Ich habe nichts gegen ..., aber ...

vom 17.06.2012, 12:49 Uhr

In meinem Bekanntenkreis fallen öfter mal solche Sätze. Dabei ist es egal, ob es sich um dicke Menschen, um homo- oder bisexuelle Menschen handelt, ob darunter vegan oder vegetarisch lebende Menschen sind und so weiter. Oft heißt es in Gesprächen, dass man ja nichts gegen diese Personengruppen habe, aber man doch eher Abstand davon nehmen möchte. Ausnahmen gibt es, das sind aber dann eher enge Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder, so etwas wird auch immer wieder betont.

Ich finde es schon schade, wenn man angeblich einen Menschen akzeptiert, aber gleichzeitig eine gesamte Personengruppe in Schubladen steckt, die man gar nicht beurteilen kann. Mir bleibt da auch ehrlich gesagt immer die Sprache weg, weil man sich ja doch recht deutlich distanziert und man anders aber auch den Menschen mit seiner Besonderheit nur deshalb akzeptiert, weil man ihn schon lang kennt oder er zur Familie gehört.

Hört Ihr diese Sätze auch oft? Was denkt Ihr darüber? Seid Ihr vielleicht auch selbst Leute, die diese Sätze exakt so verwenden? Woher kommt es?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ich kann solche Sätze nicht leiden. Entweder oder. Man akzeptiert jemanden oder eben nicht. Man kann sich nicht immer widersprechen. Außerdem kann man zum Beispiel einen Schwulen den man kennt mögen und dann sagen das Schwule doof sind. Ich meine wenn man nur einen kennt, kann man nicht alle über einen Kamm scheren. Das aber deutet ja an das es eigentlich nicht so ist, also kann man den ersten Teil auch weglassen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Es kommt doch darauf an warum man sich dann distanziert. Ich selbst habe auch nichts gegen Lesben, aber sie möchten mich bitte nicht angraben. Das bedeutet dann, dass ich mit entsprechenden Frauen einen durchaus freundschaftlichen Umgang pflegen kann. Aber sie sollten dann auch dabei bleiben und mich nicht als potentiell mögliche Partnerin ansehen. Damit akzeptiere ich den einzelnen Menschen, aber auch die gesamte Menschengruppe.

Daher finde ich solche Sätze nicht unbedingt schlimm, sondern man sollte sie eben im Ganzen betrachten und auch einmal detaillierter die Hintergründe ansehen. Außerdem kommen solche Ansichten auch oftmals durch entsprechende Erfahrungen zustande. Wenn man da die näheren Umstände nicht kennt, kann man solche Aussagen eben auch schnell falsch verstehen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich habe einen solchen Satz sicherlich auch schon mehr als einmal benutzt. Ich habe nichts gegen Vegetarier, aber für mich wäre diese Ernährung nichts. An dem Satz kann ich nichts Schlimmes finden. Oder ich habe nichts gegen dicke Menschen, ich selber möchte aber nicht dick sein und wünsche mir auch für meine Kinder, dass sie es nicht werden. Ich kann da kein Problem erkennen.

Jeder kann doch nach seiner Facon glücklich werden. Und man kann andere Sichtweisen, Lebenseinstellungen oder Lebensstyle durchaus respektieren, ohne sie selbst für sich gut zu finden. Das hat dann was mit Toleranz zu tun.

» Thaddäus » Beiträge: 1011 » Talkpoints: 22,78 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich mag solche Aussagen auch überhaupt nicht. Da schwingen sehr oft irgendwelche Vorurteile mit, die man dann durch so einen Spruch versucht zu relativieren, weil man wahrscheinlich nicht als intolerant gelten will oder weil man vielleicht irgendwo selber weiß, dass die eigenen Vorurteile falsch sind. Bei mir erreicht man mit so einen Spruch schon eher das Gegenteil, weil ich diese Floskel ausblende und nur auf das höre, was danach kommt.

Wenn jemand zum Beispiel mit diesem dummen Spruch "ich habe ja nichts gegen Schwule, aber die sollten sich doch nicht in der Öffentlichkeit küssen ..." ankommt, dann sagt der mir damit doch nur, dass er homosexuelle Beziehungen eigentlich NICHT toleriert, wenn er erwartet, dass sich diese nur in den eigenen vier Wänden abspielen sollen. Oder der andere Klassiker, dass man von Homosexuellen ja nicht angemacht werden möchte. Klingt für mich immer so, als gibt es für diese Personen einen Unterschied ob sie nun von einem Mann oder einer Frau ungewollte Aufmerksamkeit bekommen. Wenn sie keinen Vorurteile hätten würden sie aber beide Fälle gleich betrachten und einfach "nein Danke" sagen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich höre solche Sätze eigentlich eher selten und schon gar nicht aus meinem Freundeskreis. Ich glaube, dass ich dort auch ausrasten würde, wenn ich ehrlich bin. Ich kann nicht von mir behaupten, dass ich tolerant bin, aber immer ein "aber" hineinsetze. Wenn es dicke Menschen gibt, dann ist es nun ein Mal so, deswegen ist der Charakter nicht weniger schlechter als von einer schlanken Person. Jemand der schwul oder lesbisch ist baggert nicht gleich jedes Freundeskreismitglied an, wie ich oftmals gehört habe von anderen bekannten. So etwas ist Humbuck und für mich einfach nur total Kindergarten. Das sind Menschen, die einfach sich in ein interessanteres Licht rücken müssen und eigentlich von den Menschen keinerlei Ahnung haben.

» Glasreinigerin » Beiträge: 1008 » Talkpoints: 0,10 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich kenne diese Sätze auch und ich muss sagen, dass ich das auch nicht in Ordnung finde. Es ist ja doch so, dass man sich dadurch davor drückt, seine Meinung zu sagen. Ich bin der Meinung, dass es in sehr vielen Fällen doch so ist, dass man entweder etwas gegen die Person oder die Personengruppe hat oder nicht. Wenn man so was sagt, dann zeigt das, dass man nicht zu seiner Meinung stehen kann.

Ich persönlich versuche deswegen mich nicht so zu äußern. Außerdem bin ich auch der Meinung, dass man möglichst keine Vorurteile haben sollte. Ich finde nämlich, dass fast nichts schlimmer ist als alle Menschen in einer bestimmte Schublade zu stecken, vor allem dann, wenn man niemanden von diesen Personen kennt und auch hier muss man noch mal sagen, dass nicht jeder Mensch gleich ist.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ja, diese Sätze hört man ab und zu, aber nicht oft. Sie werden meistens von den Menschen ausgesprochen, die eine Minderheitsgruppe wie Andersgläubige, Menschen mit anderer Hautfarbe oder Homosexuelle nicht tolerieren wollen. Sie schwächen ihr Urteil dann ab, in dem sie das sagen. Sie diskriminieren solche Gruppen mit ihrer Intoleranz und respektieren nicht die Gesinnung von Minderheiten. Die Person, die man gut kennt, obwohl sie eben auch der Minderheit – die man nicht toleriert – angehört, wird akzeptiert, alle anderen kommen in den großen Topf, wo dann gesagt wird, aber...

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Wenn ich diese Worte exakt so verwende, dann will ich damit vor allem eines deutlich machen: Ich habe keine grundlegende Abneigung dagegen, aber vielleicht stehen meine moralischen Überzeugungen dagegen oder es gibt andere Gründe, die naheliegend oder logisch nachvollziehbar sind, wenn ich sie erläutere, die mir ein näheres Auseinandersetzen oder einen Kontakt, je nachdem, worum es sich handelt, erlauben oder ermöglichen. Tatsächlich hört es sich zunächst widersprüchlich an, wenn man sagt, dass man nichts gegen etwas oder jemanden hat und dann mit einem „aber“ kommt, das ja einräumt, dass da doch etwas ist. Das ist auch der Fall, da ist natürlich etwas. Aber würde man gleich zum Punkt kommen, so würde beim Gesprächspartner eben der Eindruck entstehen, dass man etwas dagegen hat. Und das stellt man gleich klar, indem man diesen Einleitungssatz verwendet – jedenfalls trifft das auf mich so zu.

Um ein Beispiel anzuführen, an dem es recht deutlich wird, würde ich beispielsweise sagen wollen, dass diese Einleitung doch ganz typisch ist für solche Aussagen wie die, dass für einen selbst ein bestimmtes Auto zum Kauf nicht in Frage kommt. Angenommen, jemand empfiehlt mir den Kauf eines Porsches, vielleicht eines älteren Modells. Die Autos finde ich nun in der Regel nicht wirklich ansprechend, aber auch nicht allesamt hässlich. Dennoch käme es für mich niemals in Frage, einen Porsche zu fahren. Wenn mein Gesprächspartner als derjenige, der mir hier auch noch etwas empfiehlt, also auf meine Antwort wartet und ich eben wirklich deutlich sein will, dann sage ich beispielsweise so etwas wie: „Ich habe nichts gegen Porsche (was ja stimmt, denn grundsätzlich haben diese Autos sicherlich auch ihre Vorteile), aber ich würde mir trotzdem keinen kaufen, weil ich mir sicher bin, dass sie im Unterhalt viel zu teuer sind“, wahlweise, „weil der Spritverbrauch garantiert zu hoch ist“, oder auch: „weil ich nicht den Eindruck machen will, auf dicke Hose zu machen.“

Natürlich spricht insofern etwas gegen die Fahrzeuge dieser Marke, aber eben nicht generell gegen die Marke, sondern eben, etwas detaillierter betrachtet, irgendwelche Argumente, die mehr oder weniger stichhaltig sein können, die vielleicht Vorurteile beinhalten oder möglicherweise auch auf von mir recherchierten Tatsachen beruhen. Ich lehne durch eine solche Aussage einen Porsche nicht grundlegend ab, weil er ein Porsche ist, sondern ich begründe meine Ablehnung genauer und kann insofern deutlich machen, dass mir die Autos vielleicht sogar gefallen oder irgendeinen Reiz auf mich ausüben, aber sie kämen für mich nun aus verschiedenen Gründen, die ich nach dem „aber“ anführe, nicht in Frage.

Am häufigsten verwende ich diese Einleitung, wenn ich wirklich etwas aussagen will, das den (falschen!) Eindruck erwecken könnte, dass ich das, worüber ich erzählen will, definitiv ablehne, aber eher aus niederen Gründen. Nach dem Aber folgt tatsächlich immer eine Argumentationskette mit verschiedenen Begründungen und ich habe zuvor sichergestellt, dass ich nicht generell ablehne, weil ich irgendein Problem mit diesem jeweiligen Diskussionsgrund habe, das ich in der Regel dann nicht näher begründen kann, sondern das meistens sogar schlichtweg auf einem oder mehreren Vorurteilen beruht. Insofern finde ich diese Formulierung gar nicht schlecht, zumal ich meine, dass sie eben deutlich macht, dass es hier nicht um Vorurteile geht, sondern man andere Gründe, die man auch benennen kann, für seine Einstellung hat, die wie eine Ablehnung aussieht, aber eben keine grundlegende Ablehnung ist.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Diese Abgrenzung von anderen und diese Schubladisierung ist so alt wie die Menschheit und hat einfach mit Angst und Unsicherheit zu tun. Man benutzt diese Begriffe und konstruiert sich so seine Welt auf theoretischer Ebene, aber die Wirklichkeit sieht ganz anders aus.

Ich glaube auch, dass sich viele Menschen einfach nicht eingestehen wollen, dass wir letztlich doch alle gleich sind. Diese Bezeichnung ist eben, wie gesagt, nur eine semantische Aufladung und wenn diejenigen sich dann irgendwann auch einmal als solche Leute widerfinden, dann steht ihr Weltbild vor einer großen Krise und sie müssen sich dann die Frage stellen, ob sie das sind, was andere in ihnen sehen, also diese Begriffe, oder ob sie das sind, was sie nun mal sind, ohne jegliche Bewertung, ganz neutral, Menschen eben, die leben und machen, was sie machen. Je später aber man sich mit solchen Gedanken auseinandersetzt, desto schwieriger wird es. Hier fehlt es meiner Meinung nach an Reflexion. Viele möchten sich abheben von anderen, was letztlich reine Illusion ist, zumindest in der Situation der entsprechenden Gespräche, wie von dir eben geschildert.

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» esprit*87 » Beiträge: 456 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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