Fußball - Nationalismus und rechte Tendenzen?
Vor kurzem schickte mir ein Bekannter, der sich ebenso wie ich nichts aus Fußball macht und das ganze Drumherum sehr kritisch sieht, mir einen Link zu diesem Artikel der "Zeit". Dieser ist schon ein bisschen älter, aber inhaltlich kann man den Bericht von 2008 eins zu eins auf die aktuelle Situation übertragen. Schon damals ging es um die Debatte, wie viel "schwarz rot gold" sich Deutschland im Rahmen von Fußballspielen erlauben kann. Inspiriert von dem besagten Artikel bin ich dann im Internet noch auf diesen Blog-Eintrag zur WM 2010 gestoßen und auf einen Text der Deutschen Welle, der sich direkt auf die diesjährige Europameisterschaft bezieht. Inhaltlich sind die Texte durchaus unterschiedlich, aber sie spielen doch mit der Überlegung, ob dieser zur Schau getragene Patriotismus nicht mitunter auch ziemlich negative Seiten mit sich bringt.
Ich glaube zwar auch, dass einige Fans, die sich diese ganzen Accessoires zulegen und ihre Verbundenheit mit der deutschen Nationalmannschaft präsentieren, einfach harmlose Spinner mit einem schlechten Modegeschmack sind. Diesen Leuten geht es nicht darum, sich als stolzer Deutscher zu zeigen, sondern der Fußball bekommt dadurch für sie eine Karnevals-ähnliche Anmutung. Allerdings kann ich mir auch sehr gut vorstellen, dass Fußball für manche eine Art Ventil darstellt, durch das sie ihren unangenehmen Nationalstolz nach außen tragen können.
Ich habe häufig gehört, dass Fußballfans sagten, dass sie sich endlich wieder stolz auf ihr Land sein können. Solche Aussagen sehe ich sehr kritisch und halte sie auch für sachlich falsch, weil man ausschließlich auf eigene Leistungen stolz sein kann und nicht auf Dinge, zu denen man nichts beigetragen hat. Ein Beispiel für die zweite Kategorie wäre die Herkunft. Nachdem ich dann gestern an mehreren Stellen Aussagen gehört und gelesen habe, die wirklich aus der untersten Schublade der nationalistisch geprägten Beleidigungen stammen, konnte ich wieder einmal sehr gut verstehen, was die Leute meinen, wenn sie das Verhalten der Fans als übertrieben patriotisch oder gar nationalistisch bezeichnen.
Wie steht ihr zu diesem Thema? Fördert der Fußball eurer Meinung nach rechte Tendenzen? Oder haltet ihr das ganze für eine harmlose Party, bei der es auch legitim sein sollte, Nationalstolz zu zeigen? Wo ordnet ihr euch selbst ein?
Das ist wieder typisch, da haben wir uns nach der Fußball-Weltmeisterschaft im eigenen Land endlich auch mal getraut, wie jedes andere Land auf der Welt mal ein paar Fähnchen aufzuhängen und Spaß mit blöden Gimmicks in Landesfarben zu haben, was in der Welt seinerzeit sogar positiv aufgenommen wurde, schon hat man wieder den rechtsradikalen Zeigefinger im Gesicht.
Ich denke nicht das man gleich rechtsradikal ist, wenn man sich mal über einen Mannschaftserfolg freut. Es ist doch so das sich jeder bei einem Fußballerfolg für seine Mannschaft freut. Man spielt klar nicht selber, aber man freut sich doch, wenn sein Land gewinnt.
Ich bin keineswegs rechtsradikal und ich trage auch immer mal wieder Ketten oder Ähnliches in den Deutschlandfarben. Ich denke, dass es zeigt, dass ich das Spiel mag und zu meinem Land stehe. Man kann stolz sein, ohne durchzudrehen. Ich respektiere andere Menschen deswegen nicht mehr oder weniger. Fußball ist eine Sportart und fördert eine rechte Gesinnung daher nicht. Was man davor denkt, wird man auch danach denken. Klar diese Leute freuen sich wahrscheinlich sehr viel mehr, wenn Deutschland gewinnt, allerdings warum sollte ich mich deswegen nicht auch freuen dürfen? Kann man nicht stolz auf sein Land oder die Leistung der Spieler sein und trotzdem tolerant sein?
Jetzt kommt gleich der Beißreflex jener aufrechten deutschen Patrioten, die nichts schlimmes dabei sehen, dass sich bei jedem Ereignis gleich ein Fahnenmeer auftut. Schließlich wollen sie nur spielen und sehen sich lediglich als aufrechte Patrioten. Dabei gibt es tatsächlich entsprechende Untersuchungen (seit 2006) die das Verwischen der Grenzen von "Nationalismus" und "Patriotismus" feststellen können. Eben gerade durch Fußball-Ereignisse wie der WM bzw. EM - aber auch mit "Lena" usw.
Das Problem wird nämlich zusehends, dass diese so gerne gemachte Unterscheidung zwischen Patriotismus (wobei nie die Frage gestellt wird, wieso der als "gut" gilt) und Nationalismus eher wissenschaftlichen Charakter bekommt. Unter "Fußballfans" wirkt sich diese Sache jedenfalls massiv negativ aus, was in Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus mündet. Es ist übrigens keine Verbesserung messbar, weil in Nationalteam selbst viele Menschen mit "Migrationshintergrund" spielen. So weit kann der gemeine Fan abstrahieren.
Wer jetzt zu den Events geht, macht dies, um ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu haben. Aber eben eines, welches über die Nation fest gemacht wird. Ginge es um Party und Sport allein, dann bedarf es hier keiner Fahnen! Der "Stolz auf unser Land" Tenor unterschlägt nämlich alle Aspekte, die ein wenig für Patriotismus sprechen würden. So z.B. sozialstaatliche Errungenschaften oder aber die demokratische Verwurzelung. Wichtig wird zusehends schlicht das "eigene Land". Es ist letztlich nur eine Bewegung! Das im Stadion von Lemberg neben den "Sieg! Sieg!" rufen auch die Reichskriegsflagge gezeigt wurde, ist eben nur eine Überspitzung - aber der Trend geht dahin, dass auch das "normalisiert" wird.
Vergleiche mit anderen Nationen, bei denen das Public Viewing ebenfalls mit einem Fahnenmeer begleitet werden, sind meiner Meinung nach aber nicht angebracht. Das hat aber nichts mit der Geschichte zu tun, sondern mit dem Begriff des Staatsbürgers. In Frankreich käme nie jemand auf die Idee (aus dem bürgerlichen Lager!), eine Person die in Frankreich geboren wurde, nach der Herkunft der Eltern zu fragen. So jemand ist grundsätzlich ein Franzose oder eine Französin. Um einfach mal die Unterschiede jenseits der Geschichte fest zu machen.
Letztlich kommt im Fußball (jenseits der EM) auch hinzu, dass in der gewaltbereiten und einfachen Welt der Hooligans sicher auch der Boden so weit bereitet wurde, dass nationalistische Haltungen auf Zustimmung treffen. Sei es auch nur deshalb, weil Prügel-Nazis sich auf Grund der Gewaltbereitschaft mit den Hooligans gut verstehen. Es ist sonst kaum eine solche Szene denkbar, in der eben homophobe, antisemitische und fremdenfeindliche Haltung so einfach auf Zustimmung treffen kann. Auch wenn die meisten wohl bloß dumme Mitläufer sein dürften.
Es wäre wohl naiv zu glauben, dass es nicht auch irgendwelche Leute aus der rechten Szene gebe, die solche Großereignisse sich zu Nutzen machen würde. Die Grenzen sind fließend, so ist es nicht nur in Deutschland der Fall, auch in anderen Ländern. Allerdings kann ich schon nachvollziehen, dass nicht jeder davon begeistert ist, wenn deutsche Fahnen an Autos und Häusern herumflattern, aber andererseits muss ich ehrlich sagen, dass ich so etwas durchaus schön finde, wenn eben ein sportliches Großereignis stattfindet und man damit zeigt, zu welcher Mannschaft, zu welchen Sportlern man steht. Genauso gut ist es eben das Tragen von Trikots - ich habe deutsche, spanische, italienische und französische Trikots und Flaggen gesehen.
Ich finde schon, dass man als Fan oder Sympathisant einer Mannschaft oder eines Künstlers Stolz zeigen kann. Das hat zwar, wie Du schon sagtest, nicht mit der eigenen Leistung zu tun, aber ich würde diesen Art von Stolz eher als Freude bezeichnen, dass diese Personen etwas geschafft haben, was sie sich selbst gewünscht haben. Ich kann auch sagen, dass ich stolz auf eine Lieblingsband bin, weil sie die lang ersehnte Nummer Eins in den Charts erklommen haben oder dergleichen und so ist es auch bei sportlichen/ fußballerischen Dingen.
Ich denke durchaus, dass die Kluft zwischen Fan sein und dem Nationalismus eng ist und man gern als Fan auch mal in die falsche Schublade gesteckt wird. Aber genauso gut kann ich sagen, dass ich diesbezüglich keinerlei Tendenzen habe, ich schaue mir gern die Spiele der deutschen Nationalmannschaft an und sicherlich bin ich stolz oder freue mich darüber, dass sie das Halbfinale erreicht haben, aber nicht mehr, nicht weniger. Die Flagge am Auto habe ich übrigens am Morgen nach der Niederlage im Halbfinale entfernt.
Es gibt sicherlich Leute, die solche Ereignisse wie die Fußball-EM nutzen, um ihre rechte Gesinnung zum Ausdruck zu bringen. Allerdings vermute ich, dass es sich um einen recht kleinen Teil dabei handelt. Bei den meisten Personen handelt es sich schlicht und einfach um Fußballfans, die eben die deutsche Mannschaft unterstützen, weil es sich nun mal um die Mannschaft aus dem Heimatland handelt. Darin sehe ich nichts verwerfliches.
Ebenso finde ich, dass man durchaus auch auf andere stolz sein kann, nicht nur auf eigene Leistungen. Hast du das denn noch nie gesagt: "Ich bin stolz auf dich." Das zeigt doch nur, dass ich mich für andere freue und es eben beeindruckend und bewundernswert finde, was diese Person dann eben geschafft hat.
In anderen Ländern ist so etwas wie Nationalstolz übrigens durchaus üblich und völlig normal. In Deutschland wird so etwas aufgrund der Geschichte jedoch gleich immer als verwerflich angesehen. Ich halte nun wirklich nichts vom rechten Gedankengut, sehe es aber als legitim und auch ganz normal an, dass man sich bei besonderen Ereignissen, bei denen die Nationen untereinander Wettbewerbe ausüben (Fußball, Eurovision Song Contest und so weiter), für das eigene Land freut und das auch auslebt, indem man sich beispielsweise ein Trikot anzieht oder Deutschlandfahnen an das Auto macht.
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