Bilinguale Schulen, die als Hauptsprache Englisch haben
Neulich habe ich in einem Fernsehsender (ich weiß nicht mehr welcher es war), einen Bericht über ein Projekt gesehen und gehört. Es wurde diskutiert, ob man bilinguale Schulen machen sollte, die als Hauptsprache die englische Sprache haben. So, dass die Kinder praktisch mit der zweiten Fremdsprache so aufwachsen, als wäre es die Muttersprache. Die Kinder sollen im Unterricht nur die englische Sprache sprechen und es gibt natürlich auch den Deutschunterricht, wo dann auch die deutsche Sprache gelehrt wird.
So ein Schulsystem würde es wohl in vielen Ländern schon geben, dass man praktisch englisch als Hauptgrundlage hat und dann eben das Fach "Muttersprache" in Deutschland dann eben der Deutschunterricht. So würden die Kinder die englische Sprache als etwas ganz normales ansehen und sie würden sie nebenher lernen und so wäre gewährleistet, dass diese Kinder auch fließend englisch sprechen können.
Was haltet ihr von so einem Schulprojekt? Ich konnte bei dem Bericht nicht heraushören, ob es dieses Schulprojekt vielleicht schon in Deutschland gibt, weil ich zu spät eingeschaltet habe. Gibt es das in einigen Städten oder Bundesländern schon? Wenn ja, wie ist die Erfahrung damit? Würdet ihr euer Kind in eine solche Schule schicken? Denkt ihr, dass diese Schule zu schwer für Grundschüler ist? Dieses Projekt soll eine Schule sein, wo die Kinder von Beginn der Schulpflicht bis zum Abschluss bleiben.
Ich habe so etwas noch gar nicht gehört. Finde die Idee aber einfach spitze. Schließlich ist Englisch eine Weltsprache und damit werden einem die Türen der Welt geöffnet. Gerade als junger Mensch kann man viel lernen und Sprachen eignen sich besonders gut.
Ich bin in einem ähnlichen System aufgewachsen. Der Unterricht fand bei mir auf Deutsch statt und ich hatte noch Französisch, Luxemburgisch und Englisch als Fremdsprachen. An sich war die Zeit recht angenehm und das Lernen ging auch ziemlich schnell voran. Da ich im Ausland die Schule besucht habe, kann ich nun keinen direkten Vergleich ziehen, aber ich muss gestehen, dass es mir nicht geschadet hat.
Ich denke darüber nach, meine Kinder zukünftig auf eine sogenannte Europa-Schule zu schicken. Ich muss dann mit ihnen zwar längere Strecken in Kauf nehmen, aber der Unterricht dort besteht aus deutlich mehr Fremdsprachen und ist anspruchsvoller. In Deutschland habe ich eine solche Schule nicht erlebt, deswegen muss ich dann wohl die Stunde Fahrt ins nahegelegene Ausland in Kauf nehmen.
Ich sehe in dieser Umsetzung auch einen enormen Nachteil, nämlich wird hier eventuell die deutsche Sprache vernachlässigt. Prinzipiell finde ich es jetzt schon sehr vorbildlich, dass man dem Englischen einen hohen Stellenwert gibt, weil viele später auch im Beruf sehr viel damit zu tun haben werden und dann ist es gut, wenn man sich damit nicht schwer tut, sondern es eben schon von klein auf kann. Es wäre aber schon interessant zu wissen, wie denn der Unterricht genau von statten geht, weil es gibt da auch Unterschiede. Auf unserer Schule verläuft bilingualer Unterricht meist schon so, dass bestimmte Begriffe und Fremdwörter in einem Nebenfach wie Erdkunde, dann eben auch nur im Englischen gelehrt werden.
Es mag jetzt vielleicht kein gutes Beispiel sein, aber mitunter könnte es dann dazu kommen, dass ein Schüler zwar weiß, was globalisation ist, aber keine Ahnung hat, welches Wort es dafür im Deutschen gibt. Demnach wären dann viele Schüler vielleicht nur in der Lage, über solche Themen in Englisch zu reden. Auch kann ich mir gut vorstellen, dass vielleicht die Muttersprache selbst ein bisschen darunter leidet, so dass Schüler dann vielleicht weniger dazu in der Lage sind, sich gewählt und formell im Deutschen auszudrücken, einfach weil sie es in der Schule kaum verwenden, sondern nur im Alltag.
Ich wohne ja eigentlich in einer recht kleinen Ortschaft, auf unserer Schule gibt es aber bilingualen Unterricht. Im Moment ist es meines Wissens nach noch so, dass es nur bestimmte Fächer in Englisch gibt, die von den Schülern beispielsweise auch gewählt werden können. So wird Deutsch, Mathe und Musik vielleicht in Deutsch unterrichtet und Erdkunde, Sozialwissenschaften und Pädagogik auf Englisch. Es scheint auch sehr gut zu funktionieren, denn die Unterstufen auf unserer Schule werden beständig größer und immer mehr Schüler kommen von auswärts, obwohl es in ihrem Wohnort auch Schulen gäbe. Ich denke, dass die Idee auch sehr gut ankommen würde, wenn man es auf Grundschulen überträgt, wobei hier sicherlich die Leistungsunterschiede sehr stark herauskommen werden und die Lücke zwischen eher begabten und lerntüchtigen Schülern und Schülern die sich da schwerer tun, größer würde.
Wenn die Schüler älter sind, ist es durchaus sinnvoll, zumindest auf dem Gymnasium in der Oberstufe. An den Unis werden eh in manchen Fächern die meisten Vorlesungen auf Englisch gehalten, zum Beispiel beim Masterstudiengang in Informatik.
In der Grundschule und den ersten Jahren auf der weiterführenden Schule halte ich gar nichts davon, weil die meisten Kinder überfordert wären. Viele tun sich ja schon mit dem Deutschen schwer, gerade Kinder mit Migrationshintergrund oder einem nicht sehr gesprächigem Elternhaus. Wenn das Deutsche in den Nebenfächern gar nicht mehr eingeübt wird, werden sie noch mehr Probleme bekommen. Man sollte erst die Grundlagen lernen und dann schauen, was man noch draufpacken kann. Auf viele Kinder sollte man nicht zu viel Ballast packen. Sie sind mit ihrem normalen Päckchen schon voll ausgelastet.
Ich sehe auch ehrlich gesagt den Sinn nicht ein. Es gibt doch Englischunterricht, der in Englisch gehalten wird. Wie soll denn ein Erdkundeunterricht in Englisch funktionieren? Haben die Länder, Städte und Flüsse dann englische Namen? Die Kinder meinen dann, dass München Munic heißt und kennen den Namen Köln nicht mehr. Sie werden dann ein Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch reden. Vor allen Dingen würden sie die deutschen Fachbegriffe z. B. für Geologische Formationen gar nicht mehr kennen.
In Biologie hätte ich die gleichen Bedenken. Würden die Kinder dann nur nur die englischen Namen für die Tiere lernen und zu einem Hund nur noch dog und zu einem Löwen im Zoo nur noch Lion sagen? Sie würden die deutschen Bezeichnungen für unsere Fauna und Flora nicht mehr wissen, also kein Gänseblümchen, keine Feuersalamder und keine Rotkehlchen mehr richtig benennen können. Ich finde diese Idee absurd. Wie soll der Musikunterricht laufen? Werden nur noch englische Lieder gelernt und die deutschen Volkslieder vergessen?
Crispin hat geschrieben:Es mag jetzt vielleicht kein gutes Beispiel sein, aber mitunter könnte es dann dazu kommen, dass ein Schüler zwar weiß, was globalisation ist, aber keine Ahnung hat, welches Wort es dafür im Deutschen gibt.
Ich wüsste spontan auch kein anderes Wort für Globalisierung und das liegt definitiv nicht an einer englischsprachigen Schule, da ich eine solche nie besucht habe.
Das Kinder zwischen den Sprachen nicht unterscheiden können, halte ich auch für ein Vorurteil von Leuten, die keinerlei Erfahrung mit solchen Schulen haben. Bilinguale Kinder, die von Geburt an zwei oder mehr Sprachen hören, lernen auch spätestens im Kindergarten diese auseinander zu halten und mit Schulbeginn klappt das bei allen ziemlich problemlos. Im Ausland habe ich selbst deutsche Kinder kennengelernt, die auf englisch und/oder der Landessprache unterrichtet wurden. Sie konnten durchaus auch zwischen den Sprachen unterscheiden und kannten sowas wie Ortsnamen durchaus in allen Sprachen. Und in Biologie habe ich nach der Grundschule eigentlich nur die lateinischen Fachbegriffe gelernt- ohne auf einer Lateinschule gewesen zu sein.
Ich denke mal, dass internationalen Schulen, wie auch diese hier gemeint sind. Ähnliches gibt es soweit ich weiß in einigen deutschen Großstädten. Ich würde so etwas für mein Kind durchaus bevorzugen. Natürlich bietet jede Schule Englischunterricht, aber bei vier oder fünf Schulstunden pro Woche und rund 20 Schülern wird da wohl kaum ein Kind mehr als 15 Minuten pro Woche Englisch sprechen.
Ich finde solche Schulkonzepte sehr begrüßenswert und würde ein Kind auch auf eine solche Schule schicken, sofern es dafür geeignet ist. Der Besuch einer solchen Schule bringt für das Kind große Vorteile mit sich, gerade auch im Hinblick auf das spätere Arbeitsleben. Auch der Weg dorthin dürfte einfacher sein, gerade wenn vielleicht mal einige Auslandssemester oder ein komplettes Studium im Ausland angedacht sind. Ich würde auch frühzeitig beginnen und ein Kind im Idealfall schon in einen bilingualen Kindergarten schicken. Entsprechende Konzepte gibt es ja bereits, ebenso wie bilinguale Schulen. Ich finde es fast schon ein bisschen zu spät, wenn man wirklich erst auf dem Gymnasium mit einer Fremdsprache konfrontiert wird. Jüngere Kinder lernen in der Regel noch leichter und können auch spielerisch an die andere Sprache herangeführt werden.
Natürlich darf die deutsche Sprache nicht auf der Strecke bleiben. Ich habe allerdings den Eindruck, dass gerade die Kinder, die besonders stark gefördert werden und die dadurch auch ein deutlich höheres Pensum ableisten als andere, gerade diejenige sind, die nicht so große Probleme mit der Sprache an sich haben. Oft sind es die Kinder, die eigentlich nur die Mindestanforderungen erfüllen müssen, die dann selbst damit schon Probleme bekommen. Natürlich müssen Erzieher, Lehrer und Eltern ein Auge darauf haben, dass sie den Kindern nicht zu viel zumuten, aber man muss Kinder auch nicht in Watte packen, sondern sollte sie ruhig frühzeitig darauf vorbereiten, dass von ihnen im Laufe ihres Lebens einiges verlangt werden wird.
So wirklich neu sind solche Konzepte ja nun nicht. Ich frage mich, warum das hier als neue Errungenschaft verkauft wird. War vielleicht die Rede davon, dass staatliche Schulen dazu übergehen sollten, solche Konzepte zu übernehmen? An privaten Schulen kann man seinem Kind längst einen bilingualen Schulbesuch ermöglichen. Das ist auch keine Errungenschaft der letzten ein bis zwei Jahre, so etwas gibt es durchaus schon länger.
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