Warum entschuldigt eine schlechte Kindheit (fast) alles?

vom 12.05.2012, 10:20 Uhr

Wenn man in den Medien liest oder hört, dann werden Verbrechen oft mit einer schlechten Kindheit des Verbrechers entschuldigt. Vor Gericht wird eine schlechte Kindheit auch oft berücksichtigt. Aber ich frage mich wirklich, wieso man fast alles entschuldigt, wenn jemand eine schlechte Kindheit gehabt hat.

Ich hatte auch nicht die schönste und beste Kindheit. Aber aus mir ist auch kein Verbrecher geworden. Aber wenn ich in jungen Jahren ein Verbrechen begangen hätte und über meine Kindheit gesprochen hätte, dann hätte ich wahrscheinlich gute Karten vor Gericht gehabt.

Denkt ihr, dass man viel zu viel mit einer schlechten Kindheit entschuldigt? Wann ist die Entschuldigung durch eine schlechte Kindheit wirklich nachvollziehbar? Wann sollte die schlechte Kindheit nicht berücksichtigt werden? Wenn man doch alles bzw. so viel auf die schlechte Kindheit schiebt, warum bestraft man dann nicht auch die, die an der schlechten Kindheit Schuld haben?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Eine schlechte Kindheit spielt bei der Strafzumessung überhaupt keine Rolle, obwohl das viele Menschen glauben. Eine Entschuldigung ist es auch nicht, vielleicht eine Ursache für bestimmte Taten. Selbstverständlich muss vor Gericht alles beleuchtet werden, was mit der Tat in Zusammenhang steht, dazu zählt natürlich auch die Kindheit. Aber dass man eine mildere Strafe bekommt, wenn man zum Beispiel Kinder missbraucht, weil man selbst missbraucht wurde, stimmt einfach nicht.

Eigentlich hat man gerade im Jugendstrafrecht Vorteile, wenn man aus einer guten Kinderstube kommt (auch daraus erwachsen manchmal Verbrecher), weil man wegen einer Schulausbildung, eines Zuhauses und fehlender Fluchtgefahr nicht so leicht in Untersuchungshaft kommt. Es kommt auch auf die Sozialprognose an, da haben Kinder aus gutem Hause auch wesentlich bessere Chancen.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Eine schlechte Kindheit entschuldigt rein gar nichts, weder bei der Strafbemessung, noch sonst ein Fehlverhalten. Menschen die eine schlechte Kindheit haben, haben deswegen ja keinen Freibrief für ein schlechtes oder gar kriminelles Verhalten, klar ist es nicht schön, wenn man nicht so schön oder wohlbehütet aufgewachsen ist, aber da wir anderen ja nichts dafür können, entschuldigt dies rein gar nichts.

» HelloKitty34 » Beiträge: 1651 » Talkpoints: 53,78 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Eine schlechte Kindheit erklärt auf jeden Fall einige Dinge aber entschuldigen kann sich im eigentlichen Sinn nichts. Diese erklärten Dinge müssen natürlich aufgearbeitet werden keine Frage, allerdings ist hier das Entschuldigen der Dinge ganz einfach der total falsche Weg. Dann kann sich ja die betroffene Person hinter ihrer schlechten Kindheit verstecken. Das kann aber nicht die Lösung sein denke ich.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich kann das schon nachvollziehen. Eine schlechte Kindheit kann ja viele Hintergründe haben. Wenn man viel geschlagen wurde, hat man es beispielsweise nicht anders gelernt. Auch spielen psychische Erkrankungen oftmals eine Rolle, welche auch auf Kindheitserlebnisse zurück zu führen sind. Man sollte damit den Menschen nicht direkt entschuldigen, aber ich denke man sollte diesen Verbrechern eine besondere Therapie einräumen. Auch wenn man Amokläufer und Co. sieht, dann ist diese Tat zwar schlimm und ich kann es auch nicht nachvollziehen, jedoch kann man dabei auch den Kindern oder Jugendlichen nicht alle Schuld geben.

Ich denke, viele Grundsteine werden schon in der Familie und mit der Erziehung gelegt und Eltern haben bei vielen Attentaten der Kinder schon eine Mitschuld. Ich glaube auch weniger, dass es wirklich ein Entschuldigen ist, sondern eher der Grund, weshalb oftmals die Straftat vermindert dargestellt wird, da der eigentlich Täter nicht die alleinige Schuld trägt.

» Lara2011 » Beiträge: 1466 » Talkpoints: 0,19 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Lara2011 hat geschrieben:Ich denke, viele Grundsteine werden schon in der Familie und mit der Erziehung gelegt und Eltern haben bei vielen Attentaten der Kinder schon eine Mitschuld. Ich glaube auch weniger, dass es wirklich ein Entschuldigen ist, sondern eher der Grund, weshalb oftmals die Straftat vermindert dargestellt wird, da der eigentlich Täter nicht die alleinige Schuld trägt.

Das Entschuldigen würde ja eigentlich heißen, dass man die Schuld nehme. Die entstandene Schuld wie auch immer wäre ja dann verschwunden. Entschuldigen kann man beispielsweise einen Schüler der krank ist, weil er in der Regel für seine Krankheit nichts kann. Damit bekommt er keine Fehltage und ist so entschuldigt. Man darf dies auch nicht mit Verzeihen oder Vergeben verwechseln. Ich denke einmal direkt, dass es in solchen Fällen dabei sehr oft der Fall ist.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Durch eine schlechte Kindheit kann man das Verhalten einer Person in einem milderen Licht sehen. Zumindest weiß man, welche Ursache das für uns nicht nachvollziehbare Verhalten hat. Handelt es sich um eine Verbrechen, wird man immer Anknüpfungspunkte zur Kindheit suchen und eine Entschuldigung finden. Auch wenn das hier teilweise so hingestellt wird, dass eine schlechte Kindheit bei der Strafe nicht berücksichtigt wird bin ich der Meinung, dass im Unterbewusstsein nach einer Entschuldigung gesucht wird. Das kann man nicht ausschließen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Wenn es um das Urteil eines Straftäters gibt, so habe auch ich noch niemals davon gehört, dass eine schlechte Kindheit irgendwas entschuldigen würde. Das tut sie definitiv nicht und das Urteil selbst wird dadurch auch nicht milder ausfallen. Dennoch werden bestimmte Geschehnisse in der Kindheit häufiger mal erwähnt, wenn es um Straftäter geht, die wirklich ein krankhaftes Verhalten nachweisen. Hier geht es aber um Ursachenforschung, da man herausfinden möchte, wieso diese Person nun wirklich ein derartiges Verhalten entwickelt hat und sich so abnormal benimmt. Das was aber an Ursachenforschung letztendlich bei den Medien landet, sind nur Bruchstücke die aufgepuscht und hochgespielt werden und hat mit dem eigentlichen Geschehnissen im Grunde wenig zu tun.

Viele Pädagogen und Psychologen haben Theorien und Modelle entwickelt, die klar darstellen, dass die Ursachen für abnormales Verhalten im späteren Erwachsenalter in der Kindheit liegt. So erklärt Heitmeyer seinen Erklärungsansatz zur Gewaltentwicklung im Jugendalter etwa damit, dass dies eine Folge unserer Gesellschaftsstruktur sei. Der Grund, weswegen Kinder Aggressionen und schließlich Gewalt entwickeln, liegt laut seinem Modell definitiv in der Kindheit. Auch Hurrelmann beschreibt ähnliche Vorgänge und Erikson baut seine Krisentheorie auf Freuds Phasenmodell der sexuellen Entwicklung auf, beide Modelle betonen, dass krisenhafte Entwicklungen, die vom Kind oder Jugendlichen nicht bewältigt werden, später Auswirkungen auf das Verhalten des Erwachsenen hat.

Die Kindheit prägt uns mehr, als wir manchmal glauben wollen, hier bilden wir unsere Identität aus und bilden unsere Persönlichkeitsstrukturen und an diesem Prozess ist das Kind selbst, genauso wie sein direktes Umfeld beteiligt. Negative Einflüsse auf die Identitätsbildung können drastische Folgen haben und später definitiv so manches Verhalten erklären.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich finde, dass eine schlechte Kindheit einiges erklärt, weil sie einen Menschen doch sehr stark prägt und beeinflusst in seiner Entwicklung, aber für mich entschuldigt die Kindheit gar nichts. Denn auch wenn sie vielleicht schlecht und problematisch war, kann man als Erwachsener immer noch entscheiden, ob man sich immer noch davon beeinflussen lassen möchte oder eben nicht. Daher finde ich es alles andere als reif und erwachsen, wenn man die Kindheit als Ausrede und mehr oder weniger als Freifahrtschein und Entschuldigung für alles ansieht.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Menschen werden durch ihre Erziehung geprägt und die Wichtigkeit der Erziehung wird immer wichtiger. Ich weiß mittlerweile, dass ich einige Ängste und Macken habe, weil meine Eltern mich so erzogen haben. Manche Probleme resultieren aus der Kindheit. Wenn ein Kind mit Prügel und Demütigungen erzogen wurde, dann kann es sein, dass es im schlechten Fall ähnlich wie seine Eltern agiert.

Es muss aber nicht sein. Wenn ich zurückblicke, dann müsste ich auch kriminell sein, bin ich aber nicht. Aber ich denke, dass eine schlechte Kindheit schon sehr viel ausmachen kann, was zukünftige Verhaltensmuster angeht. Sie entschuldigt an sich gar nichts. Mir stellt sich halt nur die Frage, inwieweit ein Straftäter ein Verhältnis zu Recht und Unrecht bilden konnte, wenn er es in der Kindheit, Jugend und gegebenenfalls als junger Erwachsener nie lernen durfte? Dann finde ich schon, dass die Kindheit etwas abmildern kann, aber Schuld wird dadurch nicht genommen.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12589 » Talkpoints: 11,66 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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