Ehe und Kinder trotz religiöser Unterschiede?
Ich kenne ein paar Ehepaare die beide eine verschiedene Religion haben. Da habe ich mich mal gefragt, wie das gehen soll, weil der zum Beispiel bei einer Familie der Mann christlich orthodox und die Frau dem Islam angehört. Beide haben ihre Religion beibehalten und auch Kinder. Da stellt sich für mich die zweite Frage. Sind die Kinder nun Orthodox oder Moslems?
Die meisten der Ehepaare sind Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien. In der Kriegszeit sind sie nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz geflüchtet. Bei der Flucht haben sich die meisten auch kennengelernt. Unter diesen Flüchtlingen waren Serben(orthodox), Kroaten(katholisch) undBosnier (Islam). Daraus kann man schnell erschließen, dass die Männer oder die Frauen, die dem muslimischen Glauben angehören aus Bosnien kamen.
Bei dem Glauben der Kinder dürfen glaube ich die Eltern frei entscheiden welche Religion die Kinder angehören. Ich kann mir eher weniger denken, dass man zwei Religionen gleichzeitig angehören kann, aber vielleicht geht das ja. Ich habe einen Freund von mir gefragt, welche Religion er angehört, da sein Vater katholisch und seine Mutter muslimisch war. Er sagt mir, dass er katholisch sei.
Welche Religion gehört das Kind an? Kann man das frei entscheiden? Kann der eine Partner zur Religion des anderen konvertieren? Kennt ihr Leute, deren Eltern zwei verschiedene Religionen haben?
Ich weiß, das ein Kind im Normalfall die Religion des Vaters bekommt, da er das Familienoberhaupt ist. Das war früher jedenfalls so, und viele Ehepaare mit verschiedenen Konfessionen kommen dieser alten Tradition heute noch nach. Ich kenne mich jetzt nur bei der katholischen und evangelischen Religion ein wenig aus, aber ich kann mir vorstellen, das es fast überall so gehandhabt wird.
Man kann aber eigentlich frei wählen, welche Religion das Kind bekommt. Wichtig ist, das ein Elternteil auch dieser Religion angehört, und auch einer der Taufpaten muss diesem Glauben angehören.
YuGoZastava hat geschrieben:Ich kenne ein paar Ehepaare die beide eine verschiedene Religion haben.
Das ist nun zumindest in Zentraleuropa nichts besonderes mehr. Seit die Religionen ihren Führungsanspruch verloren haben, wird dies (zu Recht) immer weniger entscheidend und einzig zur Privatsache. Wobei man sich schon fragen sollte, wieso man der Religion A angehört und sich dennoch für einen Partner der Religion B entscheidet. Evtl. ist man dann zumindest im Glauben an die eigene Religion nicht gefestigt bzw. könnte problemlos die Religionsgemeinschaft verlassen und dennoch "seinem Glauben" nachgehen.
YuGoZastava hat geschrieben:Da habe ich mich mal gefragt, wie das gehen soll, weil der zum Beispiel bei einer Familie der Mann christlich orthodox und die Frau dem Islam angehört.
Das geht recht einfach, weil einem Standesbeamten in allen Staaten, in denen sich Staat und Kirche getrennt haben, die Religionszugehörigkeit egal ist. Man wird ausschließlich in Deutschland gefragt, für welchen Verein man weiter Steuern zahlen möchte. Alles andere muss das Paar unter sich ausmachen. Nimmt man Religionen und ihre Interpretationen wirklich ernst, so kommt es schon gar nicht zu solchen Verbindungen.
YuGoZastava hat geschrieben:Beide haben ihre Religion beibehalten und auch Kinder. Da stellt sich für mich die zweite Frage. Sind die Kinder nun Orthodox oder Moslems?
Das entscheiden letztlich die Eltern. Und auch hier muss man ja sagen, dass das unterliegende "Elternteil" sich auch ganz von "seiner Religion" trennen könnte, wenn es hier die Wichtigkeit nicht einnimmt, dass man seine Kinder nach dessen Prinzipien erziehen will. Das ist vielleicht in dem von dir beschriebenen Beispiel besonders krass (orthodoxes Christentum und der Islam, nur zu toppen durch orthodoxes Judentum und einer islamischen Sekte). Aber schon bei der Verbindung zwischen Protestanten und Katholiken sehe ich fundamentale Unterschiede und wer sich nach wie vor auf "seine Religion" beruft aber seine Kinder "aus der Hand gibt", heuchelt!
YuGoZastava hat geschrieben:Die meisten der Ehepaare sind Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien. In der Kriegszeit sind sie nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz geflüchtet. Bei der Flucht haben sich die meisten auch kennengelernt.
Das sich hier Menschen unabhängig von Religion finden, auch unabhängig davon, dass genau dieser Religionsunterschied den Kriegsgrund gibt und mit verantwortlich für Leid und Flucht ist, ist ein Zeichen von Verstand und Menschlichkeit! Dazu muss man vielleicht auch anmerken, dass in solchen Gebieten (nicht nur das ehemalige Jugoslawien) ehemaliger sozialistischer Staaten Verbindungen über Religionsgrenzen hinweg nicht unüblich waren. Einfach, weil Religion keine wichtige Rolle spielte. Es ist nicht selten, dass "Moslems" sehr wohl Bier konsumierten und "Katholiken" kein Weihnachten gefeiert haben.
YuGoZastava hat geschrieben:Bosnier (Islam). Daraus kann man schnell erschließen, dass die Männer oder die Frauen, die dem muslimischen Glauben angehören aus Bosnien kamen.
Das ist jetzt etwas sehr vereinfacht. Der Bürgerkrieg in Bosnien hätte doch nie so lange gedauert, wenn hier "Bosnier" nur gegen Kroaten und Serben aus "dem Ausland" gekämpft hätten. "Bosnien" besteht aus allen drei Religionen und ist so gesehen ein "Kunststaat" (wenn man die Religion als nationgebendes Moment akzeptieren will). Wenn man Jugoslawien vorwirft, ein "Völkergefängnis" gewesen zu sein, dann trifft das auf den von (West)Europa geschaffenen "Staat Bosnien" erst recht zu.
YuGoZastava hat geschrieben:Bei dem Glauben der Kinder dürfen glaube ich die Eltern frei entscheiden welche Religion die Kinder angehören. Ich kann mir eher weniger denken, dass man zwei Religionen gleichzeitig angehören kann, aber vielleicht geht das ja.
Zwei Religionen gleichzeitig anzugehören wäre schon etwas frevelhaft. Außerdem widerspricht das ja den AGB der jeweiligen Vereine.
YuGoZastava hat geschrieben:Ich habe einen Freund von mir gefragt, welche Religion er angehört, da sein Vater katholisch und seine Mutter muslimisch war. Er sagt mir, dass er katholisch sei.
Das haben je letztlich die Eltern entschieden, wobei hier der formale Akt wohl im Vordergrund stand. Denn was die religiöse Erziehung angeht, dürfte es eben "falsch" gelaufen sein. Oder kann man sich vorstellen, dass in so einer Familie die Mutter tatsächlich mit dem Sohn Ostern und Weihnachten gefeiert hat? Wie war es mit dem Schweinefleisch in der Küche und dem Alkohol?
YuGoZastava hat geschrieben:Kann der eine Partner zur Religion des anderen konvertieren?
Ob das geht oder nicht entscheiden die Gremien der aufnehmenden Vereine. Denn wenn du zum Islam konvertieren willst, musst du einen Imam finden, der das Prozedere durchführt. Ebenso bei der katholischen Kirche usw. Nachdem aber die Glaubensgemeinschaften eher Vereinsmitglieder verlieren, dürften die strengen Aufnahmekriterien gelockert sein.
Soweit ich das weiß, kann man die Religion des Kindes dann eigentlich frei wählen. Man kann ja mittlerweile auch den Glauben "wechseln" und da sollte man schon für das Kind entscheiden dürfen, welchen Glauben es annehmen soll, falls es denn überhaupt religiös erzogen werden soll, da gibt es ja heute auch genug Eltern, die darauf absolut keinen Wert legen. Das wird also eine Sache des Paares sein und ich glaube auch, dass sie sich für ihr Kind eine komplett andere Religion aussuchen könnten, als sie beide haben.
Wennie4 hat geschrieben:Ich weiß, das ein Kind im Normalfall die Religion des Vaters bekommt, da er das Familienoberhaupt ist.
In meinem Bekanntenkreis gibt es zwei Familien, in denen die Eltern verschiedene Religionen haben. Es sind in beiden Fällen Christen, doch einmal jeweils katholisch und einmal evangelisch. In beiden Fällen wurde nicht die Religion des Vaters angenommen.
Im ersten Fall, in dem der Vater katholisch aber die Mutter evangelisch ist, hat sie gesagt, sie will auf keinen Fall dieses Theater mit der Kommunion haben, bei dem sich die jungen Mädchen wie Bräute anziehen. Sie haben sich dann darauf geeinigt, dass die Kinder, je nach Geschlecht eine andere Religion bekommen. Die Jungen sollten katholisch erzogen werden, die Mädchen evangelisch. Im Endeffekt haben sie dann zwei Mädchen bekommen und beide wurden evangelisch getauft. Der Vater hat damit aber keine Probleme.
In der anderen Familie ist die Mutter katholisch und der Vater evangelisch. Da ihr der katholische Glaube sehr wichtig war und vor allem auch ihren Eltern das besonders wichtig war, haben sie sich darauf geeinigt, die Kinder katholisch zu erziehen. Sie haben zwei Kinder bekommen und beide wurden katholisch getauft. Zu Weihnachten besuchen sie allerdings immer den evangelischen Weihnachtsgottesdienst in der Gemeinde des Vaters. In den Sommerferien fuhren die Kinder dagegen immer mit der katholischen Gemeinde ins Kinder Ferienlager. So haben die Kinder dann von beiden Religionen etwas mitbekommen, auch wenn sie offiziell katholisch getauft sind.
Generell muss ich sagen, dass das sicher kein so großes Problem ist, wenn einer der beiden Ehepartner Verständnis aufbringen kann und es ihm vielleicht weniger wichtig ist als dem anderen Ehepartner. Bei den Christen nehme ich mal an, ist es sicher noch am einfachsten, da die Unterschiede bei den Katholiken und den Evangelikalen nicht so weit auseinander liegen. Sie teilen sich viele Feiertage und glauben beide an Christus. Nur bei ein paar Eckpunkten sind sie verschiedener Meinung. Wenn der eine dagegen Moslem ist und der andere Jude oder Christ, könnte ich mir schon vorstellen, dass es schwieriger wird, wobei diese 3 Religionen immerhin alle an Gott glauben, egal ob sie ihn nun Allah, Gott oder Jahwe nennen. Das alte Testament teilen sie nun immerhin alle 3.
Davon mal ganz abgesehen, kann ein Kind mit 14 Jahren dann sowieso frei wählen, an welche Religion es glauben will. Vielleicht wäre es auch gar nicht so falsch, die Kinder gar nicht zu taufen, sondern ihnen beide Religionen, die des Vaters und die der Mutter näher zu bringen, so dass es dann selber entscheiden kann, welcher es beitreten möchte.
Die Eltern entscheiden, welche Religion das Kind bekommt und nicht selten ist es ja so, dass der eine Teil der beiden religiöser ist, als der andere. Meine Freundin hat beispielsweise einen evangelischen Vater und eine katholische Mutter, gut dass ist beides christlich und somit ein weniger gutes Beispiel, aber auf jeden Fall steht der Vater deutlich mehr hinter der Religion, als die Mutter und hat daher mehr oder weniger darauf bestanden, dass die Kinder evangelisch werden und das sind sie dann eben auch. In vielen Fällen ist das so, dass einer der beiden Partner religiöser erzogen wurde oder sich eben generell eher damit beschäftigt, so dass dies dann auch auf die Kinder übertragen wird, wohin gegen der andere Elternteil zurücktritt.
Ich habe aber auch Leute in meinem Umfeld, die aus eben diesem Grund einfach keiner Religion angehören, was ich ehrlich gesagt immer noch für die beste Lösung halte. Eine Klassenkameradin war beispielsweise so ein Beispiel, ihr Vater war Jude und die Mutter katholisch, beide hatten es aber nicht sonderlich mit ihrer Religion und es ist sich dann wohl darauf geeinigt worden, dass das Kind erstmal keiner Religion angehört, sondern sich dann selbst entscheiden darf.
Crispin hat geschrieben:Die Eltern entscheiden, welche Religion das Kind bekommt und nicht selten ist es ja so, dass der eine Teil der beiden religiöser ist, als der andere.
Das kann ich so unterschreiben. Mein Freund ist streng katholisch erzogen worden, während ich evangelisch bin, aber ehrlich gesagt nicht wirklich an Gott glaube. Ich würde mich eher als Atheistin bezeichnen, auch wenn ich auf dem Papier Christin bin und auch konfirmiert bin. Mein Freund und ich haben uns, auch wenn Kinder noch lange nicht geplant sind, über das Thema unterhalten und ich habe dann letztendlich gesagt, dass die Kinder katholisch werden sollten.
Es würde ja überhaupt nichts nützen, wenn sie evangelisch getauft werden. Denn entweder sie gehen sonntags mit meinem Freund in die katholische Kirche oder sie entscheiden sich, wenn sie dann alt genug sind, dafür, dass sie gar nicht in die Kirche gehen wollen. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll wäre, sie evangelisch zu taufen, wenn man auch nicht die Intention hat, sie evangelisch zu erziehen. Allerdings finde ich es wichtig, dass mein Freund sie nicht dazu zwingt, in die Kirche zu gehen. Das sollen sie nur, wenn sie es auch wirklich wollen.
Letztendlich müssen sich die Eltern untereinander einigen, welche Konfession beziehungsweise Religion ihre Kinder annehmen sollen. Eigentlich findet man da immer eine Lösung, es sei denn beide Elternteile sind extrem religiös und bestehen darauf, dass die Kinder ihre jeweilige Religion annehmen. In dem Fall sollten sie dann aber auch vernünftig sein und an das Wohl der Kinder denken. Ich würde in der Situation dann wohl dafür plädieren, dass die Kinder erst einmal gar keiner Religion angehören, bis sie alt genug sind, um selbst zu entscheiden. Für viele religiöse Menschen ist das aber wiederum inakzeptabel, da Glaube deren Meinung nach von Anfang an vorgelebt werden muss.
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