Noten auf Vorsingen im Musikunterricht: Sinnvoll oder nicht?
Als ich noch in der Realschule war, musste ich im Unterricht in der Unterstufe, also 6. oder 7. Klasse genauso wie meine Klassenkameraden häufig vor der Klasse vorsingen. Damals hat man sich im Musikunterricht eh noch mehr mit dem Singen beschäftigt, in den höheren Klassen tauchten wir dann in die Instrumentenkunde ein, lernten die verschiedenen Einteilungen der Instrumente, wie man jedes Instrument nennt und was man damit anfangen kann.
Manchmal wurde das Singen sogar benotet, was ich ehrlich unfair fand, weil die, die Mitglied in einem Chor waren oder allgemein singen konnten einen klaren Vorteil hatten gegenüber denen, die nicht singen konnten. Ich gehöre zu denen, die außer schiefen Tönen nichts Gescheites zusammenbringen. Wenn jemand aus der Klasse mal etwas vorsingen sollte, so viel die Wahl immer auf einen Jungen und ein Mädchen, die die einzigen in der Klasse waren, die so richtig singen konnten. Sie bekamen beim Vorsingen dann auch eine gute Note, die anderen waren eher im Bereich befriedigend bis ausreichend.
Unsere Lehrerin kam immer mit Argumenten wie die Verbesserung unserer Gesangsstimme. Sie meinte, wenn wir noch vor der Pubertät lernen würden richtig zu singen, so würden wir es auch später mit unserer tieferen Stimme gut hin bekommen. Außerdem meinte sie würde es das Selbstbewusstsein steigern, wenn man vor der Klasse steht. Wenn man dann fertig ist und alle klatschen, dann wäre das ein triumphierendes Gefühl für uns und wir würden lernen, mehr an uns zu glauben. Damit könnte sie zwar einerseits recht haben, aber die Stärkung des Selbstbewusstseins nutzt auch nichts, wenn man keine musikalische Ader hat und deswegen auch kein Talent im Singen hat.
Jetzt wollte ich mich mal erkundigen wie das bei euch war? Meine Realschulzeit ist jetzt auch noch nicht allzu lange her, erst vergangenes Jahr habe ich meinen Abschluss gemacht, die 6. oder 7. Klasse liegt also erst gut vier bis fünf Jahre zurück. Wie war das in eurer eigenen Kindheit oder wie ist es im Musikunterricht bei euren Kindern? Musstet ihr vor der Klasse vorsingen? Wurde das ganze benotet oder habt ihr das mehr oder weniger nur zum Spaß gemacht? Was haltet ihr von der Benotung auf das Singen? Ist es nicht unfair denen gegenüber, die singen können? Das ist doch genauso wie bei einer Castingshow. Dort geht doch auch keiner hin, der ganz offensichtlich weiß, dass er nicht singen kann.
Ich glaube, das ist eins der Dinge aus meiner Schulzeit, welches ich bis jetzt verdrängt habe, das auch ziemlich erfolgreich. Meinen Realschulabschluss habe ich vor 8 Jahren gemacht und auch ich musste einmal pro Halbjahr vor der gesamten Klasse vorsingen wie meine Mitschüler natürlich auch. Dazu muss ich sagen dass ich keinerlei Talent und Stimme besitze, ich singe gerne aber eben nicht gut. Alleine im Auto oder unter der Dusche, ja gerne. Vor meinem Mann? Ab und zu weil es Spaß macht. Das wars aber auch. Ich glaube, ich habe eine der schlimmsten Simmen die ich selbst je gehört habe und treffe keinen einzigen Ton.
Ich habe den pädagogischen Sinn des Vorsingens nie verstanden und auch der Lerneffekt ist für mich kein Argument. Wenn schon vorsingen dann wenigstens in einem Raum in dem man nur mit der Musiklehrerin ist. Schon zwei Wochen vor dem Vorsingen war ich nervös und hab den Moment herbei gesehnt dass die Unterrichtsstunde vorbei ist. Jedesmal wurde ich ausgelacht und ich konnte es meinen Mitschülern nichtmal übel nehmen, ich selbst müsste lachen wenn ich mich singen hören würde.
Demnach bin ich strikt dagegen dass es eine Pflich ist im Unterricht vor allen Klassenkameraden vorzusingen. Gesang ist eben auch eine Frage von Talent und es kann niemand etwas dafür ob man mit diesem Talent gesegnet ist oder nicht. Gesang wäre das Talent, was ich mir wirklich wünschen würde aber ich habe eingesehen und akteptiert dass ich nun mal nicht Deutschland nächster Superstar werde....
Mich hat die Benotung beim Singen ehrlich gesagt nie sonderlich gestört. Ich habe da regelmäßig meine 15 Punkte bekommen und das war immer eine Möglichkeit, seinen Durchschnitt nach oben zu verbessern. Ich war eben aber auch eine von denen, die im Chor waren (da aber noch in der 5. , 6. Klasse) und Gesangsunterricht hatten. Außerdem hat meine Mutter Musik studiert und da ist dann wohl doch etwas abgefärbt. Ich kann es allerdings gut verstehen, wenn man das nicht fair findet. Nicht jeder kann singen und ganz sicherlich ist Singen auch nichts, wovon mal das Leben abhängt.
Anders verhält es sich ja durchaus beim Mathematik - oder Deutschunterricht. Den finde ich - je nach Situation - schon sehr wichtig. Wenn man da Defizite hat, ist es definitiv problematischer, als wenn man nur nicht singen kann. Aber ich frage mich auch, wieso man so etwas benoten muss. Bei der Musikgeschichte oder Notenlehre gehe ich ja noch mit - aber beim singen? Ähnlich ist es mit dem Kunstunterricht ja auch. Wenn man nicht malen kann, kann man es eben nicht und meistens hat man dann auch nicht unbedingt die Lust, dass weiter zu probieren. Wenn man es hingegen kann, macht es meist auch mehr Spaß und man ist zusätzlich interessiert.
Peinlich ist es eben auch für die die nicht singen können unter Umständen. Irgendwo hören da beim Vorsingen ja doch alle Mitschüler zu und bewerten insgeheim auch die Leistung, die man da erbracht hat. Wir hatten auch einen in der Klasse, der wirklich gar nicht singen konnte. Er hat da auch keinen Hehl draus gemacht und hat da das Lied selbstbewusst und vollkommen schief vorgesungen. Es klang schlimm - hat aber dazu beigetragen, dass wir uns köstlich amüsiert haben. Zum Glück hat ihm das absolut nichts ausgemacht, weil er dafür eine Matheass war, aber ein weniger selbstbewusster Mensch wäre da sicherlich sehr geknickt gewesen und das kann man Schülern nun wirklich ersparen.
Ich kenne das Vorsingen im Musikunterricht nur aus der Grundschule. In der dritten und vierten Klasse haben wir dafür auch Noten bekommen. Ich fand das immer ziemlich peinlich, vor der gesamten Klasse zu stehen und zu singen, weil ich einfach noch nie singen konnte. Aber zum Glück gab es ja auch noch andere Leute, die genauso schräge Töne rausgebracht haben wie ich.
Unfair finde ich eine solche Benotung allerdings nicht. Bzw. ist dann auch die Benotung im Kunst- und im Sportunterricht unfair. Na klar können die Leute, die im Chor sind, besser singen und bekommen bessere Noten, aber im Sportunterricht bekommt auch jemand, der Volleyball im Verein spielt bessere Noten, wenn in der Schule Volleyball gespielt wird. Und mit Kunst ist es doch genauso. Letztendlich ist es aber auch für alle anderen nicht unmöglich, gute Noten zu bekommen, denn man kann sowohl Singen, Sport und auch Malen sehr gut lernen.
In der Grundschule mussten wir hier nie irgendwas vorsingen. WIr haben generell im Unterricht so gut wie nie gesungen und wenn doch, dann nur in der ganzen Gruppe. Wir hatten eher Instrument-Unterricht, also Blockflöte, aber das hatte wohl so ziemlich jeder in der Grundschule.
Ich finde das Vorsingen ist eigentlich eine schöne Sache. Okay, es gibt viele, die nicht singen können oder nicht singen wollen und vielen ist es peinlich, aber wenn man etwas älter wird, legt man diese Hemmschwellen eben ab und traut sich, laut zu singen und dann klappt es auch ganz gut. Aber Singen zu benoten finde ich doch schon sehr hart, da eben nicht jeder gut singen kann und man auch nicht wirklich die Chance hat, sich so extrem zu verbessern, außer man macht im Unterricht eine komplette Einheit dazu.
Na klar haben wir früher Noten auf Gesang bekommen. Mich hat das nie sonderlich gestört, denn ich war im Chor und konnte singen.
Meine Tochter geht in die 8.Klasse einer Sekundarschule und bekommt auch Noten fürs singen. Meine Tochter kann nicht gut singen, erleidet aber trotzdem keine großen Nachteile. Wenn man nicht singen kann, dann sollte man wenigstens den Text können, dann reicht es für eine 3. In den schriftlichen Arbeiten im Fach Musik holt sie dann sehr gute Noten rein. So gleicht sich das wieder aus.
iCandy hat geschrieben:Wenn man dann fertig ist und alle klatschen, dann wäre das ein triumphierendes Gefühl für uns und wir würden lernen, mehr an uns zu glauben.
Seien wir mal ehrlich, es wird auch geklatscht, wenn man ein total grottiges Referat vorgetragen hat oder sonst wie schief gesungen hat. Geklatscht wird immer, einfach aus Höflichkeit. Das einzige was euch dadurch mitunter eingetrichtert wird, ist wegen allem und jedem stolz auf euch zu sein, auch wenn es absolut keinen Grund dafür gibt. Wie das so endet wissen wir, dazu gab es auch schon einige Beispiele hier im Forum.
Ich besuche zurzeit die gymnasiale Oberstufe in NRW, hier wird im Unterricht nur bei den kleinen gesungen, also fünfte und sechste Klasse. Die Kinder kommen frisch von der Grundschule und brauchen da eben auch mal was, wo sie sich ein bisschen bei abreagieren können. Dann wird aber auch wirklich nur im Chor gesungen. Wenn die Kiddies dann irgendwelche Liedchen aus bekannten Soaps oder Musicals singen wollen, meldet sich schon mal die eine oder andere Stimme, die den Solopart übernehmen will, ansonsten wird eine Gruppe dafür ausgesucht und gut ist. Alleine muss da niemand singen!
Dafür gibt es bei uns Vokalpraxis. Dieses Fach wird aber der Oberstufe eingeführt und ist anstatt von Musik zu wählen, hier wird dann speziell das singen benotet, wobei man sich auch hier in den meisten Fällen aussuchen kann, ob man alleine vorsingt oder in der Gruppe. Das finde ich schon fair. Wenn man normal Musik wählt, wird kein Gesang benotet, dass steht auch in NRW nicht auf dem Lehrplan und darf daher so gesehen nicht gemacht werden, was ich auch sehr gut finde, denn Musiktheorie und Gesang sind für mich dann doch zwei verschiedene Dinge, die man auch so behandeln sollte.
Bei uns wird dann in der Oberstufe auch etwas völlig anderes gemacht, als das von dir erwähnte. Einen kurzen Crashkurs in Sachen Instrumentenkunde hat es wohl irgendwann in der fünften gegeben, später werden Werke analysiert, musikalische Epochen, kompositorische Techniken, Harmonieanalyse, Funktionalität und dergleichen. Ab und an haben wir auch klassische Konzerte besucht und die Klausuren bestanden auch meist aus der Analyse und Einordnung eines oder mehrere ausgewählter Werke. Darin bestand der Musikunterricht und nicht im Singen.
An meinen Musikunterricht in der Schule kann ich mich nicht mehr so großartig zurückerinnern, aber ich weiß, dass keiner von uns vorsingen musste. Wir haben auch keine Lieder eingeübt oder dergleichen, sondern das eine oder andere Instrument kennengelernt und uns damit auseinandergesetzt, als auch mal vor sich hingespielt. Für die richtige musikalische Unterhaltung gab es Chöre oder auch Arbeitsgruppen in zwei, drei verschiedenen Varianten, um sich da auszutoben, aber zusammen gesungen, geschweige denn ein Vorsingen gab es nicht und so wurde es auch nicht benotet.
Ich finde es etwas merkwürdig, dass man danach benotet, weil der eine oder andere eben absolut keine Singstimme hat und auch, wenn er die Töne trifft, kann es recht grausam klingen. Dass so etwas dann das Selbstbewusstsein steigern kann, ist sicherlich in der Theorie so, aber ich hätte damals ehrlich gesagt nicht vorsingen wollen und dann einen scheinheiligen Applaus kassieren wollen.
Wir hatten damals klassische Stücke interpretiert beziehungsweise sollten da die Noten und die Schnelligkeit der Noten herausfinden und solche Sachen. Leute, die damals im Chor waren oder in der Musik-AG hatten einen kleinen Vorteil gehabt, das muss ich schon zugeben und dort ist die Musiknote dann immer ein wenig besser ausgefallen, wobei unser Musiklehrer uns noch in zahlreichen anderen Fächern unterrichtet hatte und nicht unbedingt den Lehrstoff so durchgegangen ist, auch wurde nicht immer nach Können oder so benotet, sondern der Nase nach. Es war halt so.
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