Gibt es eigentlich noch Kannibalenvölker?

Neulich habe ich mich mit einer Freundin unterhalten, als im Radio ein Bericht über diesen Mörder kam, der seine Opfer gekocht und gegessen hat. Das ist ja hoffentlich hier in unseren Breitengraden eine Ausnahme. Dennoch haben wir uns gefragt, ob es auf unserem Erdball noch Kannibalenvölker gibt. Wenn ja, wie ernähren diese Völker sich. "Züchten" sie Menschen oder überfallen sie andere Dörfer oder essen sie auch Menschen aus den eigenen Reihen?

Wo gibt es solche Völker? Wird in Reisebüros gewarnt, wenn man in solche Gebiete reisen will oder ist Menschenmord überall auf der Erde eine Straftat? Was passiert mit solchen Völkern, wenn sie morden? Werden sie bestraft?

Meines Wissens gibt es keine Völker mehr, die Menschen essen. Falls es doch welche in den Tiefen irgendwelcher Urwälder geben sollte, ist es eben deren Kultur. Wer oder warum sollte man sie denn bestrafen?

Kannibalismus gab es aus den verschiedensten Motiven. Man wollte sich zum Beispiel die Stärke besiegter Feinde einverleiben oder die Feinde durch Verspeisen als Tiere degradieren. In manchen Völkern wurden auch verstorbene Verwandte in aufwändigen Ritualen teilweise verspeist, insbesondere das Gehirn und das Herz, um ihre Seelen in den Nachkommen weiterleben zu lassen. Es war sozusagen die letzte Ehre, die man ihnen zuteil werden ließ. Ein Akt, der mit rituellem Kannibalismus in Zusammenhang steht, welcher heute noch in zivilisierten Ländern durchgeführt wird, ist das Verspeisen von Jesu Körper in Form der Hostie und das Trinken seines Bluts in Form von Rotwein.

Vielleicht sollte man hier einwenden, dass es sowieso strittig ist, ob es überhaupt "Kannibalenvölker" gegeben hat! Was hier immer wieder das entsprechende Bild prägt sind Berichte von Missionaren, welche die "neu entdeckten" Völker als besonders grausam und rückständig darstellen wollen - und dies auch mit einem offen rassistischen Hintergrund, da "die Schwarzen" eben gar nicht dem Menschen zugeordnet wurden. Oder wenn, dann einer niedrigeren Form!

Heute stellen Wissenschaftler eher fest, dass es solche Rituale (Essen von Menschenfleisch) vielleicht zu "religiösen" Zwecken gab. Aber nicht dazu, um sich zu nähren. Und dann stellt sich immer noch die Frage, ob die Opfer dann von anderen Gemeinschaften stammten oder aber aus der jeweils eigenen Gemeinschaft.

So gesehen ist die Frage klar zu beantworten und die Reisebüros können gar keine "Reisewarnungen" ausgeben.

Es gibt bei den Yanomami einen rituellen Brauch. Die Toten werden verbrannt und die Asche des Verwandten in einen Bananenbrei gerührt und dann gegessen. So können die Verstorbenen im Körper derjenigen weiter leben, die den Brei essen.

Auf einer Südseeinsel, Nuku Hiva, verschwand ein Deutscher spurlos. Kleidung und menschliche Überreste wurden entdeckt an einer Feuerstelle. Der Weltumsegler könnte Opfer eines Kannibalen geworden sein. Er hatte einen einheimischen Führer, der ebenso verschwunden ist, wahrscheinlich geflohen. Man hat also nie wieder von ihm gehört.

In wieweit in einzelnen Gebieten Afrikas noch ein ritueller Brauch existiert, weiß man nicht. Teils sind die Menschen ja auch von jeglicher Zivilisation abgeschottet.