Lesefluss beim stillen Lesen

vom 17.06.2012, 23:35 Uhr

Vor einigen Tagen habe ich mich mit einem Freund darüber unterhalten, wie manche Menschen vorlesen. Ich habe ihm gesagt, dass ich leise natürlich sehr gut lesen kann und da auch schnell und verständlich vorkomme und dies auch der Fall ist, wenn ich mir selber laut vorlese. Kommt aber dann eine andere Person ins Spiel, so fange ich an, zu schnell zu lesen und verhasple mich auch hin und wieder mal. Deswegen "üben" wir das nun und ich lese ihm immer ein bisschen vor, damit ich mich eben daran gewöhne und das nicht mehr passiert und auch dann vor anderen so vorlesen kann, wie ich es normal mache.

Als ich ihm das erklärt habe, haben wir auch über andere Leute geredet, die nicht sonderlich gut vorlesen können. Ich habe mir eigentlich nie große Gedanken darüber gemacht, dass es diesen Leuten anders ergehen könnte als mir (obwohl ich auch laut vor anderen noch relativ flüssig vorlese, nur eben nicht ganz perfekt und das stört mich) und ich bin immer davon ausgegangen, dass sie beim leisen Lesen auch alles sofort verstehen und dann eben flüssig voran kommen. Nun meinte mein Kumpel allerdings, dass er nicht glaubt, dass das immer so ist und es genügend Menschen gibt, die auch leise die Dinge nicht besser verstehen und so stockend lesen.

Was haltet ihr davon? Kennt ihr eventuell jemanden, der zwar "richtig" lesen kann, aber trotzdem auch beim leisen Lesen mal stockt? Oder ist so etwas nur der Fall, wenn man noch gar nicht richtig lesen kann?

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich denke, dass beim Vorlesen vor einem Publikum eben immer noch die Nervosität eine große Rolle spielt, deswegen ist es hier eigentlich mehr oder minder egal, ob man es kann oder nicht, man wird wahrscheinlich durch die Nervosität so oder so ins Stocken kommen, zumindest ab und an mal. Ich selbst habe das auch immer in der Schule beobachten können, es gibt eben Schüler, die können perfekt vorlesen, aber wenn sie es vor der Klasse tun, geht es einfach nicht perfekt. Man merkt es dann aber in der Gruppe, wenn sie beispielsweise nur vor wenigen und Freunden vorlesen, ist das ganze irgendwie gar kein Problem mehr. Bei der Klasse kommt eben der Druck dazu, man möchte sich nicht lächerlich machen und eben das passiert durch das Stottern manchmal eben doch.

Daher denke ich auch, dass das ganze einfach eine Übungssache ist, man kann das lernen, genauso wie Vorträge und Referate vor anderen zu halten. Je häufiger man das macht, desto weniger nervös ist man letzten Endes und irgendwann stört es einen auch nicht mehr großartig, wie viele zuhören und man kann normale vorlesen. Ich selbst muss sagen, dass ich meistens nicht zu stottern beginne, nur weil andere zuhören, ich kann das ganz gut ausblenden und an sich interessiert es mich auch nicht, wer zuhört.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich denke, lautes Vorlesen hat nicht viel damit zu tun, wie eine Person leise liest. Natürlich wird jemand, der Probleme beim Lesen hat, auch nicht in der Lage sein, flüssig vorzulesen. Aber der Umkehrschluss funktioniert eben nicht: nicht jeder, der perfekt und flüssig leise liest, kann das Gelesene auch gut und flüssig vortragen. Das kann natürlich auch verschiedenste Ursachen haben.

Zum einen spielt dabei sicherlich die Nervosität eine Rolle. Es gibt schüchterne und zurückhaltende Menschen, die einfach nicht gerne vor Publikum sprechen und dabei eventuell sogar regelrecht in Panik geraten. So jemand wird sich dann beim Vorlesen eventuell verhaspeln, obwohl ihm das beim leisen Lesen niemals so passiert wäre.

Zum Anderen gibt es auch einfach Sprachfehler, also zum Beispiel Leute, die stottern, oder deren Stimme gelegentlich einfach aussetzt. Da wird das Vorlesen auch nicht sonderlich flüssig klingen, was aber natürlich nichts über die Lesefähigkeiten dieser Person im Allgemeinen aussagt.

Und außerdem hängt Vorlesen auch zu einem erheblichen Teil ganz einfach von der Atemtechnik und dem Sprechtempo ab. Das kann man natürlich trainieren, wie das dein Freund mit dir macht. Solche Übungen sind eine gute Sache.

Aber ehrlich gesagt, normalerweise sollte es zumindest beim leisen Lesen keine Probleme geben. Ich weiß natürlich, dass es Leute gibt, denen das Lesenlernen schwerer fällt, und die nicht richtig lesen können, auch wenn sie mit der Schule bereits fertig sind. Allerdings ist Lesen auch immer eine Frage der Übung, und in den meisten Fällen dürfte es sich bei Schülern, die nicht richtig lesen können, eher um eine Grundhaltung der Totalverweigerung handeln als um echte Lernschwierigkeiten. Wenn jemand nie freiwillig ein Buch anrührt, sondern stattdessen nur vor der Glotze sitzt, kann die Schule das ja niemals vollständig ausgleichen, und die betreffenden Personen werden dann auch im Erwachsenenalter nicht flüssig lesen können, das ist leider so.

» arril » Beiträge: 739 » Talkpoints: 10,78 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Wenn du leise liest, dann musst du die Wörter nicht in Sprache bringen. Du liest oft dann nicht jedes einzelne Wort und der Kopf überspringt automatisch die Wörter, dennoch entsteht dabei ein kompletter Satz. Die Betonungen, die auch häufig zum Stocken führen benötigt man nicht und so liest man leise schon deutlicher und kann es natürlich auch gut verstehen. Bei mir ist es so, dass ich alles besser behalten und lernen kann wenn ich mir selbst laut vorlese, denn das Lesen und gleichzeitige Hören bringt mir beim Lernen doch sehr viel.

» Lara2011 » Beiträge: 1466 » Talkpoints: 0,19 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wenn man laut etwas vorliest, muss man multitasken: lesen, verstehen um zu betonen und gleichzeitig in Sprache umsetzen. Bei mir führt das schon allein dazu, dass ich das vorgelesene selbst nicht verarbeite und gar nicht weiß, was im Text steht. Außerdem muss man beim Vorlesen Wort für Wort verarbeiten und wiedergeben. Vorlesen dauert lange. Wenn ich vorlesen muss, funktioniere ich auf zwei Zeitebenen. Die eine will dringend weiter im Text, die andere langsamere ist noch mit Sprechen beschäftigt. Ungeduld kommt hinzu.

Liest man dagegen leise und für sich, so liest ein geübter Leser nicht mehr Wort für Wort, sondern erfasst den Text teilweise in Sätzen und Abschnitten und scannt viel mehr darüber. (Diese Methodik hilft auch ungemein, wenn man fremdsprachige Texte liest, ohne jede unbekannte Vokabel nachschlagen zu wollen.) Bei mir war das während meiner Schulzeit schon so, dass ich einen DinA4-Zettel gelesen habe, während die anderen ihren Textmarker noch auspackten. Aber ich bin auch immer ein Vielleser gewesen.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es viele Leute gibt, die zwar für sich selber in Gedanken lesen können, aber beim laut Lesen Probleme haben. Es ist aber eine reine Übungssache. Wer viel laut vorlesen muss, lernt es irgendwann. Dass das laute und leise Lesen zwei Paar Schuhe sind, sieht man ja auch an Stotterern. Diese können für sich ganz normal lesen, nur beim Vorlesen haben sie Probleme, hier ist es allerdings keine Übungssache, sondern eine leichte Störung im Gehirn. Aber die meisten Schüler könnten besser vorlesen, wenn sie üben würden.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich kenne sehr viele Leute, die sich beim Lesen einfach mal verhaspeln. Gerade das passiert in der Berufsschule sehr häufig, da man auch zwischendurch mal Laut lesen muss. Das hat nichts damit zu tun, ob man nun lesen kann sondern hat etwas mit dem Publikum zu tun, man ist halt etwas nervös. Und deswegen verhaspelt man sich zwischendurch auch einmal. Ich kenne das von mir selbst, ich werde beim Laut lesen manchmal zu schnell und verhaspele mich dann oder verlese mich in der Zeile. Das hat halt mit Aufregung zu tun.

» Jenna87w » Beiträge: 2149 » Talkpoints: 0,47 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Mir selbst geht es auch so, dass ich für mich flüssig und gut lese, laut und vor Publikum aber eben nicht so flüssig lese, wie wenn ich für mich lese. Ich denke aber auch, dass es Leute gibt, die nicht einmal für sich flüssig oder irgendwie erfolgreich lesen können. Von der fünften zur zehnten Klasse war ich an einer Gesamtschule, in der nur die Hauptfächer gesplittet waren.

Etliche der Hauptschüler dort konnten nicht so lesen, dass Lesen an sich für sei Sinn ergeben hätte. Sie waren nicht in der Lage, zusammenhängende Sätze aus dem Gelesenen zu bilden, bzw. wichtige Informationen aus dem Text zu holen. Ich denke aber auch, dass sich mit entsprechendem Unterricht da noch einiges hätte machen lassen.

» DieBewusstheit » Beiträge: 66 » Talkpoints: 44,47 »


Dass man sich beim Vorlesen nicht so gut auf den Inhalt eines Textes konzentrieren kann, ist völlig logisch und auch normal. Immerhin konzentriert man sich darauf, richtig zu betonen und in angemessener Lautstärke zu lesen, weshalb man sich dann nicht so gut auf den Inhalt konzentrieren kann. Außerdem ist man es ja gewohnt, leise und für sich zu lesen, da man das ja meistens macht. Von daher kommt es öfters vor, dass man sich beim Vorlesen einfach verspricht.

Bei mir ist es auch so, dass ich viel besser und flüssiger lesen kann, wenn ich alleine für mich lese. Muss ich stattdessen etwas vorlesen, verhasple ich mich oft und betone manchmal auch nicht richtig. Außerdem merke ich mir meistens auch gar nicht, was ich denn überhaupt lese, da ich mich zu sehr auf das Lesen selbst konzentriere.

Ich denke, dass die meisten Menschen viel besser lesen können, wenn sie still für sich lesen. Immerhin kann man so alle anderen Leute einfach ausblenden und man hat auch keinen Druck, möglichst gut lesen zu müssen. Von daher kann man die ganze Sache somit auch viel entspannter angehen und das führt natürlich dazu, dass man dann auch besser lesen kann.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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