Hoher Bedarf an Erziehern, hohe Ansprüche an diese?

vom 28.07.2012, 07:58 Uhr

Anjwin hat geschrieben:Schlimm genug, dass inzwischen Erzieher sehr häufig nur noch einen Hauptschulabschluss vorweisen können.

Nur mit Hauptschulabschluss kommt man gar nicht erst auf die Fachschule für Sozialpädagogik. Dafür muss man mindestens einen Realschulabschluss haben. Es ist also unsinnig, wenn man glaubt, dass die heutigen Erzieherinnen häufig nur Hauptschulabschluss nachweisen können. Da solltest du dich mal erkundigen, ehe du sowas hier erzählst.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



@Anjwin, wo gibt es denn diese Voraussetzungen? Bei uns ist schon die mittlere Reife Pflicht, um die Ausbildung überhaupt zu machen. Es mag sein, dass man mit einem Hauptschulabschluss dann die Ausbildung zum Sozialassistenten/ zur Sozialassistentin machen kann und dann die Ausbildung zum Erzieher beziehungsweise zur Erzieherin. Zudem wird auch während der Ausbildung Deutsch gelehrt, sodass es nicht zwangsläufig daran liegt. Im Übrigen kann auch ein Hauptschulabschluss nicht unbedingt bedeuten, dass man damit kein gewisses Bildungsniveau hat, aber das gehört jetzt hier nicht hin.

Zudem frage ich mich jetzt auch, was die Rechtschreibung mit der Ausbildung beziehungsweise mit der Arbeit als ErzieherIn zu tun hat. Man bringt den Kindern im Vorschulalter ja eigentlich nicht das Schreiben bei, da dies meiner Ansicht nach Aufgabe der Schule ist und auch dahin gehört. Gegen den Namen zu schreiben, sage ich ja nichts.

Dass man als ErzieherIn eine gewisse Vorbildfunktion hat, ist mir natürlich bewusst. Aber hier frage ich mich gerade auch wieder, wie denn ein Kind tolerant aufwachsen soll, was ja scheinbar gewünscht ist, wenn man mit Vorurteilen aus welchen Gründen auch immer um sich herum wirft. Leider kann ich aber nicht sagen, welche Kriterien vom besagten Träger überhaupt gefordert wurden. Weder habe ich eine Stellenanzeige noch andere Details erhalten, sondern nur das, was ich hier zusammengefasst habe.

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Nur weil der Bedarf an Erziehern groß ist, kann man nicht einfach irgendeine gelernte Kraft nehmen, sondern sollte schon die bestmögliche Auswahl treffen, wenn man aus zwanzig aussuchen kann. Jeder möchte ja sicherlich auch, dass die Kinder optimal versorgt werden. Wenn ein Erzieher sich laufend weiter bildet, ist er stets auf dem neuesten Stand und ist optimal nach meiner Meinung. Hinzu kommen natürlich noch andere Dinge.

Bewerbungen, die einen schlechten Stil haben, finde ich noch schlimmer als ein paar Rechtschreibfehler. Psychologisches Fingerspitzengefühl legt auch nicht jeder an den Tag, selbst wenn er entsprechend unterrichtet wurde. Die Eltern erziehen ihre Kinder so, wie sie es selbst erlebt oder gehört haben. Ich denke, dass da gerade in der heutigen Zeit viel falsch läuft, sonst wären nicht so viele Kinder auffällig. Dass man für solche Kinder psychologisch geschult sein muss, um überhaupt erst einmal herauszufinden, welche Ursache ein gewisses Verhalten hat, sollte eigentlich klar sein. Denn jeder Erzieher ist doch bestrebt, dem Kind zu helfen.

Dass man sich über einen Erzieher eine negative Meinung bildet, das finde ich weit hergeholt. Warum sollte man das? Ich finde, dass es sehr wichtig ist, dass ein Erzieher gut ausgebildet, freundlich und einfühlsam sein sollte. Dann wird er auch die gestellten Erziehungsaufgaben meistern.

Aber mit den vielen Bewerbungen auf eine Anzeige ist es nicht nur bei Erziehern so, sondern ebenfalls in vielen anderen Berufen. Da müssen auch Bewerbungen aussortiert werden. Für den einzelnen Suchenden ist das hart, aber leider nicht anders möglich.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Brauche Kinder unbedingt speziell psychologisch geschulte Erzieher?

Das hat es doch vor 10 oder 20 Jahren auch nicht gegeben und trotzdem sind aus den damaligen Kindern nicht total verkorkste Erwachsen geworden. Muss ein Kind immer extra gefördert werden? Wir haben früher im Kindergarten Mittagsschläfchen gehalten, im Garten am Klettergerüst gespielt oder gemalt und gebastelt bzw. herumgerannt. Da waren keiner Lernspiele, keine besonderen Förderangebote usw.

Ich bin vor 30 Jahren in den Kindergarten gegangen. Wäre ich in der heutigen Zeit in den Kindergarten gegangen, wäre irgendjemand mal aufgefallen, dass ich verhaltensauffällig bin. Ich vermute, ich hätte das volle Programm gehabt, angefangen bei ärztlichen und psychologischen Tests, über Frühförderung und andere Maßnahmen. Aber damals hat man auf so Kinder wie ich, die nicht richtig auffielen, kaum geachtet. Man hat eventuell mal die Eltern angesprochen und wenn die sagten, das ist nicht so, dann war die Sache gegessen. Da hat keiner gedrängt usw. Nur zur Information am Rande: die Chancen, dass ich heute gesund wäre, vermute ich bei über 90 Prozent. Deshalb halte ich es für wichtig, dass in der Kindergärten mehr gemacht wird, als wir lassen die Kinder mal spielen, während die Erwachsenen Kaffee trinken.

Müssen Kinder auf die Schule vorbereitet werden?

Auch früher wurden kleine Dinge schon im Kindergarten gemacht. Diverse Sachen setzten aber die Schulen auch damals schon voraus. Zum Beispiel Schnürsenkel binden. Und damals kamen Schuhe mit Klettverschlüssen erst auf den Markt. Ach ja, ich konnte keine Schnürsenkel binden, was aber keinem wirklich auffiel. Ich konnte auch die Gabel nicht richtig führen, was ebenfalls keinem wirklich auffiel, beziehungsweise hat sich halt keiner wirklich drum gekümmert.

Zum Thema generell. Ich finde es generell relativ egal, welche Schulbildung eine Erzieherin hat, so lange sie die Erzieherausbildung gemeistert hat. Halte ich durchaus auch mit einem Hauptschulabschluss für möglich. Des weiteren gibt es auch durchaus Umwege, wie man mit NUR einem Hauptschulabschluss eine Erzieherausbildung machen kann. Dauert dann halt nur (wesentlich) länger.

Die Idee Langzeitsarbeitslose weiter zu bilden und zu schulen- generell eine nette Idee. Nur sehe ich da am Bedarf vorbei gehandelt. Wenn jemand die Ausbildung machen will, sollte die aber gefördert werden. Aber nun von jedem Langzeitsarbeitslosen eine Erzieherausbildung zu fordern, halte ich für falsch. Ebenso wie ich es für falsch halte, Langzeitsarbeitslose mit aller Gewalt in der Pflege unterbringen zu wollen. Aber das ist alle Jahre wieder ein Problem, denn Vater Staat sieht Bedarf und versucht irgendwie die Lücken zu füllen.

Das Problem fehlende Erzieher ist ziemlich hausgemacht. Das Problem wäre wesentlich kleiner, wenn der Rechtsanspruch nicht eingeführt worden wäre. Der kam allerdings auch nicht von heute auf morgen. Warum haben die Stellen da nicht langfristiger geplant? Warum hat aber Vater Staat auch nicht dafür gesorgt, dass es erst Plätze gibt und dann den Rechtsanspruch herabgesetzt?

Zur Problematik, dass es scheinbar ja "genügend" Stellen gibt, die nicht besetzt werden können, weil den "Arbeitgebern" die Bewerber nicht passen und der Konstellation, dann sollen sie nicht jammern oder so. Oder man soll halt Bewerber nehmen, die erst mal nicht so passend erscheinen, statt niemand zu haben. Halte ich für schwierig.

Ich beschreib es mal an einem Beispiel. Ich habe letztens von einem Bewerberverfahren einer schwerbehinderten Frau gelesen, die eine zusätzliche Kraft brauchte. Was auch klar aus der Anzeige hervor ging. Daraufhin ließ man ein paar Bewerber vorsprechen. Eine sagte wohl gleich, ob man sie nicht schwarz bezahlen könnte. Der nächste wollte nur dann und dann arbeiten. Bei einem weiteren Bewerber war klar, der hat gar keine Zeit für den Job. Ein weiterer Bewerber war sprachlos, dass er mehr machen muss, als sich zwei Stunden zu der Frau zu setzen. Sollte an sich klar sein, wenn die Stellenausschreibung jemand im Bereich Pflege für eine schwerbehinderte Frau sucht, dass es da um mehr als Bespaßung geht.

Ich denke, gerade in einem Kindergarten, braucht man auch Erzieherinnen, die ins Team passen. In einem Stadtviertel, welches eher von Menschen bewohnt wird, die eher ökologisch orientiert sind, deren Bewohner vorzugsweise Birkenstocks und ökologisch wertvolle Kleidung tragen (ich meine das hier nicht negativ!) und so weiter, wird eine sehr konservativ eingestellte Erzieherin sicherlich eher negativ auffallen. In einem Stadtviertel, in dem man eher konservativ ist, ausschließliche reiche Familien leben und so weiter (auch das meine ich nicht negativ), wird eine Erzieherin mit einer Punkfrisur und gefühlten 100 Piercings sicherlich auch nicht unbedingt ins Team passen. Und das sind nur die eher sichtbaren Punkte zum Thema ins Team passen.

Ich denke, es gibt aber auch verschiedene Richtungen im Erzieherbereich. Jemand der sich nicht gerne schmutzig macht, gechlorte Schwimmbäder mag, Wert auf penible Sauberkeit legt, wird in einem Waldkindergarten sicherlich auch nicht wirklich hinter dem Konzept stehen können. Wer keiner Kirche angehört, sich klar von Kirche distanziert und grob gesagt, Kirche als einen doofen Verein betitelt, wird in einen Kindergarten, der kirchlich orientiert ist und vielleicht noch den Tag mit einem Gebet beginnt, nicht wirklich zum Konzept des Kindergartens passen.

Ich denke, manches Mal ist es sicherlich sinnvoller, jemand der so gar nicht zum Team oder Konzept passt nicht einzustellen, als mit aller Gewalt jemand einzustellen, nur damit man jemand hat. Ich habe auch schon in Betrieben gearbeitet, in denen später klar wurde, man hat mich nur eingestellt, damit man eben jemand hat. Das ging bis zu die Chefin erklärte den Kunden (in meinem Halbbeisein), dass man mich nehmen mussten, weil man keine bessere bekommen hat. Tut weder dem Betrieb gut, noch tat es mir gut.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



In Kindergarten meiner großen Tochter arbeiten als Zweitkräfte nur noch Sozialassistenten. Aufgrund des Mangels manchmal auch zwei. Das Deutsch ist teilweise grottig. Da werden Projektplakate aufgehängt mit Sätzen wie "Der Wasser, der Elehment unseren Lebens." Und in dem Stil geht es weiter. Da wird im Vorschulunterricht gefragt "Wo die Baum zu sehen ist." Vielleicht bin ich als Deutschgrundschullehrerin zu anspruchsvoll, aber ich erwarte pädagogisch wertvolle Arbeit. Gerne dürften Erzieher besser bezahlt werden, denn man weiß heute wie wichtig eine gute Vorbereitung im Kindergarten für die Schullaufbahn ist. Hauptschulabschluss ist ein sehr niedriges Bildungsniveau, da gibt es nichts zu diskutieren.

» Anjwin » Beiträge: 360 » Talkpoints: 0,89 » Auszeichnung für 100 Beiträge


@Anjwin, das liegt dann aber leider an der Einstellung der Träger und auch an der Leitung und weniger unbedingt an der Schulleitung. Mir scheint, dass da manchmal auch nicht bedacht wird, dass es sich um zugewanderte Personen handelt, die mit der Grammatik dann auf Kriegsfuß stehen, weil sie es nicht anders gelernt haben. Da müsste man dann eben eine andere Aufgabenverteilung vornehmen, oder jemanden drüber schauen lassen, der sich damit auskennt.

Dass Du selbst als Lehrerin Ansprüche hast, ist mir natürlich auch bewusst und ich finde es auch selbst wichtig. Aber man weiß ja leider nicht genau, was an den Bewerbungen nun nicht gepasst hat - lag es nun an der Rechtschreibung oder an der Grammatik oder lag es doch an dem Foto oder an zu wenig Berufserfahrung und so weiter. Man bekommt es ja auch selten mit, warum man letztendlich wirklich eine Absage kassiert beziehungsweise den Bewerber eben nicht als Kandidaten für die Stelle sieht.

@LittleSister, danke, Du hast im Grunde es ja auch ausgeführt, worauf ich letztendlich hinaus wollte. Eine langfristige und analytisch geführte Arbeit seitens der Pädagogen ist schon sehr wertvoll und kann durchaus dazu führen, Kindern eine Möglichkeit zu geben, die gleichen Chancen zu haben, wie es eben bei "ganz normale" Kindern der Fall zu sein scheint. Aber da müssen sich meiner Meinung nach auch die Eltern selbst darum kümmern, die Pädagogen, egal, ob Erzieher, ob Lehrer, Sozialassistenten und so weiter können das nicht aufholen und vor allem nicht ausgleichen. Daher erachte ich die Elternarbeit auch als wichtig und ebenso sieht es mit der Kommunikation genau aus.

Dass Erzieher ins bestehende Team passen sollten, bleibt unbestritten, aber das kann man schlecht anhand einer einzigen Bewerbung schlecht sagen. Dazu muss man sich kennenlernen und die Möglichkeit haben, sich eben zu beschnuppern. Daher verstehe ich es auch nicht, wenn Erzieher in den einzelnen Einrichtungen gesucht werden, dass die Bewerbungen dann meist direkt an den Träger geschickt werden müssen. Gut, an eine Stelle muss man sich wenden, vor allem, wenn der Träger sehr viele Einrichtungen unter einem Hut bringen muss, aber ich finde es da schwierig, die Entscheidung dann auch zu fällen.

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^