Welche Vorurteile habt Ihr anderen gegenüber?
Sicherlich kennt Ihr es auch, dass man etwas oder auch jemanden sieht, den man sofort in eine Schublade steckt. Vorurteile sind allgegenwärtig und auch alltäglich, man muss nur mal hier ins Forum hineinlesen oder auch mal durch die Zeitung blättern. Manchmal hat man auch selbst sofort einen Gedanken, der mit einem Vorurteil behaftet ist.
Welche Vorurteile habt Ihr anderen gegenüber? Habt Ihr Euch auch meist in diesen Vorurteilen bestätigt gefühlt? Woher kommen Eure Vorurteile? Wie äußert Ihr Vorurteile anderen gegenüber?
Ich möchte eigentlich keine Vorurteile haben, kann aber schwer dagegen ankämpfen. Wenn ich einen Menschen sehe, der einem anderen ähnlich sieht, ordne ich ihm sofort im Unterbewusstsein gewisse Eigenschaften zu. Dagegen kann ich gar nichts machen. Meine Einschätzung trifft aber fast nie zu und ich revidiere sie dann auch. Ich habe eine sehr schlechte Menschenkenntnis. Auch wenn ich Menschen länger kenne, kann ich ihre Reaktionen nicht gut einschätzen.
Ich kenne zum Beispiel schon sehr lange einen rothaarigen Mann, der sehr schüchtern und verklemmt ist. Wenn ich jemanden kennenlerne, der auch rothaarig ist, meine ich sofort, dass er auch sehr sensibel ist und fasse ihn mit Samthandschuhen an. Meistens ist er dann aber ganz anders. Außerdem halte ich schöne Frauen für intelligenter als nicht so gut aussehende, weil das in unserer früheren Schulklasse so war. Natürlich ist da nichts dran. Aber die Verbindung ist fest in meinem Gehirn verankert. Und so schwirren in meinem Kopf sehr viele Vorurteile herum, von den meisten weiß ich wahrscheinlich gar nichts.
Manche Vorurteile sind wichtig. Wenn ich im Wald bin und einen Mann mit einem Messer auf mich zugehen sehe, habe ich keine Zeit, logisch nachzudenken, warum er wohl das Messer hat, was er wohl vorhat, ob ich den Mann kenne und Ähnliches. Da muss das Unterbewusstsein die Führung übernehmen und mich dazu bringen, weg zu laufen. Im Prinzip ist das ja auch ein Vorurteil. Der Mann könnte ein harmloser Lehrer sein, der mit seinem Messer einen Zweig für den Biologieunterricht abgeschnitten hat.
Ich denke das ich sehr viele Vorurteile habe und es würde definitiv den Rahmen sprengen, diese hier alle aufzuzählen, viele ergeben sich erst im Kontext, so dass einem vorher gar nicht bewusst ist, dass man diese Vorurteile überhaupt hat. Ich selbst kann aber durchaus sagen, dass ich beispielsweise Vorurteile gegenüber weniger gebildeten Menschen habe und ehrlich gesagt auch gegenüber Arbeitslosen. Ich habe auch in meinem Bekanntenkreis unfreiwillig Bekanntschaften mit Arbeitslosen und muss sagen, dass ich gegenüber Langzeitarbeitslosen nicht gerade gut zu sprechen bin, weil ich vielen Fällen schon eindeutig die Meinung habe, dass diese Leute sich keine Arbeit suchen, weil sie vom Staat einfach gut leben und es genießen, den ganzen, schönen langen Tag nichts tun zu müssen. Ich habe diese Vorurteile, weil ich Personen kenne, bei denen ich mir sicher bin, dass es eben so ist.
Auch was ungebildete Menschen angeht, könnte ich nicht behaupten, dass ich diese Vorurteile einfach so habe, ohne dass sie jemals bestätigt worden sind. Ich selbst kann es einfach schwer nachvollziehen, wie es jemandes Wunsch sein kann, einen Hauptschulabschluss zu machen und dann Friseur oder so zu werden, aber es gibt eben durchaus solche Personen in meinem Bekanntenkreis und ich musste mehr als einmal die Erfahrung machen, dass sie einfach etwas anspruchsloser sind, sie haben weniger Grips. Das ist zwar an sich nicht schlimm, aber wenn ich mich mit einer solchen Person unterhalte und muss ihr irgendwelche Dinge zehnfach erklären und darf mir dann noch anhören, was heute morgen in der Bildzeitung stand und das sie sich gleich DSDS anschauen, dann habe ich darauf ehrlich gesagt keine Lust mehr und bevorzugt ehrlich gesagt jemanden, dessen Interessen anderweitig ausgerichtet sind und der sich sowas nicht antut.
In diese Richtung habe ich also schon Vorurteile, auch gegenüber Leuten, die sich gerne Techno, Rap oder auch allgemein diese Popmusik und so weiter anhören. Ich finde das jetzt nicht großartig schlecht, aber anspruchslos ist es ja irgendwie doch und ich mag es halt nicht. Weitere Vorurteile habe ich gegenüber Türken. Ich kenne Araber, Inder, Afrikaner, alles schön und gut, aber Türken, damit hatte ich ehrlich gesagt schon immer irgendwie schlechte Erfahrungen. Das muss nicht heißen, dass alle Türken so sind, aber es heißt definitiv, dass alle Türken so sind, die ich bisher getroffen habe und das soll auch schon was heißen oder nicht? Ich finde, dass diese Menschen scheinbar ein enormes Problem in Sachen Kindererziehung habe, weil es insbesondere türkische Kinder sind, die sich in Supermärkten und Bekleidungsgeschäften auffällig verhalten, herumschreien und toben, deutsche Eltern neigen viel eher dazu, ihre Kinder im Griff zu haben und schreien diese dann auch mal an, aber Türken tun dagegen meistens absolut gar nichts.
Letztendlich zieht sich dieses Vorurteil dann weiter, Türken schneiden in den Schulen deutlich schlechter ab, als andere Ausländer, sie besuchen überwiegend die Hauptschule (auf unserem Gymnasium gab es zu meiner Zeit nur einen einzigen Türken!), sie weigern sich richtig zu integrieren und lernen unsere Sprachen nicht gerne, beispielsweise sprechen sie nicht in der Öffentlichkeit, sondern bevorzugen es, Türkisch zu reden. Bitte sehr, wie sie wollen, aber ich persönlich muss aus diesem Grund sagen, dass ich von klein auf schon schlechte Erfahrungen mit Türken hatte und meine Vorurteile daher berechtigt finde.
Ich versuche eigentlich, keine Vorurteile anderen Menschen gegenüber zu haben. Immerhin möchte ich jedem Menschen die Chance geben, ihn kennen zu lernen, bevor ich über ihn urteile. Ich mag es nicht, wenn man sich ein Urteil über eine Person bildet, ohne sie überhaupt zu kennen und ehrlich gesagt finde ich es auch ein wenig dreist, so über Menschen zu urteilen. Man kann doch nichts über den Charakter der jeweiligen Person sagen, wenn man nur ihr Aussehen sieht und vielleicht ist die Person auch ganz anders, als man sie eingeschätzt hat. Von daher versuche ich immer, ziemlich neutral zu denken und bevor ich eine Person nicht richtig kenne oder auch nicht mit ihr gesprochen habe, möchte ich da keine Urteile bilden. Lieber gebe ich der Person die Chance, sie kennen zu lernen und danach kann ich mir ja noch immer ein endgültiges Urteil über sie bilden.
Auch wenn ich es immer versuche, keine Vorurteile gegenüber anderen Personen zu haben, lässt sich das nicht ganz vermeiden. Ich habe einmal sogar gelesen, dass ein Mensch automatisch Vorurteile bildet und dass man nichts dagegen tun kann. Vorurteil bedeutet ja nur, dass man sich im Kopf übergangsweise eine Meinung bildet, wobei das ja nicht schlecht sein muss. Auf diese Weise schützt man sich jedoch nur selbst vor Enttäuschungen und wenn man eine Person für schlechter hält als sie ist, dann wird man eben nicht enttäuscht sondern nur positiv überrascht. Von daher sollte man eigentlich kein schlechtes Gewissen haben, wenn man in Gedanken doch das eine oder andere Vorurteil hat, da das auch irgendwie menschlich ist. Und gegen seine eigenen Gedanken kann man auch nicht immer etwas, da man diese auch nicht immer selbst steuern kann.
Ich finde es nur wichtig, dass man sich nicht so sehr auf seine eigenen Vorurteile versteift, dass man der Person gar nicht erst die Chance geben möchte, einen vom Gegenteil zu überzeugen. Immerhin muss man wissen, dass man die Person eben nicht kennt. Man vermutet nur wie sie ist ohne es richtig zu wissen. Von daher sollte man sich auch von den Vorurteilen lösen können und auch bedenken, dass es nur die eigene Meinung ist. Von daher sollte man die ganze Sache auch locker sehen und aufgeschlossen gegenüber neuen Erfahrungen und Sichtweisen sein.
Jeder Mensch hat Vorurteile und niemand kann sich davon frei sprechen. Wer was anderes behauptet, ist in meinen Augen ein Lügner. Es liegt einfach in der Natur des menschen, Vorurteile zu bilden. Es kommt eben nur darauf an, wie man damit umgeht und ob man sich von den Vorurteilen beherrschen lässt.
So habe ich auch oft Vorurteile, wenn es um den Charakter von Mitmenschen angeht, die ich (noch) nicht kenne beispielsweise. Aber anstatt die Menschen in dieser Schublade zu lassen, lerne ich sie bewusst näher kennen, um meinen Vorurteilen die Chance zu geben, ausgeräumt und beseitigt zu werden. Leider stellt sich so dann aber auch mal heraus, dass meine Vorurteile ziemlich nah an der Wahrheit gewesen sind.
So habe ich zum Beispiel auch schon Türken getroffen, die alles andere als dem "asozialen" Image entsprechen, wie das hierzulande in den Köpfen sehr vieler Menschen verankert ist. Eine Bekannte von mir ist Türkin und sie studiert sogar Medizin während ihre Geschwister ebenfalls Akademiker sind - Maschinenbau und Wirtschaftsinformatik. Es gibt auch solche Türken, man darf sich nur nicht den Vorurteilen hingeben lassen und alle über einen Kamm schweren.
Ich halte es auch für lächerlich zu behaupten, man selber habe keine Vorurteile oder dass Vorurteile an sich ein Zeichen von mangelnder Toleranz oder Weltoffenheit seien. Das ist Blödsinn. Jeder hat Vorurteile, und sie sind auch unverzichtbar, um sich in der heutigen komplexen Gesellschaft zurecht zu finden.
Beispielsweise könnte es ja sein, dass der Typ, der in der U-Bahn wirr mit sich selber redet oder eine Bierdose schwenkt, ja gerade nur für ein Theaterstück probt und in Wirklichkeit harmlos und gefestigt ist wie eine Oma mit Rollator. In ein Gespräch verwickeln würde ich die Person dennoch nicht, und der einzige Grund dafür sind meine Vorurteile.
Ich halte es dagegen für viel wichtiger, dass man seine Vorurteile als solche erkennt und auch mal nachdenkt und reflektiert, bevor man einen dunkelhäutigen Typen herablassend lobt, wie toll er schon Deutsch spreche ("Danke, meine Familie lebt seit 1946 im Chiemgau!") oder der Frau mit Kopftuch und Kinderwagen mitleidige Blicke zuwirft und langsam und deutlich spricht, weil sie rein optisch dem Klischee "Unterdrückte Muslima" entspricht.
Das ist sehr viel hilfreicher, als vorneherum so zu tun, als sei man komplett vorurteilsfrei und würde auf jeden Menschen unbefangen zugehen, um insgeheim doch alles und jeden zu verachten, vom Schlagerfan zu "dem jungen Burschen neulich, der zerrissene Hosen anhatte".
Klar habe ich Vorurteile, wie sie vermutlich fast jeder Mensch hat. Dagegen kann man wahrscheinlich wenig tun, weil das menschliche Gehirn so konstruiert ist, dass sich automatisch auch vorurteilsmäßige Zuschreibungen ergeben.
Allerdings versuche ich normalerweise, meine Vorurteile nicht an die Oberfläche dringen zu lassen, sodass sie nicht mein Verhalten beeinflussen. Wenn ich also beispielsweise mit einem Menschen einer bestimmten Menschengruppe zu tun habe, über die ich Vorurteile im Hinterkopf habe, dann verhalten ich mich trotzdem ganz normal, wie im Umgang mit anderen Menschen auch. Und in der Regel stellt sich sowieso nach kurzer Zeit schon heraus, dass die Vorbewertung im Kopf in Wirklichkeit gar nicht zutrifft. Dadurch schleifen sich im Lauf der Zeit meine Vorurteile ab, das heißt, sie werden schwächer, weil sie nicht bestätigt werden.
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