Wieso unterschreibt man eigentlich auf einem Gips?
Einer meiner Klassenkameraden hat sich vor kurzem den Arm gebrochen. Nun trägt er einen Gips um seinen linken Arm, er kann jedoch trotzdem im Unterricht mitschreiben, da er Rechtshänder ist. In den Zwischenstunden oder in den Pausen stehen nun einige Mitschüler an seinem Tisch und wollen auf seinem Gips unterschreiben. Ein paar Mädchen haben sogar Herzchen und Blümchen auf den Gips gemalt. Auch andere Schüler aus der Klasse haben sich durch ihre Unterschrift auf dem Gipsarm verewigt. Ich selbst habe es bisher noch nicht gemacht, einfach weil ich auch glaube, dass es dem Verletzten ganz schön auf die Nerven geht, dass so ein großer Hype um ihn gemacht wird. Erst letztens meinte er die anderen sollten sich doch mal auf ihre Plätze setzen und ihn nicht dauernd nerven, hätte er keinen Gipsarm würden sie ihn auch nicht so bemuttern wollen.
Aber warum unterschreibt man eigentlich auf einem Gips? Soweit ich mich erinnern kann, wurde das immer gemacht. Das war auch schon damals in der Grundschule der Fall. Wenn sich jemand den Arm gebrochen hatte, so legte er diesen auf den Tisch und die Mitschüler schrieben ihre Namen darauf und kritzelten daneben meistens noch kleine Bildchen. Wenn der Verband dann erneuert werden musste, war alles für die Katz. Wieso ist es als eigentlich für manche Menschen so wichtig auf einem Gips zu unterschreiben? Wie gesagt haben sich manche Mädchen aus der Klasse ganz schön ins Zeug gelegt und den Gipsarm mühevoll verziert. Macht ihr das auch immer so, wenn jemand in eurem Bekanntenkreis einen Gips trägt? Oder haben es eure Freunde auch schon mal bei euch gemacht, als ihr verletzt wart?
Ich hatte noch keinen Gipsarm und auch kein Gipsbein, auf dem sich jemand verewigen hätte können. Aber ich selbst habe das auch noch nirgends gemacht. Es ist ein Vorrecht für jüngere Menschen, sich daraus eine Spaß zu machen oder durch ihre Kritzeleien dem Eingegipsten zu zeigen, dass sie mit ihm fühlen und ihn durch Unterschriften und Bildchen malen aufheitern wollen, da er ja gehandicapt ist.
Der Mensch ist ein soziales Wesen und möchte, vor allem kranken Mitmenschen eine gewisse Art von Zuneigung zeigen. Der arme gebrochene Arm ist bepackt mit einer harten Schicht. Derjenige tut uns Leid. Wie kann man ihn also aufmuntern? Wie kann man sein eigenes Mitgefühl äußern? Man nimmt also einen Stift und malt etwas darauf, damit diese Atmosphäre des Leids und des Krank seins nicht mehr ganz so präsent ist. Dazu wird dann der persönliche Name hinzugeschrieben und fertig ist das Meisterwerk.
Natürlich ist diese Art der Sozialität eher infantil und man wird kaum eine erwachsene Person mit bunten Namen und Zeichnungen auf dem Gipsarm sehen, außer wenn es sich bspw. um eine Person handelt, die beruflich mit Kindern zu tun hat. Dennoch würde ich unterstellen, dass selbst Diese es eher verhindern würde.
Ich hatte bisher 2 Mal meinen Arm in Gips. Das war auch während der Schulzeit, nur leider war es immer der linke, sodass ich also (leider) noch schreiben konnte. Es war in der 5. und 6. Klasse, soweit ich mich erinnern konnte. Den ersten Gips, musste ich viele Wochen tragen, da mein Handgelenk total zerschmettert war. Direkt an dem ersten Tag, wo ich wieder in die Schule gegangen bin, haben auch schon die ersten meiner Klassenkameraden, mir auf den Gipsarm geschrieben. Viele haben einfach nur ihren Namen geschrieben oder noch einen netten Spruch und ein kleines Bild drauf gemalt. Das fand ich eigentlich ganz schön, da der Gipsarm dann nicht mehr so trostlos ausgesehen hat.
Auch ich habe mich schon auf mehreren eingegipsten Körperteilen verewigt. Ich denke, dass man es macht, zum ersten, dass es ein wenig fröhlicher aussieht. Dazu vielleicht, dass derjenige weiß, der den Gips trägt, dass die anderen an ihn denken. Aber in erster Linie, um vielleicht über das kleine Handicap hinwegsehen zu können, wenn man einen schönen bunten Gips trägt.
Ich habe auch mal bei einer Freundin etwas auf den Gips geschrieben, als sie sich den Arm gebrochen hatte. Das war noch in der Grundschule, als das passierte. Wir haben es einfach gemacht, um ihren Gips zu verschönern und ihr so zu zeigen, dass sie uns eben Leid tut. Allerdings durfte sie den Gips auch später behalten, als er ihr abgenommen wurde. Er wird ja nur der Länge nach aufgeschnitten und bleibt ansonsten erhalten. Es muss also nicht zwangsläufig so sein, dass ein Gips mit Unterschriften und Zeichnungen dann weggeworfen wird.
Ich kenne es auch nur so, dass die Freunde es toll fanden, wenn man sich auf ihrem Gips verewigte. Sie haben dann sogar gefragt, ob man etwas darauf schreiben oder malen möchte. So ist der Gips doch auch nicht mehr so langweilig und eben individuell.
Ich selbst hatte auch schon mal einen Gips, jedoch hatte ich damals das Glück mir den Arm zu brechen als wir Sommerferien hatten, ich habe also kaum einen meiner Freunde gesehen und war auch eine lange Zeit mit dem Gipsarm im Urlaub - Hätte ich Schule gehabt, dann hätten bei mir unter Garantie auch all meine Mitschüler unterschrieben. Ich selbst habe mich zum Beispiel auch schon auf vielen Gipsarmen und Beinen verewigt, aus welchem Grund ich das getan habe? Eigentlich denkt man sich dabei doch nicht wirklich etwas, oder?
Ich selbst finde eigentlich, dass ein Gipsarm an sich immer recht blöde aussieht, auch wenn man heute schon die Farbe des Verbandes recht großzügig auswählen darf - Aber mit einem bisschen Farbe und gekritzel darauf sieht das ganze doch schon recht einzigartig aus und wird zum individuellen Hingucker. Auch kann man so seinen Anteil zeigen, dem man mit dem betroffenen hat und ihm "schriftlich" alles Gute wünschen, bis das Teil wieder abkommt, vielleicht besser als eine langweilige Gute-Besserungs-Karte, die ja früher oder später auch im Müll landet, oder hebt ihr echt über Jahre hinweg alle Grußkarten, etc auf?
Auch für den Betroffenen mit dem Gipsarm ist es sicherlich nicht so schlimm, wenn er von allen Aufmerksamkeit bekommt - Wenn dann noch viele Mädels mit ihm in seiner Klasse Mitleid haben und bei ihm sein wollen und auf seinem Arm unterschreiben wollen? Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ihm diese Aufmerksamkeit nicht gefällt . Außerdem finde ich es auch recht tröstend, wenn man dann mal aufgrund seines Armes/Beines etwas nicht machen kann, zu sehen, dass viele Leute bei einem unterschrieben haben und einem alles Gute wünschen und ihr Beileid zeigen.
Ich hatte als Kind einmal einen gebrochenen Arm und somit hatte ich auch einen Gipsverband. Bei mir war es damals auch so, dass sich Freunde von mir auf dem Gips verewigt haben. Ich habe das damals wirklich toll gefunden. Gerade als Kind ist es ja so, dass man auf so etwas Wert legt und das toll findet. Es war eben mehr oder weniger auch für die anderen eine außergewöhnliche und nicht alltägliche Art und Weise sich zu verewigen.
Ich habe den Gipsverband sogar heute nach vielen Jahren noch und ich werde ihn mir auch weiter aufheben. Ist irgendwie eine Erinnerung und ich weiß auch nicht so genau, warum ich mich von diesem Gips nicht trennen mag. Es sind aber eben nicht nur Unterschriften darauf, sondern auch kleine Sprüche oder Zeichnungen. Einige haben sich da echt "bemüht". Warum man es macht, kann ich auch nicht genau erörtern, aber ich habe es einfach nett und damals auch lustig empfunden.
Also ich finde es eine schöne Sache, auf dem Gips eines anderen zu unterschreiben. Zum einen verschönert es den doch meist sehr langweilig aussehenden weißen Gips. Zum anderen zeigt man dem Verletzten, dass man an ihn denkt. Vor allem die Herzchen und so zeigen doch ein recht großes Mitgefühl finde ich. Dass der Junge in deiner Klasse eher genervt ist davon ist eine andere Sache und ich kann es auch nur ein wenig verstehen. So wie du das schilderst, stehen die Mitschüler ja in jeder Pause Schlange vor seinem Tisch und belästige ihn. Ist das wirklich so extrem oder ist der Junge eher ein Außenseiter und ist den hype um seine Person nicht gewohnt bzw. glaubt er nicht an die Aufrichtigkeit der Mitschüler?
Warum man auf einem Gips unterschreibt, weiß ich auch nicht genau. Aber ich finde es trotztem eine tolle Sache. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass es auf Dauer lästig ist, wenn man ständig was auf den Arm gemalt bekommt.
Es ist aber auch eine Ablenkung von der Verletzung. Wenn man immer nur einen langweiligen Gips sieht, dann ist das auch nicht gut. Und es zeigt, dass andere Leute an einen denken und sich auch wirklich Mühe geben, wenn sie etwas drauf schreiben oder malen.
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