NS-Zeit im Geschichtsunterricht
Ja, also wir nehmen gerade in Geschichte die NS-Zeit durch. Was mir aber nun wirklich sehr stark ins Auge fällt ist, dass das Leid der vertriebenen Deutschen aus Pommern, Schlesien, Ostpreußen usw. wenn überhaupt, nur nebensächlich erwähnt wird, mir kommt es manchmal schon so vor als ob das gewollt ist.
Wie sind eure Erfahrungen und Meinungen dazu ?
Was sollte man denn im Unterricht groß dazu behandeln? Natürlich kann man in einem Nebensatz erwähnen, dass es in den betreffenden Gebieten ethnische Säuberungen gab, aber außer der schlichten Tatsache gibt es doch nicht sonderlich viel dazu zu erzählen, oder? Das bietet kaum Unterrichtsstoff für eine einzelne Schulstunde. Ziel des Geschichtsunterrichts ist es nicht etwa, das Leid der Menschen zu schildern und Mitgefühl zu wecken (oder gar das Leid unterschiedlicher Personengruppen gegeneinander aufzurechnen), sondern sachlich über die politischen Hintergründe der damaligen Zeit zu informieren und darüber zu diskutieren. Die Vertreibungen deutschstämmiger Menschen sind dabei tatsächlich nur ein Beispiel unter vielen.
@arril: So einfach kann man das auch nicht sehen. Denn immerhin stammt ein großer Teil der damals Vertriebenen aus den genannten Regionen. Diese Familien haben zwar eine deutsche Abstammung, aber lebten eben schon seit mehreren Generationen dort und nicht erst seit der NS-Zeit. Deren Leid sollte man nicht verharmlosen.
Was den kleineren Teil der Vertriebenen angeht, so sind diese erst in diese Regionen umgesiedelt, nachdem Deutschland in Polen einmarschiert war. Man vertrieb die Polen von ihren Höfen und vergab diese an deutsche Familien. Dass man diese dann vertrieb ist gerechtfertigt, da sie sich ja auf fremden Eigentum befanden.
@ Punktedieb: Ich hatte nicht den Eindruck, als wollte arril irgendetwas verharmlosen. In der Zeit ist tatsächlich viel unrecht geschehen, auch gegenüber Deutschen. Lange Zeit kam das gar nicht zur Sprache, man traute sich kaum zu erwähnen, dass es unter den Opfern auch Deutsche gab. Aber dennoch ist das nur ein kleiner Aspekt in dieser Zeit, eine Vertiefung ist im Rahmen der Schulausbildung meiner Meinung nach nicht möglich oder sinnvoll. Es geht vor allem darum ein Überblickswissen zu verschaffen, mehr ist in der kurzen Zeit einfach nicht machbar.
Und zu deiner Aussage, dass man deren Leid nicht verharmlosen sollte, kann ich arril eigentlich nur recht geben. Es geht im Geschichtsunterricht nun wirklich nicht darum den Schülern Mitleid zu lehren.
@ Punktedieb: Ich habe nicht gesagt, dass man das Leid dieser Leute verharmlosen sollte. Aber darum, ob diese Vertreibungen nun gerechtfertigt waren oder nicht (sie waren es nicht, meiner Meinung nach) ging es hier ja auch nicht. Es geht hier nur darum, was man dazu im Rahmen des Geschichtsunterrichtes bearbeiten könnte, und da fällt mir nun einmal nicht so viel ein.
Dass diese größtenteils völlig unschuldigen Leute gelitten haben, ist eine Tatsache, die damit erst einmal gar nichts zu tun hat! Mehr als "sie wurden enteignet und vertrieben, weil sie deutsche Vorfahren hatten" gibt es schlichtweg nicht zu erzählen. Und damit kriegt man keine 45-minütige Geschichtsstunde voll.
Ich glaube, dass du, lieber Threadersteller, das ganz gut beobachtet hast, denn diese Tatsache ist mir auch schon aufgefallen. Die Vertreibung von Deutschen im Osten wird in den Schulbüchern immer sehr stark runter gespielt und nicht gerade ausführlich behandelt. Soweit ich mich erinnern kann, gab es zu dem Thema im Schulbuch nur eine kleine Infobox, welche aus maximal fünf Sätzen und einem Bild bestand. Auch andere Themen, wie die Flächenbombardements auf deutsche Städte, wurden nicht mit vielen Informationen versehen.
Ob das so gewollt ist, kann ich natürlich nicht eindeutig beurteilen, aber ich denke schon, dass jegliches Leid der Deutschen zur NS-Zeit in den Schulbüchern einfach zum Teil ignoriert wird. Ob die Produzenten das ganz bewusst oder doch eher unterbewusst machen, hängt glaube ich immer vom Autor ab. Die Geschichte der NS-Zeit wird jedoch in den Schulbüchern schon sehr einseitig präsentiert, das kann ich versichern. Ein Bild vom Wartburgfest im Jahre 1817 wurde sogar mit einem Grafikprogramm manipuliert. Auf dem Bild sieht man Studenten zur Wartburg gehen und Flaggen deutscher Herzogtümer schwingen. Auf diesem Bild wurde nachträglich eine polnische Flagge eingearbeitet, was man, wie ich denke, als Geschichtsfälschung bezeichnen kann!
Auf unserer Schule war es ein Pflichtthema zwischen der 9te und 10te Klasse. Es wurde über den Zweiten Weltkrieg ausgiebig diskutiert. Es ging bei uns um Hitler, die Judenvernichtung, die Machenschaften und alles drum herum. Wir waren sehr geschockt und ehrlich gesagt, war mir nicht bewusst, dass das Leid der Deutschen usw außer Acht gelassen wurde. Ehrlich gesagt ist es mir auch nahezu egal, welcher Rasse es dort schlecht ging, denn Fakt war für mich, dass das, was dort passiert ist, einfach nur grauenhaft war.
Wir hatten auch einen Zeitzeugen gehabt und der hat sehr oft mit den Tränen gekämpft. Ich finde es gut, dass über die NS Zeit gesprochen wird, denn so etwas soll nicht in Vergessenheit geraten, was dort passiert ist.
Natürlich sollte man diese Vertreibungen erwähnen und sie werden auch im Geschichtsunterricht erwähnt. Aber die Geschichte ist so vielfältig und komplex, dass dieses Thema natürlich nicht intensiver besprochen werden sollte als die Gräueltaten von Hitler, sonst könnte man meinen, dass dies auf einer Stufe steht.
Meine Vorfahren sind Sudetendeutsche, sie hatten aber Glück und sind vor Kriegende noch von den Deutschen aus dem Land geholt worden. Mein Vater hätte aber nie in die Tschechoslowakei zurück gewollt. Er war vor zwanzig Jahren noch einmal da, um sich das Haus anzuschauen, in dem er als Kind und Jugendlicher gewohnt hat, aber große Gefühle waren da nicht im Spiel. Die Großeltern haben in Deutschland nach der Flucht ein neues Haus in der ehemaligen Ostzone bekommen, wo sie bis an ihr Lebensende gewohnt haben.
Wenn man die Taten einer Hitlerregierung so ausführlich behandelt werden, dann sollte man aber auch nicht nur am Rande erwähnen, was danach durch Stalin passiert ist. Denn dieser Mann ist nicht besser gewesen und seine Soldaten waren genauso plündernd und mordend unterwegs, wie die Deutsche Armee.
Daher halte ich es für verkehrt, wenn man dieses Thema nur mal am Rande erwähnt, denn damit wird es eben auch verharmlost, was gegen Kriegsende und danach passiert ist. Wobei eben auch dieser Zeit auch noch viel Aktenmaterial von den Russen unter Verschluss gehalten wird, so dass es noch gar nicht wirklich überschaubar ist, wie viele Menschen dann unter Stalin in den russischen Arbeitslagern umgekommen sind.
Ich habe das Glück eine sehr gute Geschichtslehrerin gehabt zu haben. Sie hat das Thema wirklich sehr ausführlich mit uns besprochen und hat dafür andere Themen etwas gekürzt. Wir waren nach Ihrem Unterricht bestens im Bilde was in der NS Zeit alles passiert ist. Sie hat uns gezeigt, was die Nazis unserer zeit verschweigen beziehungsweise nicht anerkennen. Ich denke, sie wollte uns zeigen, dass diese Zeit schrecklich war und das keiner ein Nazi werden sollte. Ihr lag das Thema sehr am Herz und hat uns wirklich gut für das Thema sensibilisiert. Auch hat sie sehr ausführlich über die Vertreibungen mit uns gesprochen und so haben sogar Verwandte unserer Mitschüler von ihren Erlebnissen erzählt. Unser Unterricht war immer sehr gut gestaltet und mit allen Medien ausgestattet, was uns alle begeistert hat.
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