Allgemeinbildender Unterricht an Berufsschulen sinnvoll?

Wer schon mal einen Beruf gelernt hat, der kennt bestimmt die folgende Situation: Es ist ein verregneter, trister und trüber Tag im Winter und es ist gerade wieder Berufsschulzeit. Man langweilt sich endlos im Unterricht bei Lehrern, von denen man weiß, dass sie sowieso keinen Schimmer vom angestrebten Lehrberuf haben und fragt sich woher sie das Selbstvertrauen nehmen trotzdem zu unterrichten. Ich mache eine Ausbildung zum Mechatroniker und finde besonders die Fächer Deutsch und Ethik absolut sinnlos, da beide absolut gar nicht mit den eigentlich zu vermittelnden Lehrinhalten zu tun haben. Ich finde gerade diese Unterrichtsstunden immer so furchtbar, dass ich schon einmal überlegt habe die Lehre deswegen abzubrechen. Hinzu kommt noch, dass ich ausgerechnet in diesen beiden Fächern mit Lehrern gesegnet worden bin, die ich absolut unsympathisch finde.

Kann mir jemand einen triftigen Grund nennen, warum solche Fächer auch bei Berufen, die damit gar nichts zu tun haben unterrichtet werden sollten? Oder seid ihr einer Meinung mit mir?

Du findest Deutsch als Lehrfach nicht fachtypisch? Wo machst du denn deine Ausbildung? In England? Oder in Jugoslawien? Dann könnte ich deinen Einwand verstehen. Aber du scheinst deine Ausbildung doch in Deutschland zu machen oder nicht? Dann brauchst du sicherlich auch die deutsche Sprache. Einmal zum kommunizieren mit Kollegen. Dann zum kommunizieren mit Kunden. Arbeitgeber, Zulieferer und so weiter wollen auch mit dir Reden. Und ein Teil der Leute erwartet mit Sicherheit eine halbwegs sichere Rechtschreibung.

Auch deine Prüfungen werden in der deutschen Sprache stattfinden. Zu meiner Zeit war es so, wenn zu viele Rechtschreibfehler drin waren, dann kam es auch zum Notenabzug. Was sicherlich nicht dienlich ist, wenn man zwischen zwei Noten steht und es eventuell von Bestehen oder Nicht Bestehen abhängt.

Ethik ist ein wenig Auslegungssache. Soweit ich mich erinnern kann, werden im Ethikunterricht aber durchaus gesellschaftspolitische Themen besprochen. Das mag dich zwar nur zweitrangig interessieren. Aber geht es in dem Fach nicht auch um Meinungsbildung? Etwas was ich durchaus im Berufsleben auch für wichtig erachte.

Nun ja, wozu braucht ein "normalsterblicher" Mensch im normalen Leben Dinge Integralrechnung und Kurvendiskussionen? Dies sind zum Beispiel Dinge, die man aus dem normalen Mathematikunterricht mitnimmt, aber später im Leben einfach nie wieder braucht - Zumindest nicht, wenn man nicht speziell diese Fächer studieren will. Hier sehe ich es eigentlich auch in deinem Fall ziemlich ähnlich. Zwar ist die Berufsschule sehr Berufsorientiert und soll Werte und Wissen vermitteln, die einem im Berufsleben voran bringen, aber in jedem Beruf wirst du auch das Fach Deutsch an der Berufsschule gelehrt bekommen, das gehört einfach dazu, solange du in Deutschland lebst.

Hier wird eben Allgemeinwissen vermittelt, dass man einfach drauf haben sollte - Hier lernst du ja unter anderem eben auch, wie man überhaupt eine richtige Bewerbung schreibt, etc., damit du später überhaupt einen Beruf findest, wenn dich dein Betrieb nach der Berufsausbildung nicht übernehmen sollte. Ob man das ganze selbst jetzt für besonders sinnvoll hält oder nicht, ist natürlich jedem selbst überlassen, aber ich glaube nicht, dass du eine besonders große alternative Auswahl an Berufsausbildungen hast, die ohne diese Fächer gelehrt werden. Vieles lernt man eben auch einfach nur für die Schule und danach war es das dann auch und die Dinge brauchen wir nie mehr, im Langzeitgedächtnis bleibt vom gelernten eh nur ein minimaler Bruchteil.

Also ich finde schon, dass Deutsch ein sehr wichtiges Fach bei deiner Ausbildung ist. Ich behaupte sogar, es ist eines der Wichtigsten wenn nicht sogar das Wichtigste überhaupt. Deutsch ist deine Muttersprache. Deine Lehrbücher sind auf Deutsch geschrieben, wenn du später mal Rechnungen schreibst, dann müssen die fehlerfrei und sachlich richtig sein. Wenn dich die deutsche Sprache wirklich so langweilt, dann solltest du die Ausbildung vielleicht abbrechen und ins Ausland auswandern. Eine andere Ausbildung macht leider auch keinen Sinn dann, denn das Unterrichtsfach ist an deutschen Schulen nun einmal Pflicht und das ist auch gut so.

Ich halte auch in Berufsschulen eine Allgemeinbildung für äußerst wichtig! Und gerade Deutsch halte ich für besonders wichtig. Auch wenn du eine Berufsausbildung machst, möchtest du ja sicher nicht nur Wissen in deiner speziellen Fachrichtung haben. Ich glaube, du darfst von dir selber nur nicht erwarten, dass dir jedes Fach gleich gut gefällt.

Es ist schon in Ordnung, wenn dir das eine oder das andere Fach nicht so ganz liegt. Das ist denke ich bei jedem so. Bei mir war es Mathematik. Ich habe Mathe gehasst und ich habe mich auch oft gefragt, wofür ich gewisse Sachen brauche. Aber dennoch haben sie sicher nicht geschadet. Es gehört eben auch zur gewissen Grundausbildung, auch wenn ich vieles im Alltag natürlich auch nicht brauche.

Ich bin auch der Meinung, dass eine gewisse Allgemeinbildung in der Berufsschule absolute Pflicht sein muss; Gründe dafür wurden ja schon genügend genannt. Allerdings zeigt auch die Erfahrung, dass oft sowohl Lehrer als auch einen Teil der Schüler absolut demotiviert sind und dadurch der Unterricht tatsächlich zur Qual wird. Das wirkt sich dann sehr stark auf die Qualität der Lehre aus. Man müsste noch stärker versuchen, den Schülern das Interesse an Allgemeinbildung zu vermitteln anstatt nur stur Stoff zu pauken.

Andererseits sind viele Schüler mit der Berufsschule auch völlig unterfordert und langweilen sich dann natürlich auch. Diesen Leuten müsste man die Möglichkeit geben, Unterricht auf höherem Niveau zu vermitteln. Dazu müsste man diesen guten Schülern ermöglichen, die allgemeinbildenden Fächer nicht an der Berufsschule, sondern an einer Fachoberschule oder Berufsoberschule, zu besuchen. Damit hätten sie auch gleich die Möglichkeit, neben ihrer Berufsausbildung das Fachabitur zu erhalten, was ihnen viel mehr Chancen nach ihrer Ausbildung eröffnet. Und an der Berufsschule könnte man sich stärker darauf konzentrieren, die etwas schlechteren Schüler gezielt zu fördern.