Gefühllosigkeit erstrebenswert?
Bessere Welt ohne Gefühle? Einer meiner Lieblingsfilme (Equilibrium), handelt von der totalen Gefühllosigkeit der Menschen. Ein täglich zu konsumierender Stoff (Prozium) unterdrückt jegliche Gefühlsregung und macht die Menschen im Film zu funktionierenden Maschinen.
Mich selbst nerven Gefühle und Gedanken manchmal sehr, besonders wenn ich sie nicht einfach abstellen kann wann ich will und wenn sie mich gerade dann erwischen, wenn ich eigentlich keine Lust habe etwas zu fühlen (meist im negativen Sinn). Wenn ich mir vorstelle, dann ein Mittelchen nehmen zu können, was mich einfach kalt macht, dann halte ich das manchmal für eine sehr angenehme Vorstellung.
Ich glaube allerdings, dass ich zu subjektiv an die Sache heran gehe und mich interessiert, ob eine Welt ohne Gefühle überhaupt existieren könnte? Gefühllosigkeit bedeutet ja gleichzeitig auch, Skrupellosigkeit, fehlendes Mitgefühl und weiteres, was zu einer steigenden Anzahl an Verbrechen führen könnte. Allerdings haben vollständig fehlende Gefühle ja auch zur Folge, dass es keine Regungen wie Neid, Missgunst, Rache und Hass mehr gibt, was wiederum sinkende Kriminalitätsraten zur Folge haben könnte.
Wäre es möglich, ein komplettes Leben ohne Gefühle zu leben? Würdet ihr eure inneren Regungen gerne manchmal ausschalten und einfach nur stumpf vor euch hin leben oder braucht ihr eure Gefühle? Gibt es vielleicht natürliche Methoden, die eigenen Gefühle abzuschalten oder zu lindern, wenn sie gerade etwas unpassend sind oder muss man da einfach durch?
Ich käme nicht einmal ansatzweise auf die Idee, auf meine Gefühle verzichten zu wollen oder auch nur darüber nachzudenken wie es wäre, ohne jegliches Gefühlsempfinden zu sein. Wie kann man das wollen? Ich finde gefühlskalte Menschen unheimlich schlimm, weil diese gar nicht wissen, was sie verpassen. Ich hatte auch noch nie das Empfinden, dass ich meine Gefühle gerne ausschalten würde, denn Gefühle sind meiner Meinung nach wichtig. Nicht nur für Zwischenmenschliche Beziehungen, auch Gefühle wie Mitgefühl, Sehnsucht oder Hoffnung würden dann komplett ausfallen. Das sind zwar nur ein paar Beispiele, aber die genügen für mich schon, dass ich das gar nicht wollen würde. Es wäre meiner Meinung nach ganz schlimm, wenn es keine Gefühle mehr auf der Welt gäbe.
Theoretisch gäbe es bei einer Welt komplett ohne Gefühle sicherlich auch keine Gewalttaten oder Straftaten im Allgemeinen mehr, da es Wut, Geldgier oder Neid ja auch nicht mehr gäbe. Trotzdem halte ich, da ich sehr großen Wert auf besonders die positiven Emotionen, die ein Mensch so haben kann, lege, eine Welt ohne Gefühle als eine der schlimmsten Dystopien, die man sich so vorstellen kann.
Wozu würde man denn dann auch noch leben? Ich würde nicht wissen, wozu das Leben gut sein könnte, wenn man sowieso nichts empfinden würde, und nur eine Arbeitsmaschine wäre. Das wäre doch sinnlos, denn zumindest ich lebe dafür, ein angenehmes Leben zu haben. Also, nicht als Ziel, das ich irgendwann einmal vielleicht erreichen werde, sondern ich möchte einfach das gesamte Leben möglichst schön verbringen. So schön wie möglich jedenfalls. Spannende Dinge erleben, Neugierde fühlen, lieben, geliebt werden, und all die anderen Dinge. Gefühle machen doch das Menschsein erst aus.
Ich kenne leider auch Phasen, in denen die Trauer oder Enttäuschung so groß ist, dass man sich wünscht, man könnte die Gefühle einfach schnell komplett abschalten. Es gibt, de facto, auch psychische Krankheiten, wo dann genau das passiert. Ein Mensch mit zu argem Stress beispielsweise, der kann auch, nach einem zu schlimmen Erlebnis, eine Zeit lang "das Gefühl haben", keine Gefühle zu haben. Nach traumatischen Erlebnissen kommt das bei den Betroffenen oft vor. Es ist vielleicht auch ein Schutzmechanismus des Körpers, das schlimme Erlebte irgendwie verkraften zu können, bis der Schmerz geringer geworden ist. Aber die Leute, die dann plötzlich wirklich nichts fühlen, oder fast nichts, die leiden dann zumeist extrem darunter, weil sie eben glauben, sie verpassten etwas. Oder weil sie es einfach nicht aushalten, dass es sich so leer und sinnlos anfühlt. Die schönen Emotionen, an die sie sich von vorher noch erinnern können, fehlen ihnen. Es ist wirklich schlimm, keine Emotionen haben zu können! Eine kurze Zeit würde man es vielleicht als Segen betrachten, weil Schmerz oder Trauer weg sind, aber auf Dauer wäre es einfach nur unerträglich.
Übrigens gibt es Antidepressiva, die sehr stark wirken und den Patieten die Gefühle komplett nehmen. Das ist für mich grauenvoll, sodass ich nie dazu raten würde, solche Medikamente dauerhaft zu verwenden. Zur Überwindung einer kurzen Zeit wären sie, um einen Patienten vor Suizid zu schützen, als Beispiel, durchaus noch hinnehmbar. Aber eben nur als totale Ausnahme und Notlösung. Niemals für den Dauergebrauch. Aber auch dann bin ich diesem Teufelszeug gegenüber extrem skeptisch.
Wie ihr seht, es ist also eigentlich wahnsinnig schlimm und traurig, keine Gefühle zu haben. Also seid froh, dass ihr eure habt, auch, wenn sie manchmal wirklich sehr lästig sind. Aber das macht euch als Menschen nun einmal aus, und es gehört einfach zum Leben dazu. Die negativen Gefühle, die ihr bisher hattet, habt ihr ja auch schon alle überleben können, egal, wie schlimm sie waren, sonst wärt ihr jetzt nicht mehr hier und könntet hier auch nicht mehr schreiben. Von daher: Es wird so weitergehen. Negative Phasen werden sich auch die nächsten Male überleben lassen. Und es kommen auch wieder bessere Zeiten, im Normalfall. Es gibt also keinen Grund, seine Gefühle komplett loswerden zu wollen, was nur zu einem Zustand führen würde, der eigentlich viel schlimmer ist, als jede kurze negativ-emotionale Phase.
Auf Gefühle verzichten wollen würde ich auch nicht, und ich kann mich nun nicht an eine einzige Situation in meinem Leben erinnern, in der ich von Gefühlen genervt gewesen wäre, auch, wenn es sicherlich unzählige Situationen gab, in denen ich glaubte, an Gefühlen kaputtzugehen. Diese Gefühle, die ich als belastend empfinde, sind aber vor allem die negativen, und ich habe sicherlich kein Problem am Gefühl der Freude oder der Liebe oder gar der Glückseligkeit. In Phasen aber, in denen negative Gefühle wie Ärger, Wut, Trauer und sonstiger emotionaler Schmerz überhand zu nehmen scheinen, hatte ich schon häufiger den Eindruck, dass diese Gefühle gar nicht mehr enden zu wollen scheinen und auch bedeutend länger anhalten als eben diese anderen, positiven Gefühle, deren Empfindung mir in schweren Momenten vergleichsweise kurz erscheint. Dennoch halte ich es überhaupt nicht für erstrebenswert, auf Gefühle komplett zu verzichten, denn im Endeffekt sind die positiven Gefühle in meinem Leben doch genauso stark und zahlreich vertreten wie die negativen.
Ein Leben ohne Gefühle ist für mich überhaupt nicht vorstellbar, weil ich denke, dass sich so ziemlich alles in Gefühlen verwurzelt und viele Handlungen überhaupt erst über Gefühle möglich sind, wofür diese Gefühle aber erst einmal da sein müssen. Auch denke ich, dass die verschiedensten vermeintlich rationalen Dinge sich über bestimmte Gefühle, die in irgendeiner Form ursächlich waren, überhaupt erst ergeben, auch, wenn das eigentliche Gefühl bei Vorliegen des entsprechenden Ergebnisses nicht mehr unbedingt spürbar ist. Aber es wird doch so sein, dass viele Bereiche der Forschung, auch aus länger vergangenen Zeiten, beispielsweise ebenfalls durch ein Gefühl, das allem voranging, entstanden sind. Vermutlich war es häufig das Gefühl der Neugier, das für Forschungen ursächlich war, auch, wenn hier die Verstandesebene recht schnell das Gefühl der Neugier ablösen dürfte.
Meine Gefühle abschalten zu wollen, kann ich mir jedenfalls aber überhaupt nicht vorstellen, denn ich denke, dass ich sonst einfach nur noch eine leere, beinahe leblose Hülle wäre. Schließlich machen Gefühle doch mein Wesen aus und lassen mich überhaupt erst wirklich ein Mensch sein. Was wäre ich denn ohne Gefühle? Ein Körper mit etwas Wissen, ohne Freunde, weil ich mich dafür nicht interessieren würde, zumal ich mir rational nicht die Wichtigkeit von Freunden erklären könnte, wenn ich nicht Gefühle entsprechend hoch bewerten würde, was ja wiederum der Fall wäre, wenn ich gar keine empfinden könnte, nicht?
Ich habe vor einiger Zeit in einer Zeitschrift mal einen Artikel über Menschen gelesen, die eine entsprechende psychische Störung aufweisen, die verhindert, dass diese Menschen Gefühle empfinden können. Es war wirklich hochinteressant, aber auch stark beklemmend, zu lesen, wie ein solcher Mensch, nach dem Du hier fragst, sein Leben überhaupt leben kann und wie er seine Mitmenschen, die diese Störung nicht haben und in der Lage sind, Gefühle zu verstehen und selbst zu empfinden, damit wiederum belasten muss. Leider habe ich den Namen dieser Störung vergessen, aber bestimmt lässt sich darüber via Google Näheres herausfinden, wenn Dich das interessiert.
Wenn einen seine eigenen Gefühle, beispielsweise die Angst, stark belasten und man sich dagegen wehren will, diese Angst einen zu großen Platz im eigenen Leben einnehmen zu lassen, kann man dagegen allerdings tatsächlich etwas tun. Es funktioniert auch mit anderen Gefühlen, allerdings immer nur bezogen auf eine ganz bestimmte Situation oder einen ganz speziellen Menschen, nicht ganz allgemein und nur auf dieses Gefühl bezogen, das man sozusagen ausknipst – zum Glück. Die Vorgehensweise ist hier, dass man sich selbst benennt, welches Gefühl man gerade empfindet und sich danach erklärt, wovor man Angst hat, wenn es denn die Angst ist, die das eigene Gefühl beschreibt. Anschließend erklärt man sich selbst, weshalb man Angst hat und spielt die Situation, vor der man Angst hat, gedanklich durch. Während dieses Denkprozesses wird die Emotionalität von der Rationalität überlagert und ausgeschaltet, das Gefühl wird nicht mehr empfunden. Es kehrt zwar irgendwann wieder, ist aber mit dieser Technik erneut auflösbar. Manchmal ist das sehr hilfreich, besonders wirklich in Angstsituationen. Alle anderen Gefühle würde ich auf diese Weise aber nicht versuchen abzuschalten, und das wird erfreulicherweise so auch gar nicht möglich sein, jedenfalls nicht auf die Weise, dass man am Ende eine gefühllose Hülle ist.
Auch, wenn ich die ein oder andere Situation, die mir widerfährt am liebsten aus meinem Leben streichen würde und mich die Auseinandersetzung damit meist sehr mit nimmt und fertig macht, würde ich nicht gänzlich auf Gefühle verzichten wollen. In erster Linie würden ja auch gerade alle positiven Gefühle aus unserem Leben schwinden und diese möchte ich persönlich niemals missen. Für mich gehören sie zum Leben genauso dazu wie auch die ein oder andere negative Erfahrung. Letztere helfen uns Fehler zukünftig zu vermeiden oder machen uns schließlich zu stärkeren Menschen.
Eigentlich könnte man sich in einer Welt komplett ohne Gefühle auch direkt das Leben nehmen, weil Gefühle ein großer Teil des Lebens sind. Wenn man wirklich komplett abgestumpft und absolut rational ist, wird man sich nie über etwas freuen können und daher auch keinen Antrieb für irgendwelche Dinge haben, die einem theoretisch Spaß bereiten könnten. Dieser Spaß ist aber uninteressant, wenn man ihn ohnehin nicht empfindet. Daneben fehlen natürlich auch alle anderen Gefühle. Auf manche kann man sicher leichter verzichten als auf andere, aber ich glaube, dass es doch eine sehr kalte und einsame Welt wäre, wenn es keine Gefühle gäbe. Ich habe dazu gerade das Bild aus dem Film „Metropolis“ im Kopf, in dem die Arbeiter zur nächsten Schicht in die Fabrik marschieren.
Natürlich habe ich mir trotzdem schon gewünscht, gefühllos zu sein. Ich vermute, dass viele Leute sich schon entsprechende Gedanken gemacht haben. Bei näherer Betrachtung wirkt das alles nicht mehr so attraktiv, aber es kann kurze Momente geben, in denen eine Welt ohne Gefühle erstrebenswert erscheint. Ich denke, dass ich in manchen Bereichen auch nicht mehr so emotional bin wie das vielleicht mal der Fall war und das kommt mir auch entgegen. Aber komplett möchte ich nicht auf Gefühle verzichten.
Vor ein paar Jahren habe ich mir gewünscht, absolut gefühllos zu sein. Zu der Zeit trennte sich meine bis dato größte Liebe von mir und ich fiel für fast zwei Jahre in ein ziemlich tiefes Loch. Da wäre es absolut toll gewesen, diese Gefühlsduselei abstellen zu können, weil diese Zeit so kraftraubend war. Mittlerweile bin ich da schon deutlich rationaler geworden und ich denke, dass ich mich im Zweifelsfall heutzutage lieber vorher trennen würde, bevor noch einmal stärkere Gefühle zu jemandem entstehen können. Ein bisschen Verliebtheit würde ich aber dennoch erhalten wollen, sofern mich mal jemand begeistern kann.
Eine weitgehende Gefühllosigkeit wünsche ich mir auch, wenn ich etwas über Tierquälerei lese oder höre. Tierversuche und andere abscheuliche Verbrechen von Menschen an Tieren belasten mich sehr und ich wünschte, dass mich solche Dinge nicht so belasten würden. Das ist aber mittlerweile das einzige Thema, das mich wirklich belastet und daher wäre nur in diesem Bereich eine Gefühllosigkeit erstrebenswert. Ansonsten gibt es aber praktisch nichts mehr, was mich wirklich belasten könnte.
Es gibt auch viele Bereiche, in denen ich auf keinen Fall auf meine Gefühle verzichten möchte. Ich möchte weiterhin Freude und Glück empfinden können. Es gibt noch eine ganze Reihe von positiven Gefühlen, die ich nicht verlieren möchte. Vermutlich ist das eine ganz typische Einstellung – die negativen und traurigen Gefühle möchten sicher viele Leute loswerden, die positiven Gefühle im Gegenzug aber auf keinen Fall aufgeben. Wenn es nur eines der Extreme gibt, würde ich mich für die Gefühle entscheiden, ganz unabhängig davon, ob sie negativ oder positiv sind. Ein kompletter Verzicht auf sämtliche Gefühle ist sicher alles andere als erstrebenswert.
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