Einheitliche Schulkleidung? Pro - Kontra?

vom 22.05.2012, 22:10 Uhr

Grade eben ging es in einem anderen Thread schon darum, ob man Schülern vorschreiben kann und sollte, ob was diese für eine Tasche mit in die Schule zu bringen haben. Hier fühlte ich mich spontan wieder an eine Diskussion aus meiner Schulzeit zurück erinnert, über die wir damals bei uns an der Schule recht umfangreich diskutiert hatten. Unsere Schule war damals eine von wenigen Möglichen Schulen, denen angeboten wurde, an einer Art "Pilot-Projekt" teilzunehmen. Damals bestand eben die Möglichkeit, dass bei uns an der Schule so etwas wie eine einheitliche Schuluniform eingeführt werden sollte.

Wenn das ganze auf positiven anklang gestoßen wäre, würden heute vielleicht alle Schulen so etwas tragen, wer weiß. Bei uns kam es damals an der Schule aber auf recht heftigen Protest gegen diese Idee, und dies lag nicht nur daran, dass die Schuluniform an unserer Schule einfach nur grässlich aussah. Für die Jungs sah man eine Art Pullunder/Pullover vor und für die Mädchen das typische Bild einer Schuluniform vor. Damals gab es eine ganze Sammlung von Argumenten der Befürworter (Was meist die Lehrer waren - Aber auch nicht alle) und auch der Gegner.

Am ausschlaggebendsten war bei uns an der Schule wohl das Argument, dass man damit alle Schüler einheitlich machen würde. Bei uns an der Schule herrschte eine Zeit lang ein richtiger Marken-Klamotten-Wahn und alle wollten immer die teuersten und coolsten Sachen haben. Da die Preise hierfür jedem bekannt sein dürften war klar, dass sich diese nicht jeder leisten konnte. So wollte man eben zumindest in der Schule alle Schüler gleich machen, so, dass niemand wegen seiner Kleidung oder ähnlichem ausgegrenzt werden konnte. Auf der anderen Seite war dies aber auch das Argument, welches am stärksten dagegen sprach - Die Individualität eines jeden einzelnen geht so einfach verloren, was viele als sehr schade empfunden hatten.

Habt ihr euch zu diesem Thema auch schon mal Gedanken gemacht? In den USA funktioniert die einheitliche Schulkleidung ja in vielen Bundesstaaten und an vielen Schulen. Wie seht ihr das ganze? Würdet ihr so etwas befürworten oder eher ablehnen? Was sind eure Argumente für oder gegen die einheitliche Schulkleidung?

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Auch bei diesem Thema musste ich gerade ein bisschen lachen, weil deine gestellte Frage, ständig in der Realschule bei Klausuren gestellt wurde. Selbst bei meiner Abschlussprüfung, wurde die Frage gestellt, inwiefern Schuluniformen eingeführt werden sollte. Natürlich kann man nicht nur sagen, dass Schuluniformen schlecht sind, aber es ist nun mal Fakt, dass wir in einem Land leben, wo wir ein Recht darauf haben, uns so zu kleiden, wie wir es wollen und dies dürfte meines Erachtens auch keine Schule verbieten, wobei es immer noch manche gibt die es tun.

Was ich darüber persönlich denke, dazu komme ich gleich. Natürlich finden wir auch positive Aspekte, sodass Schüler alle wirklich identisch aussehen. Dadurch kommt es zu weniger Mobbing-Aktionen wegen der Kleidung. Mobbing wegen einer Kleidung habe ich bereits an meiner Schule schon sehr oft erlebt, es ist also gar nicht einmal so selten, wie jeder immer sagt. Ganz im Gegenteil, ich erlebe es sogar Recht häufig. Also würde man dieses Thema umgehen, da es somit nichts mehr zum Mobben gibt.

Darüber hinaus ist es so, dass der Gemeinschaftszusammenhalt gestärkt wird, da Schüler somit immer Schüler der eigenen Schule identifizieren können. Es stärkt wirklich automatisch die Gemeinschaft, ohne dass man es wirklich mitbekommt. Ein letztes Argument wäre zum Beispiel, dass sich somit auch leichter identifizieren lässt, ob auf dem Schulgelände bzw. im Gebäude auch nur Schüler dieser Schule unterwegs sind. Wobei ich mich hierbei frage, was dies bringen würde.

Dennoch gibt es auch eine Menge von Contra-Argumenten. Schon wie vorhin erwähnt, hat jeder Mensch in Deutschland das Recht, sich so kleiden zu können, wie er es will, es sei denn er läuft nackt herum oder belästigt andere Menschen, also sodass es gegen ein anderes Gesetz verstößt. Darüber wird es sehr schwer sein, Schüler davon zu überzeugen, Schulkleidung zu tragen, da sich niemand vorschreiben lässt, was er oder sie anziehen soll. Ein weiteres Problem, was ich mir immer Stelle ist, wer für die Kosten aufkommt?

Die Schule wird sicherlich nicht so viel Geld für Uniformen ausgeben, sodass wir wieder darauf sitzen bleiben und ich kann mir vorstellen, dass die Uniformen nicht ganz billig sind, wodurch ich gleich zum nächsten Argument komme. Was ist, wenn mal die Uniform kaputt geht oder so dreckig ist, dass man sie den darauf folgenden Tag nicht tragen kann? Ersetzt die Schule die Uniform oder müssen wir diese wieder aus eigener Tasche bezahlen? Und, müssen wir ein Tag zu Hause bleiben, wenn die Schuluniform dreckig ist?

Für mich gibt es also im Grunde genommen schon Pro-Argumente, aber ich denke, dass die Contra-Argumente viel aussagekräftiger sind. Gegen Mobbing können die Schulen auch andere Maßnahmen ergreifen, es ist nicht nötig, direkt Schuluniformen einzuführen. Wenn Schulen allgemein stärker gegen Mobbing eingreifen würden, wäre es schon gar kein Problem mehr. Die Gemeinschaft der Schüler kann die Schule mit bestimmten Aktionen oder Festen auch verstärken. Dafür sind ebenfalls keine Schuluniformen nötig. Deshalb sind Schuluniformen für mich totaler Schwachsinn!

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» Dennus » Beiträge: 1263 » Talkpoints: 0,61 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Meine Nichte geht auf eine Privatschule, in der Schulkleidung getragen wird, allerdings nur Blusen, Pullis, Jacken und Hemden. Hosen und Röcke sind keine Schulkleidung. Die Fünftklässler sind noch stolz, wenn sie ihre erste Garnitur bekommen. Aber die Freude lässt schon in der sechsten Klasse nach. In diesem Alter fangen die Kinder an, ihren eigenen Stil zu suchen. Dazu gehört, dass sie verschiedene Dinge ausprobieren. Die Schülermitverwaltung hat letztes Jahr erreicht, dass Neuntklässler und Zehntklässler keine Schulkleidung mehr tragen müssen.

Ich habe die Schulkleidung einmal gesehen, sie ist sehr hässlich, es gibt keine Auswahl an verschiedenen Modellen, alles ist blau kariert oder uni blau. Wem kein Blau steht, der hat keine andere Farbe und auch keinen anderen Farbton zur Auswahl.

Ich bin gegen Schulkleidung. Kinder sollten auch durch ihre Kleidung ihre Persönlichkeit zum Ausdruck bringen können. Das Argument, dass nicht mit Statussymbolen angegeben werden kann und keiner wegen seiner Kleidung schief angesehen wird, zählt für mich nicht. Es gibt Statussysmbole, die die Kinder mitbringen können, zum Beispiel teure Uhren oder technische Geräte.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



damomo hat geschrieben: So wollte man eben zumindest in der Schule alle Schüler gleich machen, so, dass niemand wegen seiner Kleidung oder ähnlichem ausgegrenzt werden konnte. Auf der anderen Seite war dies aber auch das Argument, welches am stärksten dagegen sprach - Die Individualität eines jeden einzelnen geht so einfach verloren, was viele als sehr schade empfunden hatten.

Wenn ich so etwas schon höre! Welche Individualität denn? Als ob nicht alle Schüler ohnehin dieselbe Kleidung tragen und sich somit ihre eigene Schuluniform gestalten würden. Wenn ich mir so meine ehemaligen Mitschülerinnen anschaue, sehen diese jedenfalls extrem einheitlich aus. Für den Winter gibt es Ugg-Boots, für die restlichen Jahreszeiten Burton-Schnürschuhe.

Ansonsten reicht ein Longshirt plus Leggins und auf der Schultasche prangt selbstverständlich das Longchamp-Logo. Wenn es mal etwas kühler werden sollte, zieht man sich die blaue Strickweste von Zara an. Als kleine Hingucker reichen ein Iphone und ein Pandora-Armband. Fertig ist der Einheitslook, ich sehe da jedenfalls keine Individualität. Wenn irgendwelche Schüler Individualität als ausschlaggebendes Argument gegen die Einführung einer Schuluniform nennen, müssen sie ignorant oder einfach blind sein.

Und überhaupt zeichnet sich ein Mensch sicher nicht durch seine Kleidung aus, sondern viel mehr durch seinen Charakter. Wer meint, sich mit seiner Kleidung ausdrücken zu müssen, weil ihm ansonsten ein Teil seiner Einzigartigkeit genommen würde, ist ziemlich arm dran und wird von mir auch nicht ernst genommen. Natürlich bestimme ich gerne selbst, was ich anziehe, trotzdem würde ich mich nie weniger einzigartig fühlen, würde man mir eine Schuluniform aufzwingen.

Ich sehe Schuluniformen nicht als etwas Schlechtes an, jedenfalls würden mir keine Argumente dagegen einfallen. Man schließt die weniger wohlhabenden Schüler nicht mehr aus, man muss sich nicht jeden Morgen Gedanken um sein Styling machen und eine Schuluniform stärkt in meinen Augen sogar den Zusammenhalt, weil man sich damit bewusst gegen andere Schulen abgrenzt.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Talkmaster am 04.07.2016, 19:40, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Das klassische Erörterungsthema, das mich durch meine gesamte Schulzeit begleitete und mich trotzdem nicht unbedingt dazu brachte, meine Meinung auf diesem Gebiet zu ändern, denn ich sehe zwar durchaus ein, dass Schuluniformen möglicherweise einige Vorteile haben könnten, denke aber, dass die Nachteile doch bei weitem überwiegen beziehungsweise einige der gerade von Eltern und Lehrern gepredigten Vorteile sich relativ schnell wieder aufheben würden.

Zuerst einmal das immer wieder genannte Argument der Individualität betreffend: ich sehe es durchaus so, dass eine Schulform zumindest die Möglichkeit raubt, die Individualität auf den ersten Blick sichtbar zu machen und das spricht für mich auf jeden Fall dagegen. Es mag sein, dass sich nicht jeder individuell kleidet und zumindest viele Mädchen in einem gewissen Alter aussehen, als würden sie sich einen Kleiderschrank teilen, aber selbst das sehe ich irgendwie als eine Art Individualitätsbekenntnis; und wenn es als solches nicht durchgeht, dann zumindest als Bekenntnis, einer gewissen Gruppe zugehörig zu sein. Es ist natürlich auch schade, wenn Menschen ihre Individualität einzig über ihre Kleidung definieren, die Einzigartigkeit im Charakter und Geiste ist viel wichtiger, aber trotzdem kann ich das nicht als Argument nehmen, die Individualität auf den ersten Blick zu verbieten, denn wer einen Menschen sieht, sieht nun mal als Erstes seine Kleidung und kann sich über den Charakter in der Regel noch kein Bild machen.

Auch das Argument, ärmere Familien würden dadurch weniger benachteiligt, kann ich aus verschiedenen Gründen nicht nachvollziehen. Wie werden diese Schuluniformen eigentlich finanziert`? Durch die Eltern? Dann werden es bald wieder deren Kinder sein, deren Schuluniform genäht wurde, während andere Kinder fünf Garnituren haben und jeden Morgen mit einer frisch gewaschenen Uniform in die Schule kommen. Und wie sieht es in der Freizeit aus? die Schüler werden kaum so stolz auf ihre Uniform sein, dass sie diese auch in der Freizeit tragen möchten. Wenn bei den Kindern ein Markenzwang vorherrscht, dann wird dieser eben in der Freizeit entsprechend zelebriert und man wird sich wohl nicht mit Kindern treffen, die nicht mithalten können. Und selbst, wenn das nicht der Fall ist und man sich mit normaler Alltagskleidung zufrieden gibt: Dann erfahren die Eltern trotzdem eine Doppelbelastung, wenn sie zweierlei Klamotten für ein und denselben Tag finanzieren müssen.

Und was Mobbing betrifft: Es kann auf so unterschiedliche Arten gemobbt werden. Ich hatte wegen meiner Behinderung mit Ausgrenzung zu kämpfen, andere Kinder hadern mit körperlichen Merkmalen und wieder Andere mit fehlenden Statussymbolen. Manche Kinder sind ihrem Alter weit voraus und werden von ihren Klassenkameraden gemieden, wieder Andere sind ihrem Alter hinterher und finden somit kaum Anklang in der Klasse. Einige haben Hobbys, die sie zum Außenseiter machen, Andere haben sich durch ihren Charakter selbst ins Abseits manövriert. Die Schuluniform kann keines dieser Probleme lösen und ist höchstens ein Vorwand, frei nach dem Motto: „Wir tun doch etwas in die Richtung.“ Wenn wirklich gegen Mobbing vorgegangen werden soll, dann müssen Seminare zur Charakterstärkung der Opfer und Täter organisiert werden, dann müssen Stunden für Streitschlichtung geopfert werden und dann darf das Problem vor allem nicht bei Seite geschoben werden. Man sollte sich wirklich mit diesen Konflikten beschäftigen, eine Schuluniform hilft da kaum.

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Wie oft haben wir dieses Thema schon in Klassenarbeiten behandelt. Es gibt meiner Meinung nach mehr Vorteile, als Nachteile. Der große Nachteil ist die einmalige Anschaffung für Kleidung welche nur in der Schule getragen wird und auch, dass viele Kleider den Schülern einfach nicht gefallen und so werden sie in ihrer eigenen Entscheidung etwas eingeschränkt. Das ist zwar nicht optimal, aber ich denke daran würden sich die Schüler schon gewöhnen, wenn es von Anfang an so wäre.

Positiv finde ich auf jeden Fall, dass alle Schüler gleich sein werden. Bei uns gab es auch diesen extremen Markenwahn und viele Schüler hatten einfach nicht die Möglichkeiten dazu. (da zählte ich auch dazu). Es war bei uns nicht so extrem und es war nun nicht so, dass die Einen mit den Anderen nichts zu tun haben wollten, weil sie keine Marken getragen haben. Aber es kam schon mal vor, dass die Kleidung eines Schülers irgendwo hervorgehoben wurde.

Mit einheitlicher Kleidung wäre das Problem beseitigt. Ich befürworte die einheitliche Kleidung in jedem Fall. Das Problem würde wegfallen, dass manche Schülerinnen sich unangemessen kleiden. Bei uns gab es in der Pubertärenphase schon einige Mitschülerinnen die sich sehr aufreizend angezogen haben und die Jungs und auch Lehrer mit dem tiefen Ausschnitt schon abgelenkt haben. Auch das würde mit Schulkleidung wegfallen und wäre natürlich gut.

» Lara2011 » Beiträge: 1466 » Talkpoints: 0,19 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich würde mal gerne wissen, welches Gesetz uns in Deutschland angeblich das Recht gibt, uns immer und überall so zu kleiden, wie wir das wollen? Komischerweise wird von Jugendlichen stillschweigend akzeptiert, wenn sie an der Tür der Disko oder des Clubs wegen unpassender Kleidung abgewiesen werden. Hier macht der Besitzer dieser Örtlichkeit einfach von seinem Hausrecht Gebrauch. Wenn der nicht möchte, dass Frauen in weißen Schuhen und Männer in Shorts die Lokalität betreten, dann ist das so. Wenn ich nicht möchte, dass Männer mit kurzen Hosen meine Wohnung betreten, dann ist das auch so und ich kann auch von meinem Hausrecht Gebrauch machen. Genau so kann ein Schuldirektor eben eine Schulordnung verabschieden, in der es eine Schuluniform als zwingenden Bestandteil der Schulordnung für die Schüler gibt. Wenn die Eltern dem dann noch zustimmen, können sich die minderjährigen Schüler auf den Kopf stellen und müssen das einfach so akzeptieren.

Wenn es ein Gesetz gäbe, dann hätten doch schon reihenweise Soldaten die Bundeswehr verklagt, unzählige Flugbegleiter die Airlines, die Mitarbeiter von ADAC würden dann lieber in Privatkleidung und nicht in den gelben Uniformen kommen und bei den großen Fast-Food-Ketten plötzlich alle anders aussehen, Krankenpfleger mehr oder weniger verschmutzte Alltagsklamotten anziehen. Wenn es dieses Gesetz gäbe, müssten ja die Bundeswehr, sämtliche Krankenhäuser und Arztpraxen und andere Betriebe gegen Gesetze verstoßen.

Mir kommen die Schilderungen von Cappucino extrem bekannt vor. Nur dass damals noch andere Marken modern waren. Und damals ging es den Wortführern bei uns in der Klasse nicht um Stil und das Aussehen, sondern ganz klar darum, optisch die Spreu vom Weizen zu trennen. Damals waren bei uns die Sneakers von Converse modern und jeder der dabei sein wollte, musste die Originalen haben. Es gab damals schon bei diversen Schuhläden die günstigen Varianten, die sehr ähnlich aussahen zu einem Bruchteil vom Preis. Diese durften es aber nicht sein, weil die angeblich wesentlich uncooler waren, als das Markenprodukt. Jeans gab es damals schon von diversen Firmen, auch von Textilketten wie H&M gab es schicke und preiswerte Jeans, aber nein, es musste eine echte Levis sein und zwar exakt das Modell 501, egal ob das zu der Figur der jeweiligen Person passte und egal, ob das Budget der Eltern das hergab.

Meine Eltern hätten es mir finanzieren können, sie wollten es schlicht nicht. Heute kann ich sie gut verstehen, dass derartige Kaufzwänge die Individualität mehr einschränken als ausdrücken. Heute verstehe ich, was Gruppenzwang bedeutet und dass das nichts mit der heilen Welt der Teenager zu tun hat, sondern ein Merkmal unserer pervertierten Konsumgesellschaft ist, die den Blick dafür verloren hat, was essenziell ist und was nicht. Komischerweise ist das eben hauptsächlich in der pubertären Altersstufe so. Heute im Erwachsenenalter macht einem auch keiner mehr blödsinnige Vorhaltungen, weil man statt einer total modernen Ice-Watch eine Swatch oder eine Fossil-Uhr oder ein Erbstück von Oma trägt. Das ist dann individuelle Freiheit und seit ich aus der Schule raus bin genieße ich in vollen Zügen, dass ich endlich tragen kann, was ich will und nicht das, was einige wenige mir diktieren.

Und bei uns in der Schule wurde massiv gemobbt. Wer nicht die verlangte Kleidung hatte, warum auch immer, konnte nie in der coolen Clique mit machen. Man wurde nie auf die coolen Partys eingeladen, man wurde gemobbt. Es gab keine Entschuldigung und es wurde eben nicht akzeptiert, dass die Eltern einem solche Kleidung verboten hatten. Was habe ich für Klimmzüge gemacht um mir selbst das Geld zu verdienen, neben der Schule, um mir dieses Zeug leisten zu können, das eben leider auch noch sehr teuer war. Irgendwie konnte ich da meine Eltern auch verstehen, dass sie keine Lust hatten, so viel Geld zum Fenster heraus zu werfen, nur weil es ein Modediktat auf unserer Schule gab.

Die Kinder, die diese Möglichkeit nicht hatten, wurde total zu Außenseitern abgestempelt von den Alphatieren. Die konnten machen, was sie wollten. Ich kann mich sogar erinnern, dass eine Schülerin dann endlich das ersehnte Schuhwerk von einer Tante bekommen hatte und es stolz in der Schule vorführte, kombiniert mit den anderen Klamotten, die nicht als Cool galten. Darauf hat die Chefin der Gang bei uns verkündet, dass ab jenem Tag alle Schuhe der Marke die das arme Mädchen von seiner Tante geschenkt bekommen hatte nicht mehr als cool gelten. Wie eine Herde Schafe hatten sich dann alle ihre Cliquenmitglieder daran gehalten und diese Schuhe nicht mehr in die Schule angezogen. Rein vom ökonomischen her ist das schon der totale Wahnsinn, die armen Eltern tun mir jetzt schon leid.

Auch heute ist das kaum noch besser. Ich habe mich neulich mit Schülern über ein Mädchen unterhalten, das meiner Meinung nach einen ganz tollen Charakter hat. Sie hat alles, was ein guter Freund braucht. Sie ist fair, loyal, nett, humorvoll,sieht durchschnittlich schön aus und ist sportlich und hat keine sonstigen Gebrechen, über die man lachen könnte. Seltsamerweise wurde sie von den anderen Kindern ihrer 2. Grundschulklasse gemieden und ausgelacht. Der Grund ist, dass dieses Mädchen die Klamotten von einer weiblichen Verwandten auftragen muss, die in den neunziger Jahren in ihrem Alter war. Die Kleidung ist top in Ordnung, sauber, ohne Flicken. Lediglich die Schnitte und die Farbwahl ist nicht mehr zeitgemäß. Das war auch der einzige Grund, der aus den Kindern heraus zu holen war. Die Optik gefällt ihnen nicht und dann wird das Mädchen gar nicht näher angesehen und gehänselt. Ist das Fair? Hat das irgendwas mit Individualität zu tun, wenn gerade die Kinder die individuell gekleidet sind, nämlich anders als die anderen (warum auch immer) gemobbt werden? Ich finde, das ist ein riesiges Missverständnis.

Klar, man wird auch an den Schuluniformen der ärmeren sehen, dass sie gebraucht sind. Aber in ärmeren Ländern, in denen Schuluniformen verpflichtend sind, schaffen es die Eltern auch, die Kinder morgens sauber zur Schule zu schicken. Wenn man die Kleidung wäscht, ist sie auf jeden Fall am übernächsten Tag wieder trocken, so dass auch ärmeren Familien mit zwei Garnituren ein immer sauberer Auftritt ihrer Kinder möglich ist, wenn sie da Wert darauf legen.

Das mit der Doppelbelastung sehe ich auch nicht so. Klar benötigt man dann für den Nachmittag weitere Kleidung, aber eben nicht so viel, als wenn man das Kind damit in die Schule schicken muss. Kleidung muss so oder so von den Eltern gekauft werden. Warum dann nicht die Schuluniform? Gegebenenfalls kann man an der Schule die Kleidung für sozial bedürftige durch einen Sponsor subventionieren lassen. Letztlich ist so eine Schuluniform aber immer billiger, als die gerade modernen Markenartikel. Auch das Argument des Designs ist für mich nicht stichhaltig. Man kann die Schuluniform ja durchaus auch so gestalten, dass sie jung und zeitgemäß aussieht. Es sagt ja keiner, dass Mädchen Faltenröcke und Jungen Krawatten tragen müssen. Denkbar wäre zum Beispiel, bei den Entwürfen mit jungen Designstudenten zusammen zu arbeiten und mehrere Modelle anzubieten, so dass man sich nicht nur witterungsgemäß sondern auch jeden Tag ein wenig anders anziehen kann.

Klar schaffen Schuluniformen nicht automatisch Mobbing an Schulen ab. Aber es ist ein klares Signal dahin gehend, dass sich die Schule dagegen engagiert und Farbe bekennt. Wenn man dann noch die Schüler in weiteren Workshops gegen Mobbing und Ausgrenzung schult, kann man denke ich mehr schaffen, als ohne Schuluniformen.

Im Übrigen fangen seit einigen Jahren erste Universitäten in Deutschland an, Shops zu eröffnen, in denen man Klamotten kaufen kann, auf denen das Logo der Uni angebracht ist. Auch diese tragen einige Studenten schon, ganz freiwillig und stolz auf ihre Bildungseinrichtung. Zwang ist da keiner dahinter. Warum sollte das an einer Schule nicht möglich sein?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



@Trüffelsucher: Danke für deinen ausführlichen Beitrag, von dem ich einige Teile nachvollziehen kann und dir voll zustimme, mit Anderen jedoch noch meine Probleme habe. Dass Schüler einzig und alleine wegen ihrer Klamotten gemobbt werden, mag in Einzelfällen so sein, habe ich aber bei den zahlreichen Mobbingfällen an meiner Schule noch nicht erlebt. Da wurde ich aufgrund meiner Behinderung ausgeschlossen, ein anderes Mädchen wurde geschnitten, weil sie sich aufgrund der finanziell problematischen Situation ständig Geld von Mitschülern lieh und es nicht zurückzahlte, wieder andere Schüler kämpften um ihren Stand in der Klasse, weil sie aufgrund ihrer guten Noten nicht akzeptiert wurden, und bei Anderen wurde bemängelt, dass sie sich bestimmte Hobbys oder Statussymbole nicht leisten können, keinen eigenen Fernseher haben, etc.

Dass eine einheitliche Kleidung möglicherweise zumindest das Problem des Mobbings wegen der Klamotten ansatzweise lösen könnte und man das auch als ein Zeichen der Schule sehen könnte, begreife ich ja noch, aber ich verstehe nicht, wie solcherlei Projekte von den zuständigen Lehrern in den Himmel gepriesen werden und als die Problemlösung auf alle Mobbingattacken gewertet werden können. Was zumindest in unserer Klasse fehlte, waren ausführliche Seminare gegen Mobbing, die Stärkung des Selbstbewusstseins jedes Einzelnen und die wirkliche Beschäftigung mit Tätern und Opfern. Solange das nicht passiert, kann ich alle Schüler in einheitliche Kleidung stopfen und es werden sich andere Möglichkeiten für das Mobbing finden oder Alte beibehalten, weil das eigene Selbstbewusstsein maßgeblich durch die Ausgrenzung anderer gestärkt wird. Warum sollte man ein Mädchen nicht mehr ausgrenzen, weil es nun die gleiche Kleidung trägt wie man selbst, aber sich immer noch durch übertrieben gute Noten auszeichnet und Neid hervorruft? Ich wage sogar zu behaupten, dass man ohne die umstrittene Schuluniform und mit entsprechenden Seminaren viel weiter käme und ein deutlich gesünderes Klassenklima schaffen würde.

Und ja, auch die Doppelbelastung sehe ich weiterhin. Selbst, wenn ärmere Familien ihre Schuluniformen finanziert bekämen, es würde sich ganz schnell herausstellen, wessen Uniform von vielen Waschen abgewetzt ist und Flicken aufweist und wer sich eine Neue leisten kann, hier müssten auch ärmere Familien mitziehen. Mag sein, dass es weniger Kleidung für die Freizeit bedarf, wenn vormittags eine Uniform getragen werden würde, aber das Problem des Markenzwangs wird doch dann ganz schnell einfach nur auf den Nachmittag umgewälzt, wenn man sich mit den Freunden aus der Schule treffen möchte und schon sind wir wieder so weit, dass irgendjemand aufgrund seiner Kleidung ausgegrenzt wird, obwohl sie zumindest vormittags vorgeschrieben wird. Was passieren muss, um diesen Kreislauf wirklich zu durchbrechen, ist eine Bewusstseinsänderung und eine tatsächliche Behandlung dieses Problems durch die Schulen beispielsweise durch Seminare. Solange das nicht passiert ist, bringt es rein gar nichts, allen Schülern eine Einheitskleidung aufzuzwingen, die manch einem ein zusätzliches, finanzielles Loch in den Geldbeutel reißen kann.

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Wir hatten das Thema mal in der Schule. Wir haben nicht darüber diskutiert, aber wir sollten einen Text interpretieren, der sich mit dem Thema befasst hat. Ich persönlich lebe in einem Land, wo an den Schulen eine Schuluniform Pflicht ist. Ich mag Schuluniformen gar nicht und würde es blöd finde, wenn ich eine Schuluniform anziehen müsste. Ich gehe momentan aber auf eine Privatschule.

Ich kann nur sagen, dass ich der Meinung bin, dass Jugendliche sich durch Kleidung unter anderem ausdrücken. Sie zeigen mit ihrer Kleidung, ihrem eigenen Stil, was für einer Gruppe sie angehören und was sie fühlen. Deswegen finde ich es wichtig, dass man keine Schuluniform an Schulen hat.

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» petertreter » Beiträge: 1437 » Talkpoints: -2,03 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich bin wirklich froh darüber, dass es bei mir an der Schule nie irgendwelche Uniformen gegeben hatte, da ich das alles andere als gut gefunden hätte. Auch wenn es viele Argumente gibt, die für eine einheitliche Uniform sprechen, so gibt es auch dennoch genügend Argumente, die dagegen sprechen. Beispielsweise ist es so, dass die Individualität eines Schülers damit fast komplett verloren geht. Man kann es sich nicht mehr selbst aussuchen, was man tragen möchte, da alle Schüler das gleiche tragen. Man sieht dadurch aus, wie jeder andere auch und man kann seinen Charakter auch nicht mehr durch Kleidung zum Ausdruck bringen. Dabei ist das gerade für Teenager sehr wichtig und ich finde es schade, dass so etwas dann auch nicht mehr möglich ist.

Bei mir war es auch immer so, dass ich mich auch oftmals direkt nach der Schule mit Freunden getroffen habe, um gemeinsam in die Stadt oder ein Eis essen zu gehen. Oftmals bin ich zwischendurch auch gar nicht nach Hause gegangen, da sich das gar nicht gelohnt hätte. So etwas wäre jedoch gar nicht möglich, wenn man so eine Uniform tragen müsste. Immerhin würde wohl kaum jemand mit einer Uniform ins Kino gehen wollen und von daher würde das alles nur sehr viel umständlicher für mich machen. Somit hätte ich dann immer nach der Schule nach Hause gemusst, um mich noch einmal umzuziehen, wobei es sich dann auch fast nicht mehr gelohnt hätte, noch einmal aus dem Haus zu gehen. Von daher hätte ich dann eben auch nicht einfach so etwas mit Freunden unternehmen können, was wirklich schade wäre.

Gut an einer Uniform ist jedoch, dass keiner mehr wegen seiner Kleidung verurteilt werden kann. Immerhin sieht man ja auch anhand der Kleidung, wie viel Geld jemand hat. Kinder von Familien, die nicht so viel Geld haben, können dadurch dann auch keine Nachteile mehr bekommen. Zudem können besonders reiche Schüler ihren Reichtum auch nicht mehr offensichtlich nach außen tragen, was ja auch nicht schlecht ist. Allerdings überwiegen für mich einfach die Nachteile und von daher bin ich sehr froh, dass das zu meiner Zeit nicht durchgeführt wurde.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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