Bakterien, Viren und Co. - was uns alles krank macht
Da ich das Gebiet Mikrobiologie sehr interessant finde und ich auch gerade in meinem späterer Beruf als Arzt einen ständigen Kampf gegen Mikroorganismen führen werden, werde ich versuchen, euch die kleinen Organismen mal ein bisschen näher zu bringen. Für Fragen und Anmerkungen stehe ich dann natürlich auch sehr gerne bereit.
Ich fange mal mit den Bakterien an.
1. Staphylokokken
Staphylokokken sind sehr weit verbreitete Bakterien. Unter dem Mikroskop sieht man kleine runde Kügelchen (das ist das typische morphologische Zeichen aller Kokken), die sich zu Haufen oder Trauben organisieren.
Der bekannteste und häufigste Vertreter ist Staphylokokkus aureus.
Die Infektionen mit diesem Erreger lassen sich in 3 Gruppen einteilen. Zuerst die invasiven Infektionen. Der Erreger dringt lokal über die Haut oder Schleimhäute in den Körper ein und es entstehen lokale Infektionen, die vor allem mit eiterbildung einhergehen. Die bekanntesten sind wohl das Furunkel und das Karbunkel, verschiedene Wundinfektionen, Nasennebenhöhleninfektionen, Mittelohrentzündungen, aber auch Herzklappenentzündungen, Lungenentzündungen und Blutvergiftungen (Sepsis) können durch S. aureus hervorgerufen werden.
Die zweite Gruppe sind die sogenannten Toxikosen, also Vergiftungen. Und da steht an erster Stelle die Lebensmittelvergiftung. Weniger Stunden nach der Einnahme verdorbener Lebensmittel treten Übelkeit, Erbrechen und wässriger Durchfall auf.
Die dritte Gruppe wäre dann eine Mischform aus invasiven Infektionen und Toxikosen und hier ist das wohl bekannteste Beispiel das Toxic-Shock-Syndrom, vor dem immer auf den Tamponpackungen gewarnt wird. Die Staphylokokken besitzen ein bestimmtes Toxin, welches Körpereigene Botenstoffe, sogenannte Zytokine induziert, die dann zu Fieber, niedrigem Blutdruck und einem Scharlachartigen Exanthem (Ausschlag), vor allem an den Handinnenflächen und den Fußsohlen führen.
Ein besonderes Problem sind multiresistente Stphylokokkus Aureus- Stämme, die sogenannten MRSA. Diese MRSA besiedeln zu sehr hohem Anteil Patienten im Krankenhaus und auch die Mitarbeiter im Krankenhaus, vor allem im Bereich der vorderen Nasenschleimhaut. Bei Immungesunden ist das kein Problem, schwierig wird es bei frisch Operierten oder alten multimorbiden Patienten, da kann die Infektion mit MRSA sehr langwierig und gefährlich werden, weil die meisten Antibiotika nicht mehr wirken. Deshalb ist regelmäßiges Händewaschen und eine gewissse Grunhygiene im Krankenhaus absolute Pflicht.
Weitere Staphlokokken sind S. saprophytikus, die vor allem für akute Harnwegsinfektionen verantwortlich sind und S. epidermidis, die vor allem Fremdkörperassoziierte Infektionen hervorrufen. Zum Beispiel künstliche Herzklappen können so ein Fremdkörper sein, die Staphylokokken bilden darauf einen Biofilm und damit einen Herd, der immer wieder Bakterien ins Blut schwämmt, was dann irgendwann zur Sepsis führen kann.
2. Streptokokken
Wie der Name schon sagt, handelt es sich hierbei auch um kugelförmige Bakterien, die sich aber im Gegensatz zu den Staphylokokken als lange Ketten aneinanderreihen und so im Mikroskopischen Bild gut zu identifizieren sind. Die meisten Streptokokken sind Bestandteil der normalen bakteriellen Flora des Menschen aber einige können eben auch Krankheiten hervorrufen.
Komme ich zuerst zu Streptokokkus Pyogenes. Der Erreger kann über kleinste Verletzungen der Haut und Schleimhaut in den Organismus eindringen und dann Infektionen hervorrufen. Die Infektionen können dann rein lokal und oberflächlich ablaufen oder es entsteht ein Erysipel (Wundrose), die sehr gefährlich sein kann und oft am Unterschenkel lokalisiert ist, vor allem wenn der Patient Fußpilz hat, da die kleinen Hautverletzungen durch den Pilz die ideale Eintrittspforte bilden. Außerdem kann es auch zu Mittelohrentzündungen, Mandelentzündungen und Nasennebenhöhlenentzündungen kommen. Noch ein bisschen schlimmer ist dann die Scharlach-Infektion. Diese Krankheit ist eine typische Kinderkrankheit und ist durch ein typisches Exanthem und Enanthem an Haut und Schleimhäuten gekennzeichnet und geht mit einer Angina, Fieber und einer roten sogenannten Himbeerzunge einher. Die Infektion geht über Tröpfcheninfektion und die Krankheit hinterlässt eine Immunität. Außerdem kann Streptokokkus Pyogenes eine Sepsis hervorrufen.
Die zweite Art ist Streptokokkus Pneumoniae. Keimträger sind etwa 5-10% der gesunden Erwachsenen und 20-40% aller Kinder. Die Keime befinden sich auf der Schleimhaut des oberen Atemtraktes. Im Alter oder bei vorausgegangenen Infektionen oder anderen Grundleiden, auch bei Diabetes Mellitus kann es zu einer Infektion kommen, die sich in einer Lungenentzündung äußert. Außerdem kann der Erreger eine chronische Bronchitis hervorrufen oder Mittelohrentzündungen und Nasennebenhöhlenentzündungen. Auch eine Hirnhautentzündung und eine Sepsis sind möglich. Bei prädisponierten Personen ist deshalb unbedingt eine Impfung gegen die sogenannten Pneumokokken zu empfehlen.
Desweiteren gibt es noch die B-Streptokokken, die öfter unbemerkt in der Vagina siedeln können und dann beim Neugeborenen zu Sepsis und/oder Hirnhautentzündung (Meningitis) führen kann. Deshalb ist es ganz wichtig, sich gleich zu Beginn einer Schwangerschaft oder am besten noch vorher auf B-Streptokokken in der Vagina untersuchen zu lassen.
Außerdem gibt es die oralen Streptokokken, die unter anderem für Zahnkaries verantwortlich sind. Deshalb ist Karies auch ansteckend und Mütter sollten nicht den Nuckel oder den Löffel ihres Kindes vorher ablecken und danach wieder dem Kind geben.
3. Bacillus (Anthrax)
Diese Bakterien sehen unter dem Mikroskop aus wie lange Stäbchen und sie leben bevorzugt im Erdboden. Milzbrand kommt vor allem bei Tieren vor, die den Keim über die Nahrung oral aufnehmen und es entsteht ein sehr schweres Krankheitsbild, begleitet von einer Sepsis, die nicht selten zum Tod führt. Der Mensch infiziert sich hauptsächlich über infizierte Tiere oder durch Kontakt mit verseuchten tierischen Produkten. Es gibt drei verschiedenen Arten des Milzbrandes, je nach Eintrittspforte:
1. Hautmilzbrand
Nach Mikroverletzungen der Haut dringen die Anthrax-Sporen ein. Nach etwa 2-3 Tagen entsteht eine Art Karbunkel auf der Haut und bei frühzeitiger Behandlung mit einem Antibiotikum kann man das sehr gut in den Griff bekommen. Mit 90-95% ist der Hautmilzbrand die Häufigste Milzbrandinfektion des Menschen.
2. Darmmilzbrand
Wenn der Mensch kontaminierte Lebensmittel zu sich nimmt, kommt es relativ bald zur Infektion des Darmes, die sich durch Erbrechen und blutigen Durchfall äußert.
3. Lungenmilzbrand
Er wird ausgelöst durch das Inhalieren von Sporenhaltigem Staub. Der Lungenmilzbrand ist auch die gefürchtete Folge bei dem Einsatz von Bacillus Anthracis als Biowaffe. Von der Lunge aus kann sich die Krankheit ausbreiten und es kann zu einer schweren Sepsis bis hin zum Tod kommen.
Präventiv kann man bisher nur auf Desinfektion und die Vermeidung von Kontakt zu infizierten Tieren zurückgreifen.
Impfstoffe sind zur Zeit noch in der Entwicklung.
4. Clostridium
Auch die Clostridien sind stäbchenförmige Bakterien, deren natürliches Habitat der Erdboden ist. Aber auch im Darm von Tieren und Menschen kann man sie finden. Man unterscheidet vier verschiedene Arten.
1. Clostridium perfringens
Durch offene Wunden können diese Erreger in den Körper gelangen. Sie besitzen ganz spezifische Enzyme und Toxine, die das Gewebe nahezu auflösen können. Vor allem vorgeschädigtes Gewebe, wie zum Beispiel Wunden bieten durch das niedrige Redoxpotential ideale Bedingungen für diesen Keim. Eine leichte Form der Infektion ist die anaerobe Zellulitis. Dabei werden die Muskelbinden (Faszien) langsam zerstört und es bildet sich Gas unter der Haut. Die Muskulatur selbst ist nicht betroffen und wenn man über die befallenen Stellen streicht, hört man ein sogenannten "Krepitus-Zeichen", ähnlich wie bei die Folie, die man auf Bücher klebt, wenn man dort über Luftblasen streicht. Die weitaus schlimmere Infektion mit C. perfringens ist der Gasbrand. Dabei ist die Muskulatur mit befallen, das Ganze verläuft sehr aggressiv und nicht selten letal (tödlich). Die Behandlung findet vornehmlich chirurgisch statt unter einer begleitenden Antibiotikatherapie. Es kann auch eine hyperbare Sauerstofftherapie helfen.
2. Clostridium tetani
Wie der Name schon sagt, ist dieses Bakterium verantwortlich für den Wundstarrkrampf, Tetanus genannt. Auch hier ist die Eindringpforte die verletzte Haut und dabei muss die verletzung nicht einmal besonders groß sein. Im Gewebe setzt das Bakterium das Toxin Tetanospasmin frei, welches bestimmte Nervenzellen in den Vorderhörnern des Rückenmarkes zerstört. Diese Nervenzellen hemmen normalerweise die motorischen Nervenzellen. Die können nun nicht mehr gehemmt werden und eine muskuläre Überaktivität (Krampf) ist die Folge. Die Krämpfe werden sehr oft durch optische oder akustische Reize ausgelöst und beginnen meist im Gesicht. Prophylaktisch sollte deshalb jeder Mensch gegen Tetanus geimpft werden, eine Auffrischung ist alle 10 Jahre notwendig.
3. Clostridium botulinum
Ein Bakterium, dessen Toxin vor allem in Hollywood sehr beliebt geworden ist, da Botox dort heutzutage zum guten Ton zu gehören scheint. Häufig führt C. botulinum zu Nahrungsmittelintoxikationen nach dem Genuss von verdorbenem Fleisch. Das gebildete Gift (Botox = Botulinumtoxin) gelangt über die Blutbahn in das Nervensystem und verursacht nach einigen Tagen Lähmungen der Kopfnerven. Typische Symptome sind zum Beispiel Schwierigkeiten beim Sprechen, Schlucken, Sehen, Verstopfung und trockene Schleimhäute. Nicht selten kommt es zum Tod durch Atemlähmung. Die nervenlähmende Wirkung hält etwa 6 Monate an, so oft müssen dann auch die Damen zum Nachspritzen gehen, um ihre Mimik besser im Griff zu haben.
4. Clostridium difficile
Dieses Bakterium befindet sich im Darm des Menschen. Problematisch wird es erst nach der Einnahme von Antibiotika, die die Normalflora des Darms abgetötet haben, denn dann hat C. difficile keine natürlichen Feinde mehr und kann die komplette Darmschleimhaut übersiedeln. Das Resultat sind Durchfälle, Fieber und krampfartige Bauchschmerzen. Das Krankheitsbild wird antibiotikaassoziierte pseudomembranöse Entereokolitis genannt und vergeht nach einiger Zeit von selbst wieder, sodass eine Therapie nicht zwingend nötig ist. jedoch muss gerade bei Säuglingen und Kleinkindern sehr auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden, da durch die Durchfälle sehr viel Flüssigkeit verloren geht.
5. Mycobakterium Tuberculosis
Mycobakterien werden als sogenannte säurefeste Stäbchen bezeichnet, weil sie sich aufgrund der säurefestigkeit nicht in der üblichen Gram-Färbung anfärben lassen. Deshalb ist die Färbemethode der Wahl die Ziehl-Neelsen-Färbung. Diese Säurefestigkeit ist auf eine sehr dicke, spezielle Zellwand zurückzuführen.
Mycobakterium Tuberculosis ist der Erreger der Tuberkulose. Die Bakterien gelangen über Tröpfcheninfektion in die Lunge, werden dort von sogenannten Alveolarmakrophagen aufgenommen und in das Lungengewebe transportiert. Dort vermehren sich die Bakterien und es entsteht ein Entzündungsherd. Von dort aus gelangen die Erreger in die Lymphknoten, vermehren sich dort weiter und stimulieren eine Immunantwort, die Lymphknoten schwellen stark an und im Lungengewebe entstehen sogenannte Granulome, die Erreger kapseln sich quasi gegen das umliegende Gewebe ab und sind somit nicht mehr gut angreifbar durch das Immunsystem. Durch spezielle Antigene in der Zellwand der Mycobakterien entshet im Organismus nun eine sogenannte Tuberkulinallergie. Die abgekapselten Entzündungsherde vernarben in der Regel, können auch verkalken und über Jahre und auch Jahrzehnte noch Bakterien enthalten. Man spricht dann von einer latenten Infektion.
Wenn bei Patienten nach Jahren oder Jahrzehnten die alten Tuberkuloseherde wieder reaktiviert werden, spricht man von der sogenannten Sekundärtuberkulose. Gekennzeichnet ist sie durch die sogenannte käsige Nekrose in den alten Herden, die sich dann durch eine enzymatische Gewebszersetzung verflüssigt. Das Ganze sieht dann aus wie bröckeliger Käse und wenn diese sogenannten Kavernen Anschluss an den Bronchialbaum bekommen, spricht man von der offenen Lungentuberkulose. Dann wird der Inhalt der Kavernen, der mit extrem vielen Bakterien durchsetzt ist, ausgehustet, was natürlich für andere Menschen eine massive Infektionsquelle darstellt.
Es können aber nahezu alle Organe sekundär mit Tuberkulose infiziert werden. Die Therapie erstreckt sich über 6 Monate, wobei mehrere Antituberkulotika genommen werden müssen. Besonders betroffen von der Krankheit sind Altersheimbewohner, Obdachlose und Asylanten aus Endemiegebieten. Die Inkubationszeit dauert 4-12 Wochen und schützen kann man sich entweder über eine Expositionsprophylaxe, sprich den Kontakt zu Erkrankten meiden, sich desinfizieren und Erkrankte isolieren. Es existiert aber auch eine aktive Schutzimpfung, die jedoch aufgrund der geringen Prävalenz in Mitteleuropa nicht mehr empfohlen wird.
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