Gedichte auswendig lernen in der Berufsschule - warum?

vom 06.02.2012, 22:00 Uhr

Nichts hasste ich mehr in meiner früheren Schulzeit, wie Texte auswendig zu lernen. Meine Stärken liegen einfach nicht daran. Wenn ich etwas lerne, dass möchte ich das in eigene Worte fassen - so wie ich es verstanden habe. Alles was ich auswendig lernte, vergaß ich in kürzester Zeit wieder. Verstanden habe ich das auswendig gelernte nie!

Jetzt bin ich 21 Jahre alt und im zweiten Ausbildungsjahr meiner zweiten Ausbildung. Diese Woche bin ich mal wieder in der Berufsschule. Nun meinte mein Lehrer, dass ich im Deutschunterricht, in zwei Tagen, das Gedicht " Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland" komplett - ohne Hilfezettel - aufsagen muss. Dies wird benotet!

Dieses Gedicht umfasst ja gleich drei Seiten! Mein Kopf weigert sich strikt, dieses überlange Gedicht auswendig zu lernen. Ich fühle mich wieder, wie in der dritten Klasse. Nun spiele ich mit dem Gedanken, mir dafür eine Note 6 eintragen zu lassen, denn es hat weder Sinn noch bringt es meiner Allgemeinbildung etwas. Noch dazu habe ich einen Mann zuhause, der ebenso Aufmerksamkeit will. Würdet Ihr das Gedicht lernen? Welchen Sinn seht Ihr darin?

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» Naviia » Beiträge: 821 » Talkpoints: 27,64 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich bin ja schon der Meinung, dass das Gedicht von Fontane durchaus zur Allgemeinbildung gehört. Schaden kann es jedenfalls nicht, wenn man es kann. Mir persönlich war aber nie klar, weshalb man so ein Gedicht unbedingt auswendig können muss. Ich finde eine Gendichtinterpretation eigentlich viel wertvoller. Mir gefällt aber dieses Gedicht und ich hätte kein Problem damit, es zu lernen. Schlimmer finde ich das dann bei Gedichten, die man nicht leiden kann. Und so lang ist das Gedicht nicht, dass dürften doch gerade mal 4 Strophen sein, wenn ich mich recht erinnere? Wenn das bei dir 3 Seiten sind, dann ist die Schrift gerade zu monströs.

Mit dem Gedicht kann man sich doch aber leicht eine gute Note verdienen. Mir ist also nicht ganz klar, wieso du dir dafür eine 6 eintragen lassen willst. Ich weiß ja nicht, was für eine Ausbildung du machst, aber in einigen Richtungen finde ich es definitiv nicht verkehrt. Zum Beispiel als Erzieher muss man sich ja sowieso eine ganze Reihe von Gedichten, Lieder usw. merken und da finde ich es nur in Ordnung,wenn man so etwas auch in der Art und Weise abfragt. Und nur weil dein Freund Aufmerksamkeit will, willst du nicht lernen? Was ist denn das bitte für eine Einstellung. Der bekommt auch noch genug Aufmerksamkeit, wenn du dir mal eine Stunde lang das Gedicht anschaust. Danach kann man das nämlich.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Ich selber habe auch nie wirklich verstanden, warum man Gedichte unbedingt auswendig vortragen muss, denn in den meisten Fällen wird es wohl wenig bringen wenn man Gedichte aufsagen kann; da sind andere Dinge wesentlich wichtiger. Wenn es dich so interessiert, warum das Auswendiglernen so wichtig ist, frage doch einfach mal den Lehrer, denn dieser wird sich ja etwas dabei gedacht haben.

Aber ganz egal warum du das Gedicht nun lernen musst, du musst es auswendig lernen und es wird benotet. Zudem ist das Gedicht keine 3 Seiten lang, es sei denn du hast Schriftgröße 100 genommen. Ich denke es wäre schon blöd, wenn du dir eine 6 verpassen lässt nur weil du keine Lust hast das Gedicht auswendig zu lernen; schwer ist es wirklich nicht, wenn du dir etwas Mühe gibst. Die Aussage, dass dein Freund ja auch Aufmerksamkeit möchte, bringt mich grade auch ziemlich zum kopfschütteln und frage mich ebenso, was du denn bitteschön für eine Einstellung hast. Lässt du sonst auch alles stehen und liegen nur damit du deinen Freund betüdeln kannst? Der wird doch sicherlich verstehen dass du dich auch auf deine Ausbildung konzentrieren musst; wenn nicht würde ich mir Gedanken machen.

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» Nana_2011 » Beiträge: 2250 » Talkpoints: 0,21 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Nun ja, ich bin auch eher anderer Meinung und würde sehr wohl behaupten, dass dieses Gedicht etwas zur allgemeinen Bildung beiträgt, auch wenn es für dich und für viele deiner Mitschüler sicherlich nicht einleuchtend ist, hat dein Lehrer schon eine Absicht damit, wenn er euch solche Gedichte auswendig lernen lässt. In der Berufsschule gibt es meiner Erfahrung nach genügend andere Dinge, mit denen man sich genauso gut aufhalten könnte - Darauf angewiesen werdet ihr also sicherlich nicht sein, und trotzdem habt ihr dies als Unterrichtsthema.

Ich selbst habe es zum Beispiel in der Schule immer sehr gemocht, Dinge einfach stumpf auswendig zu lernen, zumal mir dies wiederum sehr gelegen hat und ich viele Dinge zumindest für eine relativ lange Zeit im Gedächtnis behalten konnte - Auch solltest du dich auf keinen Fall einfach mit einer sechs zufrieden geben. Versuche zumindest einen Teil des Gedichtes auswendig zu lernen und wenn du es vortragen musst, dann sollte man hier zumindest sehen, dass du es versucht hast und dann wirst du für deine Mühe auch keine sechs bekommen.

Ob es dir nun aber beruflich etwas bringt, dieses Gedicht zu lernen ist natürlich schon etwas fraglich, zumal ich auch nicht weiß, als was du deine Ausbildung machst. Oft ist es im Deutschunterricht ja wirklich so, dass man damit in der Praxis nicht besonders viel anfangen kann, aber es gehört eben zur Allgemeinbildung und diese finde ich sehr wichtig. Auch stärkst du mit dem auswendig lernen von Texten, etc. deinen Geist und dies wird dir sicherlich auch bei deiner Arbeit helfen können, wenn du dort mit Zahlen umgehen musst, dir mal kurz mehrere Details merken musst, etc.

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Das du zu Hause einen Mann hast, der Aufmerksamkeit will, spielt hier doch gar keine Rolle. Mit deinen 21 Jahren solltest du doch hier klar zwischen schulischer Verpflichtung und privater Rolle unterscheiden können. Es ist ganz klar, dass dein Lehrer hier keine Rücksicht auf dein Liebesleben nehmen muss und kann.

Und das du nun den Sinn nicht begreifst, etwas auswendig lernen zu müssen, ist sicher nachvollziehbar. Aber hier geht es eben nun mal nicht immer um das, was einem selbst einleuchtet. Ich bin mir nämlich sicher, dass das nicht der einzige Unterrichtspunkt ist, der dir im Bezug zur Berufsausbildung nichts bringt. Man könnte ja argumentieren, dass du der Schrift bereits mächtig bist und das gesamte Fach Deutsch nichts in der Berufsschule verloren hat. Ebenso Sport oder ähnliches.

Ich finde schon dass das auswendig lernen gewisse Fähigkeiten fördern kann. Dabei geht es dann noch nicht mal um das konkrete Gedicht selbst! Das Gedicht wieder kann dann auch als Allgemeinbildend gesehen werden - auch wenn es u.U. nach dem Aufsagen gleich wieder vergessen sein sollte. Jetzt aber bewusst die Mitarbeit zu verweigern, ist hier eher ein schlechter Weg. Ganz schlecht wird es, wenn man sich selbst dann auch noch Erklärungen parat legt, die die Verantwortung weiter schieben. Ganz im Sinne, dass du nichts machst, was (in deinen Augen!) keinen Sinn ergibt. Die wirkliche Begründung liegt ja eher darin, dass es dir schwer fällt und du viel mehr Zeit als dir lieb ist in diese Arbeit investieren müsstest.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich zähle mich ebenfalls zu der Personengruppe, die darin durchaus einen gewissen Nutzen und Erfahrungswert für das Allgemeinwissen sieht. Natürlich kann man sich darüber streiten, ob so etwas in der Berufsschule wirklich noch gelehrt werden muss - hierbei werden die Meinungen wohl weit auseinander gehen. Da der Deutschunterricht aber ein elementarer Bestandteil des Unterrichts auf deutschen Berufsschulen ist, werden sich die Verantwortlichen möglicherweise auch etwas dabei gedacht haben, dieses Gedicht als Stoff in die Unterrichtsgestaltung mit aufzunehmen.

Über die Motive des Lehrers lässt sich selbstredend nur spekulieren, jedoch könnte ich mir gut vorstellen, dass es auch dazu dient, das gute Gehirn - und insbesondere den Teil des Gehirns, der für das Auswendiglernen zuständig ist - wieder etwas in Schwung zu bringen. Dann könnte es gar nicht in erster Linie um dieses besondere - im Übrigen auch sehr hörenswerte - Gedicht gehen, sondern um die Übung des Auswendiglernens an sich.

Ich kann dich natürlich verstehen, wenn wir das jetzt sehr schwer fällt, weil du das schon lange nicht mehr gemacht hast. Das Hirn baut sozusagen Muskeln ab, wenn es nicht mehr trainiert wird - was durchaus der Fall sein kann, wenn die Schule schon ein paar Jahre zurück liegt. Ich würde mich aber an deiner Stelle nicht davon entmutigen lassen und die Situation lieber als Gelegenheit betrachten, wieder ein wenig leichter auswendig zu lernen. Auf keinen Fall würde ich vorzeitig aufgeben und mir dafür eine sechs als Note eintragen lassen.

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» Paul Smith » Beiträge: 416 » Talkpoints: 2,05 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Das letzte Mal, dass ich ein Gedicht auswendig lernen musste, war in der Grundschule, später haben wir auch im Deutschunterricht Gedichte als Thema gehabt aber wir haben sie dann interpretieren müssen und sie nicht mehr auswendig gelernt, einige Gedichte gehören sicher auch zur Allgemeinbildung aber dann ist es doch sinnvoller wenn man sie bespricht und nicht Noten dafür erhält, dass man sie auswendig aufsagen kann, so kann sich der Lehrer ja auch schlecht ein Bild davon machen, ob das Gedicht auch richtig verstanden wurde, was ich wichtiger finden würde.

» HelloKitty34 » Beiträge: 1651 » Talkpoints: 53,78 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich denke schon, dass es einen Sinn hat, Gedichte auswendig zu lernen. Ich habe sogar Spaß daran und habe aus diesem Grund das ein oder andere Gedicht meiner Lieblingslyriker Friedrich Schiller, Mascha Kaléko und auch Fontane freiwillig auswendig gelernt. "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland" habe ich in der Grundschule ganz automatisch auswendig gelernt. Jeder Schüler sollte nur eine Strophe beherrschen, aber dadurch, dass insgesamt 20 Schüler hintereinander die einzelnen Strophen vorgetragen haben, hatte ich nach kurzer Zeit das ganze Gedicht drauf. Außerdem sind es ja nur vier Strophen, da finde ich nicht, dass du dich so anstellen solltest. Es gibt auch wesentlich längere Gedichte, die ich später in der Mittelstufe auswendig lernen musste, wie "die Bürgschaft". Das war vielleicht ein Aufwand - aber es ist machbar!

Gedichte zu lernen und später vorzutragen, ist in vieler Hinsicht nützlich. Du trainierst ja auf diese Weise dein Gedächtnis und dieses braucht man sein ganzes Leben lang. Es wird dir garantiert in anderen Fächern und im Alltag von Nutzen sein. Außerdem lernst du, frei vor anderen zu sprechen und darüber hinaus schulst du deine Rhetorik und übst deutliches Sprechen. Wenn du später im Job Präsentationen hältst, macht es auch keinen guten Eindruck, dabei zu nuscheln, zu stottern oder zu viel abzulesen. Es hat also eine ganze Menge Vorteile, auch noch mit 21 Gedichte auswendig zu lernen und vor anderen vorzutragen. Halte dir das vor Augen, wenn du unmotiviert bist. Du kannst deinen Mann ja fragen, ob er dir hilft. Während du es ihm auswendig vorträgst, kann er das Blatt mit dem Gedicht halten und Bescheid sagt, wenn du einen Fehler machst. Das wird ihn wahrscheinlich nicht gerade "entertainen", aber ihr verbringt Zeit zusammen.

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