Karnevalsumzüge und "nichts von Fremden nehmen"

vom 24.02.2012, 00:45 Uhr

Ich bin ja nun schon älter, bin aber damit aufgewachsen, dass wir essbare Geschenke, wie zum Beispiel Bonbons, Schokolade und Gummibärchen von fremden Menschen nicht annehmen durften. Was mir an sich auch klar ist, warum das so ist.

Wobei es allerdings immer so war, Süßigkeiten durften wir durchaus von dem Mann im Obstladen oder von der Verkäuferin im Supermarkt annehmen. Obwohl uns die Menschen ja auch völlig unbekannt waren. Allerdings waren in solchen Fällen die Personen ja unseren Eltern bekannt. Beziehungsweise wäre der Ruf des Geschäftes mit Sicherheit ruiniert gewesen, wenn man dort nachweislich irgendwelchen Schmu mit den Süßigkeiten gemacht hätte.

Nun war es aber in unserer Kindheit auch so, dass wir Kinder mit unseren Eltern auf den jährlichen Faschingsumzügen waren. Später dann auch alleine oder in Begleitung von anderen Kindern unseren Alters. Süßigkeiten haben wir immer mit Heim gebracht. Aber im Endeffekt sind das doch wirklich absolut fremde Menschen die da Süßigkeiten in die Menge schmeißen. Selbst wenn mal was passieren sollte, kann man hier halt eben den Ursprung wahrscheinlich nicht zurück verfolgen.

Im Endeffekt sind es aber doch wirklich total fremde Menschen, die man nicht annähernd mal kennt. Zumindest nicht wenn man nicht gerade in einem kleinen Dorf mit einem Karnevalsumzug mit maximal zehn Wagen lebt. Wie könnt ihr als Eltern den Umstand vereinbaren? Auf der einen Seite sagen, nehmt nichts essbares von fremden Menschen an und dann quasi die Süßigkeiten im Rahmen eines Faschingsumzugs von der Straße sammeln?

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Ich kann nun nicht aus der Sicht der Eltern sprechen, aber ich gehörte natürlich auch zu den Kindern, die einerseits auf Faschingsumzügen mit Begeisterung Süßigkeiten sammelten, andererseits aber auf keinen Fall irgendetwas Essbares von Fremden Menschen entgegennehmen sollten. Als großen Widerspruch habe ich das dennoch nie wirklich empfunden und sehe erst jetzt, wo du es ansprichst, eine kleine Ungereimtheit, wobei sich das auch ziemlich in Grenzen hält, weil ich denke, dass man hier die Intention des Verbotes beziehungsweise der Erlaubnis zu diesen Anlässen betrachten sollte.

Die Regel, nichts von Fremden anzunehmen, bezog sich ja bei uns nicht nur auf Süßigkeiten, sondern galt genauso für Spielzeug oder andere Kleinigkeiten. Die Intention bestand nicht darin, dass man befürchtete, mit den Süßwaren sei zuvor Schindluder getrieben worden, sondern darin, dass man eben nicht wollte, dass die Kinder von Fremden mit ungebührlichen Absichten gelockt werden können. Es geht nicht um den Fremden, der ein Bonbon gibt und dann wieder verschwindet, sondern um den, der mit einem Bonbon zum Auto locken will oder die Vergabe von Süßigkeiten als Gesprächseinstieg ansieht und dann den Kindern, eventuell auch mit schlimmeren Absichten, nicht mehr vom Leib rückt. Dass die Süßigkeiten mit unverträglichen Stoffen versetzt oder abgelaufen sein könnten, befürchteten meine Eltern wohl nie, sondern es ging eben schlicht darum, die Kontaktaufnahme mit fremden Menschen zu Zwecken des Selbstschutzes sofort zu verweigern.

Bei Faschingsumzügen ist das nun doch eine völlig andere Situation. Hier geht es ja nicht darum, dass Kinder mit irgendetwas zu fremden Menschen gelockt werden sollen, sondern um den allgemeinen Spaß und das Brauchtum. Die Kinder kommen ja in der Regel nicht einmal mehr mit den Spendern der Süßigkeiten ins Gespräch, sehen ja nicht einmal wirklich, woher die Süßigkeiten eigentlich kommen. Natürlich gibt es bei Lebensmitteln immer die Gefahr, dass sie eventuell schon abgelaufen oder verdorben sind, aber das lässt sich ja auch bei eingesammelten Süßigkeiten sehr leicht mit einem Blick auf das Haltbarkeitsdatum überprüfen, das von meinen Eltern zumindest bei Schokoladentafeln überprüft wurde, bei Bonbons ist das natürlich fast unmöglich. Wenn dann mal aber wirklich etwas so schlimm abgelaufen oder verdorben sein sollte, dass es nicht mehr genießbar ist, dann schmecken Kinder das doch in der Regel auch und essen nicht weiter. Und mal ehrlich, ist es denn zu Hause noch nie vorgekommen, dass sich Dinge im Schrank befanden, die das Mindesthaltbarkeitsdatum schon überschritten haben? da macht auch niemand einen Aufstand.

Ich frage mich aber halt auch, was passieren sollte. Natürlich, bei fremden Menschen steht der Aspekt des Lockens im Vordergrund, aber welche Bedrohung geht von Faschingssüßigkeiten aus, die willkürlich in die Menge geworfen werden? Gut, die Gefahr, dass etwas abgelaufen sein kann, gibt es immer, aber das sehe ich nicht als so dramatisch an. Dass jemand wirklich bösartig Süßigkeiten mit irgendwelchen unverträglichen Stoffen versetzt, kann ich mir eigentlich absolut nicht vorstellen, zumal er ja nicht einmal nachvollziehen könnte, wen es trifft. Bösartig und willkürlich irgendwelche Süßigkeiten zu manipulieren halte ich dann wirklich für eine grausame und wahnsinnige Tat, von der ich in den ganzen Jahren noch nie gehört hätte, und wegen dieser winzigen Gefahr den Kindern das Sammeln zu verbieten, würde nun wirklich keinen Sinn machen.

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Natürlich widerspricht sich die ganze Sache etwas. Sobald meine Tochter dies aber versteht, werde ich ihr erklären was Fastnacht ist und das dies eine Ausnahme darstellt. An Fastnacht sammeln sämtliche Kinder die Süßigkeiten und ich finde es ist nichts dabei. Die Leute sind lustig verkleidet und man stellt auch keinen direkten Zusammenhang zu einem Fremden da. Es sind für die Kinder doch eher die lustigen Menschen die Süßigkeiten bringen. Ich denke man sollte den Kindern das einfach erklären und sie sind ja nicht dumm, sie werden das schon verstehen.

» Lara2011 » Beiträge: 1466 » Talkpoints: 0,19 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich selbst habe kein Kind, aber die eigene Kindheit liegt natürlich auch bei mir noch nicht so weit zurück und ich kann mich auch noch gut daran erinnern, wie mir von meinen Eltern und meinen Verwandten immer wieder eingeprägt wurde, nichts von fremden anzunehmen, geschweige denn, mit denen mitzukommen, wenn mir etwas angeboten wird. Meinen eigenen Kindern würde und werde ich sehr wahrscheinlich genau das gleiche erzählen und hoffen, dass diese sich genauso daran halten wie ich. Ich selbst finde es irgendwie nicht vereinbar, dass man den eigenen Kindern dann wiederum erlaubt, auf einem Karnevalsumzug Süßigkeiten anzunehmen.

Meiner Meinung nach sollte man dies auch konsequent durchziehen - Aber auch ich selbst durfte früher natürlich Süßigkeiten vom Karnevalsumzug annehmen, jetzt im Nachhinein finde ich dies irgendwie schon bedenklich. Der Grund warum viele Eltern dies aber dennoch erlauben ergibt sich mir irgendwie trotzdem: Wenn man Kindern verbietet, Süßigkeiten von fremden anzunehmen, dann tut man dies in der Regel ja, damit kein fremder in Kontakt zu den eigenen Kindern kommt, und sich auch kein Kontakt zu einem fremden aufbauen kann. So will man eben schlimmeres vermeiden, da man die Kindern ja nicht rund um die Uhr beobachten und kontrollieren kann und man hört in den Medien ja immer wieder von schlimmen Dingen, bis hin zum Missbrauch von Kindern, der so anfängt.

Auf Karnevalsumzügen denken viele Eltern sicherlich, dass das ganze so weit in Ordnung ist, da man die Kinder in der Regel ja nicht unbeaufsichtigt zu solchen Umzügen gehen lässt. Auch gehe ich mal nicht davon aus, dass man jetzt jedem unterstellen wird, dass die Bonbons die dort geworfen werden, vergiftet oder dergleichen sind. Viel mehr geht es wirklich darum, dass man nichts annimmt - Und in der Regel werden auf Karnevalsumzügen ja Bonbons vom Wagen geworfen und nicht den Kindern direkt in die Hand gedrückt. Auch zählt das ganze ja eher als festliche Aktivität. Ich finde es schon irgendwie inkonsequent, aber die Umstände sind natürlich anders gegeben.

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Vielleicht kann einem diese Frage in den Sinn kommen, wenn man sich an Regeln hält und diese Regeln auch fortführt, ohne sich über den Sinn und Zweck der Regel Gedanken gemacht zu haben. Das ist dann aber schade, weil so natürlich zum Beispiel auch dann Anweisungen befolgt werden, deren Einhaltung schon lange nicht mehr sinnvoll oder zielführend sind.

Natürlich bringt man Kindern bei, nichts von Fremden zu nehmen. Das hat aber nicht nur seine Gültigkeit bei Süßigkeiten (oder Lebensmitteln), sondern durchaus auch auf andere Geschenke. Das wieder liegt daran, dass Fremde sich hiermit in der Regel das Vertrauen der beschenkten Kinder erkaufen wollen. Oder willst du deinen Kindern beibringen, dass keine Schokolade anzunehmen ist, aber Geld als Geschenk eines wildfremden kein Problem darstellt? Selbstverständlich kann man bei Süßigkeiten (ich lass mal Lebensmittel weg, weil kaum einer auf die Idee kommt, die Kinder davor zu warnen, Spinattaschen von Fremden abzulehnen) auch noch die Angst davor haben, dass diese vergiftet sind oder ähnliches. Hier muss man sich aber die Wahrscheinlichkeiten vor Augen führen und auch klar machen, wie wenig Sinn das für einen ergeben würde, Leute nur zu vergiften.

Geht es einem Fremden hingegen darum, Vertrauen und vielleicht schon Zuneigung zu einem Fremden Kind aufzubauen, dann sind Geschenke bestens geeignet. Und wenn man hier böse weiter denken will, so ist ein solches Vertrauensverhältnis sicher am besten geeignet, wenn es darum geht, ein potentielles Opfer auszumachen, wenn es z.B. um den Missbrauch geht.

Wenn man jetzt die Situation vergleicht, dass hier anonym zum Faschingsumzug verschiedene Vereine der Tradition folgend Süßigkeiten verteilen, dann haben wir hier doch eine andere Situation als die, wenn ein fremder Mensch ein Kind (aber gerne auch eine Gruppe von Kindern) abpasst und denen Schokolade anbietet. Da sollte schon klar sein, wieso der Ratschlag, sich nichts von Fremden geben zu lassen, nicht im Widerspruch dazu steht, bei solchen Gelegenheiten Bonbons aufzufangen.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Kann es sein, das du hier Äpfeln mit Birnen vergleichen willst? Denn wenn ich meinen Kindern sage, das man von Fremden nichts nimmt, dann ist das im Zusammenhang damit, weil sie ja da gezielt angesprochen werden. Ein Fremder, welcher Böses im Sinn hat, wirft ja nun nicht einfach Bonbons in eine Kindergruppe und schaut, welches Kind als Erstes darauf reagiert.

Wenn die Kinder aber zum Faschingsumzug gehen, dann sind die ersten Jahre die Eltern dabei. Die Süßigkeiten werden auch nicht unbedingt gezielt nur an ein Kind gegeben, sondern in der Masse verteilt. Allerdings erschließt es sich mir nicht, was du mit dem passieren meinst und eben Herkunft. Meinst du, das jemand Bonbons mit Rattengift in die Massen wirft oder ob wirklich jemand, auf den Kinder einen ganz anderen Reiz ausüben, sich dort das Opfer sucht, indem er im Umzug dabei ist und Bonbons verteilt?

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich sehe schon, man definiert fremde Menschen ein wenig anders. Aber können Kinder das wirklich trennen, ob das nun der Clown auf dem tollen Karnevalswagen ist oder der Clown der an der Ecke steht und Bonbons verteilt?

Manche haben geschrieben, sie werden ihren Kindern den Unterschied erklären. Und das ist der Punkt der mir dann doch wichtig ist. Den ich auch gut finde. Das es halt einen Unterschied macht, ob nun ein Faschingsumzug durch die Stadt fährt und da Menschen Süßigkeiten von den Umzugswagen werfen und man die nehmen darf. Das man aber vom Clown, der an der nächsten Ecke steht und den man nicht kennt, halt nichts nehmen soll.

Mir geht es an sich auch weniger um die Verlockung die Süßigkeiten in Richtung mitgehen auslösen. Und ich weiß das in meiner Kindheit der Hauptaugenmerk bei solchen Punkten an sich war, dass wir von fremden Menschen keine Süßigkeiten annehmen sollten, weil man nicht weiß was dran sein könnte. Das man nicht mit fremden Menschen mitgeht, war ein anderes Thema.

Die meisten hier scheinen aber der Meinung zu sein, man muss immer an das Gute im Menschen glauben und solche Veranstaltungen ziehen keine bösen Menschen an. Wie einfach wäre es, diverse Süßigkeiten zu vergiften und sie bei einer solchen Veranstaltung zu verteilen? Wäre so gut wie nicht nachvollziehbar wer das war oder?

Und noch mal zum mitgehen. Ich habe Fasching immer als lockere Sache erlebt. Es wäre, denke ich, relativ einfach, einem Kind zu sagen, ich bin der Clown der dir vorhin Süßigkeiten zugeworfen hat. Willst du mehr? Dann komm mit. usw.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Ich unterscheide nicht zwischen fremden Menschen und Bekannten, von denen die Kinder nichts nehmen dürften. Denn wenn es grundsätzlich um fremde Menschen geht, dann dürften die Kinder ja nicht einmal einen Luftballon von einer unbekannten Person nehmen, die von einem Geschäft engagiert wurde, um bei einem Jubiläum die Kinder zu bespaßen.

Prinzipiell habe ich den Kindern begreiflich machen können, dass es immer auf den Kontext ankommt, in dem ihnen etwas angeboten wird. So ist ein Karnevalsumzug oder die Tour zum Aschermittwoch verhältnismäßig harmlos, weil da das Einsammeln von Süßigkeiten einfach dazu gehört. Sicher gibt es auch da Gefahren, aber die sind eher gering.

Aufmerksam und ablehnen sollten die Kinder dagegen Angebote, die unerwartet kommen oder aber die den Kindern merkwürdig vorkommen. Ich für meinen Teil denke zwar, dass sie dann vielleicht oft auch ohne Not etwas ablehnen, aber lieber einmal zu viel verzichtet.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich denke, dass die Kinder sehr wohl unterscheiden können zwischen besonderen Ritualen bei Festtagen und dem normalen Alltag. Im normalen Alltag sollte man nichts von Fremden annehmen und das sollte man Kindern auch schon beibringen. Aber beim Karneval erlaubt man es ihnen ja explizit. Ich würde ihnen auch noch einmal erklären, dass dieser Tag und dieses Ereignis eine Ausnahme ist. Wenn die Kinder klein sind, ist man ja dabei und wenn sie größer sind, haben sie schon ein Gespür dafür, was auch an diesem Tag normal ist und was ein bisschen merkwürdig ist. Davon sollten sie sich fernhalten.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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