Dauerkrise und sich dennoch nicht trennen können …

vom 06.04.2012, 18:58 Uhr

In einem anderen Thread habe ich von einem älteren Ehepaar geschrieben, welches sich meines Erachtens die Beziehung schön redet. Sie leben irgendwie in einer Dauerkrise. Ständig Streit, ständig wird gemeckert und miteinander weg gehen sie auch nicht mehr. Selbst das Einkaufen erledigen sie getrennt.

Könnt ihr euch vorstellen in einer Dauerkrise mit eurem Partner zu leben und es einfach nicht schafft euch von eurem Partner zu trennen? Sei es, weil man eben lange zusammen ist, oder man sich einfach arrangiert hat. Sei es, weil man weder miteinander kann noch ohne einander. Sei es, weil es eben einfach Gewohnheit geworden ist oder eben Angst hat alleine zu sein? Denkt ihr, dass es viele Leute gibt, die sich trotz Dauerkrise nicht trennen? Habt ihr Erfahrung damit gemacht?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich selber kann es mir nicht vorstellen, im permanenten Streit zu leben. Ich bin für so etwas zu freiheitsliebend und würde bei einem Dauerkrach entweder in eine Paartherapie begeben oder meinen Partner verlassen. Egal, wie sehr man jemanden liebt, irgendwann muss man einfach abwägen, ob einem die Beziehung eher glücklich oder eher traurig macht. Und wenn Letzteres der Fall ist, sollte man gehen. Ist jedenfalls meine Sicht der Dinge, doch habe ich mich in so einer Situation noch nie befunden und kann somit nicht zu 100% sagen, ob ich wirklich so wie beschrieben handeln würde. Andererseits kenne ich dank meiner Familie diese Atmosphäre beim Dauerzoff zu Genüge und weiß, dass mich dieser ständige Streit einfach krank macht.

Ich kenne es sowohl von meinen Eltern als auch von meinen Großeltern, dass sie sich einfach nur mit einander arrangiert haben. Bei meinen Eltern liegt es vermutlich an der Erziehung (Katholiken...), an der Bequemlichkeit und an den Finanzen. Die beiden verdienen nicht überragend viel, aber dank der Steuervorteile und der Tatsache, dass sie sich eine Wohnung teilen, kommen sie recht gut über die Runden. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die beiden sich von ihrem Einzelgehalt kein Auto leisten könnten. Die beiden streiten ständig, sind wegen ihrer Jobs gereizt und lassen es gegenseitig aneinander aus. Ich höre sie immer nur über den anderen jammern. Als ich noch jünger war, war auch Streit wegen meiner Erziehung an der Tagesordnung. Dass mein Vater dabei schnell extrem laut wurde und auch noch beleidigend (sowohl mir als auch meiner Mutter gegenüber), war auch keine Seltenheit. Ich weiß noch, dass ich als Kind phasenweise jeden Abend geweint habe, weil ich dachte, sie würden sich scheiden lassen. Heute wünsche ich mir, sie hätten es getan, weil ich es keinem Kind wünschen würde, in einem Zuhause aufzuwachsen, wo in 80% der Zeit dicke Luft herrscht.

Bei meinen Großeltern ist es eigentlich noch krasser. Die beiden haben, soweit ich meiner Mutter Glauben schenken kann, nicht aus Liebe geheiratet, sondern weil meine Oma schwanger war. Und da es noch andere Zeiten waren und auch hier die Religion eine wichtige Rolle gespielt hat, hatten sie anscheinend keine Wahl. Dass die beiden liebevoll miteinander umgehen, habe ich eigentlich nie erlebt. Mein Opa beschimpft meine Oma ziemlich wüst und das ohne Grund, sie streiten sich ununterbrochen oder ignorieren sich. Ich würde es bei den beiden mal als Zweckgemeinschaft bezeichnen, die aus ähnlichen Gründen besteht wie bei meinen Eltern.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Da ich mich selbst aus ähnlichen Gründen und der eben vorhandenen Dauerkrise von meinem Ex-Mann getrennt habe, kann ich von mir behaupten, dass ich es nie einfach so über mich ergehen lassen würde. Aber ich kenne viele Paare, wo ich mich frage, warum diese noch zusammen sind.

Bestes Beispiel waren da auch immer die Eltern meines Ex-Mannes. Außer sich gegenseitig zu beleidigen gab es dort keine Kommunikation. Geschlafen wurde seit Jahren schon getrennt. Angeblich weil der Mann so schnarchen würde. Ok, er konnte das auch recht gut, aber wenn es nach 30 Jahren dann plötzlich stört, denkt man sich seinen Teil.

Auch mein ehemals bester Freund sagt über seine Ehe, das man sich arrangiert hätte. Da macht auch jeder sein eigenes Ding, wobei ich da vermute, dass er zwar gerne gehen würde, aber dann einige finanzielle Vorteile aufgeben müsste. Und so könnte ich noch weitere Beispiele aufführen, wo man denkt, das eine Trennung wohl besser wäre.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



In solch einer Dauerkrise könnte ich nicht leben. Wenn sich ein Ehepaar im Guten arrangiert, ist das noch in Ordnung. Aber wenn sie sich nur beschimpfen und einer dem anderen etwas Schlechtes will, halte ich unbedingt eine Trennung für geboten. Was nützt es einem Ehepartner, wenn er nur des Geldes wegen noch zu allem ja und amen sagt.

Ich habe keine Erfahrung dieser Art gemacht. Aber ich kann mir vorstellen, wenn die Eheleute sich vollkommen auseinander gelebt und ein gewisses Alter erreicht haben, dass sie lieber weiterhin in einer Krise und Uneinigkeit leben, als jeder für sich alleine. Dann hätten sie niemanden mehr, um sich zu streiten. Das ist nun mal ihr Lebensinhalt geworden, von dem sie sich nicht trennen können.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich kenne auch ein Paar, das in einer Beziehung lebt, die eigentlich schön längere Zeit keine mehr ist. Die Beiden machen viele Dinge getrennt und wenn man sie mal zusammen antrifft, dann wirken sie wenig glücklich und giften sich eigentlich die meist Zeit nur an. ich weiß auch, dass die Frau in der Beziehung schon lange nicht mehr glücklich ist, sich aber nicht trennen kann. Ihr Grund besteht nach ihrer Aussage darin, dass sie schon so lange mit dem Mann zusammen ist, Angst davor hat danach allein zu sein und immer wieder mal denkt, dass alles sich wieder bessern wird.

Ich kann mir vorstellen, dass dies auch die Gründe sind, die andere Paare zusammen bleiben lassen, die eigentlich nicht mehr glücklich miteinander sind. Gerade die Angst allein zu sein, macht da bestimmt einen großen Anteil aus. Paare, die schon über mehrere Jahre ihr Leben teilen, wissen zum Teil ja gar nicht mehr genau, wie es ist, den Alltag wieder als Single zu leben. Ich kann mir vorstellen, dass viele Menschen sich damit gar nicht auseinander setzen möchten.

Von daher bleiben sie zusammen und hoffen einfach, dass sich die Beziehung irgendwann doch bessert, dass der Partner sich ändern wird oder dass die Liebe zurück kommt. Dass dies in den seltensten Fällen auch eintritt, wollen viele nicht wahrhaben. Aber gerade die Vorstelllug, den Partner ändern zu können, halte ich persönlich für sehr blauäugig, denn ich denke, dass Menschen sich nie um 180 Grad ändern werden. Aber augenscheinlich scheint das Warten auf eben diese Veränderung immer noch besser zu sein, als allein zu sein. Das ist traurig aber scheint leider bei vielen Paaren Realität zu sein. Zumindest habe ich es so mitbekommen.

Das ist vielleicht auch abhängig davon, wieviel Selbstwertgefühl ein Mensch hat, ob er das Gefühl hat, wieder jemanden zu finden, der einen liebt und mit dem man eine neue, viel harmonischere Beziehung aufbauen kann. Wenn man aber sich selbst nicht für liebenswert genug hält, dann kann ich mir vorstellen, dass man dann auch nicht das Gefühl hat, wieder jemanden zu finden, der einen so liebt wie man ist. Dazu muss man sich ja erst selbst gern haben und ich glaube, vielen Menschen Menschen geht es so, dass sie froh sind einfach nur jemanden zu haben und sich mit dem zufrieden geben, obwohl sie es vielleicht sogar viel schöner haben könnten. Wie viel davon nun wahr ist, kann ich natürlich auch nicht genau wissen aber ich kann mir vorstellen, dass es bei vielen Menschen so funktioniert.

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» Yazz » Beiträge: 1325 » Talkpoints: 10,38 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Wie auch schon in den anderen Threads zu diesem Thema geschrieben ist es ja nun abhängig davon, wie groß der persönliche Leidensdruck ist und ab wann es zu viel ist. Daneben spielt aber auch die persönliche Empfindungen eine Rolle. Jeder empfindet eine Situation anders und es macht auch noch mal einen Unterschied, ob man in dieser Situation verhaftet ist oder sie nur als Außenstehender kennt. Weiterhin ist es auch so, dass gerade in der älteren Generation eine Versorgerehe sehr verbreitet ist und man sich da natürlich schwerer tut eine Dauerkrise zu beenden und dabei eine Trennung zu riskieren oder gar zu initiieren.

Ich selbst habe aber auch schon eine Partnerschaft beendet, weil es aus meinen Augen auch nur noch eine Dauerkrise war, in der wir lebten. Ich habe zwar durchaus versucht etwas zu ändern, habe natürlich auch meinen Partner gebeten selbst einmal Vorschläge zu unterbreiten, wie wir etwas an bestimmten Situationen ändern können. Für diesen Partner hätte es zwar so weiter gehen können, was aber sicher auch daran lag, dass er mehr Vorteile hatte als ich. Da ich aber mehr Nachteile als Vorteile in der Beziehung in der Form, wie sie zuletzt bestand, sah, war es dann auch ein Leichtes zu sagen, dass ich so nicht weiter leben wollte. Ich denke nämlich, wenn man trotzdem noch genügend Vorteile hat, wird man die Beziehung trotz Dauerkrise wohl eher nicht beenden.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Bei meinem damaligen Partner war es tatsächlich so, dass wir nur im Streit gelebt haben. Wir waren drei Jahre zusammen, wobei das erste halbe Jahr ganz gut lief. Den Rest der Zeit haben wir uns hauptsächlich gestritten und wir hatten auch einige heftige Krisen. Dabei war es so, dass mein Freund nach jedem kleinen Streit gleich den Kontakt für eine Woche zu mir abgebrochen hatte. Das war immer richtig schlimm für mich und es war durchaus eine sehr schwere Zeit.

Ich muss zugeben, dass ich immer wieder an eine Trennung gedacht habe. Trotzdem habe ich diesen Schritt die ganze Zeit über nicht wagen können, da ich riesige Angst davor hatte, alleine zu sein. Von daher war ich die ganze Zeit unglücklich und ich habe gehofft, dass sich das Problem irgendwann von selbst löst. Das war glücklicherweise auch so, indem mein Partner mit mir Schluss gemacht habe. In dem Moment war ich richtig glücklich und ich habe mich richtig frei gefühlt. Ich war richtig froh, dass mir die Entscheidung abgenommen wurde.

Ich denke, dass es durchaus vielen Leuten so geht, wie es mir ging. Immerhin ist es besonders nach vielen Jahren der Beziehung auch nicht immer einfach, sich zu trennen. Vor allem dann, wenn man bereits verheiratet ist und sogar eine Familie hat, bleibt man vielleicht lieber in der Beziehung, auch wenn man unglücklich ist. Immerhin wäre eine Trennung mit viel Aufwand verbunden und man müsste ein komplett neues Leben anfangen. Diese Vorstellung macht sicherlich vielen Menschen Angst.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



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