Verdursten- ein grausamer Tod?
Jeder setzt sich mit dem Thema Tod anders auseinander. Ich muss dies grad in voller Härte, weil ich gerade miterlebe, wie gleich zwei geliebte Menschen mich verlassen. Einer vom beiden hat Krebs und ist dem Tode näher als den Leben. Hier habe ich mir gestern die Frage gestellt, was nun die grausamste Todesart ist. Ich rede nicht von Folter oder sowas in der Art, sondern vom Tod durch Verdursten, Verhungern, sprich ein langsames Dahinsiechen.
Ich habe dem Kranken gestern noch etwas Flüssigkeit gegeben, allein weil ich Verdursten als schreckliche Todesursache ansehe. Der Mund trocknet aus, es bilden sich Verkrustungen und man kann nicht mehr kommunizieren oder je nachdem schmerzfrei schlucken. Allein die Angst, die ein solcher Mensch, innerlich empfinden muss, weil er seine Grundbedürfnisse, unter anderem das Bedürfnis zu kommunizieren, zu essen und zu trinken nicht mehr befriedigen kann,muss doch furchtbar für ein intelligentes Lebewesen wie der Mensch sein.
Wie empfindet ihr es, wenn ihr jemanden dehydrieren seht? Ist für euch ein anderer körperlicher Abbau als der Dehydrationsprozess der Grausamste? Auf welche Art würdet ihr niemals die Welt verlassen wollen, falls ihr noch bei klarem Verstand wärt?
Auch wenn ich mir wünschen würde ruhig und friedlich einzuschlafen, ohne mein Dahinscheiden selbst miterleben zu müssen, so fürchte ich mich vor Todesarten, wie Verhungern, Verdursten, Verbrennen, Verbluten, Ersticken oder Ertrinken. Natürlich würde ich ebenfalls nicht durch Folter oder einen tragischen Unfall zu Tode kommen wollen, bei welchem ich unerträgliche Schmerzen erleiden muss.
Aber den Tod und die damit verbundene Todesursache kann man sich nun mal nicht aussuchen und so können wir nur das Beste für uns und unsere Liebsten hoffen.
Dennoch möchte ich Dir mein Mitgefühl aussprechen, es ist, besonders als Angehöriger immer schlimm einen Menschen bald verlieren zu müssen und wenn es dann noch durch Krankheit und Schmerz geschieht ist es unerträglich.
Mir stellt sich viel eher die Frage warum jemand, der an Krebs erkrankt ist, dehydrieren muss? Wenn sich das für euch als pflegende Angehörige als zu große psychische Belastung darstellt (und ja, ich weiss leider aus eigener Erfahrung, wie es ist jemanden an Krebs zu verlieren und wie schwierig die letzten Wochen und Tage sind), könnt ihr den Angehörigen dann nicht mittels Infusionen versorgen lassen? Oder sonstwie für eine Rehydration sorgen? Da gibt es ja einiges an Möglichkeiten, eventuell sprecht ihr das mal mit den behandelnden Ärzten ab. Oder lehnt der Patient selbst jegliche Versorgung in dieser Art oder Flüssigkeitsaufnahme generell eher ab? Falls es dich tröstet, oftmals sagt man, dass ein sterbender Mensch dahingehend schon weiss, was er tut. Es scheint ja auch so zu sein, dass bei einem Flüssigkeitsmangel das eigene Schmerzempfinden nachlässt und man konnte auch beobachten, dass die Gabe von Schmerzmitteln dabei mitunter deutlich reduziert werden kann. Vielleicht passiert das also ganz bewusst um Leid auf einer anderen Ebene zu vermindern?
Verstehe mich bitte nicht falsch, Verdursten ist sicherlich furchtbar, aber ich glaube, dass gerade ein sterbender Mensch das oftmals nicht mehr in der Form mitbekommt, wie wir das eventuell tun würden. Zumindest ist das die Vorstellung an die ich mich gerne klammern möchte. Ich glaube, das größte Problem an der ganzen Sache sind die Zweifel, in die man als Angehöriger geworfen wird. Man fragt sich oft, ob man eine Flüssigkeitssubstitution tatsächlich gänzlich unterlassen oder minimieren darf oder ob man damit nicht schon nahezu passive Sterbehilfe betreibt. Die moralische Verpflichtung, der man sich ausgesetzt sieht, macht einem eine solche Entscheidung nicht leicht und man kann nur ermessen, wie schlimm es euch allen gerade gehen muss. Alles Gute für euch und für euren Angehörigen, diese Phase ist unglaublich schwierig aber letzten Endes so wichtig für alle (!) Beteiligten. Schön, dass du deinen Angehörigen begleitest und dich so sorgst, wirklich.
Welche Art des Sterbens ich am Schlimmsten finden würde kann ich so aus dem Stehgreif garnicht beantworten, allerdings gehört für mich das Ertrinken zu meinen schlimmsten Ängsten.
Verdursten ist ohne Frage bestimmt ein schrecklicher Tod. Aber heutzutage muss kein Mensch, der krank ist, verdursten. Denn auch wenn er nicht mehr schlucken kann, bekommt ein kranker Mensch Infusionen. Für die Lippenbefeuchtung gibt es spezielle Stäbchen, damit die Lippen keine Krusten bilden. Ich frage mich gerade, welcher Arzt einen Patienten, der kurz vor dem Tod steht diese Möglichkeit nicht gibt.
Rede bitte mit dem Arzt, damit der arme Patient nicht verdursten muss. Wenn man krank ist, dann ist ein Tod durch Verdursten wahrscheinlich genauso schlimm, als wenn man einen Menschen einsperrt und nichts zu trinken gibt. Denn der Patient kann sich nicht wehren und sich schwer äußern. Deswegen sollte man ihm dieses Leid nehmen und ihm eine Infusion geben. Das kann man auch zu hause machen, wenn der Patient nicht im Krankenhaus ist.
Er ist zu Hause und wird rund um die Uhr betreut. Er trinkt noch knapp einen Schnabelbecher am Tag und verweigert jegliche Nahrungsaufnahme. Infusionen und Magensonden zieht er sich einfach raus. Fixieren sollte man ihn nicht, jetzt nicht mehr. Ich selbst bin nicht vor Ort, weil ich mich in der Abschlussphase meiner Ausbildung befinde. Dem Kranken wird nichts verwehrt, meine Stiefmutter, meine Tante und meine Oma betreuen ihn rund um die Uhr. Er ist noch klar und bei Bewusstsein, nur hat er bereits die gräulich- blasse Hautfarbe.
Wie gesagt ich glaube inzwischen ganz fest daran, dass es einen guten Grund gibt, warum ein sterbender Mensch in der letzten Phase seines Lebens mehr und mehr auf Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme verzichtet. Die Krustenbildung um den Mund herum ist nicht selten auch medikamentös bedingt, der geringe Speichelfluss tut dann natürlich sein übriges. So schwer das einem als Angehörigen auch fällt, man sollte sich da dem Willen des Patienten weitesgehend beugen, er befindet sich ja, so grausam das auch klingt, ohnehin zur Pallitativbetreuung zuhause so wie es klingt. Ich nehme an, der Patient wird trotzdem ärztlich betreut? Ein Schnabelbecher voller Flüssigkeit ist für solche Patienten vergleichsweise viel, auch wenn man das oft garnicht glaubt. Wenn das für euch psychisch betrachtet zu einer zu großen Belastung wird, sucht euch unbedingt professionelle Unterstützung. Eine Rehydration muss nicht zwangsläufig durch eine Infusion erfolgen, auch wenn ich glaube, dass auch andere Methoden von dem Patienten nicht wirklich erwünscht werden, wenn er sich die Infusionen schon selbst zieht. Ich wünsche vorallem euch als Angehörigen ganz unvorstellbar viel Kraft.
Diamante hat geschrieben: Ich frage mich gerade, welcher Arzt einen Patienten, der kurz vor dem Tod steht diese Möglichkeit nicht gibt.
Laut Threaderstellerin möchte der Patient ja selbst nicht mehr trinken und keine Infusionen mehr erhalten (sonst würde er selbige nicht eigenständig entfernen). Gerade in der Pallitativmedizin wird auf solche Wünsche durchaus Rücksicht genommen und der Wille des Patienten respektiert (sofern dieser noch in der Lage ist frei zu entscheiden). Diese Patienten empfinden oft kein Durstgefühl mehr in der Form wie wir es tun würden. Im Gegenteil, diese verminderte Flüssigkeitsaufnahme ist ganz normal und für diese Menschen oftmals von größerem Nutzen als eine Rehydration auf anderem Wege. Auch wenn das als Außenstehender (und als Angehöriger) wirklich ungeheuerlich und grausam scheint.
Ich habe es auch erst vor wenigen Monaten mitansehen müssen. Meine Oma ist gestorben und konnte letzten Endes gar nicht mehr trinken. Sie selbst wollte aber auch nicht zwangsernährt werden oder ähnliches, sodass sie vermutlich wirklich verdurstet ist. Der Arzt meinte auch, dass Verdursten eine der grausamsten Arten zu Sterben ist. Er meinte aber auch, dass man relativ schnell durch den Wassermangel in eine Art Dilirium fällt und man gar nicht mitbekommt, was um einen herum geschieht. So war es bei meiner Oma auch. Erst hat sie Dinge gesehen, die gar nicht da waren. Schließlich konnte sie gar nicht mehr sprechen. Es war einfach schrecklich. Ich wünsche niemandem einen solchen Tod.
Verdursten ist ganz sicherlich ein richtig schrecklicher Tod und ich wünsche niemanden, dass er oder sie einmal verdursten muss. Trotzdem ist das eine Todesursache, die gar nicht ganz so selten ist wie man vielleicht vermuten würde. Natürlich nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Tieren und auch hier finde ich, dass dieser Tod ein ganz fürchterliches Schicksal ist.
Wenn man dehydriert, dann muss man aber nicht unbedingt auch ein großes Durstgefühl verspüren. Und gerade das wäre aber für mich das Schlimme an diesem Tod, ich weiß ganz genau, dass ich dringend Flüssigkeit benötige und bekomme sehr starken Durst, aber ich kann einfach keine Flüssigkeit bekommen, ich kann nichts mehr aufnehmen um meine Bedürfnisse zu stillen. Das finde ich grausam. Und noch dazu wird dann ja auch der gesundheitliche Zustand immer schlechter und es treten gewisse Symptome auf, die meinen Durst vielleicht sogar noch unerträglicher erscheinen lassen. Da kann man sich selber eigentlich nur noch aufgeben und sein Leben abschreiben, um diesem Gefühl zu entgehen. Zumindest bin ich nicht in der Lage, mir eine andere Möglichkeit als Ausweg aus diesem grausamen Gefühl zu erdenken, vielleicht mögen andere Menschen da ja ganz andere Ansichten haben.
Dehydration ist für mich aber nicht der Krankheitsverlauf oder Abbauprozess, den ich am schlimmsten anzusehen finde. Ich finde den körperlichen Verfall natürlich auch nicht gerade prickelnd, aber noch schlimmer finde ich mentale Verfälle, die schon früh beginnen und auch Krankheiten, bei denen der Geist vollkommen intakt bleibt, der Körper aber einfach nicht mehr mitmacht. Dann liegt der Erkrankte unter Umständen über mehrere Jahre hinweg im Bett und ist geistig zwar noch sehr fit, kann aber mit dem eigenen Körper nicht mehr viel anfangen. Und das finde ich eigentlich noch schlimmer als einen Patienten, der gerade dehydriert.
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