Statistiken über alles Mögliche führen
Ich wollte mich mal erkundigen, ob es so sonderlich seltsam oder selten ist, wenn ein Mensch über alle möglichen privaten Dinge, die ihn selbst betreffen, Statistiken anlegt. Und zwar einfach nur, weil es ihm Freude macht, Dinge zu ordnen oder zu sortieren, oder aber, weil es ihn erfreut, am Ende zu sehen, was er so in einem bestimmten Zeitraum erreicht hat.
Genau genommen bin ich so ein Mensch. Ich lege über alles Listen an, und für Statistiken gilt dasselbe. Wie einige von euch schon im Thread über Traumtagebücher vielleicht haben lesen können, weiß ich haargenau mit einem Blick auf meine Listen, wie viele Träume ich so im letzten halben Jahr hatte, wie viele Tage mit Traum, wie viele Träume pro Tag, wie viele luzide Träume, und so weiter. Ebenso sieht es bei mir mit anderen Hobbies aus. Die Menge an Bildern, die ich male oder zeichne, die Bücher, die ich lese, die Dinge, die ich nähe, die Orte, die ich besucht habe. Und immer kann man dann auch schön einen Tages-, Wochen- oder Monatsdurchschnitt errechnen, wenn man denn möchte.
Aber ich notiere dabei auch keine zu banalen Dinge. Also, mir aufzuschreiben, wie oft ich an einem Tag telefoniert, mir die Hände gewaschen oder mich am Kopf gekratzt hätte, das käme mir nicht in den Sinn. Dafür bin ich dann wohl doch noch nicht seltsam genug. Meine ganze Datenerfasserei und Statistikerrechnerei bezieht sich immer nur auf bestimmte Hobbies von mir. Vielleicht ist das irgendwie schon etwas freakig, aber so psychopathisch, wie es mir vorkäme, mir beispielsweise die Häufigkeit meines Nasereibens oder was auch immer man noch notieren könnte, schriftlich festzuhalten, so schlimm kommt es mir dann doch nicht vor. Zum Glück.
Nun überlege ich die ganze Zeit, was es eigentlich sein könnte, das einem daran so gefällt. Ich weiß es selbst nicht genau. Es macht einfach Spaß. Ist es irgendein Kontrollzwang? Der würde sich dann aber in meinem sonstigen Leben nirgends äußern, daher denke ich, wäre das unwahrscheinlich. Na ja, ich tue es einfach als eine meiner Marotten ab, die weder mir, noch anderen Menschen schaden, also ist es doch ganz gut so. Ich habe auch nicht das Gefühl, mir damit irgendwie Schwierigkeiten zu bereiten, also was soll das alles, jeder hat eben so seine Eigenheiten, die man hinnehmen sollte.
Übrigens bin ich sonst gar kein so analytischer oder geordneter Mensch. Meine Räumlichkeiten sind eigentlich sogar eher chaotisch, wie ich zugeben muss. Ob diese schriftliche Ordnung und Berechnung ein ordentlicher Gegenpol zu meinem sonstigen "Chaos", übertrieben ausgedrückt, ist? Oder ist es einfach die Freude, zu sehen, dass ich beispielsweise fünfzehn Bücher in einem Monat zu lesen geschafft haben? Ich weiß, eigentlich sollte ich das selbst am Besten wissen.
Und stimmt das eigentlich, dass Menschen mit mehr oder weniger stark autistischen Ausprägungen sehr zu so einer Sortiererei und zu zahlreichen statistischen Berechnungen neigen? Oder ist das eine seltene Behauptung, die außerdem auf keinerlei Wahrheitsgehalt fußt?
Zunächst einmal: Ich kenne das von dir beschrieben Phänomen nur zu gut. Ich habe es allerdings in einer anderen Form. Ich fertige mir keine Statistiken über Ausflüge, Unternehmungen, Anzahl der gelesenen Bücher etc. an. Wobei du ja weißt, dass ich auch ein Traumtagebuch geführt habe, bzw. ein wenig nachlässig führe. Von daher schon eine Übereinstimmung
Die Dinge, die ich mir notiere, sind beispielsweise meine Tonträger- / Filme- / Videospiel- und Büchersammlungen (oder andere Sammelobjekte). Also bei mir bezieht sich das eher auf diesen materiellen Bereich, während ich Erlebnisse, Ausflüge, Reisen und Ähnliches sehr gut im Gedächtnis habe, oder aber Fotoalben und Fotoordner anfertige. Ein weiteres Beispiel ist meine Kleidung. Ich bin da nicht so penibel, dass ich meinen gesamten Kleiderschrank aufliste (bei Socken und Unterwäsche habe ich beispielsweise gar keinen Überblick), jedoch weiß ich dank Notizen haargenau welche Hemden, Hosen, Jacken und Schuhe ich besitze. Spontan fällt mir da niemand aus meinem Bekanntenkreis ein, der das auch aufschreibt.
Bei der Frage nach dem "warum" fällt mir direkt etwas ein: Die Angst vor dem Verlust. Ich nehme einfach an, dass diese in meinem Falle im materiellen Sektor ausgeprägter ist, während bei allen "geistigen" Gütern ein Sicherheitsgefühl überwiegt. Beim Traumtagebuch sieht man das sehr gut: Je öfter und detaillierter man die Träume niederschreibt, umso öfter kann man sich auch an Träume erinnern. Dort wirkt es also einerseits als Schutz vor dem Verlust der Erinnerung und andererseits fördert es die Häufigkeit des Erinnerns.
Eine weitere eher ungewöhnliche Liste ist meine "Adress-Liste. Diese beinhaltet nämlich nicht Adressen von Personen, die ich zwangsläufig kenne, sondern jene von Personen, die alle einem gewissen Umfeld entspringen (nähere Erläuterungen wären hier überflüssig). Diese Auflistung zeugt von einer gewissen Doppelnatur. Zum einen schreibe ich die Adressen und Daten nieder um eventuell doch mal Kontakt aufbauen zu können. Zum andern war es teilweise auch recht schwer, beziehungsweise umständlich an diese Informationen gelangen, so dass es einem auch eine gewisse Herausforderung stellt an dieser erstmal zu kommen. Hat man diese überwunden, ist es ein "angenehmes" Gefühl dies zu dokumentieren. Ich weiß, das muss jetzt krank geklungen haben.
Auch in dem Punkt was meine räumlichen Lebensumstände angeht muss ich dir beipflichten. Ich würde diese nämlich durchaus als "chaotisch", teils "katastrophal" bezeichnen. Daher bezweifle ich, dass es da einen Zusammenhang gibt.
Als Statistiken würde ich es weniger bezeichnen, aber ich liebe es ebenfalls unterschiedliche Daten festzuhalten. Was ich früher gemacht habe, dass waren beispielsweise so Sachen, wie das ich mir aufgeschrieben habe, wie viele Bücher ich in einem Monat gelesen habe. Ich habe das gemacht, weil ich eine Zeit lang mal nicht ganz so viel Zeit dafür hatte und meine Bücher dann vernachlässigt habe, wobei ich mir dann irgendwie unwohl vorkam und dann fing ich an aufzuschreiben, wie viele Bücher ich im Monat gelesen hatte, als wollte ich sicher stellen, dass ich genug las. Dabei notierte ich mir nicht nur die Anzahl, sondern auch, wie gut ich das Buch fand. Ich notierte die Titel in chronologischer Reihenfolge und daneben gab es Sternchen zu vergeben, insgesamt drei Stück. Wenige Bücher bekamen drei Sterne, einige bekamen zwei Sterne, manche nur einen und viele Bücher bekamen auch gar keinen Stern, was einfach darauf hinweisen sollte, dass ich zukünftig dass Buch nicht wiederholt lesen sollte und mich vielleicht auch von dem besagten Autor fernhalten sollte. Ich führe die Liste bis heute fort.
Daneben habe ich eine Art ''Lebensliste'', die ich einmal mit Freunden zusammen gestellt habe. Auf dieser Liste stehen Dinge, die ich haben möchte oder die ich im Laufe meines Lebens erreichen möchte. Es stehen zeitnahe Dinge auf dieser Liste, wie beispielsweise ein bestimmtes Buch zu erwerben und zu lesen, eine bestimmte Pflanzenart zu kaufen, oder ein Konzert zu besuchen, aber es stehen auch Dinge auf dieser Liste, die sich in den nächsten Monaten nicht erfüllen werden, wie beispielsweise das Auto welches ich mal haben möchte, meinen Bachelor, mein Master und meine Promotion, das Haus was ich später gerne besitzen würde und die Länder, die ich bereisen möchte. Neben den Dingen steht dann, ob ich sie erreicht habe oder nicht und daneben die Anzahl der Tage, die ich vom Erstellungsdatum bis hin zur Erfüllung gebraucht habe.
Seit neustem führe ich nun auch Buch über das Leben meines jungen Kronengeckos, wie ich in diesem Thread schon mal beschrieben habe: Tagebuch über Haustier führen?. Kronengeckos sind Tiere die noch nicht in allen Bereichen erforscht wurden, so dass es immer wieder Neuigkeiten über die artgerechte Haltung und andere Faktoren gibt, die alte Theorie wieder vom Sockel hauen und so weiter. Viel habe ich mir von meinem Freund abgeschaut, aber ich fand es wichtig, die Daten meines eigenen Geckos gesondert festzuhalten. Ich habe beispielsweise als erstes angefangen wesentliche Daten wie Größe und Gewicht aufzuschreiben, die ich alle paar Wochen kontrolliere und ergänze.
Daneben kamen dann die Uhrzeiten hinzu, zu denen mein Gecko erwachte. Somit konnte ich feststellen, dass er beispielsweise vor seiner Häutung länger schlief als sonst und es auch davon abhing, wie viele Sonnenstunden es im Terrarium gab. Schließlich kamen dann noch die ganzen Ernährungsgewohnheiten hinzu, ich notierte mir, welche Früchte mein Gecko gerne verspeiste und welche nicht, ich habe einen extra Kalender dafür, in dem ich jeden Tag notiere, was das Gecko gegessen hat und wie viel davon. So habe ich seine Vorlieben und Abneigungen recht schnell herausgefunden und bin darauf ehrlich gesagt auch recht stolz. Es stehen hier die Insekten, die er gerne verspeist, wie viele davon und welche Größe. Die Entwicklung lässt sich recht gut beobachten. Im ganzen würde ich aber schon sagen, dass ich eher der mathematisch-analytische Mensch bin und man es der Ordnung in meinem Zimmer auch ein wenig abschauen kann.
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