Mit den Kollegen "siezen"?

Ich habe mich gestern mit meiner Cousine getroffen, die seit ein paar Monaten einen neuen Job hat. Sie schwärmt richtig davon, wie toll das Arbeitsklima doch dort ist. Bei ihrem alten Arbeitgeber wurde sie richtig gemobbt und daher freue ich mich so für sie, dass es ihr jetzt gefällt. Sie hat mir erzählt, dass sich dort alle siezen, auch unter den Kollegen. Sie reden zwar auch viel über private Dinge und verstehen sich wie gesagt sehr gut, aber doch ist einfach eine Distanz und Respekt da, weil man sich nicht duzt. Das meint zumindest meine Cousine. Habt ihr diese Erfahrung auch schon gemacht?

Wenn ich das so mit unserem Arbeitsklima vergleiche, hört sich das ja richtig paradiesisch an. Ich mag meine Kollegen zwar auch, aber bei uns gibt es viel Getratsche und Lästereien. Bei uns duzt aber fast jeder jeden, sogar die Angestellten die Chefs und umgedreht. Jetzt frage ich mich einfach, ob es wirklich einen Unterschied macht, wenn mich sich duzt oder siezt. Was meint ihr dazu?

Ich muss auf der Arbeit nur die Filialleitungen siezen. Sie wurden dann mit Vornamen, aber mit Sie angesprochen. Ich fand das es auch ein Zeichen des Respekts und sicherlich nicht falsch war.

Die Uroma meines Freundes duzt sich auch nur mit Nachbarn, die schon Jahre lang neben ihr wohnen. Wenn neue Leute dazu ziehen, dann werden sie immer gesiezt. Sie sagt auch, dass das Du da einfach viel zu persönlich ist und dies dann schnell Grenzen überschreiten lässt. Ich finde das auch gut und bisher gab es da so keine Probleme.

Ich glaube nicht, dass die Arbeitsatmosphäre davon abhängt, ob man sich siezt oder duzt. Bei meinen Arbeitsstellen war es immer üblich, dass man sich auf gleicher Ebene ziemlich schnell geduzt hat, aber zur höherer Ebene Sie gesagt hat. Bei manchen Kollegen, vor allen Dingen älteren, hat es mich am Anfang irritiert, da ist mir immer mal wieder ein Sie herausgerutscht, aber später fand ich das ganz praktisch. Gegen ein Siezen hätte ich aber auch nichts gehabt, wenn es so üblich gewesen wäre.

Wie ich ja schon geschrieben habe, duze ich mich auch mit meinen Kolleginnen, aber auch mit meinen Chefs. Als ich noch mit meinen Chefs "per Sie" war, war noch eine Art Distanz und Respekt da. Ich habe aber jetzt das Gefühl, das dies fast verschwunden ist, nachdem wir uns jetzt alle duzen. Nachdem mir meine Cousine gestern davon berichtet hat, frage ich mich trotzdem, ob es nicht damit zusammenhängen kann, ob ein Arbeitsklima gut oder schlecht ist.

Ich arbeite ja noch nicht richtig sondern habe nur einen Aushilfsjob an einer Tankstelle und hier ist das sehr unterschiedlich. Die Chefin wird von Mitarbeitern die schon Jahre lang mit ihr zusammen arbeiten auch wirklich geduzt und sogar beim Vornamen genannt aber die neuen Mitarbeiter Siezen sie alle. Unter den Mitarbeitern ist das ganz unterschiedlich, wir haben junge Mitarbeiter wie mich und sogar noch jüngere, die gerade erst volljährig geworden sind und wir haben auch ältere Mitarbeiter die schon bald in die Rente gehen werden. Hier ist das meiste sehr unterschiedlich, weil sie nämlich auch nicht alle kennen, einige arbeiten beispielsweise nur abends und haben daher noch niemals die Leute von der Morgenschicht gesehen und so weiter. Aus diesem Grund siezen sich dann natürlich die Personen, die sich nicht wirklich kennen und die auch einen großen Altersunterschied zu einander haben.

Alle die aber regelmäßig miteinander arbeiten, duzen sich und das finde ich auch nicht weiter schlimm. Wir hatten bis vor einigen Wochen noch einen Mitarbeiter, der immer sehr gerne getratscht hat, der auch immer Mitarbeiter über alles mögliche ausgefragt hat und der dies dann natürlich auch herzlich gerne weiter gereicht hat. Sowas finde ich, so wie vermutlich auch die meisten anderen, wirklich schlimm, ich muss aber sagen, dass er so ziemlich der einzige war, der sich so verhalten hat und die anderen Kollegen eigentlich ein sehr friedliches Verhältnis zueinander hatten. Aus diesem Grund würde ich auch nicht zwingend sagen, dass es wichtig ist, dass man sich ''Siezt''. Mitunter kann ich mir durchaus vorstellen, dass das hilft, denn wenn Personen ein eher leichtes moralisches Verhältnis zur Arbeit hat, dann kann es durchaus sein, dass sie sich zurückhält, wenn die Kollegen gesiezt werden.

Dennoch würde ich mal sagen, dass auch solche Personen vor Mobbing und vor Verbreitung irgendwelchen Klatsches nicht zurückschrecken würden, nur weil man sich Siezt. Auf der einen Seite bringt das meiner Meinung nach durchaus ein wenig Distanz untereinander auf und wen man ''Siezt'' den respektiert man vielleicht nicht unbedingt mehr, aber man hält sich wenigstens mit dem Urteil zurück und behält es eher für sich. Ich denke aber, dass es auf die unterschiedlichen Personen ankommt, denn es gibt auch Menschen die sich aus einem ''Sie'' nichts machen und dann wäre es im Grunde für das Arbeitsklima egal, ob man sich duzt oder siezt. Ich selbst finde es mitunter dennoch besser, wenn man sich siezt, weil es dann eben dabei bleibt, dass man Arbeitskollege ist und es nicht ins persönliche übergeht, so dass man den anderen dann irgendwelche Gefallen tut oder so.

Bei uns duzen sich eigentlich alle, und ich kenne es schon seit der Ausbildung und vom alten Arbeitgeber auch nicht anders. Dem Arbeitsklima tut das keinen Abbruch, und ich habe auch nicht den Eindruck dass Respekt und Anstand darunter leiden, sondern dass alle professionell bei der Sache bleiben.

Natürlich gibt es auch mal Getratsche oder so, aber alles im ganz normalen Rahmen und Mobbing habe ich hier noch nie erlebt. Insgesamt finde ich aber nicht, dass Duzen oder Siezen ausschlaggebend für die Umgangsformen und das Betriebsklima sind, gutes Benehmen sollte doch daran nicht scheitern.

Ich persönlich mag es eigentlich, wenn man sich unter Kollegen duzt; ich bin ein eher schüchterner Typ Mensch, da macht ein "Du" schon viel aus, um etwas lockerer zu werden, muss ich sagen. Bei mir ist es aber eh etwas anders, da ich in einer internationalen Firma bin, in der die "Hauptsprache" Englisch ist, in der es ja bekanntlich kein "Du" vs. "Sie" gibt. Da reden sich alle mit Vornamen an und keiner kommt in die unangenehme Situation, entscheiden zu müssen, ob er sein Gegenüber siezt oder duzt.

Bei meinem Studenten-Nebenjob war es damals ganz anders. Da habe ich mich mit einem Teil der Belegschaft geduzt, mit dem anderen gesiezt, irgendwie hat mir das nie so richtig gefallen, das war nichts Halbes, aber auch nichts Ganzes. Da gab es nicht mehr und nicht weniger Getratsche als in den bisherigen Betrieben, bei denen ich war.

Ob man Du oder Sie zu den Arbeitskollegen sagt, muss jeder selbst entscheiden. Eines ist sicher, "Du dummer Esel ist schneller gesagt als Sie dummer Esel", diese Erfahrung habe ich unter Kollegen auch machen dürfen. Ich war schon 12 Jahre in unserer Abteilung, als Abteilungsleiter tätig, da kam eine ganz junge Kollegin zu uns und ich habe sie angelernt. Sie war stets höflich, hat mich gefragt, wenn sie sich nicht sicher war. Das Verhältnis zu mir und auch zu den anderen Kollegen war gut.

Diese junge Kollegin hatte auch wenig Erfahrung im Umgang mit Kollegen, ihre Lehre hat sie nach ein paar Monaten hin geschmissen und auch einige Jobs, in denen sie sich versucht hatte. Meine Meinung in der Abteilung war immer, wenn jemand einen Fehler macht, nicht tratschen, der Kollegin oder dem Kollegen einfach nur Bescheid sagen, was er falsch gemacht hat. So konnte ich das Arbeitsklima in der Abteilung immer sehr gut steuern.

Wie sich die Kollegen untereinander angesprochen haben, dass mussten sie selbst entscheiden, so wie ich es auch für mich entschieden habe. Dann kam der Tag, als wir eine Brigadefeier hatten, da habe ich der jungen Kollegin auch das "Du" angeboten, was sich als nicht so günstig raus stellte später.

Es dauerte nicht lange und ihre Höflichkeit und Achtung waren kaum noch da, ich bin ja mit der Chefin per Du. Das schlimmste, was dann passierte, war, dass sie mir im Büro vor einem Kunden den Vogel zeigte und noch sagte, sie macht das, was sie für richtig hält. Dies war aber zum Glück nur meine einzige schlechte Erfahrung.

Bei uns im Büro duzen sich alle. In erster Linie finde ich es wichtig, dass es einheitlich gehalten wird, irgendwie bringt es sonst immer eine "Rangordnung" mit sich.

In meiner Ausbildungsfirma fand ich das z. B. sehr schlimm, wir Azubis untereinander haben uns immer geduzt. In meinem ersten Jahr der Ausbildung wurde einer der ehemaligen Azubis in der Personalabteilung befördert und wurde unser Ausbildungsleiter. Diejenigen im dritten Lehrjahr kannten ihn ja noch aus früheren Zeiten und haben ihn entsprechend geduzt, alle, die danach kamen, haben ihn gesietzt. In einer Situation fand ich das ganz schlimm, ich war mit 2 Azubis aus dem 3. Lehrjahr und dem Ausbildungsleiter auf einer mehrtägigen Messe, und dort habe ich mich dann doch in gewisser Weise ausgegrenzt gefühlt. (Das lag sicher nicht nur am Duzen/Siezen, sondern auch im gesamten Umgang miteinander, der war unter den anderen eben einfach vertrauter, aber es hat schon eine Rolle gespielt)

Nach meiner Ausbildung in derselben Firma war es wieder ähnlich, alle außer mir waren per Du mit unserem Gruppenleiter, eben weil er auch als Sachbearbeiter angefangen hatte und aus den Zeiten mit allen per Du war. Und wenn man das einmal ist, lässt sich das ja auch schlecht zurücknehmen.

Von daher finde ich es am Schönsten, wenn es wie gesagt, einheitlich gemacht wird. Und da ich mich mit meinen direkten Kollegen wirklich sehr gut verstehe und wir auch privat gemeinsam Dinge unternehmen, finde ich das "Du" bei uns gut so wie es ist! Und der Respekt untereinander ist trotzdem da, auch gegenüber der Teamleitung, die ebenfalls gedutzt wird.

Wenn es einmal Lästereien in der Firma, dem Büro oder im Geschäft gibt, kann das sowohl vorkommen, wenn man sich duzt wie auch wenn man sich siezt. Das macht keinen Unterschied, so wie ich das beurteilen kann.

Ich war in einem Betrieb beschäftigt, wo man beim Sie geblieben ist und da wurde genauso über Kollegen oder andere Leute gelästert wie auch jetzt, wo wir uns unter den Kollegen duzen.

Das Arbeitsklima ist bei uns auch nicht unterschiedlich gewesen, nur weil man sich siezt oder eben jetzt duzt. Wir kommen alle sehr gut miteinander aus und wenn einmal etwas nicht passt, dann wird sich darüber unterhalten, aber das kommt eher selten bis gar nicht vor.