Kopfrechnen scheint nicht mehr gefragt zu sein
Im Zentrum für Physiotherapie musste ich heute eine Behandlung für Kinesiology Taping bezahlen. Die sollte 12 Euro kosten. Dann fiel einer Mitarbeiterin ein, dass sie zur Zeit Sonderpreise haben. Jede Behandlung kostet in dieser Woche 5 Prozent weniger. Den Endbetrag hatte ich sofort im Kopf errechnet, was ja wirklich nicht schwer war. Zwei der drei anwesenden Mitarbeiter guckten sich an und einer meinte, er müsste seinen Rechner holen, das könnte er nicht im Kopf rechnen. Mittlerweile nannte die Mitarbeiterin das Ergebnis und guckte zustimmend umher. Ich bestätigte ihr die Endsumme von 11.40 Euro.
Innerlich war ich entsetzt, wie gestandene Therapeuten, die alle unter 30 Jahren waren, so schlecht im Kopfrechnen sein können. Ich habe ja schon diesbezüglich erlebt, wie an Supermarktkassen falsch gerechnet wird. Ein solches Beispiel ist mir heute im Kaufpark passiert. Ich musste 15.11 Euro bezahlen und gab der Kassiererin 50,11 Euro. Sie gab mir 15 Euro zurück. Ich hielt die Hand mit dem Geld hin und bat sie, nochmals nachzuzählen. Dann gab sie mir 14,89 Euro zurück und nahm die 15 Euro an sich. Ehrlich gesagt, habe ich da gelacht und ihr gesagt, dass ich 35 Euro zurück haben möchte. Sie hatte meinen 50-Euroschein noch da liegen, sonst hätte sie mir wohl nicht geglaubt. Denn sie hatte sich zusätzlich noch beim Drucken an der Kasse vertan. Könnt ihr das verstehen?
In der heutigen Zeit der Technik und Dank des Taschenrechners, ist das Kopfrechnen in der Tat eingerostet. Wenn man nur noch damit arbeitet, dann muss man wirklich erst überlegen, wie man das rechnen muss. Mir selber ist das auch schon passiert und es ist auch völlig normal. Einige sind dennoch stark im Kopfrechnen, die Dame die Du erwischt hast, zählt definitiv nicht dazu . Aber ich kann das schon nachvollziehen, wenn man das sonst im Alltag nicht mehr macht.
Es ist leider im Zeitalter des Taschenrechners so, dass sich viele Menschen einfach blind darauf verlassen und mit dem Kopf nicht mehr rechnen können. In der Schule habe ich das Rechnen auch hauptsächlich mit dem Taschenrechner gelernt, aber mein Vater hat auch darauf bestanden, dass ich gut Kopfrechnen übe, was ich auch als wichtig erachte, damit man wenigstens mal überschlagen kann, ob das Ergebnis sein kann oder man sich vielleicht verrechnet hat.
Ich hatte auch schon ein Erlebnis an einer Kasse, wo ich eigentlich dachte, dass das nicht sein kann. Ich habe mir an einer Tankstelle etwas für 1,60€ gekauft und mit einem 2€- Stück bezahlt. Die Kassiererin hat versehentlich 20€ in die Kasse eingetippt und brauchte dann tatsächlich einen Taschenrechner um auszurechnen, wieviel Wechselgeld ich denn nun bekomme. Das finde ich dann schon peinlich.
Viele Menschen machen sich in der Tat abhängig vom Taschenrechner. Ich muss jeden Tag einige Kopfrechenaufgaben lösen, damit meine Konzentration gefördert wird, was mir auch nicht immer leicht fällt. Aber ich bemerke immer öfters, dass ich an sich recht fit im Kopfrechnen bin. Ich benötige an sich kaum mehr den Taschenrechner, sondern packe ihn nur bei enorm schweren Berechnungen aus.
Ich habe auch schon bemerkt, dass viele Menschen nicht mehr Kopfrechnen können und Probleme mit den einfachsten Berechnungen haben. Die Schuld kann man hier natürlich auch in der Schule suchen. Es wird im Mathe-Unterricht immer mehr mit dem Taschenrechner gearbeitet und er wird beim Berechnen teilweise schon in den Grundschuljahren erlaubt. Dass man ihn später bei Sinus-Cosinus-Berechnungen verwendet, ist ja so gesehen in Ordnung, aber bei einfacher Algebra benötigt man ihn doch an sich gar nicht.
Ich hätte jetzt gesagt, dass sie das lieber am Taschenrechner ausrechnen, weil man im Kopf häufig ja überschlägt und aufrundet, wenn sie mit dem Taschenrechner nochmal nachrechnen, erhalten sie ein ähnliches Ergebnis, aber sie haben vielleicht genauere Hinterkomma stellen, das hängt dann eben ganz von der Zahl ab, mit der man rechnet. Abgesehen davon würde ich es in einer solchen Situation für besser halten, weil man es sich hier nicht erlauben kann, sich zu verrechnen und dann seinem Chef zu erklären, wieso denn jetzt die Kasse nicht stimmt. Ich gehe mal davon aus, dass sie sicherlich im Kopf rechnen konnten, auch diesen Betrag, aber es eben aus Vorsicht nicht getan haben.
Das zweite Beispiel hört sich für mich ehrlich gesagt eher danach an, dass die Kassiererin einfach ein bisschen zu verpeilt war und nicht richtig mitbekommen hat, wie viel Geld du ihr gegeben hast. Ich meine, man sitzt schließlich den lieben langen Tag an der Kasse und das ist sicherlich auch nicht der spannendste Job, heißt also, dass sich die Kassierer nach einer Weile auch nicht mehr so konzentrieren, wie zu Anfang ihrer Schicht. Dann sieht sie eben den Schein und tippt den Betrag am Computer ein, diesmal hat sie sich eben um 20 Euro vertan, aber möglicherweise hat sie hier eher eine falsche Taste erwischt und weil sie daran gewöhnt war, dass der Computer alles für sie ausrechnet, konnte sie auch nicht verstehen, wieso der Betrag nicht stimmte und hat dann eben festgestellt, dass sie das Geld nicht richtig gesehen oder sich vertippt hatte.
Ich möchte das solchen Kassierern nicht verübeln, weil ich mir gut vorstellen kann, wie öde ein solcher Job ist und man muss sich schließlich auch nicht auf die Kassierer verlassen, sondern hat selbst noch mal nachzuzählen. In zweitem Fall denke ich nicht, dass es etwas mit der mangelnden Fähigkeit zu tun hat, im Kopf auszurechnen, sie hat sich am Computer vertippt und ihr musste dann bewusst werden, dass du ihr 50 Euro anstatt der eingetippten 30 gegeben hast. Übrigens ist es auch keine Bequemlichkeit, dass die Kassierer diese Beträge an der Kasse eintippen, sie tun das weil sie das müssen, der Kunde soll auf der Anzeige nämlich sehen, wie viel Geld er zurückbekommt. Das man an der Kasse also als Kassierer nicht mehr Kopfrechnet ist nicht die eigene Schuld und aufgrund des Computers schlicht und einfach nicht mehr notwendig.
Wie auch immer, ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht verstehe, worauf du hinauswillst. Du hast zwei Beispiele erlebt, in denen Personen, die mit Geld zu tun hatten, die Beträge nicht im Kopf ausrechnen konnten, ja und? Schließt das jetzt etwa auf die Allgemeinheit und alle Bewohner Deutschlands, nur weil du kürzlich zwei schlechte Erfahrungen damit gemacht hast? Ich kann das ehrlich gesagt nicht verstehen. In dem EDV Geschäft, in dem ich häufiger einkaufe, wird immer noch alles im Kopf ausgerechnet, ohne Rückgabe-Taste und ich kenne auch ähnliche Beispiele, wie beispielsweise der Bioladen bei uns in der Stadt, die eigentlich nur eine Kasse haben. Es gab und es wird immer Menschen geben, die in Mathematik nicht stark sind und als Kassierer muss man das heute oftmals auch gar nicht.
Ich finde die beiden von dir gebrachten Beispiele nun auch nicht sonderlich tragisch, wenn ich ehrlich bin. Natürlich ist es schon wichtig, wenn man gewisse Dinge auch im Kopf ausrechnen kann, aber wenn mal etwas daneben geht, dann ist das auch kein Weltuntergang. Gerade das Beispiel mit der Kassiererin ist doch mehr als verständlich. Ich habe selbst schon mal an der Kasse gearbeitet und da ist man ständig unter Zeitdruck und hat auch tausende zusätzliche Sachen um die Ohren, dass man da einfach auf dem Schlauch steht. Mir ist es auch schon mal passiert, dass ich falsch herausgegeben habe bzw. das Wechselgeld komplett vergessen habe, weil ich mit den Gedanken schon bei der Zusammenstellung des Menüs gewesen bin. So schlimm ist da doch auch nicht - irren ist nun mal menschlich und das hat nichts damit zu tun, dass ich nicht Kopfrechnen könnte.
Viele vernachlässigen das Kopfrechnen aber auch häufig, weil sie gar nicht mehr darauf angewiesen sind. Es ist doch wirklich so, dass diese Rechnerei meistens von Computern übernommen wird. Dann sieht man natürlich auch keinen Grund mehr darin, das Kopfrechnen anzuwenden. Das ist doch völlig normal. Auch in der Schule wurde uns in den höheren Klassenstufen der Umgang mit einem Taschenrechner beigebracht - so mussten wir uns nicht mehr mehr dem Ausrechnen im Kopf herumschlagen, sondern konnten uns auf den Lösungsweg konzentrieren. Es gibt Leute, die stark im Kopfrechnen sind und auch keine großen Probleme haben, Beträge oder auch Prozente im Kopf auszurechnen. Ich würde mich auch dazu zählen, obwohl ich sonst eher schlecht in Mathematik gewesen bin. Kopfrechnen fällt mir aber ganz leicht. Andere sind da eben nicht so fit, können dafür aber wahrscheinlich andere Dinge besser. Ich finde das gar nicht peinlich, außerdem sind deine Beispiele ja auch nicht wirklich repräsentativ.
Die Basiskompetenzen wie Kopfrechnen, Rechtschreibung und Texte auswendig lernen und vortragen werden meiner Meinung nach sowohl in der Grundschule als auch in den weiterführenden Schulen sträflich vernachlässigt. Dafür wird in der Grundschule schon Englisch, was überhaupt keinen Vorsprung denen gegenüber bringt, die es auf der weiterführenden Schule erst anfangen. Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik werden auch immer weiter in die unteren, wobei die Kinder vom Gehirn her noch gar nichts damit anfangen können. Dafür können sie nicht mehr, rechnen, lesen und schreiben. Den Dreisatz, der sich äußerst nützlich im Alltag einsetzen lässt, beherrscht kaum noch einer
Der Taschenrechner nützt einem bei der Prozentaufgabe aber auch nichts, wenn man nicht weiß, was man wie eingeben muss. In diesem Fall ist der Taschenrechner vielleicht sogar sinnvoll. Die Prozentzahlen und der Preis könnten ja auch "unschönere" Zahlen sein, bei 6,3% von 125,76 Euro würde ich mich im Kopf vielleicht auch verrechnen.
Das ist wirklich ein trauriges Phänomen, das mir auch schon einige Male aufgefallen ist, allerdings nicht nur an anderen, sondern auch an mir selbst. Ich versuche grundsätzlich, alles, was irgendwie geht, im Kopf auszurechnen, unabhängig davon, ob es Prozentsätze sind oder mehr oder weniger einfach Additionen oder Subtraktionen. Alles, was irgendein rechnerisches Ergebnis hervorbringen soll und irgendwie lösbar erscheint, versuche ich, im Kopf zu errechnen. Mir gelingt das aber nicht immer und manchmal bin ich mir auch schlichtweg nicht sicher, ob mein Ergebnis stimmt. Dann rechne ich sicherheitshalber noch einmal mit einem Rechner nach. Glücklicherweise kann man wirklich erkennen, dass man sich selbst trainiert, wenn man häufiger solche Rechenaufgaben im Kopf löst, denn wenn man seine Ergebnisse kontrolliert, wird man irgendwann wohl feststellen, dass sie korrekt sind und man beim Rechnen keine groben Fehler gemacht hat.
Auch bei anderen fällt mir das aber auf, und teilweise ist es wirklich erschreckend. Kürzlich ist es mir in der Arbeit passiert, dass meine Kollegen, die über fünfzig ist, sich mit einer eigentlich leichten Aufgabe wirklich schwer getan hat. Ich erinnere mich leider nicht mehr, worum es dabei genau ging, aber mir hat das auch zu denken gegeben. An der Kasse im Supermarkt passiert es mir hingegen seltener, dass sich die Kassiererin in Sachen Wechselgeld verrechnet, da klappt es eigentlich ganz gut. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass jeder mal einen wirklich schlechten Tag hat und dass die Kassiererin, die sich bei Dir so verhauen hat, einfach nicht ganz auf der Höhe war, aus welchen Gründen auch immer. Man muss eben auch mal in Betracht ziehen, dass jemandem irgendetwas widerfahren ist, das ihn ablenkt und gedanklich mehr beschäftigt als eben seine Arbeit. So etwas kennen wir wohl alle, und dass sie sich dann außerdem noch einen weiteren Fehler erlaubt hat, wirkt auf mich eher wie eine Bestätigung dieser These, denn das sieht nach einer Fehlhandlung unter Druck aus. Ich glaube, ihr war das einfach unglaublich peinlich, dass sie sich so verrechnet hat, und das ja nun auch nicht nur ein einziges Mal.
@Crispin, wenn du es für besser hältst, diese einfache Aufgabe mit dem Taschenrechner zu errechnen, damit sie auch richtig ist, dann solltest du das machen. Ich bin nur der Meinung, dass jeder das Einmaleins in der Schule gelernt hat und somit in der Lage ist, 5mal 12 zu errechnen. Sich da mit dem Komma zu verrechnen, ist weit hergeholt.
Dass ich die Verrechnung an der Kaufpark-Kasse mit Humor genommen habe, dürfte auch klar sein. Du verstehst nicht, worauf ich hinaus will, wie du schreibst. Selbstverständlich darauf, dass doch einige Menschen im Kopf keine einfachen Rechenaufgaben lösen können und nur das Rechnen mit dem Taschenrechner gewöhnt sind. Ich habe weder geschrieben noch gedacht, dass die Allgemeinheit und „ganz Deutschland“ nicht im Kopf rechnen kann. Du musst nicht so maßlos übertreiben.
@Cid, arbeitest Du im Verkauf? Ich vermute mal eher nicht. Sicher kann man vieles im Kopf errechnen. Aber wenn man sich verrechnet und zwar zu Ungunsten des Arbeitgebers und der Kunde das nicht bemerkt oder nichts sagt, dann wird das für diese Person recht teuer. Da würde ich in dem Fall lieber einmal zu viel als einmal zu wenig nachrechnen. Und wenn man den ganzen Tag mit Geld zu tun hat und viele verschiedene Kunden bedient, dann ist man manchmal einfach verpeilt.
Das passiert schon. Ich würde aber keines der Beispiele dafür heranziehen, dass man nicht mehr im Kopf rechnen kann. Wenn die Damen so frisch im Kopf wären und sich auch nicht auf andere Dinge konzentrieren müssten, dann hätten sie vielleicht besser im Kopf gerechnet.
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