Sind selbstverliebte Menschen überhaupt beziehungsfähig?

Hier wurde ja schon öfter von selbstverliebten Menschen geschrieben und über sie diskutiert. Aber ich habe mir die Frage gestellt, ob selbstverliebte Menschen überhaupt fähig sind andere Menschen so zu lieben, dass sie eine Beziehung führen können. Sind solche selbstverliebten Menschen überhaupt beziehungsfähig? Können selbstverliebte Menschen ohne Probleme eine Familie gründen oder sind sie so sehr in sich selber verliebt, dass sie andere Menschen gar nicht in ihre Herzen lassen?

Ich glaube, es kommt ganz darauf an, wie stark die eigene Selbstverliebtheit entwickelt ist. Zu einem bestimmten Maß finde ich es auch nicht so tragisch, wenn Menschen selbstverliebt sind. Das zeugt von einem starken Selbstbewusstsein, was nicht unbedingt negativ sein muss. Oft wird der Begriff jedoch negativ gesehen, da man sich meist Leute vorstellt, die total übertrieben von sich selbst überzeugt sind und auch stark auf ihr Äußeres achten. In so einem Extrembeispiel fände ich es schon schwierig, eine Beziehung zu so jemandem zu führen, da man sich selbst doch irgendwie vernachlässigt fühlen muss. Ich könnte jedenfalls nicht mit jemandem zusammen sein, der ständig nur auf sich bedacht ist und bei dem ich mir nur an zweiter Stelle vorkommen würde.

Wenn mein Partner ab und zu länger im Bad brauchen würde als ich, fände ich das schon okay. Solange das nicht Alltag wäre und sein Aussehen nicht ständig Gesprächsthema bei uns wäre. Ich glaube aber, dass man in solch einem moderaten Fall nicht wirklich von Selbstverliebtheit sprechen kann, da selbstverliebte Menschen, in meiner Vorstellung jedenfalls, so stark auf sich selbst gerichtet sind, dass sie sich mehr für sich selbst interessieren als für ihre Mitmenschen. Für mich wäre das ein großes Problem, nicht das Gefühl zu haben, der wichtigste Mensch im Leben des Anderen zu sein. Deshalb finde ich Selbstverliebtheit schon problematisch.

Ich glaube, den Begriff "selbstverliebt" sollte man nicht wörtlich nehmen. Ich setze diesen Begriff jedenfalls mit eitel oder eingebildet gleich, eventuell ist Selbstverliebtsein ein noch stärkerer Zustand als die eben genannten. Aber ich glaube kaum, dass jemand, der selbstverliebt ist, wirklich in sich selbst verliebt ist, sodass er oder sie nur sich selbst will und keinen anderen Partner. Alles andere wäre gruselig und vermutlich auch eine Persönlichkeitsstörung. Außerdem heißt es doch, nur wenn man sich selbst liebe, könne man auch geliebt werden. Das kann ich bestätigen, denn wer will schon mit einem Jammerlappen zusammen sein, der selbst nichts aus sich hält?

Ich bin sogar der Meinung, dass selbstverliebte Menschen sehr gut eine Beziehung führen können. Es heißt schon immer, dass man in erster Linie mit sich selbst zufrieden sein muss, damit jemand anderes sich verlieben kann. Und genau das ist doch bei selbstverliebten Menschen der Fall. Sie sind zufrieden mit sich, überzeugt von sich und eitel.

Natürlich sind sie viel mit sich selbst beschäftigt, aber das finde ich absolut unproblematisch, wenn sie dem Partner auch aufmerksam begegnen. Ich für meinen Teil definiere beziehungsfähige Menschen über andere Attribute. Selbstverliebtheit ist aus meiner Sicht dabei kein Beziehungskiller oder ein Attribut für eine schlechte Beziehung.

Ist natürlich immer die Frage, wie man denn Selbstverliebtheit definiert. Also ich finde schon, dass ich teilweise ziemlich selbst verliebt bin, weil ich mich eben in manchen Punkten sehr gut finde und mich eben auch so mag, wie ich bin. Dabei bin ich nicht arrogant, deswegen würde ich das schon einmal nicht miteinander gleichsetzen. Und ich würde auch nicht sagen, dass ich deswegen beziehungsunfähig bin, denn ich denke, dass man auch als selbst verliebter Mensch andere Dinge im Kopf hat, außer eben sich selbst und ich würde das auch nicht negativ ansehen.

Ich kenne ein Paar, bei dem sowohl der Mann als auch die Frau extrem selbstverliebt und oberflächlich sind. Er geht ins Fitnessstudio und benimmt sich fast so, als gäbe es nichts wichtigeres als sein Äußeres für ihn. Sie wirkt oft so, als könnte sie nichts anderes tun als stundenlang schöne Klamotten einzukaufen und sich stundenlang selbst im Spiegel zu betrachten und zu schminken.

An sich können die ja machen was die wollen, schließlich sind beide erwachsen. Allerdings haben beide mittlerweile zwei gemeinsame Kinder, die von den extrem selbstverliebten Eltern kaum beachtet werden. Ich habe das Paar mal bei einer kleinen Grillparty beobachten können. Die Frau hatte ihre knapp 1 Jahre alte Tochter auf dem Schoß und hat sie komplett ignoriert. Die hat das Kind weder gefüttert oder geknuddelt oder sonst irgendwie beachtet und da hört für mich persönlich der Spaß auf. Der etwas ältere Sohn lief überall durch die Gegend, hat irgendwelche waghalsigen und sehr gefährlichen Aktionen direkt vor der Nase seiner Eltern abgezogen, aber die Eltern interessieren sich nur dafür, ob die Frisur auch bei Wind perfekt sitzt. So etwas finde ich einfach nur krank und verantwortungslos.