Mit dem Rollator auf ein (Rock)Konzert gehen?
Eine Freundin erzählte mir neulich auch etwas, von dem ich nicht so recht wusste, was ich davon halten sollte und ich würde daher gern einmal Eure Meinung dazu wissen. Eine ältere Person ist auf einen Rollator angewiesen, wie man sie zuhauf sehen kann und die ja auch wichtig sind. Nun war diese Person mit diesem Rollator wohl auf einem Konzert gewesen und muss auch recht weit vorn gestanden haben. Meine Freundin stand nicht sonderlich weit weg von dieser Person und sah daher, wie diese Person sich dann immer wieder mal von ihrem Platz davon stahl und zwar ohne den Rollator. Scheinbar war sie recht fit unterwegs gewesen und konnte problemlos sich auch ohne Rollator durch die Menge bewegen und machte dabei einen munteren Eindruck, wenn ich meiner Freundin Glauben schenken darf.
Nun ist es ja nicht so, dass man es jemanden immer und sofort ansieht, wenn er oder sie Schmerzen hat oder sich abmüht, sich zu bewegen. Weder meine Freundin noch ich möchten dieser Person etwas unterstellen, aber dennoch tauchte die Frage auf, warum die Person dann mit einem Rollator auf ein Konzert geht, obwohl sie den offensichtlich gar nicht benötigt. Da die Person in der ersten Reihe stand, tauchte die Überlegung auf, ob sie diesen nur als Ausrede benutzen würde oder könnte, aber wie gesagt, wir kennen die Person ja nun nicht, ich habe sie selbst nicht gesehen und entsprechend kann ich dazu auch nichts sagen. Doch die Erzählung reichte schon aus, um mir eine Meinung zu bilden, wenn auch mit Vorurteilen behaftet.
Wie denkt Ihr über diese Situation? Wie würdet Ihr eine solche Situation bewerten?
Es ist doch möglich, dass die Frau einfach so krank ist, dass sie keine 2 Stunden stehen kann und ein Rollator hat eine Sitzfläche, wo sie sich drauf setzen kann. Einen Rollator hat man nicht nur, wenn man schlecht laufen kann, sondern, wenn man sich zwischendurch auch mal ausruhen muss und wenn es keine Sitzplätze gibt, bleibt diesen Menschen ja nichts anderes übrig und wenn sie auf dem Rollator sitzt ist sie wahrscheinlich auch so klein, dass sie nichts sehen kann.
Ich denke, dass es schon seine Richtigkeit hat. MS-Patienten beispielsweise können teilweise sehr gut laufen und sie fühlen sich auch teilweise sehr wohl. Aber sie können eben nicht lange stehen oder längere Strecken laufen. Da ist es besser, wenn sie einen Rollator dabei haben, der ihnen Sicherheit gibt.
Ich würde mir da kein Urteil anmaßen. Keiner kann wissen, was die Frau hat und warum sie einen Rollator benötigt. Diamante hat gut beschrieben, warum manche Menschen zeitweise solch eine Hilfe benötigen. Wenn die Frau das Rockkonzert gerne hören wollte, aber nicht so lange stehen konnte, war es gut so, wie sie es gemacht hat. Es gehen ja nicht nur jüngere Menschen auf ein Konzert und auch ältere hören ganz gerne Rockmusik.
Ich denke auch nicht, dass die Frau den Rollator nur mitgenommen hat, um sich etwa einen Platz zu sichern. Wie Diamante schon schreibt, brauche ja auch viele so ein Gerät, um sich eben zwischendurch mal abstützen oder setzen zu können, weil sie nicht lange stehen können. Die Frau wird wohl einfach keine Lust gehabt haben, den Rollator jedes mal wieder durch die Menge zu bugsieren, wenn sie mal auf die Toilette gehen oder sich etwas zu trinken holen wollte.
Ich weiß aber auf den Hallen, wo wir bisher auf Konzerten waren, dass dort auch immer einen abgetrennten Teil gibt, der meist etwas weiter oben ist, wo dann eben behinderte Menschen mit Rollstühlen oder ähnliches Platz finden. Dort werden sie dann nicht angerempelt und haben etwas mehr Platz um sich herum.
Nun ja, deine geschilderte Situation hat mich an einen schon einige Monate zurückliegenden Vorfall erinnert, bei dem scheinbar ähnliche Vorurteile zu herrschen schienen, die man mir aber recht offen mitteilte. Situation war ein sehr volles Zelt auf dem Oktoberfest, in dem ich zusammen mit meiner Begleitung nur einen Stehplatz ergattert hatte, eine nette Bedienung brachte uns dann aber zu einem gerade frei gewordenen Tisch, weil sie scheinbar meine Probleme mit der Menschenmasse erkannte, die ich zweifelsohne habe, weil ich nicht einschätzen kann, wann wer auf mich zukommt und aufgrund der Sehbehinderung mit dem Gleichgewicht zu kämpfen habe.
Ein Pärchen, das scheinbar vor uns eingetroffen war und länger wartete, schien mich eine Weile zu beobachten, dann bekam ich zu hören, ich solle doch den Blindenstock weglegen und mit der Show aufhören, immerhin hätte ich mich ja geschminkt, dann könne ich nicht so blind sein, außerdem würde ich meine Begleitung ansehen und auch recht zielsicher laufen. All das ist mit meiner Behinderung möglich, immerhin hatte ich mich bei meiner Begleitung eingehakt und schminken kann sich auch eine blinde Frau, allerdings glaube ich, dass das Pärchen es gar nicht unbedingt böse gemeint hat, sondern einfach nicht genau wusste, was mit einer Behinderung dieser Art geht und was eben nicht. Für jemanden, der nichts mit Blinden zu tun hat, wirkt es komisch, wenn ich meinen Gesprächspartner ansehe und zielsicher durch das Zelt stürme, für mich ist das aber normal. Das zeigt nichts Anderes als die Tatsache, dass die meisten Menschen die Auswirkungen einer Behinderung und die trotzdem vorhandenen Möglichkeiten nicht einschätzen können, da wird einem schnell vorgeworfen, man würde eben schauspielern.
Was nun die Dame mit dem Rollator angeht, kann es natürlich durchaus sein, dass sie sich mit dem gerät irgendwelche Vorteile bei der Platzwahl verschaffen wollte, das ist aber der ungünstigste Fall und trotz des ungewöhnlichen Verhaltens würde ich nicht unbedingt davon ausgehen wollen. Wie hier schon erwähnt wurde, kann es sein, dass langes Stehen nicht mehr möglich ist, womit sie dann zwar kurzzeitig nicht auf ihre Gehhilfe angewiesen wäre, aber den Rollator für das lange Stehen durchaus zum Abstützen oder Setzen benötigt. Möglich wäre auch, dass sie zwar noch gut laufen und stehen kann, dann aber Probleme mit ihrem Gleichgewicht hat. In diesem Fall würde der Rollator eher als eine Art Warnung dienen, die Dame vielleicht nicht unbedingt anzurempeln, das wäre ja wohl legitim, auch wenn sie ihn nicht zum Abstützen benötigt. Interessant wäre dann schon zu wissen, ob die Dame den ganzen Abend beobachtet wurde und ob der Rollator denn irgendwann einmal zum Einsatz kam.
Wie gesagt, ich wollte der Person nichts unterstellen, allerdings habe ich selbst auch schon auf Konzerten es erlebt, dass jemand solche Hilfsmittel eben als Grund verwendet hat, um sich dazu auch noch rücksichtslos nach vorn zu begeben. Bei besagter Person war es wohl so, dass sie eher seitlich stand, und sich auch schon lang vor Konzertbeginn eingefunden hat, wenn ich meine Freundin richtig verstanden habe. Von daher kann ich die Situation selbst auch nicht beurteilen und das sollte hier auch nicht so rüberkommen, immerhin war ich nicht dabei und ich kenne besagte Person auch gar nicht weiter.
Eine Ecke, wo man sich als Person mit einer Behinderung gesondert aufhalten konnte oder durfte, gab es dort wohl nicht, es handelte sich auch um kein Hallenkonzert, sondern um eine Veranstaltung an der frischen Luft. Ich weiß nicht, wie es dort gehandhabt wird, bei Hallenkonzerten ist dies ja zumeist der Fall, das weiß ich auch aus meiner eigenen Erfahrung.
@Anemone, ich denke mal, dass bei blinden oder sehbehinderten Menschen viele gar nicht mal darüber nachdenken, dass diese Menschen ja nun auch ein Leben haben, welches sie ebenfalls bestreiten müssen. Und je länger eine solche Behinderung vorhanden ist, desto sicherer bewegt man sich ja durch das Leben. Ich habe in einer Stadt gearbeitet, in der es zum Beispiel auch viele Menschen gab, die blind waren oder eine Sehbehinderung hatten und schon allein deshalb habe ich viel mitbekommen. Für mich wäre Deine Situation oder auch die eines anderen sehbehinderten Menschens absolut keine Ausrede, selbst, wenn der Mensch geschminkt wäre. Soweit geht dann mein Unverständnis doch nicht.
@*steph*: Ich wollte dir keineswegs Unverständnis unterstellen und habe dich auch so verstanden, dass du der Dame nichts vorwerfen möchtest und sie nicht näher kennst, sondern ich wollte mit meinem persönlichen Beispiel, an das ich mich sehr gut erinnere, einfach nur aufzeigen, wie schwer fremde Menschen die eigene Behinderung einschätzen können und wie unmöglich es da teilweise ist, zu beurteilen, was geht und was nicht und wo sich der einzelne Behinderte vielleicht auch Vorteile verschaffen möchte, die er so nicht braucht.
Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Ein guter Freund von mir, ebenfalls blind, verfügt im Gegensatz zu mir über einen sehr guten Gleichgewichtssinn und hat keinerlei Angst vor Menschenmengen, vielleicht auch, weil er das alles schon einmal gesehen hat, da er erst im Jugendalter erblindet ist. Wir fahren nun zusammen Zug und der Wagen ist voll. Er bleibt stehen, scheint sich wohl zu fühlen und sucht nicht mal eine Stange für den besseren Halt, ich hingegen fühle mich unwohl, schwanke und sehe mich von der Menschenmenge, die mich hin- und herschiebt, in Bedrängnis gebracht, weswegen ich eine neben mir sitzende Dame um ihren Sitzplatz bitte, die mich daraufhin nur anfährt, ich sei doch nicht anders blind als meine Begleitung und die stehe ja auch ganz bequem, dann müsse ich doch hier nicht so einen Aufstand veranstalten.
Auch, wenn zwei Leute scheinbar dieselbe Behinderung haben, dann haben sie nicht automatisch auch dieselben Möglichkeiten und Probleme, wobei das bei einer Dame mit Rollator, den man ja sowohl bei Leuten sieht, die sich kaum mehr aufrechthalten können, als auch bei solchen, die nur auf langen Strecken Schwierigkeiten haben, noch viel schwieriger einzuschätzen ist als beispielsweise bei einer Blindheit. Leider gibt es immer wieder Menschen, die eine Behinderung für sich ausnutzen und sich blind spielend an die Straßenecke setzen und betteln oder eben mit einem Rollator zu einem Konzert gehen, um sich dort einen besseren Platz zu erschleichen, aber da müsste man schon mehr gesehen haben, um das wirklich anzunehmen.
Gerade, dass die Dame sich scheinbar einen Platz am Rand gesucht hat, an dem es unwahrscheinlicher ist, dass sie gestoßen wird, spricht für sie, wobei ich all das natürlich ebenso wenig gesehen habe wie du und mir auch kein endgültiges Urteil darüber erlauben will. Wichtig finde ich im Allgemeinen eben nur, dass man sich mit Unterstellungen zurückhält und eine Dame, die sich auch ohne ihren Rollator bewegen kann, nicht sofort verurteilt, nur weil man bisher nur ältere Menschen gesehen hat, die ihren Wagen scheinbar deutlich mehr beanspruchen mussten.
Ich gehe davon aus, dass jemand, der einen Rollator benötigt, diesen auch braucht. Ich käme nie auf die Idee, das zu bezweifeln. Es gibt ja Leute, die nicht so lange stehen können und sich zwischendurch einmal hinsetzen müssen. Außerdem ist doch eine teure Konzertkarte billiger als sich extra für das Konzert einen Rollator zuzulegen. Viele Behinderungen sieht man den Leuten nicht an, zum Beispiel multiple Sklerose. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass die Ordner die Plätze für Behinderte überprüfen, dass sich da keiner unberechtigterweise aufhält, da kommt doch gar nicht jeder hin.
Ich denke hier sollte man sich einfach kein Urteil bilden. Man kennt die Person nicht persönlich und weiß deswegen nicht, was ihr fehlt. Es gibt ja viele Menschen, denen man nicht unbedingt ansieht, dass sie so ein Ding brauchen. Manche können sich einfach nicht lange auf den Beinen halten und brauchen den Rollator dann als Stütze um noch stehen oder sitzen zu können, falls es gar nicht mehr geht. Ich habe aber auch schon Fälle erlebt, wo ich die Leute persönlich kannte und diese hatten unnötiger Weise so ein Ding. Es gibt ja leider immer noch genug Menschen, die simulieren und sich so ein Ding erschleichen und ganz klar die Vorteile davon ausnutzen. Aber ich will hier nichts unterstellen, man kennt die Person ja nicht persönlich.
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