gibt es auch Pädagogen, die vielleicht auch vor zwanzig Jahren ihre Ausbildung gemacht haben und sich mit Weiterbildung immer wieder auf den neuesten Stand bringen. Die wirft man ja nun nicht einfach hinaus, oder?

Eine Weiterbildung ist nicht unbedingt damit gemeint, unfähige Leute fit zu machen, sondern eher damit gemeint, dass das Potential, was in ihnen steckt, hervor zu locken. Gerade, weil die Ausbildung zum Erzieher nun einmal so lang ist, sollte man dabei bedenken, dass die Leute sie dennoch durchgezogen haben und eben ihren Abschluss gemacht haben. Wie soll man denn sonst nun dem Bedarf an Erziehern entgegenkommen, wenn nun neue ausgebildet werden sollen, anstelle bei den vorhandenen Erziehern anzuknüpfen?

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ohne etwas über die Bewerber zu wissen, ist da überhaupt keine Aussage möglich. Weißt du, ob alle Bewerber einen Abschluss als Erzieher haben? Außerdem sehe ich nichts Ungewöhnliches darin, bei zwanzig Bewerbungen auf eine Stelle nur einige wenige, durchaus nach subjektiven Kriterien Auserwählte zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Das ist doch überall so. Vielleicht waren zu viele Rechtschreibfehler in den Bewerbungsunterlagen oder die Fotos waren nicht schön.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Anlupa, ich habe auch die Rechtschreibung in Verdacht gehabt, Foto weiß ich nicht, das ist ja bekanntlich Ansichtssache. Es wurde leider nicht genauer gesagt, warum eben nur ein Teil der Bewerber in Frage kamen, es hieß, dass darunter einige sehr gute gewesen seien, aber mehr leider nicht. Mich hätte es auch interessiert, nach welchen Kriterien man da entschieden hat und wie man eine Auswahl treffen möchte.

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Geht es denn hier um eine Kinderkrippe oder einen Kindergarten? Also ich habe im Kindergarten mehrheitlich gespielt und keine Bildung genossen (und auch nicht vermisst) und ich kann mir nicht vorstellen, wo da nun der Bildungsauftrag sein soll, wenn es um Kindertagesstätten geht. Auf spielende Kinder aufpassen, kann doch fest jeder, was braucht man da für großartige Qualifikationen? Irgendwie nehmen sich die Einrichtungen da schon irgendwie zu wichtig. Ich habe auch mal gehört, dass Erzieher 4 Jahre lang ausgebildet werden – das ist doch extrem lange, nur um dann Kinder zu beschäftigen. Wenn ich, nur um Kinder zu beaufsichtigen und denen ab und an etwas zu erklären, 4 Jahre lang eine Ausbildung machen müsste, würde ich mir total verschaukelt vorkommen.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Zitronengras, im besagten Artikel ging es wohl um einen Kindergarten. Aber auch Kinderkrippen kommen vermehrt aus.

Warum die Ausbildung so lang dauert? Weil es allein mit der Beschäftigung von Kindern nicht getan ist. Man beobachtet Kinder, analysiert ihr Verhalten und versucht sie, in der Betreuung und Erziehung zu unterstützen, indem sie eben ein soziales Verhalten an den Tag legen, Defizite ausgleichen und sie auch auf die Schule vorbereiten. So einfach, wie Du es Dir vorstellst, ist es nun wahrlich nicht. Das mag recht einfach aussehen, vielleicht arbeiten auch noch Kindergärten so, aber der Großteil von Kindergärten ist schon bemüht, auch auf die Schule vorzubereiten, wenn auch nur spielerisch.

Die Ausbildungsinhalte gehen zwar durchaus in Richtung Beschäftigungsangebote, aber es ist eben auch ein Großteil an psychologischem Wissen gefragt, gerade im Bereich der einzelnen Lebensphasen. Aber vielleicht solltest Du einfach mal in einem Kindergarten Dir mal einen Tag anschauen oder einen Erzieher/ eine Erzieherin fragen, wie er/ sie es so sieht. Ich glaube, das Bild eines Erziehers ist heute nach wie vor eher ein negatives, was ich sehr schade finde.

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Weil es allein mit der Beschäftigung von Kindern nicht getan ist. Man beobachtet Kinder, analysiert ihr Verhalten und versucht sie, in der Betreuung und Erziehung zu unterstützen, indem sie eben ein soziales Verhalten an den Tag legen, Defizite ausgleichen und sie auch auf die Schule vorbereiten


Ich glaube Dir das schon, aber ich frage mich eben, ob das notwendig ist. Brauche Kinder unbedingt speziell psychologisch geschulte Erzieher? Müssen Kinder auf die Schule vorbereitet werden? Das hat es doch vor 10 oder 20 Jahren auch nicht gegeben und trotzdem sind aus den damaligen Kindern nicht total verkorkste Erwachsen geworden. Muss ein Kind immer extra gefördert werden? Wir haben früher im Kindergarten Mittagsschläfchen gehalten, im Garten am Klettergerüst gespielt oder gemalt und gebastelt bzw. herumgerannt. Da waren keiner Lernspiele, keine besonderen Förderangebote usw. Und das ging auch! Heutzutage bekommen Eltern eingeredet, dass ihr Kind unbedingt gefördert und trainiert werden muss und am besten noch im Kindergarten Englisch lernt usw. Das finde ich wirklich übertrieben.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Zitronengras, man hat aber durchaus auch vor zehn, zwanzig Jahren schon Kinder unbewusst auf die Schule vorbereitet. Gerade Bewegung gehört durchaus dazu, auch lernt man meines Wissens im Kindergarten das Malen beziehungsweise ist ein Bestandteil. Dadurch wiederum wird ein Stift gehalten, der dann zum Schreiben dient und so weiter. Es ist im Grunde eine ganze Reihe, die an diesen Dingen dran hängt.

Ob man nun unbedingt im Kindergarten Englisch lernen muss, liegt an den Umständen. Bei uns können Kinder aber teilweise Plattdeutsch lernen, weil es immer weniger verbreitet ist. Solange es den Kindern Spaß macht und sie keinen Erfolgsdruck verspüren, ist so etwas durchaus schön und eine nette Angelegenheit.

Eine psychologische Schulung gerade in den ersten Entwicklungsphasen empfinde ich allein schon daher wichtig, um zu wissen, wie man mit einem Kind umgeht. Natürlich spielt dabei auch das Bauchgefühl, die Intuition eine Rolle, aber das allein reicht nicht mehr. Zudem sind Anforderungen bedingt durch veränderte Lebensumstände auch gewachsen. Vor zwanzig Jahren gab es noch die klassische Familie oftmals, vielleicht auch noch Großeltern, die mit im Haus oder in der Nähe lebten. All das wirkt sich auch auf Kinder aus und kann schon ein Grund sein, dass sie mit irgendetwas hinterherhinken, wozu es dann eben eine ausgebildete pädagogische Fachkraft benötigt.

Eine Überreizung im Sinne von tagtäglichen und durchgeplanten Aktivitäten halte ich auch nichts, da gebe ich Dir Recht. Aber um ehrlich zu sein, sind manche Kinder doch recht auffällig und da reicht es eben nicht nur, sie zu beaufsichtigen, während sie spielen. Da muss besonders drauf geachtet werden und eben eine besondere Förderung herbei, zumal Eltern manchmal scheinbar auch überfordert sind und/ oder keine Zeit/ Lust oder was auch immer haben. Zu meinen Kindergartenzeiten war vielleicht mal ein kleiner Teil auffällig, heute ist es eher der kleine Teil, den man damals als "unauffällig" bezeichnet hätte. Woher kommt das denn? Teils durch die Vernachlässigung, die wiederum dazu führt, dass mehr Personal benötigt wird.

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Ich verstehe die Frage ehrlich gesagt nicht. Es gibt eine Stelle und zwanzig Bewerber. Es ist doch völlig klar, dass dann welche aussortiert werden müssen. Und da beginnt man natürlich mit denen, die nicht in Konzept passen oder anderweitig nicht geeignet sind. Gerade Rechtschreibprobleme finde ich sehr schlimm bei Erziehern, die ja auch Vorschularbeit zu leisten haben. Man darf die Arbeit der Erzieher nicht unterschätzen, sie bereiten auf die Schule vor. Schlimm genug, dass inzwischen Erzieher sehr häufig nur noch einen Hauptschulabschluss vorweisen können.

» Anjwin » Beiträge: 360 » Talkpoints: 0,89 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^