Wohltätigkeit oder gekauftes Gewissen?

vom 04.04.2012, 11:58 Uhr

Gibt es Wohltätigkeit

Umfrage endete am 04.05.2012, 11:58
Ja
3
75%
Nein
1
25%
 
Abstimmungen insgesamt : 4

Ich frage mich schon seit einer Weile, was es mit Wohltätigkeit und Spenden auf sich hat und ob es so etwas überhaupt gibt. Wohltätigkeit heißt für mich, dass ich etwas mache, was jemand anderem hilft dem es nicht so gut geht wie mir ohne, dass ich etwas zurück bekomme.

Doch was ich mich nun frage ist, ob es so etwas überhaupt gibt? Gibt es wirklich so etwas wie Wohltätigkeit, also das bewusste Agieren eines Menschen mit positiven Folgen für einen anderen ohne Eigennutz. Das hier soll keine Kritik darstellen, ich stelle mich genauso in die Reihe von Menschen, die wohl möglich nur aus einem bestimmten Grund jemand anderem geholfen haben. Wenn wir zum Beispiel an eine Kampagne denken, die irgendwelchen Kindern zugutekommt, bei der man ein paar Cent spendet, so empfinde ich das irgendwo einfach als falsch. Denkt man nämlich daran, dass bei einer solchen Kampagne sehr viele Menschen einfach nur ein paar übrige Cent-Stücke spenden und sich dann, auch wenn es nur für einen Moment ist, gut fühlen weil sie ihrer Meinung nach geholfen haben so zeigt das in meinen Augen etwas ganz anderes. Nämlich das ein solcher Mensch sich für ein paar Cent ein gutes Gewissen erkauft hat und so seinen eigenen sonstigen Taten zu rechtfertigen versucht, also im Prinzip wie beim Ablasshandel. Es ist kein Wunder, das so etwas Anklang bei den Menschen gefunden haben soll, wieso denn auch nicht? Mann konnte für einen materiellen Wert etwas eigentlich nicht Kaufbares erreichen, nämlich scheinbaren inneren Frieden und ein reines Gewissen..

Ich möchte damit ebenfalls nicht sagen, dass man nun horrende Summen an sämtliche wohltätige Zwecke spenden sollte, nein das ist genauso falsch. Es geht mir eigentlich überhaupt nicht um die Spenden selber und ob diese ankommen, beziehungsweise ob sie etwas nutzen. Mir geht es um den humanistischen Hintergrund, den ich subjektiv eingeschätzt als fragwürdig kennzeichne. Wenn man einem Menschen Geld gibt, auch wenn er Hunger leidet so wird das an seiner Situation nichts ändern, es mag unrealistisch klingen aber für mich ist es vollkommen logisch. Geld macht nicht glücklich und ein Mensch, der einem anderen Menschen Geld gibt, auch wenn dieser darum bittet, hilft niemandem. Das Ganze ist durch und durch kompliziert und ich bin mir selber nicht sicher, ob ich es verstehe, deswegen frage ich euch.

Sind nicht all die armen Menschen der Grund dafür, dass es uns so gut geht? Ist es wirklich richtig Geld zu spenden und gibt es jemanden der dies tut, ohne eine Gegenleistung zu erhalten? Um das Ganze zusammenfassen, was ist Wohltätigkeit für euch und gibt es sie überhaupt?

» Frozen003 » Beiträge: 141 » Talkpoints: 5,73 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich habe da mal eine Gegenfrage. Warum definierst du Wohltätigkeit so, dass man als Wohltäter dabei keinen Eigennutz hat beziehungsweise haben darf? Einfaches Beispiel dazu aus meinem eigenen Leben. Wir haben hier in der Stadt mehrere Stadtteile welche noch Kinder- und Jugendtreffs haben. Diese haben zwar immer einen Träger und diese sind fast ausschließlich durch Spenden finanziert.

Nun arbeite ich für die regionale Presse und werde gerne zu Terminen eingeladen, welche in solchen Einrichtungen sind und eben die Arbeit welche dahinter steckt der breiten Masse aufzeigt. Ich bringe durch die Presseberichte die Treffs und Organisationen, welche dahinter stehen, in die Öffentlichkeit, was am Ende auch wieder Spender und Sponsoren auf den Plan ruft. Allerdings habe ich auch einen Nutzen dabei, da ich für meinen Text auch Geld bekomme.

Nur ist eben für solche Vereine auch eine entsprechende Präsenz in den regionalen Medien wichtig. Gerade, weil auch immer wieder diese Vereine bei den Gerichten auf den Listen stehen, wenn Bußgelder verhängt werden. Ich sorge also indirekt dafür, dass ihre Arbeit finanziell unterstützt wird. Und auch das ist in meinen Augen eine Art Wohltätigkeit, selbst wenn ich dabei auch einen Nutzen aus der Sache ziehe.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Also ich denke ganz generell schon, dass es so etwas wie Wohltätigkeit gibt. Viele Menschen engagieren sich total ohne jegliche Hintergedanken für verschiedenste soziale Angelegenheiten, nur damit sie etwas für andere Menschen, denen es in welcher Weise auch immer nicht gut geht, die arm sind oder die sozial auffällig sind, bewirken können. Das muss nicht zwangsläufig auch einen Hintergrund haben, der auf die Steigerung des persönlichen Ansehens hinweist.

Und auch bei Geldspenden muss das nicht sein. Damit kann man schon etwas helfen und vor allem kann das auch so gut wie jeder machen. Ich persönlich bin nicht unbedingt ein Freund von Geldspenden, weil ich einfach die Transparenz in der Verfolgung vermisse. Ich helfe dann viel lieber mit meiner Arbeitskraft aus oder engagiere mich eben so, wie ich es kann.

Für einige Menschen wird es sicherlich so sein, dass sie sich über eine Geldspende sozusagen ein gutes oder ein besseres Gewissen erkaufen. Das sollte meiner Meinung nach aber nicht der Hauptgedanke an wohltätigen Zwecken sein, man sollte sie unterstützen, weil man zu dieser Sache auch steht und nicht nur, weil man sich profilieren will damit, wie viel Geld man an welche Organisation gespendet hat. Das ist aber ja auch oft bei etwas reicheren Familien zu sehen, dass sich die Frauen dann beim Kaffeeklatsch über so etwas unterhalten. Das ist nicht nur im Fernsehen so, das gibt es auch wirklich.

Ich frage mich nur gerade, wie du darauf kommst, das die armen Menschen der Grund dafür sein sollen, dass es uns so gut geht. Das macht für mich nun überhaupt so gar keinen Sinn, das ist doch völlig abstrus und es steht einfach in keiner Relation zueinander. Ob es mir gut geht oder sogar noch besser, dass mache ich doch nicht davon abhängig wie viel Armut und Hunger es auf der Welt gibt. Im Gegenteil, das finde ich traurig und es macht wenn, dann eher dass es mir schlechter geht als wenn ich es nicht wüsste, weil es mir ungerecht vorkommt wenn ich hier alles habe und alles machen kann, was ich will und was ich brauche, aber eben genau weiß dass es sehr sehr viele Menschen geht, die nicht in den Genuß dieses Privilegs kommen können.

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» olisykes91 » Beiträge: 5370 » Talkpoints: 24,75 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Frozen003 hat geschrieben:Sind nicht all die armen Menschen der Grund dafür, dass es uns so gut geht? Ist es wirklich richtig Geld zu spenden und gibt es jemanden der dies tut, ohne eine Gegenleistung zu erhalten? Um das Ganze zusammenfassen, was ist Wohltätigkeit für euch und gibt es sie überhaupt?

Ich kann deinen Gedankengängen und Gedankensprüngen nicht so ganz folgen, fürchte ich. Ob und wie der Luxus der "ersten Welt" zu Lasten der Menschen in der "dritten Welt" geht ist ein sehr komplexes Thema und selbst ausgewiesene Fachleute haben bei dem Thema sehr unterschiedliche Meinungen, von daher werde ich mir sicher nicht anmaßen dazu eine Aussage zu machen.

Warum sollte es nicht richtig sein Geld zu spenden, wenn man genug davon hat? Also ich finde es nicht erregend, wenn die Zahlen auf meinem Kontoauszug immer höher werden, denn davon habe ich doch nichts. Geld hat für mich nur dann einen Wert, wenn ich es gegen etwas eintauschen kann. Ich kann nicht mehr als ein Steak essen, jemand anders hat aber vielleicht keines, warum sollte ich dann nicht dafür sorgen, dass er auch etwas in den Magen bekommt, vereinfacht gesagt? Es ist einer meiner Lebensgrundsätze, dass ich andere Menschen so behandle, wie ich selber behandelt werden möchte, und dazu gehört für mich auch, dass ich mal jemandem helfe, dem es nicht so gut geht. Wenn sich jeder so verhalten würde, würde das auch durchaus zu einer "Gegenleistung" führen. Dann würden wir nämlich eine sozialere Gesellschaft haben in der man Rücksicht auf einander nimmt.

Geld macht nicht glücklich

Ich finde diesen Spruch extrem dämlich und es ist halt eine dieser typischen Sachen, die man so dahin sagt, als satter Bewohner der ersten Welt. Klar, mehr Geld würde mich jetzt nicht glücklicher machen, aber ich habe ein Dach über dem Kopf und einen gefüllten Kühlschrank. Und Luxusprobleme wie ein steigender Benzinpreis sind eben genau das, Luxusprobleme. Frag mal jemanden, der täglich um das Überleben von sich und seiner Familie kämpfen muss, ob es ihn glücklich machen würde, wenn du ihm ein bisschen Geld in die Hand drücken würdest, damit er sich einen Sack Reis kaufen kann. Was glaubst du wohl was der sagt? "Geld macht nicht glücklich und du hilfst mit deinem Geld niemanden"? Ganz sicher nicht!

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Scheinbar hat man mich nicht so recht verstanden, nun gut das vermag auch mein Problem sein vielleicht habe ich mich nicht richtig ausgedrückt. Bei diesem Thema geht es mir hauptsächlich um die Kernfrage am Ende, ich habe lediglich meine Ansicht klar gemacht mithilfe eines Beispiels. Ob man meine Definition so versteht oder nicht, ist mir gänzlich egal mir geht es um eure.

Zu dem Punkt mit der Gegenleistung interessiert mich vor allem der Aspekt der Rücksicht und der einer besseren Welt. Zunächst einmal würde das bedeuten, dass man bei seinen Taten sehr wohl etwas im Hinterkopf hat. Außerdem werden durch Spenden ebenfalls Endorphine ausgeschüttet, ein gewisser Eigennutz ist doch deshalb immer damit verbunden oder nicht? Auch das Befolgen des Grundsatzes das man andere so behandelt wie man auch behandelt werden möchte ist für mich durchaus verständlich, meiner Meinung nach jedoch auch mit individuellem Eigennutz gepaart. Denn handle ich dann nicht einfach nur so, weil ich selber auf diese Art und Weise behandelt werden will, dass würde in dem Fall bedeuten, dass ich möchte, dass gute Taten auf mich zurückfallen. Somit würde ich mir also im Endeffekt selber etwas Gutes tun.

Hier schließt meine Frage an, ob es denn nun auch Wohltätigkeit ohne Hintergrundgedanken geben könnte. Deswegen frage ich euch auch nach eurer Definition. Für mich definiert sich Wohltätigkeit einfach durch eine besondere Form des Handelns, die jemand anderem zugutekommt, ohne dass ich selber etwas davon habe.

» Frozen003 » Beiträge: 141 » Talkpoints: 5,73 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich denke schon, dass man das alles als Wohltätigkeit zusammen fassen kann. Für mich bedeutet Wohltätigkeit auch, dass man anderen Menschen hilft, die weniger gute oder vielleicht auch gar keine Mittel haben, und dass man dafür dann eben keine Gegenleistung erwartet und den Menschen hilft, weil man es gut findet und weil man eben die Möglichkeit dazu hat.

Ich kann mir schon vorstellen, dass es auch sehr viele Menschen gibt, die nicht wirklich wohltätig sind und die nur spenden, damit sie ein reines Gewissen haben und zum Beispiel nicht mehr ein so schlechtes Gewissen haben, weil sie durch den Kauf von bestimmten Produkten die Kinderarbeit oder auch die Abholzung des Regenwaldes fördern.

Ich und meine Familie spenden zum Beispiel auch regelmäßig für die verschiedenen Vereine, die vor allem Kinder unterstützen, damit diese eine Chance auf eine aussichtsreiche Zukunft haben und nach Möglichkeit auch nicht mehr so ausgebeutet werden wie es aktuell der Fall ist. Außerdem bringen wir ältere Sachen, die noch in Ordnung und heil sind, zum Beispiel Bücher oder Spielzeug, zu einem sozialen Verein in der Stadt wo die Sachen dann für sehr wenig Geld an Leute verkauft werden, die zum Beispiel arbeitslos sind.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich denke, ich kann einiges nachvollziehen, was im Eingangsposting geschrieben wurde. Uns geht es in Deutschland relativ gut, wir können uns relativ frei fast durch die ganze Welt bewegen, über das Versicherungssystem mag man gerne klagen, aber es führt doch dazu, dass man nicht erst Geld auf den Tisch legen muss, bevor man beim Arzt behandelt wird und das was manch einer am Tag verdient, hat man in anderen Ländern im ganzen Monat zur Verfügung.

Würden nun all die Menschen, die unsere Waren produzieren, unsere Tabakpflanzen ernten, unsere Kleidung nähen, unsere Rohstoffe fördern, unseren Abfall verarbeiten und unsere Technik produzieren ebenso leben wollen, wie wir, dann könnten wir unseren Lebensstandard vermutlich nicht halten. Und damit meine ich nicht nur das Einkommen, sondern all die ganzen Schutzmechanismen, die wir in Deutschland haben.

Während man sich "bei uns" um Mindestlöhne, Abgaben, Arbeitsschutz, usw. streitet, fordern Menschen in Afrika oft nur einen funktionierenden Brunnen für ihr Dorf, Schuhe für jene, die den ganzen Tag Tabakpflanzen ernten, Häuser, die nicht mit dem nächsten Regen wegschwimmen und das zumindest eines von mehreren Kindern zeitweise eine Schule besuchen kann.

In Deutschland schimpft man oft, über jene die auf der Straße betteln oder einfach gar nicht arbeiten wollen. Der Junge, der mit dem Kaffeebecher Kleingeld sammelt, schaut fit und gesund aus und könnte doch gefälligst arbeiten gehen, scheinen viele zu denken und einige sagen es auch genauso. Doch wie würde sich die Meinung ändern, wenn man nun selbst seinen Job verliert, weil der Chef plötzlich der Meinung ist, dass der Schnorrer viel mehr Ehrgeiz hat, kräftiger ist und sich besser durchbeißen kann?

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» Trisa » Beiträge: 3273 » Talkpoints: 21,86 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Man hat von jedem Handeln etwas. Zumindest gibt es einen Grund für jedes Handeln. Das ist aber nicht verwerflich. Von jeder Handlung "hat man etwas", weil jede Handlung, die man vollführt, Folgen für einen hat. Natürlich möchte man keine negativen Folgen. Warum auch? Wenn die Menschen trotz bekannter negativer Folgen handeln würden, wäre die Menschheit schon längst ausgestorben. Und wenn ein Handeln gar keine Folgen für jemanden hätte, bräuchte er gar nicht handeln. Man hat allein dadurch schon etwas davon, indem es Folgen für einen hat.

Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen spenden. Manche spenden, weil sie einfach ein gutes Gefühl dadurch haben. Es ist instinktiv im Menschen angelegt, dass er helfen möchte. Das kann man bei kleinen Kindern schon beobachten, es gibt auch Untersuchungen dazu, dass kleine Kinder schon helfen wollen und abgeben wollen. Indem man spendet, befriedigt man seine Urinstinkte. Das liegt daran, dass der Mensch biologisch gesehen ein soziales Wesen ist und auf die Gemeinschaft angewiesen. Er sollte also dafür sorgen, dass es der Gemeinschaft, in der er lebt, gut geht, damit es ihm auch gut geht.

Manche spenden auch aus weniger edlen Motiven. Sie möchten in der Öffentlichkeit stehen und Anerkennung bekommen. Aber das ist ja auch nicht verwerflich, vielleicht nicht so edel, aber auch nicht böse oder zu verurteilen (vor allen Dingen von denen, nie immer nur nehmen, aber nichts geben).

Andere spenden, um eine Gegenleistung dafür zu bekommen, zum Beispiel aus religiösen Gründen, um nach dem Tod in den Himmel zu kommen. Manche Spenden auch, weil sie aus irgendwelchen Gründen ein schlechtes Gewissen haben und Buße tun möchten. Aber Hauptsache ist, DASS die Leute spenden. Ich würde sie nie dafür verurteilen oder ihnen unlautere Motive unterstellen. Das Geld wird nämlich dringend gebraucht und meistens zu guter Letzt zum Wohle der gesamten Menschheit sinnvoll verwendet.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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