Einsammeln / Vorlesen von persönlichen Texten

Wir haben von unser geliebten Deutschlehrerin (den ironischen Unterton in dieser Bemerkung sollte natürlich von jedem erkannt werden) mal wieder eine richtig schöne (Haus-)Aufgabe bekommen. Und zwar lesen wir gerade das Buch "No und Ich" (natürlich musste unsere geliebte Lehrerin nämlich wieder das spannendste Buch heraussuchen, was sich nur finden lässt) und sollen auf Basis eines Abschnittes dieses Buches einen Kreativ-Text verfassen:

Die Hauptperson des Buches - Lou Bertignac - redet nämlich kurz über ihre Kindheit und fängt dabei jeden Text mit "Als ich klein war" an. Nun sollen wir genau so einen Text auch über uns selber schreiben. Sie hat angekündigt, dass wir einige Texte davon vorlesen sollen und sie auch einige einsammeln wird ,was sie leider wirklich sehr gerne macht.

Ich persönlich finde es jedoch nicht akzeptabel, dass wir solche persönlichen Informationen an irgendjemanden weitergeben sollen: Weder die ganze Klasse, noch unsere Deutschlehrerin geht es meiner Meinung nach etwas an, was wir vor so vielen Jahren gemacht haben. Ich werde den Text natürlich verfassen, mich aber dann jedoch weigern, ihn vor zu lesen oder ab zu geben.

Ich werde mit dieser Einstellung wohl ziemlich alleine darstehen, aber wie würdet ihr vorgehen? Ich weiß, dass dieses Forum keine Rechtsberatung darstellt, wenn jemand einen entsprechenden Paragraphen in einem deutschen Gesetz kennt, der die Herausgabe solcher Informationen verbietet, kann er diesen gerne zusätzlich posten.

Mein Gott, was für Geheimnisse hast du denn Preis zu geben? Man muss ja nun nicht jedem mitteilen, dass man mit acht noch in die Windeln gemacht hast und am liebsten mit der Barbie deiner Schwester gespielt hast. Man muss ja auch nicht die Wahrheit schreiben. Wenn du deine Lehrerin so blöd findest, nimm halt die Gelegenheit wahr, dir irgendeinen Quatsch auszudenken. Kann sogar noch lustig werden.

Wusste ich es doch, dass ich mit dieser Meinung ganz alleine dastehen werde. Es geht meine ohnehin nicht allzu nette Lehrerin und auch die ganze andere Klasse gar nichts an, was ich in der Kindheit gemacht habe. Ich meine, gehört zu haben, dass man solche Informationen definitiv nicht preisgeben muss, weiß aber nicht mehr, ob das wirklich stimmt.

Ich glaube nicht, dass eure Deutschlehrerin verlangt, dass ihr ein reales Erlebnis aus eurer Kindheit erzählt, dass würde ich auch nicht tun. Du schreibst ja, dass ihr einen Kreativ-Text verfassen sollst, du sollst also eine Geschichte kreieren und nicht die Realität wiedergeben und dagegen ist doch nichts einzuwenden.

Übrigens hat deine Deutschlehrerin gar nicht so viel Einfluss auf die Auswahl der Lektüre. Gewisse Dinge sind im Lehrplan vorgeschrieben. Wir mussten früher den Schimmelreiter, das langweiligste Buch aller Zeiten, lesen. Ich habe aber nicht meine Deutschlehrerin dafür verantwortlich gemacht.

Sie hat auf jeden Fall erwähnt, dass wir einen Text aus unserer Kindheit erzählen sollen, daher gehe ich auch davon aus, dass sie es wirklich so gemeint hat. Dahinter kommen würde sich natürlich sicherlich trotzdem nicht, wenn es sich nicht um ein wahres Erlebnis / wahre Gedanken handeln sollte. Eine Kreativ-Aufgabe ist bei ihr aber eigentlich alles, was nicht "Interpretiere Text soundso" heißt.

Würde es jetzt um ein Thema gehen wie zum Beispiel "das erste Mal" oder intimere Sachen, dann würde ich deine "Aufregung" ja verstehen. Aber ich denke auch, wie schon öfters gesagt wurde, dass du in deiner Kindheit nicht wirklich private Sachen gemacht hast, die niemanden etwas angehen!

Erst Mal zu der Buchauswahl; es gibt tatsächlich bestimmte Lektüren die vorgeschrieben sind, und dann gibt es auch so etwas wie persönlichen Geschmack. Dass du deiner ach so tollen Lehrerin nun "vorwirfst" sie habe absichtlich ein ganz langweiliges Buch rausgesucht, finde ich etwas lächerlich; aber egal.

Dass du nicht ganz so begeistert davon bist eventuell etwas "privates" von dir vorlesen oder abgeben zu müssen, kann ich durchaus verstehen; deine Aufregung aber nicht ganz. Wie ja bereits gesagt wurde, musst du ja nichts absolut privates schreiben, sondern es reicht ja aus wenn du irgendeine Sache erzählst, die wahrscheinlich sogar jedes Kind mal gemacht hat oder so was wie "Als ich klein war wollte ich unbedingt Polizist werden, weil.." oder du denkst dir eben etwas aus. Ich würde da auch nichts großartiges erzählen wollen, von dem ich denke dass es weder Lehrer noch Mitschüler angeht, aber man kann das doch auch anders regeln.

Warum bist du so aufgebracht wegen einer solchen Aufgabe? Wenn du nun wirklich nichts aus deiner eigenen Kindheit preisgeben möchtest, dann erfinde doch ganz einfach irgendetwas und schreibe, dass du eben dies in deiner Kindheit gemacht, gesagt oder gesehen hast. Wie sollte deine Lehrerin denn auch überprüfen, ob es sich wirklich um Begebenheiten aus deiner Kindheit handelt oder nicht?

Ich glaube auch nicht, dass eure Lehrerin von euch verlangt wirklich wichtige Dinge oder sogar Geheimnisse aus eurer Kindheit preiszugeben. Ihr sollt ganz einfach nur eine Geschichte im Stil eines anderen Autors schreiben, das ist ja doch auch wohl nichts schlimmes oder gar anstößiges, und man muss sich ja auch nichts einfallen lassen, von dem man nicht möchte, dass jemand anderes es erfährt.

Solche Aufgaben darf man als Lehrer stellen und in der Universität heißt es immer, dass wir uns genau solche Aufgaben einfallen lassen sollen, weil sie die Schülerinnen und Schüler ansprechen und ihr Interesse weckt. Schließlich wollen die anderen Schüler ja auch gerne erfahren, was die anderen so in ihrer Kindheit erlebt haben und werden neugierig. Und neugierige Menschen hören besser zu. Was andere nicht hören sollen muss man ja auch nicht aufschreiben.