Galerie - Liebhaberei oder Geschäft?
Meine Freundin studiert Kunstgeschichte und hat vor einem Jahr etwas Geld von ihrer Oma geerbt. Mit diesem Geld hat sie sich ihren Traum erfüllt und eine Galerie eröffnet. Das wollte sie immer schon, weil sie meint, Kunst sehr gut beurteilen zu können und irgendwann jemanden zu entdecken, der berühmt wird.
In dieser Galerie hat sie kürzlich Werke von ihrem Freund, einem unbekannten Künstler ausgestellt, außerdem Werke von dessen Freund, der Kunst studiert. Ich war zur Vernissage eingeladen, es gab Sekt und Häppchen und das Ambiente war sehr edel. Sie hatte alle ihre Bekannten eingeladen, außerdem die Nachbarschaft dieser Galerie, unter denen auch Apotheker, Ärzte und Rechtsanwälte waren. Die Bilder, die ausgestellt wurden, waren ja ganz nett. Aber als ich die Preise gesehen habe, ich mir schwindelig geworden. Unter 800 Euro war kein Bild zu haben, und das waren die kleinsten Bilder. Die großen haben zwei- bis dreitausend Euro gekostet.
Ich verstehe ja, dass es eine Menge Arbeit ist, so ein Bild zu malen. Aber wer kauft denn ein Bild von einem unbekannten Künstler? Meine Freundin war auch ein bisschen enttäuscht, dass sie an diesem Tag und in den nächsten Wochen nichts verkauft hat. Ich sagte zu ihr, dass eine Galerie mehr ein Hobby als ein Geschäft ist. Sie bestritt das vehement und wartet immer noch darauf, dass jemand etwas kauft.
Vielleicht habt ihr andere Erfahrungen gemacht, dann könnte ich meiner Freundin noch ein bisschen Hoffnung geben. Wart ihr schon einmal auf einer Vernissage? Habt ihr schon einmal beobachtet, dass dort jemand ein Bild gekauft hat?
Ich fürchte, da muss ich deiner Freundin die Hoffnung nehmen. In seltenen Fällen tragen sich die Galerien. Die Ausstellungen werden immer besucht, aber ich selbst habe noch nie beobachtet, dass auch jemand etwas gekauft hat. Die Künstler die sich in der Galerie ausstellen lassen, sind oft erst einmal froh, überhaupt ein Podium in einer Galerie gefunden zu haben. Damit hat der Künstler erst einmal sein Ziel erreicht. Sie hoffen nun nur noch auf einen guten Präsentationsplatz und auf die Entdeckung der Leute.
Die Gäste die die Ausstellungen und Events besuchen sehen sich eher in einem anderen Status. Die meisten gehen nicht mit der Absicht ein Bild zu kaufen in eine Galerie, schon gar nicht in eine Vernissage, sondern zum “Sehen” und “Gesehen werden”. Wer etwas auf sich hält, nimmt die Einladung zu einer Vernissage an. Aber “kaufen” geht dann schon wieder zu weit.
Aus meiner Sicht ist es ein Glücksfall, wenn ein Bild wirklich den Besitzer wechselt, es kommt in erster Linie darauf an, den Künstler zu entdecken. Ob es sich bei der Galerie um ein Geschäft oder um “Liebhaberei” handelt, wird über kurz oder lang dann das Finanzamt entscheiden. Spätestens dann, werden leider viele Galerien geschlossen, weil die Kosten nicht mehr geltend gemacht werden können. Ich denke, deiner Freundin ist anzuraten, sich noch ein zweites Standbein zu suchen.
Offensichtlich verstehst du aber nichts von Kunst und ihrem Wert - ich übrigens auch nicht, was ich aber nicht weiter dramatisch finde. Aber wenn jemand sich dafür begeistert und vielleicht auch wirklich Ahnung hat, dann sehen die das natürlich unter einem ganz anderen Gesichtspunkt. Ich war auch schon auf einer Vernissage und mich haben die Preise da auch umgehauen. Aber es waren dennoch Menschen dazu bereit, solche Bilder zu kaufen.
Wenn man sehr viel Geld verdient, dann kann man sich ein Bild in der Preisklasse aber auch leisten und bedenken muss man immer auch, dass es dieses Bild nur ein einziges Mal gibt.. Die meisten Menschen haben eben nur die billigen Kunstdrucke daheim hängen und für manche ist es etwas Besonderes, wenn sie etwas hängen haben, was sonst keiner hat und da kann man eben auch mal mehr Geld ausgeben.
Unter Umständen ist sie mit ihrer Gallerie auch erfolgreiches als du denkst und bedenken muss man auch, dass so etwas erst mal anlaufen muss und man sich damit einen Namen machen muss. So etwas dauert auch einige Zeit. Du hättest mit dem Geld sicherlich was anderes gemacht und dir einen Traum erfüllt und das hat sie ja auch gemacht - nur hat sie da eben andere Vorstellungen.
Ich schaue mir auch gerne Bilder an und es ist immer wieder vorgekommen, dass ich das ein oder andere Bild gerne mitgenommen hätte. Leider bin ich dann meist doch zu geizig.
Ich kenne diese Veranstaltungen in Galerien sehr gut und ich finde, dass deine Freundin wesentlich etwas zum Verkaufserfolg beitragen muss. Es ist besonders wichtig, dass sie nicht alles wahllos ausstellt; ich bevorzuge es, wenn die Bilder im Einklang stehen und vielleicht einem Motto oder einem Gefühl zuzuordnen sind.
Auch würde es hilfreich sein, wenn deine Freundin PR- Strategien verfolgt. Spontan fällt mir beispielsweise eine Versteigerung eines Gemäldes und der Erlös wird gespendet. Die lokale Tageszeitung könnte auch angerufen werden, damit die von der Galerie und/oder der Wohltätigkeitsveranstaltung berichtet. Ich denke, dass -bei entsprechender Qualität der Kunst- dies auch den Bekanntheitsgrad fördert und die Besucher tatsächlich über den Kauf eines Gemäldes nachdenken.
Ich finde es auch sympathisch, wenn eine Galerie auch "low budget" Bilder anbietet, also Gemälde zu besonders attraktiven Preisen. Denn es ist noch kein Kunstkäufer vom Himmel gefallen, in der Regel kaufen die Kunden zunächst gerne etwas günstigeres und kommen dann auf den Geschmack und sind dann ggf. bereit mehr auszugeben, wenn ihnen etwas gefällt.
anlupa hat geschrieben:Aber wer kauft denn ein Bild von einem unbekannten Künstler?
Die Aussage verstehe ich jetzt nicht so ganz. Natürlich wäre ein Bild eines bekannten Künstlers eine bessere Geldanlage. Aber wenn eine Privatperson ein Bild für die Wohnung kauft, ist das doch üblicherweise ein Bild, das man hübsch oder anderweitig interessant findet. Dafür ist der Bekanntheitsgrad des Künstlers herzlich unwichtig, wenn man nicht vorhat, das Gemälde hinterher weiterzuverkaufen.
Ich oute mich jetzt mal als mehr oder weniger regelmäßige Kunst-Käuferin. Soll heißen, ich hänge in meiner Wohnung sehr gerne Bilder auf, so dass ich gelegentlich, wenn das Geld da ist, recht häufig durch Galerien laufe oder auf Vernissagen gehe und mich umschaue. Dabei habe ich sowohl selbst Bilder gekauft als auch andere Käufer gesehen. Ich persönlich gehe übrigens ausschließlich danach, ob mich ein Bild anspricht. Und, falls der Künstler auf der Vernissage anwesend ist, ob er oder sie mir sympathisch ist, das spielt auch so ein bisschen mit hinein. Ich würde aber nicht darauf verzichten, ein Bild, das ich toll finde, zu kaufen, nur weil der Name des Künstlers mir nichts sagt.
Das Hauptproblem dürfte allerdings sein, dass viele Bilder, die man so in Galerien sieht, technisch unheimlich schwach sind. Dass sich da nicht viele Käufer finden, liegt auf der Hand. Ich würde mir ja auch kein Bild kaufen, das ich selbst besser hinkriegen würde.
Die Preise von einigen hundert bis einigen tausend Euro für ein Bild sind aber völlig angemessen! Dabei muss man bedenken, welche Arbeitszeit in so einem Bild steckt. Ein aufwendiges Ölgemälde dauert Monate, wenn nicht gar Jahre, und in dieser Zeit kann es aus gesundheitlichen Gründen nicht einmal in der Wohnung des Künstlers gelagert werden, sondern für die Arbeit mit Ölfarben muss (!) ein separates Atelier gemietet werden. All das muss bezahlt werden.
Allerdings habe ich das Gefühl, deine Freundin vermarktet ihre Galerie falsch. Wenn sie nur ihren Bekanntenkreis zu Vernissagen einlädt, dann kommen diese Leute zwar netterweise mal vorbei, haben aber höchstwahrscheinlich insgeheim gar kein Interesse an den Bildern. Der potenzielle Kundenkreis, der angesprochen werden müsste, ist ein ganz anderer. Eine gut geführte Galerie wäre aber durchaus ein Geschäft, kein reines Hobby!
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