"Schweigen wie ein Grab": Wieso sagen wir es?

Ich hatte letztens ja bereits einen Thread zum Thema Geheimnisse erstellt und euch gefragt ob ihr es normal findet, dass jeder Mensch seine eigenen Geheimnisse hat und wie ihr euch wohl das Leben ohne Geheimnisse vorstellen würdet. Nun würde mich interessieren, wieso man oftmals sagt, dass jemand wie ein Grab schweigen kann. Ich denke ihr werdet diese Redewendung in eurem Leben auch schon einmal gehört haben.

Aber wieso sagt man das überhaupt so? Wieso sagt man, dass jemand wie ein Grab schweigt? Wieso gerade wie ein Grab? Dass ein Grab an sich nichts ausplaudern kann ist klar, aber dann könnte man immerhin jeden Gegenstand benutzen. Man könnte auch sagen, dass jemand schweigt wie eine Kanne oder wie ein Baumstamm. Wieso ist es also das Grab?

Wer liegt in so einem Grab? Ein Toter! Hast du schon einmal einen Toten reden hören? Hast du denn schon mal gesehen, wie jemand vor einem Grab steht und mit dem Grab redet? Das machen viele Menschen, weil sie mit dem Toten reden wollen. Aber im Grunde reden sie mit dem Grab. Oft ist es noch so, wenn man die Menschen beobachtet, dass sie mit dem Grabstein reden, weil dort der Name des Toten meist drauf steht. Und Toten kannst du alles anvertrauen. Sie schweigen. Da man aber mit dem Grab redet, weil man den Toten ja nicht mehr sehen kann, schweigt ein Grab und deswegen sagt man, dass man schweigen kann wie ein Grab.

Ich kenne diese Redewendung auch, und benutze sie selber manchmal. Ich habe mir darüber auch noch nicht wirklich Gedanken gemacht, wieso man es so sagt.

Aber ich kann mir vorstellen, dass man es sagt, da - wie du auch schon sagtest - man im Grab nicht reden kann, also nicht nach außen dringt. Das Grab ist ja irgendwo ein Ort der Ruhe, der Stille, dort wird eben geschwiegen. Und daher soll man wahrscheinlich "schweigen, wie ein Grab".

Ein Toter wird kein Wort mehr verlieren. Da ein Mensch nicht mehr lebt, wenn er verstorben ist, wird er auch niemanden mehr antworten können. Daher kommt auch die Redewendung "Schweigen wie ein Grab". Wenn du erst mal unter der Erde mit einem Geheimnis oder anderem liegst, wird dies sicherlich keiner mehr erfahren. Verstehst du?

Die Sache mit dem Baumstamm finde ich gut, nächstes mal sage ich auch "Kein Problem Junge, ich kann schweigen wie ein Baumstamm!" Aber ist schon leicht sinnfrei finde ich wenn auch lustig, denn warum sollte ein Baumstamm denn auch nicht schweigen? Er konnte ja nie reden.

In einem Grab liegt immerhin noch ein Toter. Ein toter Mensch. Dieser Mensch, der hat einmal gelebt. und damals konnte er auch hören und noch sprechen. Und wenn man Glück hatte, dann konnte er auch schweigen. Nun liegt er in seinem Grab und man kann ihm alles anvertrauen, ohne dass er es ausplaudern kann. Man sagt ja auch nicht "Ich war heute bei Johann." wenn Johann tot ist, sondern man sagt eher "Ich war heute an Johanns Grab" oder sogar "bei Johanns Grab". Das Grab übernimmt also schleichend die Identität des Toten und man identifiziert es mit dem toten Menschen, den es beherbergt. Und da man dem Grab alles anvertrauen kann, es aber nie etwas weiter erzählen wird, sagt man eben, dass jemand schweigen kann wie ein Grab und nicht wie ein Baumstamm. Oder wie eine Teetasse. Klar, die Schweigen auch, aber die haben gar keine andere Wahl.

Ich denke einfach, dass Grab in dem Sinne eher auf den toten Menschen darin bezogen ist. Den Rest des Spruches, nämlich, dass Tote nicht mehr reden und nichts mehr erzählen können, hast du ja schon richtig erwähnt.

Wenn jemand sagt, dass man schweigen soll wie ein Grab, meint er damit, dass man etwas nicht weitererzählen soll. Denn dem Toten, der in einem Grab liegt, kannst du alles erzählen. Er ist ein guter „Zuhörer“, denn er schweigt und unterbricht dich nicht, egal was du ihm erzählst. Da du aber den Toten unter der Erde nicht sehen kannst, wenn du vor dem Grab stehst, sagt man sinnbildlich, dass das Grab schweigt. Es ist ein Ort der Stille und Ruhe, ein Ort des Schweigens.

Ich benutze diese Redewendung auch immer mal. Es ist nun mal so, dass man einen Toten alles erzählen kann und er kann, und wird es nichts weitersagen, man spricht also mit dem Toten oder dem Grab und der wird es nicht verraten. Wenn man das also sagt, dann tut man dies, weil man davon ausgeht, dass derjenige nie etwas sagen würde.

Es stimmt schon, dass Gegenstände wie eine Kanne oder ein Löffel auch schweigen und nichts weitersagen können. Aber sie können auch nicht zuhören, wenn man so will. Ein Toter ist mal ein lebender Mensch gewesen und konnte daher sowohl zuhören als auch sprechen. Da man im Grab daher nicht mehr sprechen und Sachen weitersagen kann, ist doch logisch, dass man da eher von "schweigen wie ein Grab" spricht und nicht "schweigen wie eine Gießkanne".