Welche Ratingagenturen sind in Deutschland maßgebend?

vom 06.07.2012, 11:33 Uhr

Zufällig habe ich vor einigen Tagen eine sehr interessante Reportage über die Arbeit von Ratingagenturen und ihre Bedeutung sowie deren Einflussnahme gesehen und war überrascht, wie wenig darüber bekannt ist. Als Anleger freut man sich einfach darüber, dass Einschätzungen der Ratingagenturen möglichst schnell einen Überblick über die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens bieten können. Was jedoch dabei für Kriterien eine Rolle spielen und wie viel Aufwand bei den Bewertungen dahintersteckt, das hätte ich überhaupt nicht für möglich gehalten.

Die Einführung von Ratingagenturen erfolgte ja wohl in den USA und in der Reportage wurde auch fast nur über die Situation dort berichtet und darüber, welche Ratingagenturen in den USA besonders einflussreich sind. Mich würde interessieren, wie das in Deutschland aussieht. Welche Ratingagenturen sind denn in Deutschland maßgebend? Welche Bedeutung oder gar Macht würdet ihr den Ratingagenturen in Deutschland beimessen?

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» Lupenleser » Beiträge: 1130 » Talkpoints: 851,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Die Kurzform: im wesentlichen sind auch in Deutschland die großen US-amerikanischen Rating-Agenturen ausschlaggebend, sie tauchen am häufigsten in den Medien auf und haben das weiteste Coverage, was die Unternehmen angeht, die sie abdecken. Das sind Standard & Poor's, Fitch und Moody's. Zwar gibt es auch kleinere europäische Rating-Agenturen, aber die haben weder die Strahlkraft des Namens noch den Einfluss, den dieses amerikanische Dreigespann vorweisen kann!

Allerdings ist es so, dass das Rating dieser Agenturen nicht etwa die Gesamtsituation eines Unternehmens beleuchtet, sondern eher, dass sie bewertet, wie gut sie ihre Schulden wohl bedienen können. Sicherlich, das hat auch etwas mit der wirtschaftlichen Lage zu tun, aber nun kann es auch sein, dass bilanzielle Sondereffekte oder Großinvestitionen vom Markt durchaus positiv oder negativ aufgenommen werden, allerdings die Liquidität in keiner Weise beeinflussen.

Im Zuge der Finanzkrise haben allerdings auch die amerikanischen Rating Agenturen einiges an Vertrauen verloren - schliesslich haben sie ja viele der Ramschpapiere (beispielsweise auf US-Hypotheken, was ja nichts anderes als Schulden sind, die mit einer Immobilie als Sicherheit ausgestattet sind) mit Bestnoten bewertet, wohl ohne eine eingehende Untersuchung, bei der aufgefallen wäre, dass viele der Angaben doch ausgesprochen optimistisch gemacht wurden und auf deren Basis überhaupt vom Hypothekenträger abgesegnet wurden.

Was die ''Macht'' angeht, die ist oftmals da, wo sie vermutet wird und auch genau aus dem Grund dort. Will heißen, diejenigen auf die man meint, auf die die anderen hören oder hören sollten :arrow: auf die wird tatsächlich gehört. Wenn eine der Ratingagenturen zum Beispiel laut darüber nachdenkt, das Schuldenrating für einen Staat zu senken, dann wird an den Märkten aufgehorcht und schon steigen die Zinsen, allein deshalb, weil man glaubt da wäre wohl was im Busch und man will ja vorbereitet sein. Höhere Zinsen werden von Kreditgebern ohnehin ganz gerne akzeptiert, so dass sich daraus an leicht nachzuvollziehender Effekt ergibt.

Meine Meinung ist wie du dir schon denken konntest, dass Rating Agenturen etwas überschätzt sind. Gleichzeitig kann ich aber auch nachvollziehen, dass man als ''Normalsterblicher'' und nicht Finance-Guru gerne einen simplen Buchstaben zur Verfügung hat, um sich ein Bild über ein Unternehmen zu machen, statt selbst Bilanzen und Bücher wälzen zu müssen.

» BlindKanshi » Beiträge: 243 » Talkpoints: 2,11 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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